Reiz-Reaktionskette des Nervensystems einfach erklärt

Die Reiz-Reaktionskette ist ein fundamentales Konzept in der Biologie und Psychologie, das erklärt, wie unser Körper auf Umweltreize reagiert. Es beschreibt, wie Lebewesen Informationen aus ihrer Umwelt wahrnehmen und darauf reagieren.

Was ist ein Reiz?

Der Reiz, auch als Stimulus bezeichnet, ist eine Größe physikalischer oder chemischer Natur der Umwelt oder des Körperinneren, die auf lebende Systeme einwirkt. In der Regel werden Reize dort durch Sinneszellen integriert und wahrgenommen. Eine Sinneszelle nimmt als Rezeptor den Stimulus auf, setzt diesen in ein chemisches oder direkt in elektrisches Signal um, welches dann als Aktionspotential im Nervensystem weiterverarbeitet wird.

Man unterscheidet zwischen folgenden Reiztypen:

  • Unterschwellige Reize: Energiemenge führt nicht zu einem AP (Aktionspotential)
  • Überschwellige Reize: Energiemenge löst ein AP aus
  • Adäquate Reize: Geringste Energiemenge führt zur Ausbildung eines AP
  • Inadäquate Reize: Hohe Energiemenge zur AP-Auslösung notwendig, Art des Stimulus entspricht nicht der Sinneszelle

Die Reiz-Reaktionskette im Detail

Die Reiz-Reaktionskette beschreibt den Weg vom Reiz bis zur Reaktion. Sie beginnt mit einem Reiz, der von einem Sinnesorgan (z. B. Auge, Ohr, Haut, Zunge oder Nase) aufgenommen wird. Jedes unserer Sinnesorgane funktioniert nach diesem grundlegenden Prinzip. Die Sinneszellen der Sinnesorgane sind für die Wahrnehmung der Reize zuständig. Dabei nimmt jedes Sinnesorgan ganz bestimmte und unterschiedliche Reize auf. Doch wie machen die Sinnesorgane das genau?

  1. Reizaufnahme: Ein Rezeptor / eine Sinneszelle nimmt einen Reiz (physikalisch oder chemisch) wahr.
  2. Reizumwandlung: Bei der Reizumwandlung löst der Reiz ein elektrisches Signal aus.
  3. Erregungsweiterleitung: Durch sensorische Neuronen wird dieses Signal afferent zum ZNS geleitet und dort integriert verarbeitet. Das Signal wird von den sensorischen Nerven weitergeleitet.
  4. Erregungsverarbeitung: Im Gehirn oder Rückenmark wird der Reiz interpretiert und verarbeitet. Wer verschaltet die Informationen und ruft dadurch eine Antwort in Form einer Reaktion hervor?➔Lösung: Das Gehirn und das Rückenmark.
  5. Erregungsweiterleitung: Die Information wird dann über efferente Fasern zu dem Umsetzungsorgan weitergeleitet, z.B. motorische Neuronen für eine Muskelkontraktion, dem Erfolgsorgan.
  6. Reaktion: Im letzten Schritt erhält das Zielorgan (Muskel) seinen Befehl und reagiert. Der Effektor führt aufgrund der Erregung eine Reaktion aus, wodurch der Reflex entsteht.

Die neuronale Verbindung zwischen Rezeptor und Effektor nennst du Reflexbogen.

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Beispiele für die Reiz-Reaktionskette

Alltäglich reagierst du auf alle möglichen Reize. Hier sind einige Beispiele:

  • Beispiel 1: Dir wird ein Ball zugeworfen. Deine Augen (Sinnesorgane) nehmen den heranfliegenden Ball (Reiz) wahr. Die Information über den Ball löst ein elektrisches Signal aus. Daraufhin leiten die sensorischen Nerven das elektrische Signal weiter an dein Gehirn. Dein Gehirn verarbeitet die Information und sendet ein Signal, um eine Reaktion hervorzurufen. Das Signal gelangt über die motorischen Nerven weiter an die Muskeln (Zielorgane) in den Armen und Beinen.
  • Beispiel 2: Du verbrennst dich an einer Herdplatte. Die Sinneszellen deiner Haut erfassen die Hitze (Reiz). Das Signal wird ausgelöst. Anschließend leiten deine sensorischen Nerven die Erregung weiter an dein Rückenmark. Dein Rückenmark verschaltet die Information. Die Antwortreaktion wird von den motorischen Nerven an deine Muskeln im Arm weitergegeben.
  • Beispiel 3: Jemand ruft deinen Namen. Die Schallwellen des Rufs (Reiz) reizen die Sinneszellen in deinem Ohr. Daraufhin löst der Reiz ein elektrisches Signal aus. Die sensorischen Nerven leiten das Signal an dein Gehirn weiter. Nun kann dein Gehirn die Informationen verarbeiten. Danach geben deine motorischen Nerven die Antwort weiter.
  • Beispiel 4: Stellen Sie sich vor, jemand wirft Ihnen einen Ball zu. Dieses Beispiel zeigt, wie schnell und effizient unser Körper auf Reize reagieren kann. Mit dem Reiz-Reaktions-Schema kannst du erklären, warum du dich blitzschnell auffangen kannst, wenn du stolperst.

Bewusste Handlungen vs. Reflexe

Bei der Wahrnehmung eines äußeren Reizes antwortet dein Körper mit einer Reaktion. Es gibt zwei Arten von Reaktionen: bewusste Handlungen und Reflexe.

  • Bewusste Handlungen: Bewusste Handlungen sind Reaktionen, die du mit deinem Willen steuerst. Du nimmst den Reiz also bewusst wahr und wählst daraufhin eine Handlungsoption aus. Stelle dir vor, ein Ball fliegt auf dich zu. Ein Ball kommt auf dich zugeflogen. Du fängst ihn. Handelt es sich um einen Reflex oder eine bewusste Handlung? Wo erfolgt die Erregungsverarbeitung?➔Lösung: Es handelt sich um eine bewusste Handlung.
  • Reflexe: Reflexe sind Reaktionen, die unbewusst passieren. ohne deine Steuerung, also automatisch, ablaufen. . Wenn du beim Stolpern mit deinem Fuß hängen bleibst, dann schießt automatisch dein Unterschenkel nach vorne. Dieser Reflex schützt dich vorm Hinfallen. Wichtig: Reflexe haben die Aufgabe, dich vor Gefahren zu schützen. Deshalb müssen sie möglichst schnell ausgelöst werden. Die Übertragung und Verschaltung vom Reiz zum Reflex darf also nicht zu lange dauern. Deswegen werden Reflexe im Vergleich zu den bewussten Handlungen nur im Rückenmark umgeschaltet.

Was ist ein Reflex und was ist eine bewusste Handlung? Wo liegen die Unterschiede?➔Lösung: Reflexe sind eine automatische und unbewusste Handlung, die du nicht steuern kannst.

Arten von Reflexen

Es gibt verschiedene Arten von Reflexen, die du nach unterschiedlichen Kriterien einteilen kannst. Zunächst kannst du abhängig vom Grund des Auftretens der reflektorischen Reaktion zwischen angeborenen und erworbenen Reflexen unterscheiden.

  • Angeborene Reflexe: Als angeborene oder auch unbedingte Reflexe bezeichnest du Reflexe, die ein Baby bereits bei seiner Geburt hat oder die es im Laufe seiner Entwicklung erwirbt. Die Reflexreaktionen laufen daher bei allen Individuen gleich ab. Die angeborenen Reflexe kannst du noch weiter unterteilen. Zum einen in die frühkindlichen Reflexe. Frühkindliche Reflexe sind Reflexe bei Babys, die sich im Laufe der körperlichen Entwicklung aber wieder zurückbilden. Sie helfen dem Neugeborenen bei der Nahrungssuche und -aufnahme und dienen seinem Schutz.

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    • Eigenreflexe: Als Eigenreflexe bezeichnest du Reflexe, bei denen Reiz und Antwort im selben Organ stattfinden. (Kontaktstelle zwischen Nervenzellen). Daher ist eine andere Bezeichnung für die Art von Reflex auch monosynaptischer Reflex. Oft finden Reiz und Antwort in einem Muskel statt. ): Ein Schlag auf die Muskelsehne deines Knies löst eine Dehnung der Sehne und daraufhin eine Verkürzung des Muskels aus. Somit kommt es zur Streckung deines Beins. Der Kniesehnenreflex ist ein Beispiel für einen monosynaptischen Reflex, was bedeutet, dass nur eine einzige Synapse zwischen afferentes (eingehendes) und efferentes (ausgehendes) Neuron besteht. Ein wichtiger Punkt ist hier, dass dieses Geschehen ohne jegliche bewusste Kontrolle oder irgendeine Beteiligung des Gehirns stattfindet.
    • Fremdreflexe: Bei einem Fremdreflex finden Reiz und Reaktion in unterschiedlichen Organen statt. Da der Reflexbogen in dem Fall aus mehreren Synapsen besteht (polysynaptischer Reflexbogen), nennst du den Reflex auch polysynaptischer Reflex. Beispiele: Lidschlussreflex: Ein Schutzreflex, der zum Schließen des Augenlids führt. Hustenreflex: Ein Schutzreflex, der die Atemwege von Schleim oder Fremdkörpern freihält.
  • Erworbene Reflexe: Es gibt jedoch nicht nur angeborene Reflexe, sondern Reflexe können auch erlernt werden. Du nennst sie auch erworbene oder konditionierte Reflexe. Das bekannteste Beispiel sind die „pawlowschen Reflexe“. Im Video zur klassischen Konditionierung erklären wir dir, wie er die Hunde so konditionieren konnte. Bei dem Experiment von Pawlow wurde einem Hund vor der Fütterungszeit eine Glocke vorgespielt (Reiz), woraufhin der Hund Speichel produzierte (Reaktion) in Erwartung des Futters. Pawlow's Experiment ist ein Beispiel für klassische Konditionierung.

Neben dem Kniesehnenreflex gibt es eine Reihe anderer Reflexe, bei denen das Reiz-Reaktions-Schema zur Anwendung kommt. Einige davon sind lebenswichtig, um auf mögliche Gefahren zu reagieren und Schutzreaktionen zu initiieren. Jeder dieser Reflexe stellt eine einfache, aber effektive Strategie des Körpers dar, um auf potenzielle Gefahren zu reagieren und Schäden zu verhindern oder zu minimieren. Sie alle folgen dem grundlegenden Prinzip des Reiz-Reaktions-Schemas.

Das Reiz-Reaktions-Schema in der Psychologie

In der Psychologie stößt du immer wieder auf den Begriff des Reiz-Reaktions-Schemas. Dieses Modell beschäftigt sich mit den grundlegenden Funktionsweisen unseres Gehirns und Nervensystems und spielt eine zentrale Rolle in vielen psychologischen Theorien und Therapieansätzen.

Das Reiz-Reaktions-Schema ist ein Modell, welches die grundlegende Interaktion zwischen Organismus und Umwelt beschreibt. Ein Reiz ist dabei ein Signal, welches über die Sinnesorgane wahrgenommen wird und eine Reaktion hervorruft. Eine Reaktion bezeichnet die Antwort des Organismus auf den Reiz.

Bei Kontakt mit einem heißen Gegenstand (Reiz), ziehst du automatisch deine Hand zurück (Reaktion). In diesem Fall handelt es sich um eine rein körperliche Reaktion, die ohne bewusste Entscheidung stattfindet. Ein anderes Beispiel wäre eine traurige Filmszene (Reiz), die dich zum Weinen bringt (Reaktion).

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Dieses Experiment hat enorme Bedeutung in der Psychologie und Therapie gewonnen, da es unter anderem die Grundlage für Verhaltenstherapie bildet.

Die Rolle der Sinnesphysiologie

Das Reiz-Reaktions-Schema ist nicht nur in psychologischen oder neurologischen Kontexten relevant, sondern spielt ebenso eine entscheidende Rolle in der Sinnesphysiologie. Jedes unserer Sinnesorgane - ob Auge, Ohr, Haut, Zunge oder Nase - funktioniert nach diesem grundlegenden Prinzip.

Das Ohr als Beispiel

Ein überaus beeindruckendes Beispiel für das Reiz-Reaktions-Schema in Aktion bietet das menschliche Ohr. Der Schall selbst ist eine Form von mechanischem Reiz, der durch schwingende Moleküle der Luft (oder anderer Medien) erzeugt wird. Dein Ohr besteht aus drei Hauptteilen: dem äußeren Ohr (Ohrmuschel und Gehörgang), dem Mittelohr (Trommelfell und Gehörknöchelchen) und dem Innenohr (Cochlea und Vestibularapparat).

Wenn du zum Beispiel einer Melodie lauschst, fängt dein äußeres Ohr die Schallwellen auf und kanalisiert sie zum Trommelfell. Hier bringen sie das Trommelfell zum Schwingen. Diese Schwingungen werden von den Gehörknöchelchen aufgenommen und an die Cochlea im Innenohr weitergeleitet.

Das Auge als Beispiel

Ein anderes erstaunliches Sinnesorgan, das nach dem Reiz-Reaktions-Schema arbeitet, ist das menschliche Auge. Das Licht stellt in diesem Kontext den Reiz dar. Es ist eine Form von elektromagnetischer Strahlung, die sich durch bestimmte Eigenschaften wie Wellenlänge (Farbe), Intensität (Helligkeit) und Polarisation auszeichnet.

Stelle dir vor, du siehst einen roten Apfel. Das Licht, das von diesem Apfel reflektiert wird, trifft auf dein Auge und durchläuft die oben beschriebenen Etappen. Wenn es die Netzhaut erreicht, regt es spezifische Photorezeptoren an - in diesem Fall vor allem die Zapfen, die für die Farbwahrnehmung zuständig sind.

Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Reiz-Reaktionskette ein faszinierender und lebenswichtiger Prozess ist, der es uns ermöglicht, effektiv mit unserer Umwelt zu interagieren. Das Verständnis der Reiz-Reaktionskette ist nicht nur für die Biologie wichtig, sondern auch für andere Bereiche wie die Psychologie.

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