Hoffnung für strahlende Zukunft: Medikamente gegen Alzheimer könnten Zähne nachwachsen lassen

Die Zahnmedizin steht möglicherweise vor einer Revolution. Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Medikamente, die ursprünglich für die Behandlung von Alzheimer entwickelt wurden, das Potenzial haben, Zähne auf natürliche Weise zu regenerieren. Dies könnte nicht nur herkömmliche Füllungen überflüssig machen, sondern auch eine schonendere und weniger invasive Behandlungsmöglichkeit für Patienten bieten.

Die Herausforderung: Karies und ihre Folgen

Karies, eine durch den Stoffwechsel von Bakterien verursachte Erkrankung der Zähne, ist ein weit verbreitetes Problem. Mikroben wandeln Zucker in Säuren um, die den Zahnschmelz entkalken und ihn von innen zerstören. Wenn ein Loch im Zahn entstanden ist, hilft oft nur noch eine Zahnfüllung. Diese Füllungen, meist aus Kunststoff, Keramik, Zement, Gold oder Amalgam, verschleißen jedoch mit der Zeit und müssen gelegentlich repariert und ausgetauscht werden. Jeder Austausch bedeutet, dass der Zahnarzt gesunde Zahnsubstanz entfernen muss, was langfristig zu Problemen führen kann.

Tideglusib: Ein Alzheimer-Medikament als Hoffnungsträger für die Zahnregeneration

Forscher am King’s College in London haben entdeckt, dass das Medikament Tideglusib, das bereits in klinischen Studien zur Behandlung von Alzheimer eingesetzt wurde, Stammzellen im Inneren der Zahnpulpa stimulieren kann. Diese Stammzellen fördern die Bildung von Dentin, der mineralisierten Substanz unter dem Zahnschmelz. Dentin ist härter als Knochen, aber weicher als der Zahnschmelz.

Professor Paul Sharpe vom Zahninstitut des King’s College erklärt, dass die Einfachheit des Ansatzes Tideglusib zu einem idealen klinischen Produkt für die natürliche Behandlung von großen Zahnlöchern macht. Das Medikament schützt den Zahnnerv und baut Zahnmasse wieder auf.

Wie funktioniert die Anwendung?

Die Wissenschaftler tränken einen kleinen, biologisch abbaubaren Schwamm aus Kollagen mit Tideglusib und setzen ihn in das Zahnloch ein. Der Schwamm dient als Träger für das Medikament und löst sich innerhalb von etwa sechs Wochen auf, nachdem er die Stammzellen zur Bildung von neuem Dentin angeregt hat. In Experimenten mit Mäusen konnte so ein 0,13 mm großes Loch vollständig mit Dentin gefüllt werden.

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Vorteile gegenüber herkömmlichen Füllungen

Dr. Nigel Carter, leitender Direktor der Oral Health Foundation, betont, dass diese neue Methode nicht nur die bisherigen Behandlungen überflüssig machen könnte, sondern für Patienten auch weitaus weniger invasiv wäre. Da das Medikament bereits in Alzheimer-Studien als sicher befunden wurde, könnte es die weit verbreitete Angst vor dem Zahnarzt reduzieren.

Weitere Forschungsansätze: Die Aktivierung von Zahnknospen

Neben der Forschung mit Tideglusib gibt es weitere vielversprechende Ansätze zur Zahnregeneration. Ein Forscherteam am Kitano Krankenhaus in Osaka unter der Leitung von Katsu Takahashi arbeitet daran, Menschen eigene dritte Zähne zu ermöglichen. Takahashi geht davon aus, dass der Mensch Anlagen für drei Reihen natürlicher Zähne hat, die sich jedoch normalerweise nicht entwickeln.

Das USAG-1-Gen als Schlüssel zur Zahnregeneration

In Versuchen mit Mäusen konnten die Wissenschaftler durch das Ausschalten des sogenannten USAG-1-Gens die Bildung überzähliger neuer Zähne anregen. Auch bei Frettchen gelang es, mithilfe von Antikörpern das Wachstum neuer, dritter Zähne auszulösen. Takahashi und sein Team machten deutlich, dass sich die Rückbildung der Zahnknospen verhindern und zur Zahn-Neubildung nutzen lässt.

Klinische Studien am Menschen ab 2024

Ab Juli 2024 plant das Team eine klinische Phase-1-Studie, um zu testen, ob ein vergleichbares Vorgehen auch bei Menschen sicher ist. Sollte das Mittel alle drei Studienphasen sowie die japanische Zulassung bestehen, könnte es ab dem Jahr 2030 verfügbar sein, zunächst für Patienten mit Anodontie, denen erblich bedingt die Zahnkeime fehlen.

Der Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und Alzheimer: Eine neue Perspektive

Neue Forschungen des Forsyth Institute zeigen eine Verbindung zwischen Parodontitis und der Bildung von Amyloid-Plaques, einem charakteristischen Merkmal der Alzheimererkrankung. Die Studie, die im Journal of Neuroinflammation veröffentlicht wurde, legt nahe, dass Parodontitis zu Veränderungen in den Mikrogliazellen führt, die das Gehirn normalerweise vor Alzheimer-Plaques schützen.

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Die Rolle der Mikrogliazellen

Wenn Mikrogliazellen oralen Bakterien ausgesetzt werden, werden sie überstimuliert und haben Schwierigkeiten, die Plaques abzubauen. Da die Bakterien durch Läsionen zwischen Zähnen und Zahnfleisch in den Blutkreislauf gelangen und sogar die Blut-Hirn-Schranke passieren können, sind die Auswirkungen von Zahnfleischerkrankungen auf die systemische Gesundheit bedeutend.

Auswirkungen auf die Alzheimer-Forschung

Die Erkenntnisse könnten in Zukunft zu gezielteren Behandlungsansätzen führen, um Neuroinflammation und neurodegenerative Prozesse zu verhindern. Eine wirksame Kontrolle von Zahnfleischerkrankungen könnte somit helfen, das Alzheimer-Risiko zu reduzieren. Die Studie betont die Relevanz der Mundgesundheit für die allgemeine Gesundheit und zeigt, dass Vernachlässigung der Mundhygiene möglicherweise auch schwerwiegende Auswirkungen auf den gesamten Körper haben kann.

Einschränkungen und Herausforderungen

Obwohl die Forschung vielversprechend ist, gibt es noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Ralf Smeets, Professor an der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Grundlagenforschung der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, betont, dass das, was bei einer Maus funktioniert, nicht unbedingt beim Menschen funktionieren muss.

Stabilität und Kosten

Auch der Zahnmediziner Christian Frankenberger vom Universitätsklinikum Gießen und Marburg schränkt ein, dass es noch zu früh sei, von einer bahnbrechenden Entwicklung zu sprechen. Es müsse noch gezeigt werden, dass das neu gebildete Dentin so stabil ist wie das ursprüngliche. Zudem könnten die Kosten für eine solche Behandlung zunächst hoch sein, schätzt Frankenberger - möglicherweise müsse man mit bis zu 1500 Euro je Zahn rechnen.

Alternativen zur herkömmlichen Behandlung

Trotz dieser Einschränkungen sind sich die Experten einig, dass die Forschung auf dem Gebiet der Zahnregeneration vielversprechend ist. Es handelt sich um die gelungene Weiterentwicklung einer Behandlungsmethode, bei der Zahnärzte schon seit Jahren auf die Selbstheilungskräfte eines Zahns setzen. Bei der sogenannten Überkappung wird in bestimmten Fällen die Erneuerung der Zahnsubstanz angeregt, um das Mark zu schützen.

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Die Zukunft der Zahnmedizin: Sanftere Methoden und natürliche Regeneration

Insgesamt geht der Trend in der Zahnmedizin dahin, immer sanftere Methoden zu entwickeln, um so wenig wie möglich künstlich eingreifen zu müssen. Es wird an Substanzen geforscht, die Zahnschäden wegfressen können, ohne die gesunde Substanz zu schädigen. Auch der Versuch der britischen Forscher, die Regenerationskräfte des menschlichen Organismus zu nutzen, ist typisch für zukünftige Entwicklungen.

Die Rolle der Krankenkassen

Die schlechte Nachricht ist, dass viele der neuen Methoden noch nicht erprobt genug sind, um in der Breite angewendet oder von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt zu werden. In den meisten Fällen wird man also bei Karies nach wie vor nicht um die etablierten Methoden herumkommen.

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