Typische Verhaltensweisen und Symptome bei Demenz

Der Begriff „Demenz“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich übersetzt „Weg vom Geist“ oder „ohne Geist“. Dies beschreibt das Hauptmerkmal von Demenzerkrankungen: die fortschreitende Verschlechterung der geistigen Fähigkeiten bis hin zum vollständigen Verlust. Demenz ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen im Alter, von der in Deutschland aktuell rund 1,6 Millionen Menschen betroffen sind.

Was ist Demenz?

Demenz ist keine einzelne Krankheit, sondern ein Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen, die mit einem Verlust der geistigen Funktionen einhergehen. Allen Demenzformen gemeinsam ist die Verschlechterung der Leistungsfähigkeit des Gehirns. Betroffene verlieren nach und nach ihre kognitiven Fähigkeiten wie Erinnern, Denken, Lernen oder Beurteilen. Auch Orientierung, emotionale Fähigkeiten und das Sprachvermögen können beeinträchtigt sein.

Demenzformen

Es gibt verschiedene Demenzformen, die sich in ihren Ursachen und Symptomen unterscheiden. Die häufigste Form ist die Alzheimer-Krankheit, bei der sich Eiweißablagerungen im Gehirn bilden und Nervenzellen absterben. Die zweithäufigste Form ist die vaskuläre Demenz, die durch länger andauernde Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht wird. Weitere Demenzformen sind die Lewy-Körperchen-Demenz und die frontotemporale Demenz.

  • Alzheimer-Demenz: Sie ist die häufigste Form der Demenz und macht etwa 60 bis 70 Prozent aller Fälle aus.

  • Vaskuläre Demenz: Sie wird durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht.

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  • Lewy-Körperchen-Demenz: Bei dieser Form der Demenz kommt es zu Ablagerungen von Lewy-Körperchen in den Nervenzellen des Gehirns.

  • Frontotemporale Demenz (FTD): Hierbei handelt es sich um eine eher seltene neurodegenerative Erkrankung, bei der vor allem der Stirn- und Schläfenlappen des Gehirns betroffen sind.

  • Sekundäre Demenzen: Diese Demenzformen sind die Folge einer anderen Grunderkrankung, wie z.B. Tumor- und Stoffwechselerkrankungen oder Alkoholmissbrauch.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen für Demenz sind vielfältig und nicht vollständig geklärt. Einige Risikofaktoren, die das Auftreten einer Demenz begünstigen können, sind:

  • Alter: Das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, steigt mit dem Alter.
  • Genetische Veranlagung: In einigen Fällen kann eine familiäre Veranlagung das Demenzrisiko erhöhen.
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen oder Diabetes mellitus können die Durchblutung der Hirngefäße beeinträchtigen und das Demenzrisiko erhöhen.
  • Ungesunde Lebensweise: Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel und eine ungesunde Ernährung können das Demenzrisiko erhöhen.

Symptome im Überblick

Die Symptome einer Demenz können vielfältig sein und sich je nach Form und Stadium der Erkrankung unterscheiden. Typische Symptome sind:

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  • Gedächtnisstörungen: Betroffene vergessen zunehmend Dinge, insbesondere kurz zurückliegende Ereignisse.
  • Orientierungsstörungen: Es fällt ihnen schwer, sich in fremder oder auch vertrauter Umgebung zurechtzufinden.
  • Sprachstörungen: Sie haben Wortfindungsprobleme, verwenden unpassende Füllwörter oder verstehen Gesprochenes nicht mehr.
  • Probleme beim Planen und Problemlösen: Es fällt ihnen schwer, Aufgaben zu planen und umzusetzen oder Probleme zu lösen.
  • Veränderungen der Persönlichkeit und des Verhaltens: Sie können ängstlich, misstrauisch, passiv oder aggressiv werden.
  • Beeinträchtigung des Urteilsvermögens: Sie können Situationen und Gefahren nicht mehr richtig einschätzen.
  • Räumliches Vorstellungsvermögen: Schwierigkeiten, Bilder zu erkennen und räumliche Dimensionen zu erfassen.
  • Verlust der Eigeninitiative: Interessen und Hobbys werden vernachlässigt.
  • Stimmungsschwankungen: Plötzliche und unbegründete Stimmungsschwankungen.
  • Fehlende Rücksichtnahme auf Angehörige
  • Verlust von Verhaltensregeln
  • Angst und Unruhe
  • Teilnahmslosigkeit, Blick ins Leere
  • Wahnvorstellungen
  • Halluzinationen
  • Weinerlichkeit
  • Depression

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jedes dieser Symptome zwangsläufig auf eine Demenz hindeutet. Treten jedoch mehrere dieser Anzeichen wiederholt auf, sollte man ärztlichen Rat einholen.

Typische Verhaltensweisen bei Demenz

Neben den kognitiven Beeinträchtigungen zeigen Menschen mit Demenz häufig auch bestimmte Verhaltensweisen, die für Angehörige und Betreuende eine große Herausforderung darstellen können.

Wiederholtes Fragen und Handeln

Viele Menschen mit Demenz stellen immer wieder dieselbe Frage oder wiederholen die gleichen Sätze oder Handlungen. Dies liegt daran, dass sie vergessen, dass sie die Frage bereits gestellt haben oder die Handlung bereits ausgeführt haben. Wiederholtes Fragen kann auch ein Zeichen von Angst oder Unsicherheit sein.

Umherwandern und Unruhe

Im mittleren Stadium der Demenz zeigen viele Betroffene einen ausgeprägten Bewegungsdrang, gepaart mit starker Unruhe. Sie laufen umher, nesteln an der Kleidung oder kramen in Schubladen. Mögliche Ursachen sind innere Anspannung oder Nervosität, die durch krankhafte Veränderungen im Gehirn hervorgerufen werden. Hinzu kommt, dass das Gehen für sie von besonderer Bedeutung ist, da es zu den wenigen Tätigkeiten gehört, die sie noch selbstständig ausführen können.

Beschuldigungen und Misstrauen

Die eingeschränkte Fähigkeit der Betroffenen, Situationen und Wahrnehmungen richtig zu deuten, führt häufig zu Erklärungsversuchen, die nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen. So beschuldigen sie beispielsweise ihre Angehörigen, Geld gestohlen zu haben, oder halten Verwandte für verkleidete Fremde. Oft verstecken Menschen mit Demenz wichtige Gegenstände und finden sie dann nicht wieder, was zu Misstrauen und Beschuldigungen führen kann.

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Leben in der Vergangenheit

Mit dem Fortschreiten der Demenz wird die Lebenswelt der Betroffenen weitgehend von den noch vorhandenen Erinnerungen geprägt. Sie leben mit den Vorstellungsbildern einer bestimmten Lebensphase und verhalten sich dementsprechend: Sie machen sich auf den Weg zur Arbeit oder suchen ihre Eltern. Oftmals gibt das Leben in der Vergangenheit Halt und Sicherheit.

Aggressives Verhalten

Menschen mit Demenz können sich verbal oder körperlich aggressiv verhalten. Auslöser für Wutausbrüche und aggressives Verhalten sind weniger krankheitsbedingte Veränderungen im Gehirn als vielmehr die erschwerten Lebensbedingungen und die daraus resultierende Angst der Betroffenen. Ein plötzlicher lauter Satz oder eine Situation, die sie überfordert, können dazu führen, dass sie aggressiv reagieren.

Umgang mit Verhaltensänderungen

Der Umgang mit den Verhaltensänderungen bei Demenz erfordert viel Geduld, Verständnis und Einfühlungsvermögen. Hier einige Tipps, die helfen können:

  • Verständnis zeigen: Versuchen Sie, die Verhaltensweisen als Ausdruck der Erkrankung zu verstehen und nehmen Sie sie nicht persönlich.
  • Ruhe bewahren: Bleiben Sie in schwierigen Situationen ruhig und versuchen Sie, die betroffene Person zu beruhigen.
  • Klare Kommunikation: Sprechen Sie in kurzen, klaren Sätzen und geben Sie der Person das Gefühl, dass Sie sie verstehen und ernst nehmen.
  • Ablenkung: Versuchen Sie, die Person abzulenken, wenn sie unruhig oder aggressiv wird.
  • Routine und Struktur: Schaffen Sie eine vertraute Umgebung mit festen Routinen und Strukturen, die der Person Sicherheit geben.
  • Bewegung fördern: Fördern Sie die Bewegung der betroffenen Person, da dies die Durchblutung, das Koordinationsvermögen und den Gleichgewichtssinn verbessert.
  • Gesunde Ernährung: Achten Sie auf eine ausreichende und gesunde Ernährung, da eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme die Verwirrung noch verschlimmern kann.
  • Unterstützung suchen: Nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch, z.B. durch eine Pflegeberatung oder eine Selbsthilfegruppe.

Stadien der Demenz

Die Alzheimer-Demenz verläuft in der Regel in drei Stadien, die sich in ihren Symptomen und dem Grad der Beeinträchtigung unterscheiden:

Frühstadium

  • Gedächtnis- und Konzentrationsfähigkeit sind beeinträchtigt.
  • Vergesslichkeit kann leicht sein oder sich bereits stärker auf den Alltag auswirken.
  • Schwierigkeiten, sich eine kurze Einkaufsliste zu merken oder den aktuellen Wochentag spontan zu erinnern.
  • Probleme bei komplizierteren Alltagsaufgaben.
  • Veränderungen im Verhalten und in der Gemütslage können auftreten.
  • Innere Antrieb und das Interesse an Hobbys und Freizeitbeschäftigungen können abnehmen.

Mittleres Stadium

  • Selbstständiges Leben ist in der Regel nicht mehr möglich.
  • Essen, Trinken, Waschen und einfache Arbeiten im Haushalt können noch ohne Unterstützung erledigt werden, aber mit Erinnerung und Aufforderung.
  • Kochen, Einkaufen und die Wohnung sauber halten sind nur noch mit Hilfe möglich.
  • Das Risiko steigt, sich zu verlaufen, die Herdplatte brennen zu lassen und sich und andere zu gefährden.
  • Verhaltensweisen wie unruhiges Umherlaufen, sinnloses Kramen in Schubladen und Nesteln an der Kleidung werden häufiger.
  • Wutausbrüche, Misstrauen und aggressives Verhalten können auftreten.
  • Der Tag-Nacht-Rhythmus ist oft gestört.
  • Sprachliche Ausdrucksfähigkeit und das Verständnis anderer werden immer schwieriger.

Fortgeschrittenes Stadium

  • Menschen sind rund um die Uhr auf die Unterstützung anderer angewiesen.
  • Gespräche sind kaum noch möglich.
  • Hilfe bei einfachen Alltagstätigkeiten und beim Essen und Trinken ist notwendig.
  • Unruhe, Halluzinationen oder das Vermischen von Gegenwart und Vergangenheit treten auf.
  • Vertraute Personen werden nicht mehr erkannt.
  • Die Kontrolle über die Körperfunktionen kann verloren gehen.
  • Die Fähigkeit zur Koordination von Bewegungsabläufen nimmt ab.

Diagnose und Behandlung

Eine frühzeitige Diagnose ist wichtig, um den Verlauf der Demenz positiv zu beeinflussen und Betroffenen und ihren Angehörigen die Möglichkeit zu geben, sich auf die Veränderungen einzustellen und Unterstützung zu suchen.

Diagnoseverfahren

Zur Diagnose einer Demenz werden verschiedene Verfahren eingesetzt:

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und Befragung des Patienten und seiner Angehörigen.
  • Körperliche Untersuchung: Untersuchung des körperlichen Zustands des Patienten.
  • Neurologische Untersuchung: Überprüfung der neurologischen Funktionen wie Reflexe, Koordination undSensibilität.
  • Neuropsychologische Tests: Überprüfung der geistigen Leistungsfähigkeit, z.B. Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Orientierung.
  • Bildgebende Verfahren: MRT (Magnetresonanztomographie) oder CT (Computertomographie) des Gehirns, um Veränderungen im Gehirn sichtbar zu machen.
  • Liquoruntersuchung: Untersuchung des Nervenwassers, um bestimmte Eiweiße nachzuweisen, die auf eine Alzheimer-Erkrankung hindeuten können.

Behandlungsmöglichkeiten

Für die meisten Demenzerkrankungen gibt es bislang keine Heilung. Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu verbessern.

  • Medikamentöse Therapie: Es gibt verschiedene Medikamente, die bei bestimmten Demenzformen eingesetzt werden können, um die geistige Leistungsfähigkeit zu verbessern oder Verhaltensauffälligkeiten zu reduzieren. Seit neustem gibt es auch die Möglichkeit, durch Antikörper-basierte Medikamente die Amyloid-Plaques abzubauen, welche eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Alzheimer spielen.
  • Nicht-medikamentöse Therapien: Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie, Musiktherapie und andere nicht-medikamentöse Therapien können dazu beitragen, die geistigen und körperlichen Fähigkeiten der Betroffenen zu erhalten und ihr Wohlbefinden zu steigern.
  • Psychosoziale Unterstützung: Beratung und Unterstützung für Betroffene und ihre Angehörigen, z.B. durch Selbsthilfegruppen oder Angehörigenschulungen.
  • Anpassung der Lebensumstände: Anpassung der Wohnumgebung und des Tagesablaufs an die Bedürfnisse der Betroffenen, um ihnen ein möglichst selbstständiges und sicheres Leben zu ermöglichen.

Unterstützung für Angehörige

Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz ist eine große Herausforderung für Angehörige. Es ist wichtig, sich frühzeitig Unterstützung zu suchen und sich über die Erkrankung und die verschiedenen Hilfsangebote zu informieren.

Hilfsangebote

Es gibt zahlreiche Hilfsangebote für Angehörige von Menschen mit Demenz:

  • Pflegeberatung: Beratung zu allen Fragen rund um die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz.
  • Ambulante Pflegedienste: Unterstützung bei der häuslichen Pflege und Betreuung.
  • Tagespflege: Betreuung von Menschen mit Demenz tagsüber in einer Tagespflegeeinrichtung.
  • Kurzzeitpflege: Stationäre Betreuung von Menschen mit Demenz für einen begrenzten Zeitraum, z.B. bei Urlaub oder Krankheit der Angehörigen.
  • Selbsthilfegruppen: Austausch mit anderen Angehörigen über Erfahrungen und Probleme.
  • Angehörigenschulungen: Informationen und praktische Tipps zum Umgang mit Menschen mit Demenz.
  • Entlastungsangebote: Unterstützung im Alltag, z.B. durch ehrenamtliche Helfer oderAlltagsbegleiter.
  • Wohnformen: Wohngemeinschaften oder Betreutes Wohnen für Menschen mit Demenz.

Rechtliche Aspekte

Es ist wichtig, rechtzeitig rechtliche Fragen wie Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung zu regeln. Diese Dokumente legen fest, wer im Falle einer Geschäftsunfähigkeit die rechtlichen Angelegenheiten des Betroffenen regeln darf und welche medizinischen Behandlungen gewünscht oder abgelehnt werden.

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