Die Reise eines Reizes von der Aufnahme bis zur bewussten Wahrnehmung im Gehirn ist ein komplexer, mehrstufiger Prozess. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte dieses Prozesses, von den grundlegenden Reiz-Reaktions-Mechanismen bis hin zu spezifischen Sinnesorganen und deren neuronalen Verarbeitung.
Das Reiz-Reaktions-Schema: Ein grundlegendes Prinzip
In der Psychologie begegnet man immer wieder dem Begriff des Reiz-Reaktions-Schemas. Dieses Modell beschreibt die grundlegende Interaktion zwischen Organismus und Umwelt und spielt eine zentrale Rolle in vielen psychologischen Theorien und Therapieansätzen. Ein Reiz ist dabei ein Signal, welches über die Sinnesorgane wahrgenommen wird und eine Reaktion hervorruft. Eine Reaktion bezeichnet die Antwort des Organismus auf den Reiz.
Beispiele für das Reiz-Reaktions-Schema
- Körperliche Reaktion: Bei Kontakt mit einem heißen Gegenstand (Reiz) ziehst du automatisch deine Hand zurück (Reaktion). In diesem Fall handelt es sich um eine rein körperliche Reaktion, die ohne bewusste Entscheidung stattfindet.
- Emotionale Reaktion: Eine traurige Filmszene (Reiz) bringt dich zum Weinen (Reaktion).
- Klassische Konditionierung: Bei dem Experiment von Pawlow wurde einem Hund vor der Fütterungszeit eine Glocke vorgespielt (Reiz), woraufhin der Hund Speichel produzierte (Reaktion) in Erwartung des Futters. Dieses Experiment hat enorme Bedeutung in der Psychologie und Therapie gewonnen, da es unter anderem die Grundlage für Verhaltenstherapie bildet.
Reflexe: Unbewusste Reaktionen
Das Reiz-Reaktions-Schema findet seine vielleicht einfachste und klarste Anwendung in Reflexreaktionen, die du wahrscheinlich bereits ab einer sehr jungen Altersstufe erlebt hast. Ein Beispiel ist der Kniesehnenreflex (Patellarsehnenreflex), bei dem durch einen Schlag unterhalb der Kniescheibe eine Streckbewegung im Unterschenkel ausgelöst wird. Dieser Reflex ist monosynaptisch, was bedeutet, dass nur eine einzige Synapse zwischen afferentem (eingehendem) und efferentem (ausgehendem) Neuron besteht. Dieses Geschehen findet ohne jegliche bewusste Kontrolle oder Beteiligung des Gehirns statt.
Reflexe sind einfache, aber effektive Strategien des Körpers, um auf potenzielle Gefahren zu reagieren und Schäden zu verhindern oder zu minimieren. Sie alle folgen dem grundlegenden Prinzip des Reiz-Reaktions-Schemas. Wenn du beim Stolpern mit deinem Fuß hängen bleibst, dann schießt automatisch dein Unterschenkel nach vorne. Dieser Reflex schützt dich vorm Hinfallen. Wichtig: Reflexe haben die Aufgabe, dich vor Gefahren zu schützen. Deshalb müssen sie möglichst schnell ausgelöst werden. Die Übertragung und Verschaltung vom Reiz zum Reflex darf also nicht zu lange dauern. Deswegen werden Reflexe im Vergleich zu den bewussten Handlungen nur im Rückenmark umgeschaltet.
Das Reiz-Reaktions-Schema in der Sinnesphysiologie
Das Reiz-Reaktions-Schema spielt auch eine entscheidende Rolle in der Sinnesphysiologie. Jedes unserer Sinnesorgane - ob Auge, Ohr, Haut, Zunge oder Nase - funktioniert nach diesem grundlegenden Prinzip.
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Das Ohr: Der Schall selbst ist eine Form von mechanischem Reiz, der durch schwingende Moleküle der Luft (oder anderer Medien) erzeugt wird. Dein Ohr besteht aus drei Hauptteilen: dem äußeren Ohr (Ohrmuschel und Gehörgang), dem Mittelohr (Trommelfell und Gehörknöchelchen) und dem Innenohr (Cochlea und Vestibularapparat). Wenn du zum Beispiel einer Melodie lauschst, fängt dein äußeres Ohr die Schallwellen auf und kanalisiert sie zum Trommelfell. Hier bringen sie das Trommelfell zum Schwingen. Diese Schwingungen werden von den Gehörknöchelchen aufgenommen und an die Cochlea im Innenohr weitergeleitet.
Das Auge: Das Licht stellt in diesem Kontext den Reiz dar. Es ist eine Form von elektromagnetischer Strahlung, die sich durch bestimmte Eigenschaften wie Wellenlänge (Farbe), Intensität (Helligkeit) und Polarisation auszeichnet. Stelle dir vor, du siehst einen roten Apfel. Das Licht, das von diesem Apfel reflektiert wird, trifft auf dein Auge. Wenn es die Netzhaut erreicht, regt es spezifische Photorezeptoren an - in diesem Fall vor allem die Zapfen, die für die Farbwahrnehmung zuständig sind.
Rezeptoren: Die Türwächter der Wahrnehmung
Sinneszellen der Sinnesorgane sind für die Wahrnehmung der Reize zuständig. Dabei nimmt jedes Sinnesorgan ganz bestimmte und unterschiedliche Reize auf. Doch wie machen die Sinnesorgane das genau? Wenn der Frühling kommt, riechst du den Duft der Blüten, hörst die Vögel zwitschern, du fühlst die warme Luft und siehst das Sonnenlicht. Mit der Nase kannst du riechen, mit den Ohren kannst du hören, mit der Haut kannst du tasten oder Temperaturunterschiede wahrnehmen und mit den Augen kannst du sehen. Das funktioniert nur, weil bestimmte Strukturen in deinem Körper, die Reize aus der Umwelt in Signale umwandeln, die dein Gehirn verarbeiten kann. Sie heißen Rezeptoren.
Rezeptoren sind Zellen in deinen Sinnesorganen. Sie werden auch Sinneszellen oder Sensoren genannt und dürfen nicht mit den Rezeptormolekülen, die auf und in der Zellmembran liegen, verwechselt werden. Alle Rezeptoren haben gemeinsam, dass sie Reize aus der Umwelt aufnehmen und diese in eine elektrische Erregung umwandeln. Diese kann dann vom Gehirn als Signal wahrgenommen und verarbeitet werden. Das ausgehende Signal aller Rezeptoren ist also elektrische Erregung. Und für die unterschiedlichsten Reize gibt es die verschiedensten Rezeptoren. Jeder Rezeptortyp ist auf eine Art Reiz spezialisiert. Dieser Reiz wir als adäquater Reiz bezeichnet.
Typen von Rezeptoren
- Chemorezeptoren: Man findet sie im Geruchs- und Geschmackssinn. Sie reagieren auf Kontakt mit chemischen Substanzen. Damit sind chemische Substanzen die adäquaten Reize für Chemorezeptoren.
- Fotorezeptoren: Sie liegen in der Netzhaut deines Auges und reagieren auf ihren adäquaten Reiz, das Licht.
- Thermorezeptoren: Sie reagieren auf Temperaturveränderungen.
- Mechanorezeptoren: Sie reagieren auf Verformung.
- Elektrorezeptoren: Sie reagieren auf Veränderungen in einem vorhandenen elektrischen Feld.
Die Umwandlung von Reizen in elektrische Signale
Rezeptoren sind mit Nervenzellen verbunden. Wenn bei einem Rezeptor ein adäquater Reiz eingeht, reagiert der Rezeptor mit einer Veränderung des Membranpotenzials. In der nachfolgenden Nervenzelle kommt es zu einer Depolarisation und ein Aktionspotenzial entsteht nach dem Alles-Oder-Nichts-Prinzip. Der Reiz wurde in elekrische Erregung, also Aktionspotenziale, umgewandelt und an das Gehirn geleitet.
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Es gibt auch Nervenzellen, die ohne Rezeptor ein Aktionspotenzial als Reaktion auf einen Reiz ausbilden können. So zum Beispiel die Nozirezeptoren. Sie werden als primäre Sinneszellen bezeichnet. Das sind z.B. freie Nervenendigungen, durch die du Schmerzen wahrnehmen kannst.
Die Reizweiterleitung im Nervensystem
Die Reizweiterleitung im Nervensystem ist ein komplexer Vorgang, bei dem elektrische sowie chemische Potenziale angewandt werden - und das im Bruchteil einer Sekunde. Denn nur so können wir schnell reagieren, beispielsweise im Straßenverkehr, wenn wir einem Auto ausweichen müssen. Ganz allgemein kann ein Reiz unterschiedlicher Natur sein: zum Beispiel das Wahrnehmen einer Temperaturveränderung, ein visueller Reiz oder Schmerz.
Die Rolle der Neuronen
Die Reizaufnahme im Nervensystem geschieht über die Dendriten, dünne Fortsätze der Neuronen. Der Axonhügel sammelt die bei den Dendriten eingehenden elektrischen Potenziale. Nur wenn eine bestimmte Potenzialschwelle überschritten wird, gibt der Axonhügel das elektrische Potenzial an das Axon weiter. Dies ist eine Art Schutzmaßnahme des Nervensystems, um eine Reizüberflutung, die nicht verarbeitet werden kann, zu verhindern.
Viele Axone im peripheren Nervensystem (der Teil des Nervensystems, der nicht zu Gehirn und Rückenmark gehört) werden durch einen Mantel aus speziellen Zellen (Schwann-Zellen = Hüll- und Stützzellen) elektrisch isoliert. Dabei entsteht keine durchgängige Umhüllung. Die Abschnitte, an denen das Axon frei liegt, werden Ranviersche Schnürringe genannt und dienen einer schnelleren Übertragung von Nervensignalen - die Erregung wird hierbei in Sprüngen von einem Schnürring zum nächsten weitergegeben (saltatorische Erregungsleitung).
Das Ruhepotential und Aktionspotential
Wenn kein Reiz weitergegeben werden muss, zeigt das Neuron folgende Verteilung elektrischer Ladung: Im Zellinneren herrscht eine hohe Konzentration an Kaliumionen (K+) und organischen Anionen (zum Beispiel Eiweiß), während außerhalb überwiegend Natrium- (Na+) und Chloridionen (Cl-) anzutreffen sind. Im Ruhezustand besteht ein Gleichgewicht zwischen der Zellinnen und -außenseite, das durch verschiedene Transportmechanismen (Kaliumkanäle und Natrium-Kalium-Pumpen) aufrechterhalten wird (Ruhepotential). Auf der Innenseite der Zellmembrane ist die Ladung zunächst negativ.
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Im Falle eines elektrischen Impulses, der durch einen Reiz ausgelöst wurde, öffnen sich unter anderem die Natrium-Kanäle der Zellmembran und Natriumionen strömen vermehrt ins Zellinnere. Dies bedeutet, dass abschnittsweise die Ladung an der Innen- und Außenseite des Neurons umgekehrt wird. Durch diese lokale Ladungsänderung wird der elektrische Impuls entlang des Axons bis zum Ende weitertransportiert.
Die synaptische Übertragung
Am synaptischen Endknöpfchen, was dem Ende des Axons entspricht, wird der elektrische Impuls in ein chemisches Signal umgewandelt. Das elektrische Potenzial, das dort ankommt, löst die Ausschüttung chemischer Botenstoffe (sogenannte Neurotransmitter) aus. Diese Neurotransmitter überqueren den synaptischen Spalt und binden an Rezeptoren der nächsten Nervenzelle. Dort löst der Neurotransmitter erneut einen elektrischen Impuls aus, der wieder am Axon entlangwandert und so von Zelle zu Zelle weitergegeben wird.
Die visuelle Wahrnehmung: Ein detailliertes Beispiel
Das Sehen ist ein komplexer Prozess, der in drei Hauptvorgänge unterteilt werden kann:
- Abbildung der Umwelt auf die Lichtsinneszellen
- Erregung der Lichtsinneszellen
- Verarbeitung der Erregung im Nervensystem/Gehirn
Der Aufbau des Auges
Es gibt verschiedene Augentypen, die sich in ihrer Komplexität unterscheiden:
- Flachauge (Qualle): einzelne Lichtsinneszellen, können ungefähre Richtung des Lichteinfalls ausmachen
- Grubenauge (Napfschnecke): kleineres Sehfeld, aber besseres Erkennen wo Lichtquelle lokalisiert
- Lochkameraauge (Seeohrschnecke): vom Grubenauge abgeleitet, Bild ist lichtschwach, nicht besonders scharf
- Linsenauge (Tintenfisch/Mensch): Linse ermöglicht scharfe Abbildung
- Facettenauge (Insekten)
Das menschliche Auge ist ein Linsenauge. Es besteht aus:
- Hornhaut (Cornea): Äußere, transparente Schicht, die das Auge schützt und einen Teil der Lichtbrechung übernimmt.
- Vordere Augenkammer: Raum zwischen Hornhaut und Linse, gefüllt mit Kammerwasser.
- Linse: Ermöglicht durch Fokussierung eine exakte Abbildung der Umwelt.
- Hintere Augenkammer: Raum zwischen Linse und Netzhaut (Retina), gefüllt mit Glaskörper (eine gallertartige Masse aus Proteinen).
- Netzhaut (Retina): Enthält die Sehzellen (Stäbchen und Zapfen), die Licht in elektrische Signale umwandeln.
- Aderhaut (Choroidea): Versorgt die Netzhaut mit Nährstoffen.
- Lederhaut (Sklera): Äußere, schützende Hülle des Auges.
Die Umwandlung von Licht in elektrische Signale in der Netzhaut
Die Stäbchen und Zapfen (Sehzellen) liegen in der Retina. Das Außenglied des Stäbchens ist dicht mit Membranstapeln bepackt. Hier werden die Opsin Moleküle gelagert. Der eigentliche Sehfarbstoff ist das 11-cis-Retinal, das durch Lichteinfall in all-trans-Retinal umgewandelt wird und dadurch das Schließen von Na+-Kanälen auslöst.
Der Sehvorgang im menschlichen Auge ist ein sehr schönes Beispiel für Informationskaskaden und second-messenger-Vorgänge. Diese sensorische Transduktion basiert auf der Aktivierung des Sehfarbstoffs Rhodopsin. Rhodopsin wird aus dem Proteinteil Opsin und dem Vitamin-A-Derivat Retinal gebildet. Retinal kann in zwei Formen auftreten: zum einen im „geknickten" 11-cis-Retinal, zum anderen im „gestreckten" all-trans-Retinal. Das „gestreckte" all-trans-Retinal aktiviert den Proteinanteil des Rhodopsins, also das Opsin.
Kommt es zum Lichteintritt, so wird 11-cis- in all-trans-Retinal umgewandelt. Opsin wird aktiviert und gibt diese „Aktivinformation" an das G-Protein Transducin weiter. Das aktivierte Transducin wiederum aktiviert das Enzym Phosphodiesterase (PDE). PDE spaltet cGMP und bildet dabei GMP. Nur cGMP kann an Rezeptoren der Natriumkanäle der Plasmamembran des Stäbchens binden. Natriumkanäle mit gebundenen cGMP sind offen. Ohne cGMP schließen die Natriumkanäle. Es kommt zu einer Hyperpolarisierung aufgrund des Lichteintritts!
Die Verarbeitung visueller Informationen im Gehirn
Die Verarbeitung visueller Informationen beginnt in der Retina und setzt sich im Gehirn fort. Die Nervenzellen der Retina leiten die Signale über den Sehnerv (Nervus opticus) zum Gehirn weiter. Eine wichtige subkortikale Schaltstation zwischen Retina und Kortex ist der Nucleus geniculatus lateralis (seitlicher Kniehöcker). Von dort gelangen die Informationen zur primären Sehrinde (V1) im Okzipitallappen (Hinterhauptlappen) des Gehirns.
Die primäre Sehrinde (V1)
Die primäre Sehrinde ist der erste kortikale Bereich, in dem visuelle Informationen verarbeitet werden. Sie ist retinotopisch organisiert, d.h. benachbarte Punkte in der Retina werden auch in benachbarten Bereichen der Sehrinde abgebildet. Der zentrale Bereich des Gesichtsfelds (Fovea centralis) wird überproportional groß in V1 repräsentiert.
In V1 gibt es verschiedene Neuronentypen, die auf unterschiedliche Aspekte visueller Reize spezialisiert sind:
- Einfache Zellen: Reagieren auf Lichtstreifen einer bestimmten Orientierung.
- Komplexe Zellen: Reagieren auf Lichtstreifen einer bestimmten Orientierung, unabhängig von ihrer Position im rezeptiven Feld.
- Endinhibierte Zellen: Reagieren auf Ecken und Enden von Linien.
Die Neuronen in V1 sind in Säulen organisiert, die nach Orientierungspräferenz und Augendominanz geordnet sind.
Höhere visuelle Areale
Von V1 aus werden die visuellen Informationen zu höheren visuellen Arealen weitergeleitet, die für die Verarbeitung komplexerer Aspekte der visuellen Wahrnehmung zuständig sind. Es gibt zwei Hauptverarbeitungsströme:
- Der ventrale Pfad (Was-Pfad): Ist für die Erkennung von Objekten zuständig. Er verläuft vom Okzipitallappen zum Temporallappen. Neuronen in diesem Pfad können selektiv auf bestimmte Objektkategorien antworten, z. B. Gesichter oder Hände.
- Der dorsale Pfad (Wo-Pfad): Ist für die Verarbeitung räumlicher Informationen und die Steuerung von Handlungen zuständig. Er verläuft vom Okzipitallappen zum Parietallappen.
Schmerzwahrnehmung: Ein weiterer komplexer Prozess
Die Wahrnehmung von Schmerzen ist ein komplexer Prozess, der verschiedene Reizarten umfasst:
- thermisch (z.B. Hitze, Kälte)
- chemisch (z.B. Säuren, Basen)
- mechanisch (z.B. Druck, Zug)
- Stoffwechselvorgänge (z.B. Entzündungen)
Die Rolle der Nozizeptoren
Schmerzreize werden von Sinneszellen, den sogenannten Nozizeptoren registriert und weitergeleitet. Nozizeptoren sind freie Nervenendigungen, die in der Haut und fast allen inneren Organen vorhanden sind. An der Oberfläche des Nozizeptors befinden sich verschiedene Signalempfänger (sog. Rezeptoren) für die unterschiedlichen Reizarten.
Die Weiterleitung des Schmerzsignals zum Gehirn
Im Rückenmark befinden sich Nervenschaltstellen, die sogenannten Synapsen, die mittels Botenstoffen (sog. Neurotransmittern) das Schmerzsignal von einer Nervenzelle auf die nächste weiterleiten. So gelangt das Signal am Ende bis zum Gehirn, wo es weiterverarbeitet wird. Erst im Gehirn entsteht die eigentliche Schmerzempfindung und nicht direkt an dem Ort, an dem der Schmerz verursacht wurde.
In der Großhirnrinde, der äußeren Schicht des Großhirns, findet eine Bewusstmachung und Beurteilung des Schmerzes statt. Im limbischen System, angesiedelt im inneren Hirnbereich, wird der Schmerz emotional verarbeitet. Die Stärke des Schmerzes ist subjektiv. Der Schmerzreiz wird von Nervenfasern über das Rückenmark ins Gehirn weitergeleitet. C-Fasern leiten Reize langsamer und bewirken einen dumpfen, anhaltenden zweiten Schmerz.
Die Beeinflussung des Schmerzes
Das Schmerzsignal kann stärker oder schwächer sein. Der Schmerz führt auch unbewusst zu verschiedenen körperlichen Reaktionen wie einer Erhöhung des Blutdrucks oder einer Beschleunigung der Atmung. Leichte Schmerzen können so die Aufmerksamkeit erhöhen, wohingegen extrem starke Schmerzen sogar bis zur Bewusstlosigkeit führen können.
Um Schmerzen zu verringern, ist nicht immer sofort die Einnahme eines Schmerzmedikamentes notwendig. Der Körper kann, wenn nötig, selbst Stoffe herstellen, die Schmerzen reduzieren oder manchmal auch vollständig ausschalten können. Diese Stoffe werden Endorphine genannt und ähneln in ihrem Aufbau starken Schmerzmedikamenten („Morphine“ = sog. Opioide). Das Nervensystem sendet schmerzauslösende Signale an das Gehirn. Umgekehrt gibt es schmerzhemmende Impulse direkt zu den Synapsen im Rückenmark. Diese führen zur Ausschüttung von Substanzen wie zum Beispiel Noradrenalin. Körperliche Bewegung bewirkt, dass verschiedenste Hormone (beispielsweise Noradrenalin und Serotonin) ausgeschüttet werden.
Aufmerksamkeit und Wahrnehmung
Die Aufmerksamkeit spielt eine entscheidende Rolle bei der Wahrnehmung. Unsere Aufmerksamkeit ist jedoch eine streng begrenzte Ressource. Wir können uns nicht auf alle Reize gleichzeitig konzentrieren. Die Aufmerksamkeit ermöglicht es uns, relevante Informationen auszuwählen und irrelevante Informationen zu unterdrücken.
Experimente haben gezeigt, dass wir Objekte, auf die wir unsere Aufmerksamkeit nicht richten, überhaupt nicht bemerken können (sog. "attentional blindness"). In einem berühmten Experiment von Simons und Chabris (1999) sahen die Probanden ein Video, in dem Menschen Basketball spielten. Die Probanden sollten die Anzahl der Ballkontakte zählen. Mitten in der Szene lief eine Person im Gorilla-Kostüm durch das Bild. Nach dem Video konnten viele Probanden nicht davon berichten, den "Gorilla" gesehen zu haben.
Visuelle Vorstellungskraft
Wir sind in der Lage, uns Objekte und Szenen bildlich vorzustellen und mit Hilfe eines "geistigen Auges" zu betrachten. Für bildliche Vorstellungen sind dieselben visuellen Hirnareale zugrunde, die auch für die normale visuelle Wahrnehmung genutzt werden.
Experimente haben gezeigt, dass die Zeit, die wir benötigen, um ein Objekt in einem mentalen Bild zu suchen, proportional zur Entfernung des Objekts vom Ausgangspunkt der Suche ist. Dies deutet darauf hin, dass mentale Bilder räumlich-kartographisch organisiert sind.