Alkoholwirkung auf Synapsen im Gehirn: Eine umfassende Analyse

Alkohol ist eine der am häufigsten konsumierten psychoaktiven Substanzen weltweit und hat einen erheblichen Einfluss auf das Nervensystem. Obwohl viele Menschen Alkohol als harmlos betrachten, ist er tatsächlich ein starkes Nervengift, das bei übermäßigem Konsum schwerwiegende Folgen haben kann. Dieser Artikel untersucht die vielfältigen Auswirkungen von Alkohol auf die Synapsen im Gehirn, von akuten neuronalen Veränderungen bis hin zu langfristigen Folgen wie Abhängigkeit und Hirnschäden.

Einführung

Der Konsum von Alkohol ist in vielen Kulturen tief verwurzelt und wird oft mit Geselligkeit und Entspannung assoziiert. Alkohol wird z. B. aus Genuss, aus Streben nach Vergnügen oder aufregenden Erlebnissen, aber auch als Bewältigungsstrategie, um mit Ängsten, schlechten Gefühlen und Stress umzugehen, getrunken. Am Geburtstag wird zum Beispiel häufig mit Sekt angestoßen. In geringen Mengen wirkt Alkohol entspannend, angstlösend und stimulierend. Allerdings birgt der Alkoholkonsum auch erhebliche Risiken, insbesondere für das Gehirn. Alkohol ist ein Zellgift. Nimmt man ihn auf, verteilt er sich im ganzen Körper. Manche Organe sind empfindlicher für die Wirkung von Alkohol als andere, beispielsweise das Gehirn. Dort beeinflusst Alkohol verschiedene Botenstoffe, die dafür zuständig sind, Informationen zwischen Nervenzellen zu übermitteln. Alkohol wirkt sich hemmend oder dämpfend auf die Informationsübertragung aus. Die Wahrnehmung und das Reaktionsvermögen sind verlangsamt, wenn man Alkohol getrunken hat. Durch die Aufnahme von Alkohol wird über einen Einfluss auf Botenstoffe auch das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert. In geringen Mengen wirkt Alkohol dadurch stimmungshebend, entspannend und angstlösend. Ein Wohlgefühl entsteht. In großen Mengen wirkt Alkohol betäubend. Die hemmende Wirkung lässt in der Regel wieder nach, wenn der Alkohol im Körper abgebaut ist.

Akute Auswirkungen von Alkohol auf das Gehirn

Veränderung der neuronalen Morphologie

Jüngste Forschungsergebnisse eines Teams der Universität zu Köln und der Universitäten Mannheim und Heidelberg haben gezeigt, dass bereits eine einzige Alkoholdosis dauerhafte Veränderungen in der Morphologie der Neuronen verursachen kann. Insbesondere der Aufbau der Synapsen sowie die Dynamik der Mitochondrien - den Energiekraftwerken der Zelle - werden durch Alkohol beeinflusst. Die morphologische Umgestaltung von Nervenzellen ist eine bekannte Grundlage für Lernen und Gedächtnis. Diese sogenannten zellulären Plastizitätsmechanismen, die für Lernen und Gedächtnis von zentraler Bedeutung sind, gelten ebenfalls als Kernstück der Bildung assoziativer Erinnerungen für drogenbezogene Belohnungen. Daher könnten einige der beobachteten morphologischen Veränderungen die ethanolbezogene Gedächtnisbildung beeinflussen. Zusammen mit der Wanderung von Mitochondrien in Nervenzellen, die auch für die synaptische Übertragung und Plastizität wichtig sind, spekulieren die Forscher*innen, dass diese ethanolabhängigen zellulären Veränderungen entscheidende Grundlagen für die Entwicklung von Suchtverhalten sind.

Beeinträchtigung der mitochondrialen Dynamik

Mitochondrien beliefern Zellen und insbesondere Nervenzellen mit Energie. Um die Energie optimal an die Zellen abgeben zu können, bewegen sich die Mitochondrien. Die Bewegung der Mitochondrien war in den mit Ethanol behandelten Zellen gestört. Auch das chemische Gleichgewicht zwischen bestimmten Synapsen war gestört. Diese Veränderungen blieben dauerhaft und konnten in Verhaltensänderungen der Tiere bestätigt werden: Mäuse und Fruchtfliegen zeigten einen erhöhten Alkoholkonsum und einen Alkoholrückfall im späteren Leben.

Störung des synaptischen Gleichgewichts

Neben der Beeinträchtigung der mitochondrialen Dynamik wurde auch eine Störung des chemischen Gleichgewichts zwischen bestimmten Synapsen festgestellt. Diese Veränderungen blieben dauerhaft und konnten in Verhaltensänderungen der Tiere bestätigt werden: Mäuse und Fruchtfliegen zeigten einen erhöhten Alkoholkonsum und einen Alkoholrückfall im späteren Leben.

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Langfristige Auswirkungen von Alkohol auf das Gehirn

Entwicklung von Alkoholabhängigkeit

Die Forschungsergebnisse legen nahe, dass bereits einmaliger Konsum die Grundlage für Alkoholabhängigkeit legen kann. Die morphologische Umgestaltung von Nervenzellen ist eine bekannte Grundlage für Lernen und Gedächtnis. Diese sogenannten zellulären Plastizitätsmechanismen, die für Lernen und Gedächtnis von zentraler Bedeutung sind, gelten ebenfalls als Kernstück der Bildung assoziativer Erinnerungen für drogenbezogene Belohnungen. Daher könnten einige der beobachteten morphologischen Veränderungen die ethanolbezogene Gedächtnisbildung beeinflussen. Zusammen mit der Wanderung von Mitochondrien in Nervenzellen, die auch für die synaptische Übertragung und Plastizität wichtig sind, spekulieren die Forscher*innen, dass diese ethanolabhängigen zellulären Veränderungen entscheidende Grundlagen für die Entwicklung von Suchtverhalten sind.

Alkoholassoziierte Hirnatrophie

Als einer der wichtigsten Schäden infolge von Alkoholkonsum ist die alkoholassoziierte Hirnatrophie zu nennen, die die graue und weiße Substanz betrifft und sich als Ventrikelerweiterung und Verbreiterung der Sulci in bildgebenden Verfahren darstellen lässt (Abbildung 2) (9, 32, 37). Bei vergleichbarem Alkoholkonsum sind Frauen von einer Hirnatrophie stärker betroffen als Männer (35). Die Hirnatrophie ist im frontalen Kortex und Zerebellum besonders ausgeprägt (33), findet sich aber auch im anterioren Hippocampus alkoholabhängiger Patienten, und zwar unabhängig vom Vorliegen eines Wernicke-Korsakow-Syndroms (53). Das Ausmaß der alkoholassoziierten Hirnatrophie im frontalen und temporalen Kortex ist klinisch besonders wichtig, da eine Störung der genannten Hirnareale die längerfristige Handlungsplanung und das Arbeitsgedächtnis beeinträchtigen und einen auf kurzfristige Belohnung angelegten Alkoholkonsum verstärken kann (2, 4, 13). Bei langfristiger Abstinenz bildet sich die Atrophie zumindest partiell zurück (32). Damit bildet die Alkoholabhängigkeit im Gegensatz zum irreversiblen Verlauf demenzieller Prozesse (zum Beispiel beim Morbus Alzheimer) ein heuristisches Modell, welches einen direkten Einblick in die Plastizität des menschlichen Gehirns erlaubt (34).

Toleranzentwicklung und Entzugssymptomatik

Bedeutsame Merkmale für ein neurobiologisches Verständnis der Alkoholabhängigkeit sind einerseits die zunehmende Toleranz gegenüber den Auswirkungen des exzessiven Alkoholkonsums und das Auftreten von Entzugserscheinungen bei Unterbrechung der Alkoholzufuhr und andererseits eine Sensitivierung gegenüber den verhaltensmodulierenden Wirkungen des Alkoholkonsums. Die Toleranzentwicklung und das Auftreten von Entzugssymptomen wurden von Edwards (16) in das Zentrum des modernen Abhängigkeitskonzepts gesetzt. Um das Konzept der Toleranzentwicklung zu verstehen, muss man sich vergegenwärtigen, dass das Gehirn als autoregulatives Organ auf die Beibehaltung einer Homöostase eingerichtet ist. Wird diese beispielsweise durch die alkoholbedingte Sedierung aus dem Gleichgewicht gebracht, reagiert das Gehirn mit einer gegenregulatorischen Verminderung derGABAA-Rezeptoren, über die ein wichtiger Teil der sedativen Wirkungen des Alkohols vermittelt wird (1). Vor kurzem gelang es der Arbeitsgruppe von Harris und Mitarbeitern (38, 39), die Angriffsstelle des Alkohols amGABAA-Rezeptor zu identifizieren. Dabei handelt es sich um eine relativ kleine, durch 45 Aminosäuren gebildete „Tasche“, die die Alkoholwirkung auf den Ionenkanal des GABAA-Rezeptors vermittelt. Zudem blockiert Alkohol die Übertragung am glutamatergen NMDA-Rezeptor (NMDA, N-Methyl-D-Aspartat) (54). So kann zunehmend mehr Alkohol konsumiert werden, ohne dass eine exzessive Sedierung erfolgt. Diese Befunde könnten ein ganz neues Kapitel der Pharmakologie des Alkohols eröffnen. Die Kehrseite der Medaille ist die erhöhte Empfindlichkeit gegen eine Unterbrechung der Alkoholzufuhr. Denn zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen Erregung und Hemmung steigt die Zahl der durch Alkohol in ihrer Funktion behinderten NMDA-Rezeptoren an (54). Im Entzug trifft der exzitatorische Botenstoff Glutamat auf eine erhöhte Zahl glutamaterger Rezeptoren, während sein Gegenspieler, der sedierende Neurotransmitter GABA, nur auf eine reduzierte Rezeptorenzahl einwirken kann (Grafik 2). Damit verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen Exzitation und Sedation im Gehirn und es kann zu Krampf…

Erhöhtes Demenzrisiko

Im Gehirn verursacht ein regelmäßiger Konsum hoher Alkoholmengen außerdem Veränderungen, die das Risiko einer Demenzerkrankung stark erhöhen. Dabei handelt es sich um eine Krankheit, die eine fortschreitende Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit hervorruft. Betroffene Menschen können dadurch häufig kein selbstbestimmtes Leben mehr führen und sind auf Hilfe im Alltag angewiesen. Studien zeigen, dass sich das Demenzrisiko deutlich erhöht, wenn man regelmäßig viel Alkohol trinkt. Personen ab 45 Jahren, die mehr als 24 Gramm reinen Alkohol (ca. 250 ml Wein) am Tag trinken, sind besonders gefährdet. Um einer möglichen Demenz entgegenzuwirken ist es daher ebenfalls wichtig, möglichst wenig Alkohol zu trinken.

Korsakow-Syndrom

Das Korsakow-Syndrom ist eine vor allem bei Alkoholikerinnen und Alkoholikern auftretende Form des Gedächtnisschwunds. Betroffene sind nicht in der Lage, neue Gedächtnisinhalte zu speichern oder wiederzugeben. Außerdem können sie oft Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit nicht mehr wiedergeben. Lücken im Gedächtnis werden beim Korsakow-Syndrom zum Teil mit erfundenen Geschichten aufgefüllt, die Betroffenen begreifen den Verlust der Erinnerungen nicht.

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Alkohol als Nervengift

Alkohol ist ein Nervengift, das nicht nur die Gehirnfunktion beeinträchtigt, sondern auch die Gesundheit Ihres Körpers insgesamt. Regelmäßiger und übermäßiger Alkoholkonsum kann zu einer Vielzahl von körperlichen Erkrankungen führen, wie zum Beispiel Leberschäden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs. Auch das Immunsystem wird durch Alkohol geschwächt und somit anfälliger für Infektionen. Darüber hinaus hat Alkohol auch Auswirkungen auf die Psyche. Es kann zu Stimmungsschwankungen, Angstzuständen und Depressionen führen sowie das Risiko für Suizid erhöhen. Zudem beeinträchtigt es die Wahrnehmungsfähigkeit und Reaktionszeit - was besonders im Straßenverkehr gefährlich werden kann. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass jeder Körper anders reagiert - schon kleine Mengen können bei manchen Menschen schwerwiegende Folgen haben.

Störung der Neurotransmitter-Balance

Drogen stören die Balance der Neurotransmitter. Heißt, sie wirken auf die Informationsübertragung im Gehirn. Alkohol beispielsweise hemmt bestimmte Glutamatrezeptoren (zuständig für Kommunikation der Nervenzellen, das Erinnerungsvermögen und Lernen), Substanzen wie Kokain blockieren sie. Allen gemeinsam ist, sie verändern Gehirnmasse, das Gehirnvolumen wird kleiner. Und auch, wenn Kokain, Heroin, Alkohol, wenn alles unter dem Begriff Droge zu fassen ist, so zeigen die verschiedenen Drogen dann doch unterschiedliche Effekte. „Der Abhängige nutzt diesen Mechanismus, um seine Stimmung zu modellieren“, sagt Salinger. Grundsätzlich verstärke die Droge die Grundstimmung, in der sich jemand befindet. Ist man also depressiv und trinkt, verbessere das nicht die Laune, sondern verstärke die Depression. Und: Unterschiedliche Wirkungen werden nicht nur durch unterschiedliche Substanzen erzielt. Dieselbe Substanz kann auch von Person zu Person verschieden wirken.

Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten

Jüngere Studien weisen darauf hin, dass regelmäßiger Alkoholkonsum von bereits fünf bis sechs Standardgläsern pro Woche die kognitive Leistungsfähigkeit vermindert.

Prävention und Behandlung von Alkoholabhängigkeit

Frühzeitige Intervention

„Diese Mechanismen könnten sogar für die Beobachtung beim Menschen von Bedeutung sein, dass ein frühes Alter der ersten Alkoholintoxikation ein kritischer Risikofaktor für späteres Alkoholrauschverhalten und die Entwicklung einer Alkoholabhängigkeit ist“, erklärt Professorin Henrike Scholz. „Die Identifizierung dauerhafter ethanolabhängiger Veränderungen ist daher ein wichtiger erster Schritt, um zu verstehen, wie sich akutes Trinken zu chronischem Alkoholmissbrauch entwickeln kann.“

Bedeutung der Präventionsarbeit

Gerade jene jungen Menschen, die viel Alkohol vertragen, sind aber besonders gefährdet, auf längere Sicht alkoholabhängig zu werden. Diese wichtige Beobachtung sollte gerade in der schulischen Präventionsarbeit verstärkt beachtet werden.

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Angebote zur Suchthilfe

Wer bei sich selbst feststellt, dass er zu viel trinke oder von einer Droge loskommen möchte, der muss nicht sofort in die Klinik, sagt Salinger. Er verweist auf die Suchthilfe und ambulante Angebote. Auch Selbsthilfegruppen sind gute Anlaufstellen. Das Bezirkskrankenhaus Bayreuth arbeitet eng mit diesen Gruppen zusammen. „Es ist auf jeden Fall sinnvoll, etwas zu unternehmen“, sagt Salinger. „Jedes Ihrer Organe hüpft vor Freude, wenn Sie nicht mehr trinken.“

Hinweise auf einen problematischen Alkoholkonsum

Wer Alkohol konsumiert, macht sich nicht immer bewusst, wie häufig und wie viel er trinkt. Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen.

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