Übungen nach einem Schlaganfall: Mobilität, Rehabilitation und Lebensqualität

Ein Schlaganfall tritt meist ohne Vorwarnung auf und verändert das Leben von heute auf morgen. In Deutschland ist jede 40. erwachsene Person davon betroffen. Jährlich treten hierzulande rund 200.000 erstmalige sowie 70.000 wiederholte Schlaganfälle (Rezidive) auf, in der Schweiz und Österreich sind es etwa 21.000 bzw. 25.000 erstmalige Schlaganfälle. Unter einem Schlaganfall im engeren Sinne versteht man in der Medizin eine akut auftretende Durchblutungsstörung des Gehirns. Eine Gehirnblutung (Einblutung in das Gehirn durch ein defektes Blutgefäß) wird im Volksmund ebenso als Schlaganfall bezeichnet, zählt aber in der Medizin nicht dazu. Die Folgen einer Mangeldurchblutung des Gehirns können unterschiedlich sein und haben oft schlimme Auswirkungen. Durch den akuten Sauerstoffmangel im Nervengewebe kommt es zum Absterben von Gehirnzellen und somit zum Verlust von wichtigen motorischen und sensorischen Funktionen. Nach einem Schlaganfall können gespeicherte Informationen und selbst die einfachsten Bewegungsabläufe durch die Verletzung der entsprechenden Gehirnareale ausgelöscht werden, sodass man sie wieder neu erlernen muss. Für die betroffenen Personen sind rehabilitative Maßnahmen für eine erfolgreiche Erholung entscheidend, denn in den ersten Stunden und Tagen ist das Gehirn am besten in der Lage, die Funktionen des betroffenen Gewebes wiederzuerlangen.

Bedeutung von Sport und Bewegung nach einem Schlaganfall

Regelmäßiger Sport kann dazu beitragen, schnell wieder mobil zu werden sowie langfristig Fitness, Kraft und damit auch die Lebensqualität zu erhalten. Durch den Schlaganfall verloren gegangene Fähigkeiten können durch Sport und Bewegung zum Teil wiedererlangt werden. Das Gehirn hat eine große Lernfähigkeit. Patienten können mit Sport ihre Ausdauer erhöhen sowie die Muskelkraft und die Koordinationsfähigkeit trainieren. Körpergefühl und Wahrnehmung verbessern sich. Neurologische Folgen lassen sich zum Teil abfedern. Die Kräftigung der Muskeln ermöglicht mehr Aktivität im Alltag - das erhält nicht nur die Lebensqualität, sondern verringert auch das Risiko für Stürze. Bewegung hat positiven Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System. Sie senkt den Blutdruck und ist eine wichtige Unterstützung, um den Zucker- und Fettstoffwechsel zu regulieren. Damit beugt sie einer Arterienverkalkung (Arteriosklerose) vor beziehungsweise verlangsamt deren Fortschreiten - was wiederum das Risiko für Blutgerinnsel erheblich senkt. Gleichzeitig wird die Elastizität der Gefäße erhalten. Gerade nach einem Schlaganfall ist Sport daher eine wichtige Maßnahme, um erneute Herz-Kreislauf-Probleme zu vermeiden.

Der Teufelskreis der Inaktivität

Oft kommt es nach einem Schlaganfall zu vorübergehenden oder dauerhaften Lähmungen bestimmter Körperregionen. Viele Betroffene haben eher das Bedürfnis, sich zu schonen, oder sie unterschätzen ihre Leistungsfähigkeit. In der Folge schränken sie ihre Aktivität weiter ein und verzichten teilweise sogar auf Übungen, die zur Kräftigung und damit zur Genesung beitragen könnten. Das ist ein Teufelskreis, denn die mangelnde Bewegung lässt die Fitness weiter sinken. Die Aktivität im Alltag nimmt ab und mit ihr die Lebensqualität.

Sport als Prävention und Rehabilitation

Sport beugt weiteren Schlaganfällen vor. Bewegung hat positiven Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System. Sie senkt den Blutdruck und ist eine wichtige Unterstützung, um den Zucker- und Fettstoffwechsel zu regulieren. Damit beugt sie einer Arterienverkalkung (Arteriosklerose) vor beziehungsweise verlangsamt deren Fortschreiten - was wiederum das Risiko für Blutgerinnsel erheblich senkt. Gleichzeitig wird die Elastizität der Gefäße erhalten. Gerade nach einem Schlaganfall ist Sport daher eine wichtige Maßnahme, um erneute Herz-Kreislauf-Probleme zu vermeiden.

Wird ein Schlaganfall schnell behandelt, bestehen große Chancen auf Ausgleich der Symptome. Daher beginnt die Rehabilitation meist schon sofort nach der Diagnose. Durch motorische Rehabilitationsmaßnahmen können die Symptome oft ausgeglichen werden. Jedoch sollte man möglichst schnell damit beginnen.

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Individuelle Trainingspläne und ärztliche Beratung

Selbst nach einem leichten Schlaganfall sollten Betroffene keinesfalls in Eigenregie mit Sport beginnen, sondern den Wunsch mit ihrem Arzt besprechen. In der Regel ist Rehabilitationssport (Rehasport) ein guter Einstieg. Im Anschluss kann dann allein oder in einer Gruppe weiter gemacht werden. Rehasport wird von einem Arzt verschrieben. Dafür gibt es in jeder Region spezielle Rehasportgruppen. In der Regel umfasst der Rehasport 50 Übungseinheiten für einen Zeitraum von 18 Monaten oder 120 Einheiten in 36 Monaten bei starker Beeinträchtigung. Wie genau der Rehasport nach einem Schlaganfall abläuft, hängt von den individuellen Möglichkeiten und Bedürfnissen der Teilnehmenden ab. Gymnastikübungen und Bewegungsspiele können genauso dazugehören wie Schwimmen.

Im Rahmen betreuter Übungsprogramme, die auf seine individuelle Situation und seine Bedürfnisse abgestimmt sind, kann er seinem Ziel näher kommen. Fachkräfte wie Physiotherapeuten können Patienten dabei unterstützen, auf die Wiederaufnahme einer bestimmten sportlichen Aktivität hinzuarbeiten. Grundregel: Beim Auftreten von Schmerzen sollten Betroffene die Aktivität umgehend abbrechen und das weitere Vorgehen mit ihrem Arzt besprechen. Ein Schmerz ist immer ein Warnhinweis des Körpers, der den Patienten vor Gefahren schützen soll. Der Entschluss ist gefasst, Arzt und Therapeut haben grünes Licht gegeben. Aber: Wie sollten Schlaganfall-Betroffene am besten mit dem Sport anfangen? In solchen Fällen kann ein Training unter Anleitung helfen. Häufig fällt der Einstieg leichter, wenn ein Experte ihnen die korrekten Techniken vermittelt und auf die richtige Ausführung achtet. Von besonderer Bedeutung ist es, sich erreichbare, selbstbestimmte Ziele zu setzen, um die eigenen Fähigkeiten langsam, aber kontinuierlich zu steigern. Solange die Aktivität mit dem individuellen Gesundheits- und Fitnesszustand vereinbar ist, sind der Vielfalt keine Grenzen gesetzt.

Geeignete Sportarten und Übungen

Grundsätzlich sollten Sie darauf achten, Ihr Herz-Kreislauf-System nicht zu stark zu belasten. Ein Pulsmesser ist daher beim Sport nach einem Schlaganfall eine gute Wahl. Ansonsten gilt: Ausdauersport verbessert Herz- und Lungentätigkeit. In Studien hat sich gezeigt, dass er zudem die Mobilität und die Belastbarkeit erhöht.

Geeignete Ausdauersportarten sind zum Beispiel:

  • Schwimmen
  • Walking
  • Nordic Walking
  • Rad fahren
  • Schnelles Spazierengehen

Beginnen Sie zunächst mit wenigen Minuten Sport und steigern Sie sich nach und nach. Bei Sport im Freien sollten Schlaganfallpatienten auch darauf achten, starke Hitze und direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden.

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Gymnastik und Physiotherapie

Zu den Rehabilitationsmaßnahmen nach einem Schlaganfall gehört in der Regel eine umfangreiche Physiotherapie. Sie sollten sich aber nicht zu stark belasten und regelmäßig den Puls messen. Plötzliche Drehbewegungen des Kopfes sowie Übungen mit nach unten geneigtem Kopf sollten Sie vermeiden. Tabu ist zudem starkes Pressen. Geräte sollten Sie also mit niedriger Intensität beziehungsweise mit wenigen Gewichten verwenden.

Bewegung im Alltag integrieren

Nach einem Schlaganfall können Sie das leichte Sportprogramm um mehr Bewegung im Alltag ergänzen, zum Beispiel:

  • Gehen Sie häufiger mal ein Stück zu Fuß.
  • Verzichten Sie auf den Fahrstuhl und nehmen Sie stattdessen die Treppen.
  • Gehen Sie beim Telefonieren auf und ab.
  • Gehen Sie mehrmals, um Geschirr und Lebensmittel zum Esstisch zu tragen, statt ein Tablett zu benutzen.

Spezifische Übungen zur Förderung der Feinmotorik

Jede Übung sollte 1 Minute lang ausgeführt werden oder bis die Übung beendet ist (Labyrinth). Messen Sie also jedes Mal die Zeit oder zählen Sie die Punkte und notieren Sie sie. Beim nächsten Mal sollte die Punktzahl übertroffen bzw. die Zeit unterboten werden.

  1. Zielbewegungen: Mit einem Kugelschreiber vorgegebene Punkte unterschiedlicher Größe der Reihe nach von links nach rechts antippen. Dabei werden nur die getroffenen Punkte gewertet (1 Minute / Anzahl getroffene Punkte). Wenn die Übung mühelos gelingt, die schwierigere Variante durchführen.
  2. Tippen: Nacheinander mit den Fingern auf den Tisch tippen, dabei mit dem Daumen beginnen. Jeder fehlerfreie Durchgang wird mit einem Punkt bewertet (1 Minute / Anzahl fehlerfreier Durchgänge).
  3. Münzen umdrehen: Eine Münze (je kleiner, desto schwieriger) zwischen Daumen und Fingern der betroffenen Hand halten und drehen (1 Durchgang / Anzahl der Halbumdrehungen). Wenn die Münze hinunterfällt, darf die andere Hand helfen, sie wieder in die betroffene Hand zu geben.
  4. Labyrinth: Mit einem Kugelschreiber zügig ein vorgedrucktes Labyrinth nachzeichnen, ohne dabei die Labyrinthlinie zu überqueren. Bei jedem Fehler wird zur erforderlichen Zeit eine Strafsekunde addiert (1 Durchgang / Sekunden inkl. Strafsekunden). Wenn die Übung mühelos gelingt, die schwierigere Variante durchführen.
  5. Schrauben: Bei dieser Übung sollen Muttern auf Schrauben gedreht und wieder abgedreht werden, wobei nur mit der betroffenen Hand gedreht werden darf. Die weniger betroffene Hand hält dabei die Schraube (1 Minute / Anzahl aufgedrehter Muttern).

Die Gehirnstrukturen sind plastisch, also lernfähig, sodass durch intensives Training die Repräsentation der geübten Funktion im Gehirn gestärkt wird (z. B. die Handregion durch Fingerübungen). Diese Fähigkeit des Gehirns nennt man »Neuroplastizität«.

Weitere Übungen zur Rehabilitation

  • Gehübungen: Insbesondere, wenn ein Patient nach einem Schlaganfall noch nicht zu seiner ursprünglichen Beweglichkeit zurückgefunden hat, können Gehübungen eine Vorbereitung auf längere körperliche Aktivität darstellen.
  • Dehnungs- und Beweglichkeitsübungen: Zur Lockerung steifer und verspannter Muskeln eignen sich Dehnungs- und Beweglichkeitsübungen jeglicher Form und helfen dabei, zur ursprünglichen körperlichen Flexibilität zurückzufinden. Einige Sportveranstalter, aber auch Physiotherapeuten bieten sogenannte “Stretching-Kurse” an.
  • Ausdauer-Sport: Patientinnen und Patienten können in Ausdauer-Sportarten besonders gut einsteigen, indem sie Aktivitäten mit mäßiger Intensität ausüben. Es können unter anderem ein stationäres Fahrrad, ein Stepper oder Wassergymnastik-Übungen in das Training integriert werden. Nachdem erste Fortschritte erzielt wurden, kann die Trainingsintensität gesteigert werden.
  • Gleichgewichtsübungen: Übungen, die die Balance fördern, sind für Schlaganfall-Betroffene häufig besonders vorteilhaft.

Therapiekonzepte nach einem Schlaganfall

In der Regel wird das Bobath-Konzept angewandt, welches einem 24-Stunden-Konzept gleicht. Hierbei geht der Physiotherapeut neben den Folgen des Schlaganfalls auch auf die häusliche Situation, die individuellen Bedürfnisse und Ziele des Patienten ein. Der Patient erlernt z. B. das Aufstehen und Hinsetzen unter Anleitung und Unterstützung des Therapeuten erneut. Wir sprechen von einem 24-Stunden-Konzept, da der Patient und die Angehörigen nach der Therapie dazu angehalten sind, das neu Erlernte auch im Alltag umzusetzen, damit ein normaler Bewegungsablauf nicht durch eine Kompensation und unnatürliche Motorik ersetzt wird.

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Beim Konzept nach Vojta werden im Gehirn vorhandene Bewegungsmuster angebahnt. Hierbei löst der Therapeut Reflexe aus, welche durch Stimulation gewisser Punkte (Becken, Schulterblatt, Ellenbogen etc.) aktiviert werden. Somit werden Muskel- und Nervenfunktionen angebahnt, welche die allgemeine Beweglichkeit verbessern.

Das Ziel von PNF ist die Verbesserung von Kraft, Ausdauer und Koordination durch eine verbesserte Zusammenarbeit von Nerven und Muskulatur. Unsere Bewegungen im Alltag sind dreidimensional und werden häufig in immer wiederkehrenden Mustern ausgeführt.

Die "Kognitiv Therapeutischen Übungen" sind eine Behandlungsform für die Rehabilitation von Hemiplegie nach Schlaganfall. Sie unterscheidet sich von den anderen klinisch etablierten Therapien durch den neuen Ansatz, den der italienische Arzt Dr. Carlo Perfetti mit seinen Mitarbeitern entwickelte. Man will in der Behandlung keine Aktivitäten fördern bei denen bestimmte Bewegungsabläufe wiedererlernt werden, da angenommen wird, dass diese zu abnormalem kompensatorischen Bewegungsverhalten führen. Ziel ist die Organisation bzw. Grundlage der Therapie ist der Tastsinn (Sensibilität), der eine wesentliche Rolle bei der Organisation von Bewegungen spielt. Das ZNS braucht Informationen vom Körper und der Umwelt, um Bewegungen planen und ausführen zu können, d.h. Wichtig ist die Förderung des Bewusstseins, der Aufmerksamkeit für die Reizverarbeitung (Wahrnehmung) aus Körper und Bewegung. D.h. der Patient soll lernen eine Aufgabe zu lösen. In der Therapie wird vorher das Ziel und die Durchführung genau erklärt, nicht nur um Aufmerksamkeit und Motivation zu wecken, sondern auch damit die gespürte Bewegung, die zunächst durch den Therapeuten ausgeführt wird, mit der gestellten Aufgabe verglichen werden kann. Die Therapie mit "kognitiv therapeutischen Übungen nach Perfetti" ist keine Behandlungsmethode, da es kein festes Therapieprogramm gibt. Die Therapie folgt bestimmten Grundsätzen und Zielen und entspricht damit einem Konzept. Vor der Behandlung steht eine ausführliche Untersuchung und Überprüfung der Sensibilität, gefolgt von der Analyse der speziellen Symptomatik auf dem Hintergrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Ist das individuelle Problem des Patienten erkannt, wird eine Hypothese formuliert und erst danach das Übungsniveau sowie die einzelnen Übungen ausgewählt.

Alltagstipps und alternative Aktivitäten

Eine regelmäßige Beschäftigung mit dem Lieblingssport - oder auch anderen Hobbys - kann die Lebensfreude steigern. Wichtig ist, sich nicht zu überfordern und die Belastungen schrittweise langsam zu steigern. In ihrem eigenen Tempo. Ohne Druck. Betroffene dürfen durch die ausgeübte Aktivität auch gerne müde werden, solange sie sich dabei wohl fühlen und keine Schmerzen empfinden.

Fahrrad-Alternativen

Je nach der Schwere der Schlaganfall-Folgen kann es erforderlich sein, die bevorzugten körperlichen Aktivitäten an die neuen Umstände anzupassen. Ein gutes Beispiel hierfür stellt das Fahrradfahren dar: In manchen Fällen kann es bereits ausreichen, Sattel, Pedale und Lenker beim Fahrradhändler anpassen zu lassen. Ist es einem Schlaganfall-Patienten nicht möglich, mit seinem bisherigen Fahrrad zu fahren, kann eine andere Art von Fahrrad den gewünschten Erfolg bringen. Eine tolle Alternative stellen zum Beispiel Fahrräder mit drei Rädern dar. Diese gibt es in zwei Ausführungen: als Sitz-Dreirad und als Liege-Dreirad. Wenn Betroffene vor dem Schlaganfall gerne mit ihrer Partnerin oder ihrem Partner Fahrrad gefahren sind, könnte ein Tandem-Fahrrad die richtige Wahl sein. Ist vorwiegend das Pedalieren für Betroffene zu schwer, kann ein Laufrad helfen.

Tanzen als Therapie

Auch eine ältere Studie aus dem Jahr 2018 mit Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten konnte bereits zeigen, dass ein Tanzprogramm sicher durchführbar ist. Angepasste Tanzprogramme sind nach aktueller Studienlage vielversprechend für die Rehabilitation in der ersten Phase nach dem akuten Auftreten eines Schlaganfalls.

Tipps für ein positives Sporterlebnis

Grundsätzlich gilt nach einem Schlaganfall das Gleiche wie zuvor auch: Was dem Patienten gut tut, ist in der Regel auch gut für ihn. Dennoch gibt es einige grundlegende Tipps, die Schlaganfall-Betroffene beherzigen können, um sich beim Sport wohlzufühlen und ihren Gesundheitszustand zu berücksichtigen. Darüber hinaus kann es hilfreich sein, vor allem in der Anfangsphase Angehörige und Fachpersonal mit einzubeziehen. Es verleiht den meisten Patientinnen und Patienten beispielsweise Sicherheit, wenn ein Außenstehender auf korrekte Haltung und Technik beim Training achtet und diese gegebenenfalls korrigiert.

Spiegelneuronen aktivieren

Durch die Aktivierung von Spiegelneuronen können verloren geglaubte Fähigkeiten wieder erlernt werden: Wenn Schlaganfall-Betroffene sich beispielsweise Videos eines vergangenen Wettkampfs ansehen oder in ihren “Erinnerungen schwelgen”, dann werden dabei Nervenzellen aktiviert, die man als Spiegelneuronen bezeichnet. Diese zeigen beim Betrachten des Sports die gleiche Aktivität wie beim Ausführen.

Sportliche Alternativen finden

Auch wenn die Ausübung des Lieblingssports nicht mehr möglich ist, können Schlaganfall-Betroffene Freude an anderen Sportarten finden, die für ihren Gesundheitszustand besser geeignet sind. Die Auswahl ist groß: Ob Fahrradfahren, Nordic Walking, Reiten, Tanzen, Fußballspielen, Joggen, Rudern, Golfspielen, Schwimmen, Segeln, Surfen - jede Sportart kann grundsätzlich erst einmal eine Alternative zum Lieblingssport sein.

Ist ein Patient oder eine Patientin von besonders schwerwiegenden Folgen eines Schlaganfalls betroffen, kann er oder sie möglicherweise keine sportliche Aktivität mehr ausüben. In solchen Fällen können Betroffene dennoch Freude daran finden, beim Lieblingssport zuzuschauen oder Freunde zu treffen, mit denen sie den Sport vor dem Schlaganfall zusammen ausgeübt haben. Nicht zuletzt können geistige Aktivitäten wie zum Beispiel Schach spielen, Kreuzworträtsel und Sudoku-Aufgaben lösen oder meditative Übungen eine schöne Alternative zum Sport darstellen.

Der Blickwinkel zählt

Sport ist weitaus mehr als reine körperliche Aktivität! Kann ein Sport nicht mehr ausgeübt werden, können dennoch schöne Emotionen, liebgewonnene Menschen oder vertraute Umgebungen damit verbunden sein. Nicht jeder Mensch ist sportbegeistert oder dazu in der Lage - und das ist auch okay so. Jede Form von Bewegung ist grundsätzlich positiv für die Gesundheit und kann dazu beitragen, Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu reduzieren. Mindestens genauso wichtig für die Lebensqualität sind das seelische Wohlbefinden und die Lebensfreude. Und diese können nicht nur mit Sport und Bewegung, sondern mit jeder Art von Hobby gefördert werden.

Vielfalt an Hobbys

Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt: Ob Fotografieren, Lesen, Autofahren, Malen, Theater- und Kinobesuche, das Spielen eines Musikinstruments, Singen, Meditation, Fechten, Schach spielen, Nähen - die Liste ist endlos. Ein sehr wertvolles Hobby ist das Malen.

Therapieformen zur Unterstützung des Genesungsprozesses

Die vier bedeutendsten Therapieformen sind die Logopädie, die Ergotherapie, die Physiotherapie und die Sport- und Bewegungstherapie. Je nach Ausprägung der Schlaganfall-Folgen kann es sinnvoll sein, eine oder mehrere dieser Therapieformen in Kombination in Anspruch zu nehmen. Wichtig: Das Ziel einer Therapie ist, sich bestmöglich im Alltag zurechtzufinden und zu beteiligen. Eine vollständige Normalisierung wird hingegen nicht in jedem Fall als Hauptziel angestrebt.

  • Logopädie: Die Logopädie ist immer dann wichtig, wenn durch den Schlaganfall die Sprache, das Sprechen oder der Schluckvorgang beeinträchtigt sind.
  • Ergotherapie: Ziel der Ergotherapie ist die Unterstützung und Begleitung von Menschen, die in ihren alltäglichen Handlungen eingeschränkt sind. Im Vordergrund stehen meist die Anleitung und Hilfe zur Bewältigung des Alltags, wie zum Beispiel beim An- und Auskleiden, Kochen oder sauber machen. Mindestens genauso wichtig ist jedoch die Hilfestellung zur Wiedererlangung derjenigen Fähigkeiten, die zum Ausüben eines Hobbys erforderlich sind.
  • Physiotherapie: Ziel der Physiotherapie ist im Allgemeinen die Wiederherstellung, Verbesserung und Erhaltung der Bewegungs- und Funktionsfähigkeit des menschlichen Körpers. Für Schlaganfall-Patienten ist besonders die neurologische Krankengymnastik, kurz KG, von Bedeutung, da sie gezielt eingeschränkte Bewegungs- und Funktionsfähigkeiten behandelt, wie sie nach einem Schlaganfall auftreten. Europaweit ist die Behandlungsmethode nach Bobath am weitesten verbreitet und gilt als erfolgreichstes Therapiekonzept in der Neurorehabilitation, insbesondere nach einem Schlaganfall. Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Neuroplastizität des Gehirns, kurz: die Fähigkeit des Gehirns zur Selbstheilung. Physiotherapeuten, Ärzte, Ergotherapeuten und Pflegekräfte arbeiten hierbei interdisziplinär zusammen. Das Konzept betrachtet den menschlichen Körper und Geist als eine Einheit. PNF steht für Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation - eine Behandlungsmethode, bei der die durch eine Erkrankung veränderten Bewegungsabläufe eines Patienten wieder in normale, gesunde Bewegungsabläufe zurückgeführt werden sollen. Bei diesem Therapiekonzept wird das Gehirn zur Aktivierung angelegter und von Geburt an vorhandener Bewegungsmuster angeregt, statt sich auf das Lernen und Trainieren normaler Bewegungsabläufe zu konzentrieren. Bereits vorhandene Bewegungsmuster werden also neu zugänglich gemacht.

Erfolgsgeschichten und persönliche Erfahrungen

“Nicht aufgeben und wenn nötig von ganz unten neu beginnen, das war mein fester Wille.”, sagt Thomas Masztalerz, ein sportbegeisterter Lehrer, der nach einem Schlaganfall seine Sprache, seine körperliche Selbständigkeit, seine sportlichen Aktivitäten und seinen Job verlor. Sein sportlicher Ehrgeiz ließ es nicht zu, sich seinem Schicksal widerstandslos zu ergeben und womöglich als Pflegefall zu enden. Schon in der Reha-Klinik suchte er nach Möglichkeiten, seine Therapie individuell zu verlängern und die Abstände zwischen den einzelnen Behandlungen zu verkürzen, um bestmögliche Therapieerfolge zu erzielen. Ziel war es, ihm die selbstständige Alltagsbewältigung und berufliche Wiedereingliederung zu ermöglichen.

Übungen für Zuhause

Ergänzende Physiotherapieübungen zu Hause unterstützen den Erhalt und Ausbau der Fortschritte aus der Praxis. Nicht alle Übungen müssen unter professioneller Anleitung stattfinden.

  1. Armheben: Setze Dich aufrecht auf einen stabilen Stuhl. Hebe langsam einen Arm nach vorne, bis er in etwa auf Schulterhöhe ist. Versuche, den Ellenbogen gestreckt zu lassen. Halte die Position für 3-5 Sekunden, senke dann den Arm kontrolliert wieder ab. Wenn die Bewegung schwerfällt, kannst Du den betroffenen Arm mit der gesunden Hand stützen oder führen.
  2. Ball drücken: Nimm einen weichen Ball (z. B. Therapieknete oder einen Stressball) in die betroffene Hand. Drücke den Ball mit möglichst gleichmäßigem Druck zusammen, halte die Spannung für etwa 5 Sekunden und lasse dann locker.
  3. Beinheben: Lege Dich auf eine weiche Unterlage (z. B. eine Gymnastikmatte). Die Beine sind gestreckt. Hebe nun ein Bein etwa 20-30 cm an, halte die Position für ein paar Sekunden und senke es dann langsam wieder ab.
  4. Gewichtsverlagerung: Stelle Dich hüftbreit an eine Wand oder einen Tisch, an dem Du Dich bei Bedarf abstützen kannst. Verlagere nun langsam Dein Körpergewicht von einem Bein auf das andere. Achte dabei darauf, die Fußsohlen fest auf dem Boden zu lassen. Spüre, wie sich der Druck unter dem Fuß verändert.
  5. Seitliches Tippen: Im sicheren Stand (ggf. mit Haltemöglichkeit): Tippe mit der Fußspitze seitlich auf den Boden und führe den Fuß wieder zur Mitte zurück. Wechsle die Seite. Versuche, die Bewegung flüssig und rhythmisch auszuführen.
  6. Kognitive Übung mit Bewegung: Wähle eine einfache Bewegungsübung, z. B. das Heben der Arme oder Tipp-Bewegungen. Währenddessen nenne bei jeder Wiederholung ein Wort aus einer vorher gewählten Kategorie - etwa Obstsorten, Städte oder Tiernamen.

Egal ob Arm, Bein oder Rumpf - bei allen Übungen gilt: Niemals gegen Schmerzen arbeiten! Auch Schwindel oder Kreislaufprobleme sind Warnzeichen, bei denen sofort pausiert werden sollte. Zudem sollten die Übungen stets an die individuellen Fähigkeiten angepasst werden.

Umgang mit Rückschlägen und Motivation

Rehabilitation ist ein Marathon, kein Sprint. Gerade bei Rückschlägen oder stagnierenden Fortschritten kann es schwerfallen, motiviert zu bleiben. Große Veränderungen brauchen Zeit. Wer sich zu viel auf einmal vornimmt, riskiert Frust. Ob Tagebuch, Video oder Checkliste - wer seine Erfolge dokumentiert, erkennt leichter, was sich verbessert hat. Ein fester Übungszeitpunkt pro Tag schafft Struktur und hilft, das Training zur Gewohnheit zu machen. Partner, Kinder oder Freunde können wichtige Motivatoren sein. Sie können beim Üben helfen, mit anleiten oder einfach durch ihre Anwesenheit unterstützen. Manche Tage laufen besser, andere schlechter. Das ist normal. Auch in der professionellen Therapie gibt es Plateaus oder Phasen, in denen scheinbar wenig vorangeht.

Selbst wenn Du viele Übungen selbstständig durchführst, bleibt die Zusammenarbeit mit ausgebildeten Physiotherapeut:innen unverzichtbar. Sie erkennen muskuläre Dysbalancen, Bewegungsmuster oder Fehlhaltungen, die Dir selbst gar nicht auffallen würden. In der modernen Physiotherapie kommen oft auch neurophysiologische Konzepte wie Bobath oder PNF zum Einsatz. Diese Trainingsmethoden orientieren sich an natürlichen Bewegungsabläufen und setzen gezielte Reize zur Reorganisation des Nervensystems.

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