Übelkeit bei Demenz: Ursachen und Behandlungsstrategien

Demenz ist ein Begriff, der den allmählichen Verlust der kognitiven Fähigkeiten beschreibt und Millionen von Menschen weltweit betrifft. Diese Erkrankung stellt eine erhebliche Herausforderung dar, sowohl für die Betroffenen und ihre Angehörigen als auch für Medizin und Gesellschaft. Die Alzheimer-Krankheit ist mit etwa 70 Prozent die häufigste Form der Demenz. Der Verlauf einer Demenz erfolgt meist in mehreren Stadien, die die zunehmende Verschlechterung der kognitiven und körperlichen Fähigkeiten beschreiben. In Deutschland leben 1,8 Millionen Menschen mit einer Demenz-Erkrankung - zwei Drittel leiden an Alzheimer.

Stadien der Demenz

Der Verlauf einer Demenzerkrankung lässt sich in verschiedene Stadien einteilen, die jeweils unterschiedliche Beeinträchtigungen mit sich bringen:

  • Stadium 2: Betroffene nehmen leichte Störungen wahr. Die Merkfähigkeit und das Gedächtnis sind beeinträchtigt. Namen und Termine werden vergessen.
  • Stadium 3: Die Arbeitsleistung ist beeinträchtigt. Auch bei der räumlichen Orientierung zeigen sich Probleme. Gegenstände werden öfter verloren.
  • Stadium 4: Die kognitiven Störungen sind deutlich merkbar. Die betroffene Person hat Schwierigkeiten, komplexe Aufgaben selbstständig durchzuführen, z.B. ein Gericht zubereiten, mit Geld umgehen. Sich in gewohnten Orten zurechtzufinden macht Probleme. Die erkrankte Person leidet psychisch unter dem Verlust ihrer Fähigkeiten und ihrer Selbstständigkeit. Als Reaktion werden oft Defizite geleugnet und Fehler anderen zugewiesen. Ein verändertes Verhalten kann auch Selbstschutz sein. Depressionen können entstehen. Viele Fähigkeiten sind jedoch vorhanden. Die Förderung selbstständiger Aktivitäten hilft, das Selbstbewusstsein zu stärken.
  • Stadium 5: Die erkrankte Person kommt im Alltag zunehmend nicht mehr ohne Unterstützung zurecht, z.B. wird Hilfe bei der Auswahl der Kleidung benötigt. Die Erinnerung an wichtige, persönliche Daten (z.B. Adresse, Geburtsdatum) fällt schwer. Oft treten starke Erlebnisse der Orientierungslosigkeit auf.
  • Stadium 6: Die Fähigkeit, Basisaktivitäten durchführen zu können, geht verloren. In sehr vielen Lebensbereichen wird Unterstützung notwendig, z.B. Waschen, Toilettengang. Verhaltensauffälligkeiten und Inkontinenz können sich ausprägen. Die Namen von nahestehenden Personen können meist nicht benannt werden. Oft wird auf die wahrgenommenen Defizite sehr emotional reagiert.
  • Stadium 7: In diesem fortgeschrittenen Stadium reduziert sich die Sprechfähigkeit der betroffenen Person zunehmend, ebenso die Gehfähigkeit. Im weiteren Verlauf ist es u.a. nicht mehr möglich, aufrecht zu sitzen. Die/der Erkrankte entwickelt ein Harmoniebedürfnis und ist sowohl emotional als auch körperlich sehr verletzlich und ihrer/seiner Umwelt völlig ausgeliefert. Aber auch derjenige, der die Sprache verliert, hat viel zu sagen.

Ursachen von Übelkeit bei Demenz

Übelkeit ist ein häufiges Symptom, das bei Demenzerkrankungen auftreten kann. Es gibt verschiedene Ursachen für Übelkeit bei Demenz:

  • Medikamente: Einige Medikamente, die zur Behandlung von Demenz eingesetzt werden, können Übelkeit als Nebenwirkung verursachen. Dies gilt insbesondere für Cholinesterasehemmer wie Donepezil, Galantamin und Rivastigmin sowie für Memantine.
    • Donepezil: Bei 10 - 17 % der Patienten treten Nebenwirkungen wie Übelkeit, Durchfall und Erbrechen auf.
    • Galantamin: Bei 13-17 % der Patienten wurde von Übelkeit, Erbrechen und Durchfall berichtet.
    • Rivastigmin: Bei 27-35 % der Patienten wurden Übelkeit, Durchfall und Erbrechen beobachtet.
  • Gastrointestinale Probleme: Demenz kann zu Problemen im Magen-Darm-Trakt führen, die Übelkeit verursachen können.
  • Schluckstörungen (Dysphagien): Im fortgeschrittenen Stadium der Demenz kann es zu Schluckstörungen kommen, die das Risiko des Verschluckens erhöhen und Übelkeit verursachen können.
  • Infektionen: Infektionen im Verdauungstrakt können ebenfalls Übelkeit auslösen.
  • Andere Erkrankungen: Übelkeit kann auch ein Begleitsymptom anderer gastroenterologischer Erkrankungen sein.
  • Verhaltensauffälligkeiten: Unruhe und Aggressivität können ebenfalls zu Übelkeit führen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Ursachen für Übelkeit vielfältig sein können und eine genaue Diagnose durch einen Arzt erforderlich ist.

Behandlung von Übelkeit bei Demenz

Die Behandlung von Übelkeit bei Demenz hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab. Es gibt sowohl medikamentöse als auch nicht-medikamentöse Ansätze zur Linderung der Symptome.

Lesen Sie auch: Was tun bei wochenlanger Übelkeit?

Medikamentöse Behandlung

  • Antiemetika: Bei Übelkeit, die durch Medikamente oder andere Erkrankungen verursacht wird, können Antiemetika eingesetzt werden.
  • Anpassung der Medikation: Wenn Übelkeit als Nebenwirkung eines Medikaments auftritt, sollte in Absprache mit dem Arzt geprüft werden, ob die Dosis reduziert oder das Medikament gewechselt werden kann.
  • Behandlung von Grunderkrankungen: Wenn Übelkeit durch eine andere Erkrankung verursacht wird, sollte diese entsprechend behandelt werden.
  • Sekundärprophylaxe bei vaskulärer Demenz: Da die vaskuläre Demenz durch viele kleine Schlaganfälle ausgelöst werden kann, setzt man hier Medikamente ein, die einem erneuten Schlaganfall vorbeugen sollen (so genannte Sekundärprophylaxe). Dies kann man erfolgreich mit Wirkstoffen erreichen, die eine Gerinnung des Blutes bzw. die Verklumpung von Blutplättchen (Thrombozyten) hemmen und damit der Bildung von Blutgerinnseln und Schlaganfällen entgegen wirken (blutgerinnungshemmende Wirkstoffe).
    • Acetylsalicylsäure (ASS): Obwohl nicht ganz klar ist, ob ASS die Beschwerden der Demenz verbessern kann, ist jedoch nachgewiesen, dass es das Auftreten neuer Schlaganfälle (und damit auch das Voranschreiten der Gehirnschädigung bei vaskulärer Demenz) verhindert oder vermindert. Eine zu starke „Blutverdünnung“ kann zu Beschwerden des Magen-Darm-Traktes bis hin zu Magenblutungen und anderen Blutgerinnungsstörungen führen.
    • Clopidogrel: Seine Wirkung ähnelt der von ASS. Es können Magen-Darm-Störungen auftreten, gelegentlich Kopfschmerzen. Clopidogrel wird z.T. auch mit ASS kombiniert.
    • Ticlopidin: Seine Wirkung ähnelt der von ASS. Es können Magen-Darm-Störungen auftreten, gelegentlich allergische Hautreaktonen. Es können schwerwiegende Blutbildveränderungen auftreten, daher muss das Blut in den ersten drei Monaten der Einnahme alle 14 Tage untersucht werden.

Nicht-medikamentöse Behandlung

  • Anpassung der Ernährung: Leichte, gut verdauliche Speisen wie Zwieback, Tee oder Brühe können helfen, Übelkeit zu lindern. Fettige oder salzige Speisen sollten vermieden werden.
  • Kleine Mahlzeiten: Statt großer Mahlzeiten sollten Betroffene lieber mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt zu sich nehmen.
  • Ruhe und Entspannung: Stress und Unruhe können Übelkeit verstärken. Daher ist es wichtig, für eine ruhige und entspannte Umgebung zu sorgen.
  • Aromatherapie: Einige ätherische Öle wie Pfefferminz oder Ingwer können Übelkeit lindern.
  • Akupressur: Die Akupressur des P6-Punktes (Neiguan-Punkt) am Handgelenk kann ebenfalls Übelkeit reduzieren.
  • Basale Stimulation: Die basale Stimulation bezeichnet die gezielte und systematische Förderung von Wahrnehmung und Kommunikation auf elementarer Ebene. Essen kann und soll positive Erinnerungen wachrufen.
  • Beruhigende Umgebung: Ein Platz mit Wand im Rücken und Raumübersicht kann helfen, Ängste zu reduzieren und somit auch die Übelkeit.
  • Förderliche Bedingungen: Es gibt unabhängig von Medikamenten viele förderliche Bedingungen, die die Situation des Erkrankten und seiner Angehörigen erleichtern können - diese Bedingungen liegen einerseits im Bereich der Pflege und andererseits in der Gestaltung des häuslichen und sozialen Umfeldes.
  • Physiotherapie: Über das gezielte Training von Ausdauer, Kraft und Koordination kann die Physiotherapie Menschen mit Demenz dabei helfen ein gesundes körperliches Aktivitätsniveau möglichst lange aufrecht zu erhalten, das Sturzrisiko im Alltag zu reduzieren und die Leistungsfähigkeit bei der Bewältigung der Aktivitäten des täglichen Lebens zu stabilisieren oder gar zu verbessern.
  • Ergotherapie: Hier werden Hilfen im Umgang mit Hilfsmitteln, z.B. auch Beratung zur Anpassung der Wohnung, vermittelt.
  • Logopädie: Bei Schluckstörungen (Dysphagien) gehört die logopädische Therapie zu den Standardmaßnahmen. Logopädinnen und Logopäden unterstützen Betroffene mit gezielten Übungen zur Kräftigung der Schluckmuskulatur, trainieren sichere Schlucktechniken und beraten Pflegekräfte zur Anpassung von Konsistenz und Essenssituation. Eine frühzeitige logopädische Mitbehandlung kann das Risiko von Aspiration und Lungenentzündungen deutlich senken.

Maßnahmen bei Schluckbeschwerden

Bei Schluckstörungen (Dysphagien) sollten Mahlzeiten eine weiche, homogene und gut formbare Konsistenz haben, damit sie sicher geschluckt werden können. Geeignet sind beispielsweise püriertes Gemüse, weiche Kartoffelgerichte, Rührei, cremige Suppen, Pudding oder Joghurt. Auch angedickte Flüssigkeiten können das Risiko des Verschluckens deutlich senken. Ungeeignet sind hingegen krümelige, faserige oder trockene Speisen wie Körnerbrot, Reis, rohe Salate, Nüsse oder zähes Fleisch, da sie leicht im Rachenraum hängen bleiben.

Umgang mit Nahrungsverweigerung

Wenn Menschen mit Demenz die Nahrungsaufnahme verweigern, ist zunächst eine gründliche Ursachenanalyse entscheidend. Häufig sind die Gründe vielfältig - etwa Schmerzen, Erkrankungen im Mund-Rachen-Raum, Schluckstörungen, Medikamentennebenwirkungen, depressive Verstimmungen oder ein verändertes Geschmacksempfinden. Pflegekräfte sollten daher genau beobachten, ob die betroffene Person nicht essen kann (z. B. wegen motorischer Einschränkungen oder Schluckproblemen) oder nicht essen möchte (z. B. Wichtig ist, Maßnahmen zur Unterstützung stets am Willen und Wohlbefinden der Betroffenen auszurichten. Zwischen hilfreicher Unterstützung und unzulässigem Zwang liegt eine sensible Grenze. Zwangsernährung - ob oral oder über Sonden - ist nur in Ausnahmefällen und unter strengen rechtlichen Voraussetzungen zulässig. Dabei gelten die Grundsätze des Patientenrechtegesetzes (§ 630d BGB, Einwilligung in medizinische Maßnahmen) sowie die Vorgaben des Betreuungsrechts. Die Nahrungszufuhr muss sichergestellt werden, jedoch ohne Zwang, sondern auf eine für den Demenzerkrankten akzeptable Weise. Kleine Tricks wie Zuprosten oder Fragen nach Geschmack und Temperatur regen unauffällig zum Essen an. Kann jemand nicht essen, helfen taktile Reize z. B. die Hand zum Mund führen. Verbale Aufforderungen wirken meist nicht.

Körperliche Veränderungen im fortgeschrittenen Stadium

Im fortgeschrittenen Stadium der Demenz kommt es häufig zu körperlichen Veränderungen, die die Pflege erschweren und die Lebensqualität beeinträchtigen können:

  • Motorische Einschränkungen: Patient:innen mit fortgeschrittener Demenz entwickeln häufig Schwierigkeiten beim Gehen oder können bei Demenz plötzlich nicht mehr laufen. Der Gang ist unsicher und mitunter schwankend. Die Gangart ist eher kleinschrittig und instabil, was ein erhöhtes Sturzrisiko zur Folge hat. Dazu kommen grobmotorische Einschränkungen und Schwierigkeiten bei der Koordination. Allmählich kommt es auch zum Verlust der Feinmotorik.
  • Körperhaltung: Die Körperhaltung bei Demenz im fortgeschrittenen Stadium ist eingesunken, weil Betroffene nicht mehr in der Lage sind, den Kopf aufrecht zu halten. Die schiefe Körperhaltung geht mit einem teilnahmslosen Gesichtsausdruck bei Demenz einher, die Gesichtszüge wirken wie eingefroren.
  • Inkontinenz: Harn- und/oder Stuhlinkontinenz schränken die Selbstständigkeit bei fortgeschrittener Demenz weiter ein.
  • Schlafstörungen: Demenzkranke leiden häufig unter einem gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus.
  • Erhöhte Infektanfälligkeit: In der letzten Phase werden die Erkrankten häufig bettlägerig, was - im Zusammenspiel mit der Verschlechterung des Allgemeinzustands - zu einer erhöhten Infektanfälligkeit führt. Insbesondere Lungenentzündungen treten in dieser Phase der Demenz häufig auf und führen nicht selten zum Tod.

Neue Therapieansätze bei Alzheimer

Seit 2023 stehen zwei Antikörper zur ursächlichen Behandlung der frühen Alzheimer-Demenz zur Verfügung. Ursächlich bedeutet: Sie bauen aktiv Amyloid-Plaques ab. Das sind Eiweißablagerungen im Hirn, die bei der Entstehung der Krankheit eine zentrale Rolle spielen.Im September 2025 wird voraussichtlich Lecanemab in Deutschland verfügbar sein.Lecanemab und Kisunla richten sich ausschließlich an Menschen im frühen Alzheimer-Stadium, also bei leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI) oder beginnender Demenz. Vor Beginn der Behandlung sind ein Gentest sowie der Nachweis von Amyloid-Ablagerungen (Liquoruntersuchung oder PET-Scan) erforderlich.

Lesen Sie auch: Parkinson, Schwindel, Übelkeit: Ein Überblick

Lesen Sie auch: Therapie bei Übelkeit durch Parkinson

tags: #Übelkeit #bei #Demenz #Ursachen #Behandlung