Was passiert nach einem Schlaganfall: Rehabilitation, Therapie und langfristige Perspektiven

Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen grundlegend verändern kann. Die unmittelbaren Folgen eines Schlaganfalls sind vielfältig und reichen von körperlichen Einschränkungen bis hin zu kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen. Doch was passiert unmittelbar nach einem Schlaganfall? Welche Behandlungen und Therapien sind verfügbar, und wie sehen die langfristigen Perspektiven für Betroffene aus? Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Aspekte nach einem Schlaganfall, von der Akutversorgung bis zur Rehabilitation und den langfristigen Herausforderungen.

Akutversorgung im Krankenhaus

Ein Schlaganfall erfordert sofortiges Handeln. Je schneller die Behandlung beginnt, desto geringer sind die Langzeitschäden. Idealerweise erfolgt die Erstversorgung auf einer spezialisierten Schlaganfallstation, einer sogenannten Stroke Unit. Hier werden die Patientinnen und Patienten in enger Zusammenarbeit von Schlaganfall-Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten betreut.

Diagnostik und Therapie in der Akutphase

Sofort nach der Aufnahme in der Schlaganfall-Ambulanz oder der Stroke Unit führt der Arzt in der Regel eine kurze Ultraschalluntersuchung durch, um festzustellen, ob ein großes Gefäß im Hals oder im Gehirn verschlossen ist. Die genaue Art des Schlaganfalls wird dann durch eine Kernspintomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) festgestellt.

Die Akuttherapie zielt darauf ab, die Durchblutung des Gehirns so schnell wie möglich wiederherzustellen. Dies kann durch Medikamente (Thrombolyse) oder durch einen Kathetereingriff (Thrombektomie) erfolgen, bei dem das Blutgerinnsel mechanisch entfernt wird. Die Thrombolyse sollte innerhalb von 4,5 Stunden nach Symptombeginn erfolgen, die Thrombektomie innerhalb von sechs Stunden. Beide Entscheidungen sind jedoch immer eine Einzelfallentscheidung des Arztes.

Bedeutung der Zeit

„Zeit ist Gehirn“ - dieser Grundsatz ist bei der Behandlung eines Schlaganfalls von entscheidender Bedeutung. Mit dem Auftreten des Gefäßverschlusses, der den typischen Schlaganfall auslöst, gehen im Schnitt 1,9 Millionen Nervenzellen pro Minute zugrunde. Je schneller die Behandlung erfolgt, desto mehr Hirngewebe kann gerettet und desto schwerwiegender können die Folgen des Schlaganfalls reduziert werden.

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Ursachenforschung

Nach der Akuttherapie wird der Fokus auf die Ursachenforschung des Schlaganfalls gelegt, um einen weiteren Schlaganfall gar nicht erst zuzulassen. Es wird ein Herz-Kreislauf-Monitoring durchgeführt, bei dem Herzfrequenz, Atemfrequenz und Blutdruck beobachtet werden. Zudem werden die gehirnversorgenden Gefäße mithilfe bildgebender Verfahren wie MRT und CT untersucht, um die Art und das Ausmaß des Schlaganfalls abzuklären.

Rehabilitation: Fähigkeiten wiedererlangen und Alltag bewältigen

Die Rehabilitation (Reha) beginnt idealerweise bereits während der Krankenhausbehandlung und wird anschließend in einer Rehaklinik und zu Hause fortgesetzt. Sie ist ein entscheidender Schritt, um die Folgen des Schlaganfalls zu mindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Ziele der Rehabilitation

Die Rehabilitation hat mehrere Ziele:

  • Wiedererlangung von Fähigkeiten: Durch gezieltes Training sollen verlorengegangene Fähigkeiten wie Gehen, Sprechen, Schlucken oder die Nutzung von Arm und Hand wiedererlangt oder verbessert werden.
  • Umgang mit Einschränkungen: Die Rehabilitation unterstützt die Betroffenen dabei, mit bleibenden Einschränkungen umzugehen und Strategien zu entwickeln, um den Alltag trotz dieser Einschränkungen so selbstständig wie möglich zu bewältigen.
  • Linderung von Folgen: Die Rehabilitation kann dazu beitragen, Folgen des Schlaganfalls wie Lähmungen, Sprachstörungen, Gedächtnisprobleme und Depressionen zu lindern.
  • Vorbereitung auf das Alltagsleben: Die Rehabilitation bereitet die Betroffenen auf die Rückkehr nach Hause und das Alltagsleben vor und bietet Hilfen für Angehörige.

Behandlungsmethoden in der Rehabilitation

In der Rehabilitation kommen verschiedene Behandlungsmethoden zum Einsatz, die individuell auf die Bedürfnisse und Ziele der Betroffenen abgestimmt werden:

  • Physiotherapie / Krafttraining: Wer im Rollstuhl sitzt oder bettlägerig ist, kann beispielsweise üben, von einem Stuhl oder aus dem Bett aufzustehen und einige Schritte zu gehen. Durch Training von Gleichgewicht, Kraft und Ausdauer kann man lernen, wieder sicherer zu gehen. Auch Einschränkungen von Arm und Hand lassen sich mit Übungen mindern - zum Beispiel, indem der gelähmte Arm verstärkt benutzt wird. Dies kann auch Schulterschmerzen vorbeugen.
  • Logopädie: Menschen, die einen Schlaganfall hatten, haben häufig Schwierigkeiten, Sätze zu bilden oder Worte zu finden. Bei anderen ist die Aussprache undeutlich oder verwaschen. Auch Schluckstörungen können auftreten. Diese Beeinträchtigungen lassen sich mit gezielten Übungen behandeln.
  • Ergotherapie: Sie soll die Fähigkeiten verbessern, die für ein möglichst selbstständiges Leben nötig sind. Dazu gehören das Training von Alltagsfertigkeiten wie anziehen oder selbstständig essen, aber auch Wahrnehmungs- und Konzentrationsübungen. Bei Bedarf wird geübt, Hilfsmittel wie Rollatoren zu benutzen.
  • Neuropsychologische Therapie: Dieses psychotherapeutische Verfahren wurde speziell für Menschen mit Hirnverletzungen entwickelt. Damit lassen sich unter anderem Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Wahrnehmung trainieren. Es geht aber auch darum zu lernen, mit den Einschränkungen im Alltag umzugehen und sie emotional zu bewältigen.
  • Pflege: Eine aktivierende Pflege unterstützt beim Essen, Waschen, An- und Auskleiden. Außerdem zeigen die Pflegekräfte, wie man sich dabei trotz Einschränkungen selbst helfen kann.

Arten der Rehabilitation

Es gibt verschiedene Arten der Rehabilitation, die je nach Bedarf und Situation der Betroffenen infrage kommen:

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  • Neurologische Rehabilitation: Sie beinhaltet mehr Therapiestunden als eine geriatrische und zielt vor allem darauf ab, wieder in den Beruf zurückkehren zu können.
  • Geriatrische Rehabilitation: Sie richtet sich hauptsächlich an ältere Menschen mit mehreren Vorerkrankungen.
  • Teilstationäre Rehabilitation: Dabei ist man tagsüber in der Rehaklinik, aber abends und am Wochenende zu Hause.
  • Ambulante Rehabilitation: Die Reha findet in Einrichtungen statt, die nur für die Behandlungstermine besucht werden.

Voraussetzung für eine teilstationäre oder ambulante Reha ist, dass man sich entweder selbst versorgen kann oder die Versorgung durch andere gesichert ist.

Antragstellung und Organisation

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Krankenhaus stellen den Antrag und organisieren die Verlegung in eine Rehabilitationsklinik. Zuständig sind der Sozialdienst und das „Entlassmanagement“ des Krankenhauses. Die Rehabilitation wird bei der Rentenversicherung oder der Krankenkasse beantragt. Diese bewilligen die Reha zunächst für drei Wochen. Sie kann aber bei Bedarf verlängert werden.

Leben nach der Rehabilitation: Langfristige Perspektiven und Herausforderungen

Auch nach der Rehabilitation stehen Schlaganfall-Betroffene vor Herausforderungen. Es ist wichtig, die erlernten Übungen und Strategien im Alltag anzuwenden und sich weiterhin aktiv um die eigene Gesundheit zu kümmern.

Ambulante Weiterbehandlung

Nach dem Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik werden die Maßnahmen meist ambulant fortgeführt. Dies organisiert der Sozialdienst der Rehabilitationsklinik vor der Entlassung. Bei der Planung prüfen die Fachkräfte auch, ob zu Hause spezielle Hilfsmittel nötig sind oder die Wohnung anders gestaltet werden muss.

Wiedereingliederung ins Berufsleben

Andere Menschen sind noch berufstätig und möchten nach der Rehabilitation wieder arbeiten. Für sie gibt es verschiedene Wiedereingliederungshilfen. Eine Möglichkeit für die Rückkehr in den Berufsalltag ist das „Hamburger Modell“. Es beinhaltet, gemeinsam mit dem Arbeitgeber eine schrittweise Rückkehr an den Arbeitsplatz zu planen. Dabei ist es besonders wichtig, zu schauen, welche Tätigkeiten nach der Erkrankung möglich sind und ob besondere Unterstützung nötig ist. Auch eine Anpassung des Arbeitsplatzes und die Anschaffung von Hilfsmitteln sind möglich. Vor allem zu Anfang ist es wichtig, sich nicht zu überfordern und das Arbeitspensum der eigenen Belastungsfähigkeit anzupassen.

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Sport und Bewegung

Sportvereine bieten Rehasport an, an dem auch Menschen nach einem Schlaganfall teilnehmen können. Dabei wird in Gruppen Ausdauer, Kraft und Koordination trainiert - beispielsweise mit Gymnastik, Bewegungsspielen oder Schwimmen.

Umgang mit bleibenden Einschränkungen

Trotz bester Therapie können nach einem Schlaganfall Einschränkungen bestehen bleiben. Wer deshalb im täglichen Leben Hilfe benötigt, kann einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung bei der zuständigen Pflegekasse stellen. Gutachterlich wird der Pflegegrad festgestellt. Für Grad 1 müssen leichte Einschränkungen bei den Aktivitäten des täglichen Lebens vorliegen. Patienten, die von Angehörigen, Bekannten, Freunden oder Nachbarn betreut werden, erhalten Pflegegeldleistungen als Aufwandentschädigung. Ab Pflegegrad 2 kann zwischen Pflegegeld und Pflegesachleistungen gewählt werden.

Psychische Gesundheit

Für fast alle Betroffenen ist ein Schlaganfall auch ein Angriff auf die Psyche. Sie können unter Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen oder Angststörungen leiden. Es ist wichtig, psychische Probleme ernst zu nehmen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Selbsthilfegruppen

Die Zusammenkunft mit Menschen, die mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben, hilft bei der seelischen Auseinandersetzung mit der eigenen Erkrankung. Als Betroffener bietet sich die Möglichkeit, sich innerhalb einer Selbsthilfegruppe gegenseitig zu unterstützen und zu motivieren. In Deutschland gibt es über 400 Schlaganfall-Selbsthilfegruppen.

Angehörige

Auch die Angehörigen der Schlaganfallpatienten haben eine sehr wichtige Bedeutung im Rehabilitationsprozess. Sie begleiten den Patienten über einen manchmal sehr langen Zeitraum. Zu den belastenden Folgen für die Angehörigen zählen die Zunahme emotionaler und praktischer Anforderungen nach dem Schlaganfall, Veränderungen im familiären Zusammenleben sowie ein fortschreitender Verlust sozialer Kontakte. Aufgrund der erlebten Belastungen kann sich auch der Gesundheitszustand der Angehörigen deutlich verschlechtern, was sich zumeist in erhöhter Depressivität ausdrückt. Angehörige sollten daher sorgfältig auch auf ihr eigenes Wohl achten. Es ist wichtig, Unterstützung anzunehmen, wann immer es geht. Denn es gibt auch für Familienangehörige eine Reihe von Unterstützungsangeboten wie Selbsthilfegruppen oder Beratungsangebote der Kliniken und Gemeinden.

Prävention eines erneuten Schlaganfalls

Nach einem Schlaganfall ist es besonders wichtig, das Risiko eines erneuten Schlaganfalls zu minimieren. Dabei gelten die selben Präventionsmaßnahmen wie vor Erstschlaganfällen: eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung, kein Diabetes, kein Bluthochdruck usw.

Risikofaktoren vermeiden

Die Hauptrisikofaktoren für einen Schlaganfall sind Bluthochdruck und das sogenannte Vorhofflimmern. Andere Schlaganfall-Risikofaktoren, die weniger stark, aber dennoch relevant sind, sind Diabetes, Rauchen, Bewegungsmangel und Fettstoffwechselstörung.

Gesunde Lebensweise

Die besten Tipps zur Prävention eines Schlaganfalls sind letztendlich immer die Vermeidung von Risikofaktoren. Das heißt: Maßnahmen, die effektiv einem Bluthochdruck, Übergewicht, Bewegungsmangel und letzten Endes auch Diabetes vorbeugen und verhindern. Dazu gehört im ersten Schritt, dass man sich vernünftig ernährt, das heißt eine balancierte, ausgewogene zum Beispiel mediterrane Diät zu sich führt. Also überwiegend Gemüse, nicht zu viel Fleisch, nicht zu viel Alkohol. Alkohol ist zwar nicht komplett verboten, aber nur in sehr geringen Mengen. Und natürlich ist ausreichende Bewegung sehr wichtig. 20 bis 30 Minuten Bewegung pro Tag, bei der man leicht schwitzt, ist ideal. Und wenn Risikofaktoren wie Diabetes oder Bluthochdruck vorliegen, sollte man die natürlich auch behandeln.

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