Kreatin: Wirkung auf das Gehirn – Mehr als nur ein Muskelbooster?

Kreatin ist vor allem als Nahrungsergänzungsmittel im Sportbereich bekannt und wird von vielen Fitnessbegeisterten zur Steigerung der Muskelmasse und Leistungsfähigkeit eingesetzt. Doch die Forschung rückt zunehmend seine Rolle im Gehirn in den Fokus. Kann Kreatin auch die kognitive Leistungsfähigkeit verbessern? Dieser Frage gehen wir in diesem Artikel auf den Grund und beleuchten die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse, insbesondere im Hinblick auf die Wirkung von Kreatin bei Schlafentzug und bei der Unterstützung der mentalen Gesundheit.

Was ist Kreatin und wie wirkt es?

Kreatin ist eine natürliche Säureverbindung, die vom Körper selbst aus verschiedenen Aminosäuren, vor allem in der Leber, gebildet wird. Es kommt aber auch in der Nahrung vor, insbesondere in Fisch und Fleisch. Kreatin spielt eine zentrale Rolle bei der Energieversorgung der Muskeln, indem es hilft, in kurzer Zeit viel Energie bereitzustellen. Es wird in den Muskeln zu Kreatinphosphat umgewandelt, das als Energiespeicher dient und die schnelle Regenerierung von Adenosintriphosphat (ATP) ermöglicht. ATP ist die primäre Energiequelle für Muskelkontraktionen.

Der Körper verbraucht täglich etwa zwei Gramm Kreatin und produziert etwa ein bis zwei Gramm selbst. Bei intensiven Belastungen sind die körpereigenen Speicher jedoch schnell erschöpft. Kreatinpräparate sollen die Speicher voll halten, um länger von der Energie zu profitieren und die Leistungsfähigkeit zu steigern.

Kreatin und die Hirnleistung: Aktuelle Forschungsergebnisse

Auch das Gehirn ist auf eine ausreichende Energieversorgung angewiesen, um seine komplexen Funktionen ausführen zu können. Nervenzellen, die permanent Informationen verarbeiten, haben einen hohen Energiebedarf. Daher liegt es nahe, dass Kreatin auch im Gehirn eine wichtige Rolle spielt.

Kreatin bei Schlafentzug: Eine Studie des Forschungszentrums Jülich

Ein Team des Forschungszentrums Jülich hat in einer Studie untersucht, wie sich eine hohe Dosis Kreatin auf die Hirnleistung bei Schlafentzug auswirkt. 15 Probanden wurden über Nacht wachgehalten und mussten währenddessen kognitive Aufgaben lösen, wie z.B. das Merken von Wortpaaren oder Rechnen. Die Probanden erhielten vor einer Nacht Kreatin (0,35 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht) und vor einer anderen ein Placebo.

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Das Ergebnis: Bereits drei Stunden nach der Einnahme des Kreatins zeigte sich ein positiver Effekt auf den Hirnstoffwechsel und die kognitive Leistung. Insbesondere die Verarbeitungsleistung und das Kurzzeitgedächtnis verbesserten sich. Der Effekt dauerte bis zu neun Stunden an, dem Studienende. Die Forscher beobachteten per spezieller Magnetresonanzspektroskopie, dass Schlafmangel die Menge einer für die Energieversorgung wichtigen Kreatin-Verbindung (Kreatinphosphat) im Hirn reduziert. Durch die Gabe einer hohen Dosis Kreatin konnte diese Abnahme verhindert werden.

Studienleiter Dr. Ali Gordjinejad warnt jedoch davor, die Einnahme solch hoher Dosen im privaten Umfeld selbst auszuprobieren, da hohe Kreatindosen die Nieren stark belasten und gesundheitliche Risiken bergen könnten.

Weitere Studien zur Wirkung von Kreatin auf die kognitive Leistungsfähigkeit

In verschiedenen Studien wurde bereits von einer verbesserten kognitiven Leistungsfähigkeit nach längerer Kreatin-Gabe berichtet, etwa bei älteren Menschen oder Vegetariern, die beide oft Kreatinmangel hätten. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Kreatin die Gedächtnisleistung verbessern und die mentale Ermüdung reduzieren kann. Besonders profitieren könnten Menschen, die sich vegetarisch ernähren, da deren Kreatinaufnahme über die Nahrung geringer ist, sowie ältere Menschen, deren körpereigene Produktion im Laufe des Lebens nachlässt.

Möglicherweise hat Kreatin sogar neuroprotektive Eigenschaften, kann also Nervenzellen vor Schäden bewahren. Es wird auch untersucht, ob Kreatinpräparate Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Demenz helfen können. Die genauen Mechanismen, die den möglichen kognitiven Verbesserungen zugrunde liegen, sind bislang jedoch noch nicht vollständig geklärt.

Kreatin möglicherweise hilfreich bei Alzheimer

Präklinische Studien deuten darauf hin, dass Kreatin-Monohydrat die Energieversorgung im Gehirn unterstützen und die kognitive Leistungsfähigkeit verbessern kann. Eine Studie untersuchte die Wirkung von Kreatin bei Alzheimer-Patienten. Über einen Zeitraum von acht Wochen erhielten zehn Alzheimer-Patienten im Alter von 60 bis 90 Jahren täglich 20 Gramm Kreatin-Monohydrat (aufgeteilt in zwei Dosen). Die Ergebnisse zeigen, dass die Kreatinkonzentration im Gehirn nach acht Wochen im Durchschnitt um 11 % gestiegen war. Es zeigte sich eine signifikante Verbesserung der Gesamtpunktzahl für die kognitive Leistung sowie des Problemlösungsvermögens. Die Supplementierung mit Kreatin ist bei Alzheimer-Patienten gut durchführbar und führt nachweislich zu einer erhöhten Kreatinkonzentration im Gehirn sowie zu einer Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit. Kreatin könnte somit eine ergänzende Unterstützung bei der Alzheimer-Krankheit darstellen.

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Für wen sind Kreatinpräparate geeignet?

Kreatin als Nahrungsergänzungsmittel ist vor allem bei Sportarten sinnvoll, bei denen es auf maximale Energie in kurzer Zeit ankommt, wie z.B. Gewichtheben oder Kurzstreckenlauf und -schwimmen. Auch im Bodybuilding ist Kreatin beliebt, da es die Muskelmasse erhöhen kann.

Was die Wirkung auf die geistigen Fähigkeiten betrifft, so ist diese wissenschaftlich noch nicht vollständig abgesichert. Die Einnahme von Kreatinpräparaten zur Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit sollte daher nur nach Rücksprache mit einem Arzt oder Apotheker erfolgen.

Dosierung und Einnahme von Kreatin

Die empfohlene Tagesdosis für gesunde Menschen liegt bei bis zu drei Gramm Kreatin. Für Leistungssportler kann die Dosis auf bis zu 4,4 Gramm erhöht werden. Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse über die langfristige Einnahme von Kreatin in hoher Dosierung. Insbesondere die Auswirkungen auf Organe wie Leber, Nieren, Gehirn und Herz sind nicht ausreichend bekannt.

Kreatin wird am häufigsten in einer Dosierung von drei bis fünf Gramm pro Tag eingenommen, was sowohl für sportliche Ziele als auch für die Unterstützung der mentalen Gesundheit ausreichend ist. Wer die Wirkung besonders schnell spüren möchte, kann mit einer Ladephase beginnen: Dabei werden für fünf bis sieben Tage täglich 20 Gramm Kreatin in vier Portionen zu je fünf Gramm verteilt eingenommen, um die Speicher rasch zu füllen. Danach reicht eine Erhaltungsdosis von drei bis fünf Gramm täglich aus. In Studien zu kognitiven Effekten und mentaler Gesundheit wurde in der Regel eine tägliche Dosis von fünf Gramm Kreatin eingesetzt. Hohe Einzeldosen von 20 bis 35 Gramm, wie sie in manchen Schlafentzugs-Studien verwendet wurden, sind nur für spezielle Versuchssituationen gedacht und sollten nicht im Alltag ohne ärztliche Begleitung genutzt werden.

Der Einnahmezeitpunkt spielt keine große Rolle, entscheidend ist die tägliche Regelmäßigkeit. Um Magenreizungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, Kreatin zusammen mit einer Mahlzeit einzunehmen; in Kombination mit Kohlenhydraten oder Eiweiß kann die Aufnahme sogar leicht gesteigert werden.

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Am besten untersucht, wirksam und preisgünstig ist Kreatin-Monohydrat. Da Kreatin Wasser in die Muskelzellen zieht, sollte stets auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden.

Mögliche Nebenwirkungen und Risiken

Wenn die Tagesdosis von drei Gramm nicht überschritten wird, sind Kreatinpräparate für die meisten gesunden Menschen unbedenklich. Auf Kreatin verzichten sollten jedoch:

  • Menschen, die an einer Nieren- oder Lebererkrankung leiden
  • Menschen, die ein erhöhtes Risiko für Nierenkrankheiten haben, zum Beispiel wegen Diabetes oder Bluthochdruck
  • Kinder und Jugendliche, da Auswirkungen auf deren Hormonhaushalt nicht ausgeschlossen werden können
  • Schwangere und stillende Frauen

Zu bedenken ist auch, dass der Muskelaufbau mit Wassereinlagerungen in den Muskeln verbunden sein kann. Das erhöht das Körpergewicht und kann beispielsweise für Sprints kontraproduktiv sein. Außerdem steigt dadurch der Druck in den Muskelzellen. Dies kann das Risiko für Verletzungen und Krämpfe steigern.

Was ist beim Kauf von Kreatinprodukten zu beachten?

Kreatin-Nahrungsergänzungsmittel sind unter anderem in Form von Pulver, Tabletten, Dragees oder Gummidrops erhältlich. Als Wirkstoff sollte in jedem Fall Kreatinmonohydrat enthalten sein, da andere Kreatinarten keine nachgewiesene Wirkung haben. Außerdem ist wichtig, dass die Tagesdosis drei Gramm Kreatin pro Tag beträgt. (3,5 Gramm Kreatinmonohydrat entspricht in etwa 3 Gramm Kreatin.)

Vorsicht ist geboten, sobald ein Anbieter sein Produkt mit überzogenen oder unzulässigen Versprechen bewirbt. Außerdem sind viele Kreatinprodukte in der EU nicht zugelassen. Achten Sie deshalb auf vertrauenswürdige Bezugsquellen. Bei Online-Bestellungen über unbekannte Anbieter vor allem aus dem Ausland besteht die Gefahr, dass die Präparate gestreckt sind. Stichproben haben ergeben, dass manche Präparate nur ein Drittel der angegebenen Menge Kreatinmonohydrat enthalten. Auch Verunreinigungen mit Schwermetallen oder eine Belastung mit verbotenen Zusatzstoffen kommen vor.

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