Wadenschmerzen sind ein weit verbreitetes Phänomen, das viele Menschen betrifft, unabhängig von ihrem Aktivitätsniveau. Die Beschwerden können vielfältig sein und sich als ziehend, stechend, bohrend oder brennend äußern. Sie können plötzlich auftreten oder sich langsam entwickeln, einseitig oder beidseitig sein und in Ruhe oder unter Belastung auftreten. Die Ursachen für Wadenschmerzen sind ebenso vielfältig und reichen von harmlosen Muskelverspannungen bis hin zu ernsthaften Erkrankungen. Daher ist es wichtig, die Ursache der Schmerzen zu erkennen und eine geeignete Behandlung einzuleiten.
Anatomie der Wadenmuskulatur
Die Wadenmuskulatur besteht aus mehreren Muskeln, die für die Bewegung des Fußes und des Beins verantwortlich sind. Die wichtigsten Muskeln sind:
- Musculus gastrocnemius (Zwillingswadenmuskel): Er ist der größte Wadenmuskel und für die Plantarflexion des Fußes (das Abdrücken des Fußes vom Boden) und die Kniebeugung verantwortlich.
- Musculus soleus (Schollenmuskel): Er liegt unterhalb des Musculus gastrocnemius und ist ebenfalls für die Plantarflexion des Fußes zuständig.
- Musculus tibialis posterior: Er stabilisiert den Fuß beim Abrollen und hebt die Fußinnenseite hoch.
- Zehenbeuger: Sie krümmen die Zehen.
Eine Störung in der Funktionsfähigkeit dieser Muskeln kann zu Schmerzen in der Wade führen.
Ursachen von Wadenschmerzen
Wadenschmerzen können vielfältige Ursachen haben. Hier sind einige der häufigsten Ursachen:
Muskelbedingte Ursachen
- Muskelverspannungen: Muskelverspannungen sind eine häufige Ursache für Wadenschmerzen. Sie können durch Überlastung, Fehlhaltung oder Stress entstehen. Bei Muskelverspannungen ist der Muskeltonus dauerhaft erhöht.
- Muskelkrämpfe: Muskelkrämpfe sind plötzliche, unwillkürliche Kontraktionen der Wadenmuskulatur. Sie können durch Dehydration, Elektrolytungleichgewichte (Mangel an Magnesium, Kalium oder Kalzium), Überlastung oder bestimmte Medikamente verursacht werden.
- Muskelzerrungen und -faserrisse: Muskelzerrungen und -faserrisse sind Verletzungen der Wadenmuskulatur, die durch Überlastung oder plötzliche Bewegungen entstehen können. Typisch sind abrupte Bewegungen, die dem Körper plötzliche Richtungswechsel mit Drehungen, Scherungen, Beschleunigungen und Bremsungen abverlangen.
- Muskelkater: Muskelkater entsteht durch ungewohnte oder intensive körperliche Aktivität. Er äußert sich durch Schmerzen und Steifheit in den Wadenmuskeln.
- Überlastung der Achillessehne (Achillessehnenschmerzen): Eine verspannte und verfilzte Wadenmuskulatur kann eine zu hohe Zugkraft auf die Achillessehne ausüben und so zu Schmerzen führen.
Durchblutungsstörungen
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK): Die pAVK ist eine Erkrankung, bei der die Arterien in den Beinen verengt sind, was zu einer verminderten Durchblutung der Wadenmuskulatur führt. Sie wird im Volksmund auch „Schaufensterkrankheit“ genannt, da Betroffene wegen der Schmerzen beim Gehen oft Pausen einlegen müssen. Ursache ist meist eine Arteriosklerose, die umgangssprachlich auch Gefäßverkalkung genannt wird. Risikofaktoren sind Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck und hohe Cholesterinwerte.
- Tiefe Venenthrombose (TVT): Eine TVT ist ein Blutgerinnsel in einer tiefen Vene des Beins. Sie kann zu Schmerzen, Schwellung und Rötung der Wade führen. Eine tiefe Venenthrombose ist ein medizinischer Notfall, da sie das Risiko einer Lungenembolie birgt.
Nervenbedingte Ursachen
- Ischias: Eine Reizung des Ischiasnervs kann Schmerzen in die Wade ausstrahlen.
- Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule kann ebenfalls zu Wadenschmerzen führen.
- Spinalkanalstenose: Eine Verengung des Spinalkanals kann Nervenwurzeln komprimieren und Wadenschmerzen verursachen.
- Diabetische Neuropathie: Nervenschädigungen, wie sie häufig bei Diabetes mellitus vorkommen, führen oft zu brennenden oder stechenden Schmerzen, die sich in Ruhe verstärken können.
Weitere Ursachen
- Fußfehlstellungen: Fehlstellungen wie Hohlfüße oder O-Beine können zu einer ungleichmäßigen Belastung der Wadenmuskulatur führen und Schmerzen verursachen.
- Baker-Zyste: Eine mit Flüssigkeit gefüllte Zyste in der Kniekehle kann Druck auf die Wadenmuskulatur ausüben und Schmerzen verursachen.
- Entzündungen: Entzündungen im Bereich der Wadenmuskeln oder der Sehnen können ebenfalls zu Schmerzen bei Bewegungen und in Ruhe führen.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente, wie z.B. Statine, können Muskel- und Wadenschmerzen verursachen.
- Infektionen: Manchmal treten Wadenschmerzen auch bei Infektionskrankheiten auf.
- Schwangerschaft: In der Schwangerschaft können hormonelle Veränderungen und die Gewichtszunahme zu Wadenschmerzen führen.
- Mangelerscheinungen: Ein Mangel an Magnesium, Kalium oder Kalzium kann zu Muskelverspannungen und anhaltenden Wadenschmerzen führen.
Symptome von Wadenschmerzen
Die Symptome von Wadenschmerzen können je nach Ursache variieren. Einige häufige Symptome sind:
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- Schmerzen in der Wade, die sich als ziehend, stechend, bohrend oder brennend anfühlen können.
- Schmerzen, die in Ruhe oder unter Belastung auftreten.
- Schmerzen, die einseitig oder beidseitig sind.
- Schwellung der Wade.
- Rötung der Wade.
- Muskelkrämpfe.
- Steifheit der Wadenmuskulatur.
- Taubheitsgefühl oder Kribbeln in der Wade oder im Fuß.
- Blässe oder Kälte der Wade (insbesondere bei Durchblutungsstörungen).
- Sichtbare Veränderungen der Haut, wie z.B. Schuppenbildung oder Verletzlichkeit (insbesondere bei Durchblutungsstörungen).
- Schmerzen, die in andere Bereiche ausstrahlen, wie z.B. Kniekehle, Oberschenkel oder Fuß.
Diagnose von Wadenschmerzen
Die Diagnose von Wadenschmerzen umfasst in der Regel eine körperliche Untersuchung und eine Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte). Der Arzt wird nach der Art, dem Ort, dem Zeitpunkt und der Dauer der Schmerzen fragen. Er wird auch nach anderen Symptomen fragen, wie z.B. Schwellung, Rötung, Taubheitsgefühl oder Kribbeln.
Bei der körperlichen Untersuchung wird der Arzt die Wade abtasten, um festzustellen, ob sie druckempfindlich oder geschwollen ist. Er wird auch die Durchblutung und die Nervenfunktion in den Beinen überprüfen.
Je nach Verdacht kann der Arzt weitere Untersuchungen anordnen, wie z.B.:
- Ultraschalluntersuchung (Sonographie): Sie eignet sich besonders zur Darstellung von Flüssigkeiten und kann genutzt werden, um Schwellungen, Blutergüsse und Beinvenenthrombosen zu beurteilen. Mit einer speziellen Form, der Doppler-Sonographie, können Blutströme in Gefäßen dargestellt werden.
- Röntgenaufnahme: Röntgenbilder sind bei Schmerzen der Wade dann notwendig, wenn sich eine Ultraschalluntersuchung als unauffällig gezeigt hat oder wenn man ausschließen will, dass eine Verletzung des Knochens die Ursache für die angegebenen Schmerzen ist.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Die MRT-Aufnahme ermöglicht eine sehr genaue Darstellung von sämtlichen Gewebearten und ist besonders bei dem Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall von Bedeutung.
- Elektromyographie (EMG): Die EMG ist eine Untersuchungsmethode, welche die elektrische Aktivität von Muskeln misst.
- Blutuntersuchungen: Blutuntersuchungen können helfen, Elektrolytstörungen, Entzündungen, Schilddrüsenerkrankungen und andere Erkrankungen zu erkennen, die Wadenschmerzen verursachen können.
- Laufbandanalyse: Bei der Laufbandanalyse geht und läuft der Patient auf einem Laufband und dabei werden seine Bewegungsmuster aufgezeichnet. So können sein Laufstil und Fehler im Bewegungsablauf ermittelt werden.
Behandlung von Wadenschmerzen
Die Behandlung von Wadenschmerzen richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Einige allgemeine Maßnahmen, die zur Linderung von Wadenschmerzen beitragen können, sind:
- Schonen: Bei Muskelverletzungen sollte die betroffene Muskulatur ausreichend geschont werden, um eine Heilung zu gewährleisten.
- Kühlen: In aller Regel wird bei Wadenschmerzen eine kühlende Behandlung mit Eispack bevorzugt. Eispackbehandlungen sollten 3 mal täglich für ca. 10 Minuten erfolgen.
- Wärme: Wärme wirkt muskelentspannend und durchblutungsfördernd.
- Dehnen: Bei einem Wadenkrampf sollte die krampfende Unterschenkelmuskulatur gedehnt werden, dies kann den Krampf unterbrechen. Um die Beschwerden nach dem Krampf zu lindern, kann die Muskulatur leicht massiert werden.
- Kompression: Ist eine Durchblutungsstörung und eine Thrombose ausgeschlossen worden, kann man die Behandlung der Schmerzen auch durch eine Kompression ergänzen. Die Kompression sollte tagsüber erfolgen.
- Schmerzmittel: Bei Bedarf können Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac eingenommen werden.
- Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, Muskelverspannungen zu lösen, die Beweglichkeit zu verbessern und die Muskulatur zu stärken.
- Osteopathie: Die ärztliche Osteopathie nutzt einen ganzheitlichen Ansatz, um verschiedenste Erkrankungen zu behandeln. Gerade bei chronischen Erkrankungen kann es überaus nützlich sein, diese Art der Behandlung in Anspruch zu nehmen, um die Wadenschmerzen zu lindern.
- Stoßwellentherapie: Zur Unterstützung bei der Lösung muskulärer Verspannungen kann die Anwendung einer Stoßwellentherapie sinnvoll sein.
- Kinesiotaping: Kinesiotaping kann die Muskelspannung und -funktion positiv beeinflussen und dazu beitragen, Schmerzen zu lindern.
- Lasertherapie: Je nach Art und Ursache der Schmerzen eignet sich auch eine Lasertherapie.
- Medikamente: Je nach Ursache können Medikamente zur Verbesserung der Durchblutung, zur Blutverdünnung, zur Entspannung der Muskeln oder zur Behandlung von Nervenschmerzen eingesetzt werden.
- Operation: In schweren Fällen, wie z.B. bei einer fortgeschrittenen pAVK, kann ein operativer Eingriff notwendig sein.
Vorbeugung von Wadenschmerzen
Es gibt einige Maßnahmen, die Sie ergreifen können, um Wadenschmerzen vorzubeugen:
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- Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung fördert die Durchblutung und stärkt die Muskulatur.
- Ausreichend Flüssigkeitszufuhr: Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr unterstützt den Elektrolythaushalt und beugt Muskelkrämpfen vor.
- Ausgewogene Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung hilft, einen Mangel an Magnesium, Kalium und Kalzium zu verhindern.
- Dehnübungen: Regelmäßige Dehnübungen halten die Wadenmuskulatur geschmeidig und beugen Muskelverspannungen vor.
- Geeignetes Schuhwerk: Tragen Sie Schuhe, die gut passen und ausreichend Halt bieten.
- Vermeiden Sie Überlastung: Steigern Sie die Intensität Ihrer körperlichen Aktivität langsam und vermeiden Sie Überlastung.
- Behandeln Sie Grunderkrankungen: Lassen Sie Grunderkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck rechtzeitig behandeln.
- Verzichten Sie auf Rauchen: Rauchen schädigt die Blutgefäße und erhöht das Risiko für Durchblutungsstörungen.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Es ist ratsam, einen Arzt aufzusuchen, wenn:
- die Wadenschmerzen plötzlich und stark auftreten.
- die Wadenschmerzen von Schwellung, Rötung oder Fieber begleitet werden.
- die Wadenschmerzen von Taubheitsgefühl oder Kribbeln begleitet werden.
- die Wadenschmerzen nach einer Verletzung auftreten.
- die Wadenschmerzen trotz Selbstbehandlung nicht besser werden.
- Sie unter Grunderkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck leiden.
- Sie Risikofaktoren für Durchblutungsstörungen haben, wie z.B. Rauchen, Übergewicht oder hohe Cholesterinwerte.
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