Mit dem steigenden Durchschnittsalter der Bevölkerung nimmt auch die Zahl der Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen zu. In Deutschland ist die Alzheimer-Krankheit die häufigste Ursache für Demenz, also den Abbau und Verlust kognitiver Fähigkeiten. Bislang wurden verschiedene Risikofaktoren für die Alzheimer-Krankheit identifiziert und kategorisiert, darunter unveränderliche Faktoren wie Alter, weibliches Geschlecht und genetische Veranlagung sowie beeinflussbare Faktoren wie Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht. Dieser Artikel untersucht die möglichen positiven und negativen Auswirkungen einer veganen Ernährung auf die Erhaltung der Gehirnfunktion.
Mögliche Vorteile einer veganen Ernährung für die Gehirngesundheit
Eine vegane Ernährung kann sich positiv auf die Alzheimer-Prävention auswirken, da sie den Cholesterinspiegel senken und die Aufnahme gesättigter Fettsäuren deutlich reduzieren kann, was zu einem gesunden Blutfettprofil beiträgt. Da eine vegane Ernährung oft reich an Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen wie Vitaminen und Antioxidantien ist, kann sie dazu beitragen, den kognitiven Verfall zu verhindern. Besonders interessant ist das Polyphenol Quercetin, ein sekundärer Pflanzenstoff, der als natürlicher Monoaminoxidase-Hemmer die Erhaltung der psychischen Gesundheit fördern und die Entstehung neurologischer Erkrankungen beeinflussen kann.
Die Rolle von Nährstoffen in der veganen Ernährung
Eine kompetent umgesetzte vegane Ernährung zeichnet sich durch den Verzehr von frischem Obst und Gemüse in einer gesundheitsfördernden Menge aus. Das beinhaltet die empfohlenen 2 Portionen (200-240 g) Obst und 3 Portionen Gemüse (300-360 g). Ergänzt durch Vollkorngetreideprodukte, Nüsse und Hülsenfrüchte in angepasster Menge kann eine vegane Ernährung eine gute Versorgung mit den Nährstoffen, wie sie in pflanzlichen Nahrungsmitteln üblicherweise vorhanden sind, liefern. Daher zeigen Veganer auch eine höhere Aufnahme und höhere Blutspiegel als Allesesser bei Magnesium, Vitamin B1, B2, B6, Folsäure, Vitamin C, Karotinoiden und Polyphenolen. Der regelmäßige Einsatz von Knoblauch, Zwiebeln und verschiedenen Gewürzen in einer ausgewogenen veganen Ernährung kann die Resorption von Mineralstoffen und Spurenelementen aus pflanzlichen Produkten mit eigentlich schlechter Bioverfügbarkeit verbessern.
Mögliche Risiken einer veganen Ernährung für die Gehirngesundheit
Bei einer veganen Ernährung kann es potenziell zu negativen Auswirkungen kommen, wenn die Versorgung mit bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen nicht ausreichend gewährleistet ist. Laut den Autor*innen kann die Unterversorgung mit Vitamin B12, Vitamin D und DHA (Docosahexaensäure) die Entstehung von Alzheimer begünstigen. Es gibt auch Bedenken hinsichtlich des Kalzium-, Jod- und Eisenmangels bei veganer Ernährung. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät Eltern aus "Sicherheitsgründen" davon ab, ihren Nachwuchs vegan aufwachsen zu lassen. Problematisch bei der veganen Ernährung ist die Versorgung mit Vitamin B12. Es gelangt bei einer gemischten Ernährung über tierische Produkte in den Blutkreislauf. Fehlt der Stoff, können auf lange Sicht Müdigkeit, Blutarmut und Blässe auftreten.
Nährstoffmangel und seine Folgen
Pflanzliche Proteine haben im Vergleich zu tierischen Proteinen eine ungünstigere und inkomplette Aminosäuren-Zusammensetzung. Daher zeigen Veganer auch eine schlechtere Versorgung mit verschiedenen Aminosäuren als Omnivoren. Dies gilt v. a. für Leucin, Lysin, Methionin, Tryptophan und Tyrosin. Insbesondere während der kindlichen Wachstumsphase wie auch bei älteren Menschen kann sich diese ungünstige Aminosäuren-Versorgung negativ auf den Aufbau bzw. die Erhaltung der Skelettmuskulatur auswirken. Auch Sportler müssen dies beachten. Die Versorgung mit den wichtigen ω-3-Fettsäuren erfolgt in den Industrieländern v. a. durch Fisch, aber auch Fleisch und Milchprodukte. Da die vegane Ernährung diese Lebensmittel ausschließt, zeigen Veganer deutliche Defizite für die wichtigen ω-3-Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure). Auch eine gute Zufuhr der ω-3-Fettsäure ALA (α-Linolensäure) aus pflanzlichen Nahrungsmitteln ändert daran nichts, da die Konversionsrate von ALA zu EPA und weiter zu DHA bei deutlich unter 10 % liegt. Der mit einer veganen Ernährung verbundene Kalziummangel kann im Kindesalter zu einer Störung der Knochenbildung und im Alter zu erhöhtem Osteoporose- und Frakturrisiko führen. Veganer sind stärker von einer Unterversorgung mit Jod betroffen, da ihnen Fisch als gute Quelle für die Jodversorgung fehlt.
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Veganismus und mentale Gesundheit
Ursächliche Zusammenhänge zwischen veganer Ernährung und mentalen Störungen sind bisher wissenschaftlich nicht belegt. Eine deutsche Longitudinalstudie zeigt aber eine mit der Dauer einer vegetarischen Ernährung ansteigende Rate an Angststörungen und Depressionen im Vergleich zu Nichtvegetariern. Daraus lässt sich keine Ursache-Wirkungs-Beziehung ableiten, aber bei Patienten mit mentalen Störungen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren, sollte auch an Nährstoffdefizite (Tryptophan, DHA, Jod, Vitamin B12, Vitamin D) als mögliche Faktoren gedacht werden.
Veganismus in verschiedenen Lebensphasen
Für eine schwangere Frau birgt die vegane Ernährung für sie selbst und v. a. für das ungeborene Kind besondere Risiken. Dies erfordert vom betreuenden Arzt besondere Aufmerksamkeit und Maßnahmen wie zusätzliche Laboruntersuchungen. Die bei Veganern häufiger erniedrigten Nährstoffe DHA, Tryptophan, Tyrosin, Kalzium, Eisen, Jod, Selen, Zink, Vitamin B12 und Vitamin D sind für die Entwicklung des Kindes von großer Bedeutung. Ein Mangel muss möglichst schon vor der Schwangerschaft festgestellt und ausgeglichen werden. Bei älteren Menschen zeigen sich häufiger Defizite bei den Nähstoffen, die auch bei einer veganen Ernährung häufig erniedrigt sind wie Protein, ω-3 Fettsäuren (EPA, DHA), Kalzium, Eisen, Selen, Vitamin B12 und Vitamin D.
Die Bedeutung von Beratung und Ergänzung
Viele Ernährungsexperten sehen eine Gefahr in einer unüberlegten veganen Ernährung. Bernhard Koletzko ist Abteilungsleiter am Haunerschen Kinderspital München. Er stellt klar: "Ein Kind kann man nicht gesund vegan ernähren, sofern man nicht Mikronährstoffe zusätzlich gibt." Bei veganen oder vegetarischen Ernährungsformen rät er Eltern dringend dazu, sich vom Kinderarzt beraten zu lassen. Nahrungsergänzungsmittel, wie sie viele erwachsene Veganer nehmen, hält er für absolut unverzichtbar - auch wenn es besser sei, kritische Nährstoffe über natürliche Lebensmittel zuzuführen: "Der Körper verarbeitet Eisen aus Fleisch anders als Eisen-Tropfen. Wer sich jedoch strikt vegan ernähren will, der solle sich vorher unbedingt bei einem Experten beraten lassen. Die regelmäßige Einnahme von Algenprodukten mit nachgewiesen hohem DHA-Anteil kann ein DHA-Defizit verhindern oder zumindest reduzieren. In vielen Ländern wird daher der Konsum von jodiertem Salz empfohlen.
Veganismus und Umweltauswirkungen
Die ökologische Auswirkung von unterschiedlichen Ernährungsweisen hängt stark mit dem Verbrauch von Milchprodukten und Fleisch zusammen, was es spannend macht, das ökologische Profil von unterschiedlichen Ernährungsweisen in Hinblick auf Emissionen, Wasser- und Landnutzung zu evaluieren. Eine Review über 14 Publikationen, die sich mit globalen Szenarios und Ernährungsverhalten befasst zeigt, dass es ein Einsparungspotenzial von 50% gibt, anthropogene Treibhausgase und Landnutzungsanforderungen mit Ernährung einzusparen. Das größte Einsparungspotenzial für Treibhausgase liegt laut Meinung der Autoren bei der Menge und der Art des konsumierten Fleisches.
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