Was hilft bei der Behandlung von Neuralgien?

Neuralgien, definiert als Schmerzen, die durch Reizungen oder Schädigungen im Bereich der Nerven ausgelöst werden, stellen sowohl für Betroffene als auch für behandelnde Ärzte eine Herausforderung dar. Der Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte von Neuralgien, von den Ursachen und Symptomen bis hin zu den vielfältigen Behandlungsmöglichkeiten, die von medikamentösen Ansätzen über interventionelle Verfahren bis hin zu alternativen Therapien reichen.

Was ist eine Neuralgie?

Eine Neuralgie (altgriechisch neuron "Nerv", algos "Schmerz") bezeichnet Schmerzen, die durch Reizungen oder Schädigungen von Nerven verursacht werden. Dabei kann der Nerv selbst, seine isolierende Umhüllung (Myelinscheide) oder die Blutversorgung betroffen sein. Nervenreizungen können sich in unterschiedlichen Schmerzbildern äußern, beispielsweise als Schmerzen im Brustkorb oder im Halsbereich. Nervenschmerzen unterscheiden sich von anderen Schmerzarten, die infolge einer Gewebeschädigung entstehen, da sie als direkte Folge einer Schädigung von Gefühlsnerven auftreten.

Symptome von Nervenschmerzen

Nervenschmerzen werden häufig als elektrisierend, einschießend oder brennend beschrieben. Es können Gefühlsstörungen wie Taubheit oder eine Überempfindlichkeit auftreten. Zu den Nervenschmerzen zählt z.B. die Trigeminusneuralgie mit einschießenden, teils elektrisierenden Gesichtsschmerzen oder die diabetische Polyneuropathie, eine durch die Zuckerkrankheit bedingte Schädigung vieler kleiner Nerven zumeist an Füßen und Unterschenkeln.

Ursachen von Neuralgien

Nervenschädigungen können vielfältige Ursachen haben. Entzündungen, Viren, Diabetes mellitus, Operationen oder mechanische Einflüsse können das Nervengewebe zerstören. Auch wenn die Schädigung des Nervs bereits abgeheilt ist, können weiterhin Schmerzen auftreten. Der Grund hierfür ist: Nervenzellen lernen und können ein (Schmerz-)Gedächtnis bilden. Die Nerven sind dann derart überempfindlich, dass selbst schwache Schmerzreize oder psychische Reize wie Stress oder starke Emotionen genügen, um starke Schmerzen auszulösen.

Spezifische Neuralgieformen

Es gibt verschiedene Formen von Neuralgien, die sich durch ihre Lokalisation und Ursache unterscheiden:

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  • Trigeminusneuralgie: Betrifft den Gesichtsnerv (Nervus trigeminus) und verursacht heftige, blitzartige Schmerzen im Gesicht.
  • Ischialgie: Schmerzen im Versorgungsgebiet des Ischiasnervs, oft ausstrahlend vom Gesäß über die Oberschenkelrückseite bis in den Fuß.
  • Post-Zoster-Neuralgie: Folge einer Gürtelrose (Herpes Zoster) mit anhaltenden Nervenschmerzen im betroffenen Hautbereich.
  • Morton Neurom: Eine schmerzhafte, entzündliche Verdickung eines Mittelfußnerven, die zu chronischen Mittelfußschmerzen (Metatarsalgie) führt.
  • Tarsaltunnelsyndrom und Baxter-Neuropathie: Nervenkompressionssyndrome, die zu seitlichen Fersenschmerzen führen.

Diagnose von Neuralgien

Viele Neuralgie-Betroffene quälen sich lange, bevor sie eine Diagnose erhalten. Denn weil sich Nervenschmerzen sehr unterschiedlich äußern, sind sie oft schwer zu erkennen. Für die Diagnose und zielgerichtete Behandlung benötigt der Arzt daher ein genaues Bild vom Charakter der Schmerzen. Wann treten sie auf, wo treten sie auf, wie lange dauern sie, wie stark sind sie? Außerdem muss er der Schmerzursache auf den Grund gehen. Wird der Schmerz durch innere Reize ausgelöst (z. B. Entzündung) oder durch äußere Reize (z. B. Hitze, Druck)? Liegt dem Schmerz eine funktionelle Störung (z. B. Migräne aufgrund einer Durchblutungsfehlregulation im Gehirn), Fehlstellung bzw. -bildung zugrunde oder handelt es sich tatsächlich um Nervenschmerzen? Auch ein Schmerzfragebogen kann zur Vorbereitung auf das Gespräch mit dem Therapeut hilfreich sein. Vor allem bei chronischen Schmerzen wird neben dem Anamnesegespräch häufig auch noch eine Kernspintomographie, die so genannte Magnetresonanztomographie (MRT), eingesetzt, um sich ein Bild vom Zustand der Nerven zu machen.

Diagnose des Morton Neuroms

Das Morton Neurom ist eine schmerzhafte, entzündliche Verdickung eines Mittelfußnerven. Das sog. Mulder-Zeichen, das sich beim Ertasten der Fußsohle durch ein Klicken äußert, hilft dem Arzt bei der Diagnose des Morton Neuroms.

Behandlungsmethoden bei Neuralgien

Die Behandlung von Neuralgien stellt hohe Anforderungen an den Arzt. Es gibt eine Vielzahl von Therapieansätzen, die je nach Ursache, Lokalisation und Schweregrad der Schmerzen eingesetzt werden. Die Therapie von Nervenschmerzen ist oft schwierig, denn rezeptfreie Schmerzmittel wirken in der Regel nicht bei den Patienten. Diese Medikamente modulieren die Nervenaktivität und blockieren Schmerzsignale. Ob die medikamentöse Schmerztherapie hilft und die Intensität der Schmerzen nachlässt, zeigt sich meist erst nach zwei bis vier Wochen. In der Schmerztherapie werden häufig Medikamente mit Physiotherapie oder Psychotherapie kombiniert. Weitere Ansätze für die Therapie sind Nervenblockaden, Infiltrationen, transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) und Entspannungstechniken.

Medikamentöse Therapie

Zur Behandlung von Nervenschmerzen werden andere Medikamente eingesetzt als beim Gewebeschmerz, da Nervenschmerzen auf NSAR und Coxibe nicht gut ansprechen. Es hat sich gezeigt, dass Medikamente, die eigentlich zur Behandlung anderer Erkrankungen entwickelt worden sind, bei Nervenschmerzen sehr wirksam sein können. Hierzu zählen beispielsweise Medikamente gegen epileptische Anfälle (sog. Antikonvulsiva) oder Medikamente gegen Depressionen (sog. Antidepressiva). Diese Medikamente werden in der Regel in Tablettenform eingenommen und greifen beruhigend in die Funktion der Nervenzellen ein. Sie beeinflussen die Aktivität der Nervenzellen und der schmerzleitenden Nervenbahnen. Sie normalisieren die für neuropathische Schmerzen typischen Veränderungen und Störungen der Nervenfunktion.

  • Antikonvulsiva: (z.B. Gabapentin und Pregabalin, Carbamazepin) werden bei neuropathischen Schmerzerkrankungen nicht gegen Depression und Anfälle, sondern gezielt zur Schmerzlinderung eingesetzt. Die Wirkung entsteht durch eine Hemmung der Schmerzweiterleitung im Rückenmark.
  • Antidepressiva: (z.B. Amitriptylin oder Duloxetin) werden bei neuropathischen Schmerzerkrankungen nicht gegen Depression und Anfälle, sondern gezielt zur Schmerzlinderung eingesetzt. Die Wirkung entsteht durch eine Hemmung der Schmerzweiterleitung im Rückenmark.
  • Opioide: Mittelstark oder stark wirksame Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide können zum Einsatz kommen, wenn sich Nervenschmerzen durch die zuvor genannten Medikamente nicht ausreichend behandeln lassen. An den Opioiden ist besonders, dass sie sowohl bei Gewebeschmerzen wie auch bei Nervenschmerzen wirken.
  • Örtliche und oberflächliche Behandlung: Einige Formen von Nervenschmerzen können mit örtlicher und oberflächlicher Behandlung am Schmerzort therapiert werden. Die Medikamente werden dann in Form eines Pflasters oder als Creme auf die Haut aufgebracht, um bestimmte Bestandteile der Nervenzelloberfläche zu beeinflussen und die Schmerzentstehung oder -weiterleitung zu verhindern. Hierzu zählt das Medikament Lidocain, ein örtliches Betäubungsmittel - wie es auch der Zahnarzt in einer Spritze zur Betäubung verwendet. Ein andersartiges Pflaster enthält den Wirkstoff Capsaicin. Der Wirkstoff Capsaicin wird aus der Chilischote gewonnen und ist für die Schärfe mancher Speisen verantwortlich. Capsaicin kann nach Pflasterbehandlung auf der Haut dazu führen, dass sich geschädigte Nervenfasern aus der betroffenen Haut zurückziehen und damit die Nervenschmerzen in diesem Bereich für 2-3 Monate verschwinden. Danach wachsen die Nervenfasern wieder nach. Bei Wiederauftreten der Schmerzen kann dann erneut ein Capsaicin-Pflaster geklebt werden. Diese Form der Behandlung ist besonders dann sinnvoll, wenn es einen kleinen oberflächlichen Schmerzbereich gibt, etwa bei einem Nervenschmerz nach einer Gürtelrose, der auch als postherpetische Neuralgie bezeichnet wird.

Die zuvor genannten Antikonvulsiva und Antidepressiva können jahrelang eingenommen werden, ohne dass bleibende Organschäden entstehen. Allerdings können alle diese Medikamente Nebenwirkungen haben, die zumeist im Gehirn ausgelöst werden. Am häufigsten kann es zu Müdigkeit, Schwindel und manchmal Gedächtnisstörungen kommen. Glücklicherweise verschwinden diese Nebenwirkungen regelhaft mit der Zeit oder bei Reduktion der eingenommenen Medikamentenmenge.

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Nicht-medikamentöse Therapien

Darüber hinaus wirken auch Behandlungen ohne Medikamente unterstützend gegen Nervenschmerzen. Dazu zählen beispielsweise:

  • Krankengymnastik: Eine Physio- und/oder Ergotherapie hilft in vielen Fällen, Nervenschmerzen zu lindern. Sie umfasst unter anderem Übungen, die Muskeln kräftigen, Massagen und physikalische Behandlungen (z.B. Anwendungen mit Wärme, Kälte, Licht oder elektrischen Reizen).
  • Akupunktur: Auch Akupunktur hilft bei Nervenschmerzen.
  • Ruhigstellen des betroffenen Körperteils: Manchmal hilft es, den betroffenen Körperbereich mittels Schienen oder Bandagen vorübergehend ruhig zu stellen.
  • Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Auch die TENS soll Menschen mit Nervenschmerzen manchmal helfen. Dabei werden elektrische Impulse mittels Hautelektroden auf betroffene Körperteile übertragen.
  • Kältetherapie: Auch Kältemaßnahmen wie kühlende Sprays, Kältepackungen oder kalte Wickel versprechen vielen Menschen mit Nervenschmerzen Linderung.
  • Entspannungsübungen: Entspannungstechniken setzen das Schmerzempfinden (zusätzlich) herab. Dazu zählen etwa autogenes Training, Muskelentspannung nach Jacobson, Hypnose, Meditation oder Biofeedback.
  • Psychotherapie: Auch eine begleitende psychologische Unterstützung (z.B. eine Psychotherapie) wirkt unterstützend gegen Nervenschmerzen.

Operative Eingriffe

Lassen sich Nervenschmerzen durch die zuvor genannten Medikamente nicht ausreichend behandeln oder liegt eine mechanische Ursache vor, können operative Eingriffe in Betracht gezogen werden. Bei der Trigeminus-Neuralgie wird eine mikrochirurgische Dekompression in der hinteren Schädelgrube vorgenommen. Wenn eine medikamentöse Therapie keinen Erfolg bringt, kann eine Operation am Gehirn erforderlich sein, um den Kontakt zwischen Gefäß und Trigeminusnerv zu unterbrechen. Dazu wird der Schädel geöffnet und ein Kunststoffstück, zum Beispiel Teflonflies, als Puffer eingelegt. Acht von zehn Patienten und Patientinnen sind nach dem Verfahren schmerzfrei, weitere zwei haben danach geringere Beschwerden als vorher.

Spezifische operative Verfahren

  • Mikrovaskuläre Dekompression: Hierbei wird der Schädel geöffnet und ein Kunststoffstück als Puffer zwischen Nerv und Gefäß eingelegt.
  • Perkutane Operationsverfahren: Der Nervus Trigeminus wird im Bereich des Ganglion Gasseri thermisch, chemisch oder mechanisch geschädigt.
  • Radiochirurgische Behandlung: Der Trigeminusnerv wird am Abgang mit einer hohen Strahlendosis einmalig bestrahlt (Gamma-Knife-Behandlung).

Operative Behandlung des Morton Neuroms

Meist erfolgt die Entfernung des geschwollenen Mittelfußnerven beim Morton Neurom durch einen offenen operativen Zugang von der Fußsohle aus. Wenn die Schwellung an der Fußsohle noch nicht zu stark ausgeprägt ist, kann alternativ eine nervenerhaltende Therapie durchgeführt werden, die man als Dekompression (Druckentlastung) des Morton Neuroms bezeichnet.

Alternative und ergänzende Therapien

Einige Menschen mit Nervenschmerzen berichten, dass ihnen bestimmte Hausmittel Linderung verschaffen. Demnach können vor allem Wärme und/oder Kälte gegen die Schmerzen helfen. Für Kälteanwendungen eignen sich Kühlkompressen, für Wärmeanwendungen warme Bäder oder Heizkissen. Manche profitieren auch von Wechselbädern in warmem und kaltem Wasser. Auch pflanzliche Mittel, Heilkräuter oder homöopathische Mittel wie Globuli sollen manchen Menschen mit Nervenschmerzen helfen. In Form von Tees, Auszügen, Tinkturen, Salben, Kapseln oder Wickeln eingenommen oder angewendet, sollen sie schmerzstillend und entzündungshemmend wirken.

Hausmittel gegen Nervenschmerzen

Verschiedene Hausmittel haben sich gegen Nervenentzündungen und Nervenschmerzen bei Patienten bereits bewährt. Vor allem bei chronischen Schmerzen lohnt es sich aber, die Hausmittel auszutesten.

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Kräuter und Tee

Einige Kräuter können in Form von Kapseln, die das wirksame Trocken-Extrakt enthalten, eingenommen werden. Dazu gehört zum Beispiel die Teufelskrallenwurzel. Diese soll ähnliche, schmerzlindernde Eigenschaften haben wie die Acetylsalicylsäure, ist dabei aber magenfreundlicher.

Ein eigenes Massageöl aus Kräutern schaffen Sie durch die Mischung aus Brennnessel-Geist und Apfelessig. Das Verhältnis sollte dabei 1:5 sein. Mit dem Öl reiben Sie anschließend sanft die betroffenen Stellen ein. Nicht nur die enthaltenen Wirkstoffe, auch die Massage selbst kann Nervenschmerzen lindern.

Auch ein leckerer (Kräuter-)Tee kann von innen heraus seine Wirkung gegen Nervenschmerzen entfalten. Zu den geeigneten Hausmitteln bei Nervenentzündung und Nervenschmerzen gehören der Brennnessel-Tee oder der allseits beliebte Ingwer-Tee mit jeweils entzündungshemmender und schmerzstillender Wirkung. Wenn mit den Nervenschmerzen Übelkeit einhergeht (wie es beispielsweise bei einer den Halsnerv betreffenden Zervikalneuralgie der Fall ist), hilft Ingwer zusätzlich gegen dieses Symptom.

Wärme und Kälte

Wechselbäder sollen gegen verschiedene, gesundheitliche Beschwerden helfen und auch allgemein das Immunsystem stärken. Auch als Hausmittel gegen Nervenschmerzen können sie wirksam sein. Wenn Sie den Wechsel zwischen kaltem und warmem Wasser im Wannenbad aber scheuen, ist der Wechsel zwischen Eisbeutel und Wärmeauflage eine mögliche Alternative. Legen Sie dafür zunächst einen Eisbeutel auf die schmerzende Stelle und belassen ihn dort für einige Minuten, anschließend kommt ein warmer Wickel oder ein Wärmekissen dorthin. Sie können dies mehrmals im Wechsel wiederholen.

Chili und Capsaicin

Mit Schärfe gegen Nervenschmerzen - das gelingt dem in Chili- und Cayenne-Pfeffer enthaltenem Wirkstoff Capsaicin. Während er Ihrem Essen die nötige Würze verleiht, wirkt er beispielsweise in Salbenform oder als Schmerzpflaster wärmend, schmerzlindernd, durchblutungsfördernd und anregend für die betroffenen Nerven. Die Wirkung beruht auf der Desensibilisierung der Nervenrezeptoren.

Johanniskraut

Vor allem, wenn Sie an Nervenschmerzen im Rückenbereich leiden, vermag Ihnen ein Öl aus Johanniskraut Linderung verschaffen. Genießen Sie die wohltuende Massage, die eine andere Person vornehmen sollte, damit alle Bereiche des Rückens „erfasst“ werden. Auch für die innere Anwendung eignet sich Johanniskraut, etwa als Tee oder in Tablettenform. Es wirkt entzündungshemmend und ist daher als Hausmittel gegen eine Nervenentzündung beliebt. Auch aufgrund seiner beruhigenden Eigenschaften kann es in der Schmerztherapie und bei durch die Schmerzen bedingten Depressionen helfen.

Pfefferminzöl

Herrlich kühlend wirkt Pfefferminzöl, das als Bestandteil von Massageölen Verwendung findet. Die Nervenschmerzen werden durch den kühlenden und krampflösenden Effekt oft reduziert oder im besten Fall gänzlich beseitigt.

Olivenöl

Oleocanthal in Olivenöl wirkt entzündungshemmend und blutverdünnend, was sich positiv bei einer Nervenentzündung und damit verbundenen Nervenschmerzen auswirken kann.

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