Demenz ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe von Symptomen, die durch den Verlust geistiger Fähigkeiten verursacht werden und das tägliche Leben beeinträchtigen. Es handelt sich nicht um eine spezifische Krankheit, sondern um ein Syndrom, das als Folge einer chronischen oder fortschreitenden Krankheit des Gehirns auftritt. Dabei kommt es zur Störung vieler höherer kortikaler Funktionen, einschließlich Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen. Das Bewusstsein ist hierbei nicht getrübt. Weltweit sind über 55 Millionen Menschen von Demenz betroffen, wobei mehr als 60 % der Betroffenen in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen leben. Jedes Jahr kommen fast 10 Millionen neue Fälle hinzu. Die weltweiten Kosten für Demenz beliefen sich im Jahr 2019 auf 1,3 Billionen US-Dollar. Frauen sind sowohl indirekt als auch direkt überproportional von Demenz betroffen.
Formen der Demenz
Es gibt verschiedene Formen von Demenz, wobei die Alzheimer-Demenz mit einem Anteil von 60 bis 70 Prozent die häufigste irreversible Form darstellt. Schätzungen zufolge ist die Alzheimer-Demenz mit einem Anteil von circa 60 bis 65 Prozent die häufigste irreversible Demenzform. Mit etwa 20 bis 30 Prozent folgen die gefäßbedingten („vaskulären“) Demenzen. Bei etwa 15 Prozent liegt eine Kombination beider Demenzformen vor. Die Alzheimer-Demenz ist eine degenerative Erkrankung des Gehirns, in deren Verlauf Nervenzellen des Gehirns unumkehrbar zerstört werden. Diese Demenzform verläuft bei jedem Menschen unterschiedlich. Es lassen sich jedoch grundsätzlich drei Stadien feststellen, die fließend ineinander übergehen. Charakteristisch ist ihr schleichender, nahezu unmerklicher Beginn. Anfangs treten leichte Gedächtnislücken und Stimmungsschwankungen auf, die Lern- und Reaktionsfähigkeit nimmt ab. Hinzu kommen erste Sprachschwierigkeiten. Die Menschen mit Demenz benutzen einfachere Wörter und kürzere Sätze oder stocken mitten im Satz und können ihren Gedanken nicht mehr zu Ende bringen. Örtliche und zeitliche Orientierungsstörungen machen sich bemerkbar. In diesem Stadium nehmen die Menschen mit Demenz bewusst die Veränderungen wahr, die in ihnen vorgehen. Im weiteren Krankheitsverlauf werden die Symptome unübersehbar, spätestens jetzt müssen Beruf und Autofahren aufgegeben werden. Bei alltäglichen Tätigkeiten wie Körperpflege, Toilettengang oder Essen und Trinken sind die Betroffenen zunehmend auf die Unterstützung anderer Personen angewiesen. Im Spätstadium sind Menschen mit Demenz vollkommen auf Pflege und Betreuung durch andere Personen angewiesen. Familienmitglieder werden nicht mehr erkannt, eine Verständigung mit Worten ist unmöglich. Vermehrt treten körperliche Symptome wie Gehschwäche und Schluckstörungen auf. Die Kontrolle über Blase und Darm nimmt ab. Vereinzelt kann es auch zu epileptischen Anfällen kommen. Bettlägerigkeit erhöht die Gefahr von Infektionen.
Vaskuläre Demenz
Vaskuläre Demenz ist mit etwa 15 Prozent aller Demenzerkrankungen die zweithäufigste Form nach Alzheimer-Demenz. Schätzungsweise 0,3 Prozent der Bevölkerung ist an vaskulärer Demenz erkrankt. Sie entsteht aufgrund von Durchblutungsstörungen im Gehirn, die durch Ablagerungen in Blutgefäßen, Blutgerinnsel oder Hirnblutungen verursacht werden können. Diese Faktoren können dazu führen, dass Bereiche des Gehirns mit zu wenig Sauerstoff versorgt werden, was wiederum Hirnzellen schädigen oder absterben lässt. Das Risiko für eine vaskuläre Demenz kann steigen, wenn das Herz-Kreislaufsystem beeinträchtigt ist. Bei vaskulärer Demenz können zu Beginn vor allem Probleme mit Aufmerksamkeit, verlangsamtem Denken sowie Persönlichkeitsveränderungen auftreten. Dazu können Gangstörungen oder Kontrollverluste der Blase sowie Probleme mit der Sprache kommen. Auch Gedächtnisstörungen können auftreten, stehen aber zu Beginn nicht immer im Vordergrund.
Frontotemporale Demenz (FTD)
Die eher seltene frontotemporale Demenz (FTD) ist durch absterbende Nervenzellen in den Schläfenlappen (Temporallappen) sowie im Stirnlappen (Frontallappen) gekennzeichnet. Sie wurde erstmals im Jahr 1892 von dem Prager Neurologen Arnold Pick beschrieben und wird daher auch als Pick-Krankheit bezeichnet.
Ursachen und Risikofaktoren
An der Entstehung von Demenzen sind mehrere Faktoren beteiligt. Der wichtigste Risikofaktor ist ein hohes Lebensalter. Aber auch genetische Faktoren und die körperliche Gesundheit, Lebensgewohnheiten und Umwelteinflüsse spielen eine Rolle. Nur in einer kleinen Zahl der Fälle sind genetische Faktoren die vorherrschende Ursache. Es gibt keine Maßnahmen, durch die man ausschließen kann, jemals an irgendeiner Form der Demenz zu erkranken. Ein hohes Lebensalter wünschen wir uns alle und mit unseren Genen müssen wir leben.
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Die Ursachen der Alzheimer-Demenz sind bislang noch nicht ausreichend erforscht. Bekannt ist aber eine Reihe von Veränderungen im Gehirn, die bei Menschen mit Alzheimer-Demenz auftreten. So kommt es bei der Demenz zu einem Absterben von Nervenzellen und der Zerstörung ihrer Verbindung untereinander. Darüber hinaus werden Eiweißablagerungen im Gehirn (Plaques beziehungsweise Fibrillen) sowie die Verminderung eines für das Gedächtnis wichtigen Botenstoffs (Acetylcholin) beobachtet. Diese Veränderungen geben aber noch keine Auskunft darüber, warum die Demenz entsteht. Genetische Faktoren als alleinige Ursache liegen nur in weniger als zwei Prozent der Fälle vor. Insgesamt betrachtet spielen sie daher bei der Entstehung von Alzheimer eine untergeordnete Rolle.
Zu den beeinflussbaren Risikofaktoren gehören:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bluthochdruck, Diabetes, Herzrhythmusstörungen, Abweichungen des Fettstoffwechsels, Übergewicht und hohes LDL-Cholesterin. Die wichtigste Ursache von Demenz sind Durchblutungsstörungen des Gehirns. Daher müssen die Risikofaktoren Bluthochdruck, Diabetes, Herzrhythmusstörungen, Abweichungen des Fettstoffwechsels, Übergewicht und hohes LDL-Cholesterin behandelt werden.
- Ungesunde Lebensweise: Rauchen sowie übermäßigen Alkoholkonsum sollte man entsprechend vermeiden.
- Mangelzustände: Zu den vermeidbaren Ursachen einer Demenz gehören auch Vitamin- und Hormonmangelzustände. Hier sind regelmäßige Kontrollen sinnvoll.
- Sensorische Beeinträchtigungen: Das Risiko für eine Demenz wird auch durch Schwerhörigkeit und den Verlust der Sehkraft erhöht. Dem kann man durch das frühzeitige Tragen von Hörgeräten und Sehhilfen entgegenwirken.
- Kopfverletzungen: Auch Schädel-Hirn-Verletzungen, zum Beispiel bei Unfällen oder bei Gehirnerschütterungen durch Kopfbälle, erhöhen das Demenzrisiko. Deshalb ist es sinnvoll, beim Radfahren, Skaten usw. einen Helm zu tragen und vor allem bei Kindern auf intensives Kopfballtraining zu verzichten.
- Soziale Isolation: Wer viele Kontakte pflegt und sozial aktiv ist, kann sein Demenzrisiko nachhaltig senken. Personen, die unfreiwillig häufig allein sind und sich einsam fühlen, erkranken hingegen häufiger an einer Demenz, insbesondere an Morbus Alzheimer.
- Luftverschmutzung: Feine Partikel aus Abgasen, Industrie, Holz- und Kohleöfen können Entzündungen auslösen, die Gefäße schädigen und langfristig die geistige Gesundheit beeinträchtigen. Vor allem Feinstaub steht im Verdacht, das Demenzrisiko zu erhöhen.
Eine im Jahr 2024 aktualisierte Studie in der renommierten Wissenschaftszeitschrift „The Lancet“ identifizierte 14 beeinflussbare Risikofaktoren. Würden alle diese Risikofaktoren ausgeräumt, könnten bis zu 45 Prozent aller Demenzerkrankungen verhindert oder zumindest deutlich hinausgezögert werden.
Prävention
Bislang gibt es - mit Ausnahme seltener Fälle - keine Heilung für Demenzerkrankungen. Umso wichtiger ist die Vorbeugung. Im Falle der Demenzprävention geht es darum, Risikofaktoren zu identifizieren und zu beeinflussen, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, an Demenz zu erkranken.
Maßnahmen zur Vorbeugung
- Gesunde Lebensweise: Regelmäßige körperliche Aktivität, gesunde Ernährung, soziale Interaktion und geistige Stimulation. Eine aktuelle Studie, die in der Zeitschrift „JAMA Neurology“ veröffentlicht wurde, untersuchte den Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und Demenzrisiko. Die Autoren fanden heraus, dass regelmäßige körperliche Aktivität das Risiko für Demenz bei älteren Erwachsenen signifikant reduziert, unabhängig von anderen Risikofaktoren.
- Mediterrane Ernährung: Eine Studie in der Zeitschrift „Nature Neuroscience“ zeigte, dass eine mediterrane Ernährung, die reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Nüssen, Samen und gesunden Fetten ist, das Risiko für Demenz signifikant reduzieren kann.
- Soziale Kontakte: Eine kürzlich in der Zeitschrift „Alzheimer’s & Dementia“ veröffentlichte Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen sozialer Isolation und Demenzrisiko. Die Autoren fanden heraus, dass ältere Erwachsene, die sozial isoliert sind, ein höheres Risiko für Demenz haben als diejenigen, die regelmäßig soziale Kontakte pflegen.
- Geistige Aktivität: Das Gehirn fit halten. Das Gehirn ist sehr empfindlich. Kommen schädliche Prozesse in Gang, wie beispielsweise Alzheimerablagerungen, sterben Nervenzellen ab. Das Gehirn funktioniert dann nicht mehr wie gewohnt und eine Demenz tritt auf: Erinnerung, Orientierung sowie alltägliche Fähigkeiten leiden.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Die Vermeidung aller schädigenden Faktoren könnte bis zu 40 Prozent des Risikos senken und dazu beitragen, den kognitiven Abbau zu bremsen.
- Musik: Welche Rolle das gemeinsame Singen und Musizieren spielt, zeigt das Info-Video des Bundesmusikverbands Chor & Orchester e. V. Studien belegen, dass Musik positive Auswirkungen auf den Menschen hat, indem sie kognitive Funktionen stärkt und das Risiko für Demenz senkt.
Frühzeitige Diagnose
Wirken können derartige Therapien nur, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt zum Einsatz kommen. Voraussetzung ist eine frühe Diagnose. Doch daran hapert es in Deutschland all zu oft.
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Um festzustellen, ob überhaupt eine Demenz vorliegt, werden zunächst die Symptome und deren Verlauf erfasst. Dies gibt möglicherweise schon Hinweise, ob es sich um eine vaskuläre Demenz handelt. Um diese festzustellen werden zunächst das Herz-Kreislauf-System sowie neurologische Funktionen, zum Beispiel der Gleichgewichtssinn, untersucht. Blutuntersuchungen können Hinweise auf Risikofaktoren für Durchblutungsstörungen geben.
Bevor eine Demenzdiagnose gestellt wird, ist es wichtig, andere Erkrankungen, die ähnliche Symptome verursachen können, auszuschließen. Leichte kognitive Störung „Mild Cognitive Impairment“ (MCI) ist ein Frühstadium (Prodromalstadium) des demenziellen Syndroms. Depression kann zu kognitiven Beeinträchtigungen und Gedächtnisproblemen führen, die denen von Demenz ähneln (Pseudodemenz). Eine sorgfältige Untersuchung der psychischen Gesundheit des Patienten kann helfen, die richtige Diagnose zu stellen. Delir ist ein hirnorganisatorisches Syndrom, welches durch eine akute Störung des Bewusstseins, der kognitiven Funktionen, Aufmerksamkeit, Psychomotorik, des Schlaf-Wach-Rhythmus und der Emotionalität gekennzeichnet ist. Vitaminmangel, insbesondere Vitamin B12, kann neurologische Symptome hervorrufen, die denen der Demenz ähneln. Schilddrüsenerkrankungen wie Hypothyreose können kognitive Probleme verursachen, die mit Demenz verwechselt werden können. Medikamentenwechselwirkungen zwischen verschiedenen Medikamenten können kognitive Beeinträchtigungen und Gedächtnisprobleme verursachen.
Behandlung
Obwohl es derzeit keine Heilung gibt, gibt es für Demenz Medikamente und nicht-medikamentöse Therapien, die dazu beitragen können, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Durchblutungsstörungen im Gehirn können mit Medikamenten behandelt werden, ebenso einige Risikofaktoren, wie zum Beispiel Bluthochdruck.
Seit diesem Jahr stehen zwei Antikörper zur ursächlichen Behandlung der frühen Alzheimer-Demenz zur Verfügung. Ursächlich bedeutet: Sie bauen aktiv Amyloid-Plaques ab. Das sind Eiweißablagerungen im Hirn, die bei der Entstehung der Krankheit eine zentrale Rolle spielen.
Herausforderungen bei der zahnmedizinischen Behandlung von Demenzpatienten
Die zahnmedizinische Behandlung von Demenzpatienten erfordert besondere Aufmerksamkeit und Sensibilität seitens Zahnärzten und Praxisteams, um den besonderen Bedürfnissen der Patientengruppe gerecht zu werden. Eine der größten Herausforderungen bei der Behandlung von Demenzpatienten besteht darin, dass sie möglicherweise nicht in der Lage sind, Schmerzen oder Unbehagen zu äußern. Daher ist es wichtig, dass Zahnärzte auf nonverbale Anzeichen achten, die auf ein mögliches Problem hindeuten könnten. Ein weiterer wichtiger Aspekt der zahnmedizinischen Versorgung von Demenzpatienten ist die Prävention von Zahnproblemen. Dazu gehört eine gute Mundhygiene, die bei Demenzpatienten möglicherweise nicht selbstverständlich ist. Bei der zahnmedizinischen Behandlung von Demenzpatienten ist es außerdem ratsam, individuell angepasste Zahnersatzlösungen zu verwenden. Zahnersatz sollte mit Namen versehen und leicht erkennbar sein, da das Einsetzen und Entfernen von Zahnersatz für Demenzpatienten ein kognitiver Prozess ist. Um die zahnmedizinische Versorgung von Demenzpatienten zu optimieren, ist es wichtig, dass Zahnärzte und Praxisteams über die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen dieser Patientengruppe informiert sind und die Behandlung entsprechend anpassen.
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