Venlafaxin ist ein Antidepressivum aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI). Es wird zur Behandlung von Depressionen, Angststörungen und Panikstörungen eingesetzt. Dieser Artikel beleuchtet die Wirkungsweise von Venlafaxin im Gehirn, seine Anwendung, Dosierung, mögliche Nebenwirkungen und wichtige Hinweise zur Einnahme.
Wirkungsweise von Venlafaxin im Gehirn
Venlafaxin blockiert die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin im synaptischen Spalt. Dadurch erhöht sich die Konzentration dieser Botenstoffe im Gehirn, was stimmungsaufhellend und angstlösend wirken kann. Vereinfacht ausgedrückt, greift der Wirkstoff in die Signalübertragung im Gehirn ein, indem er die Wirkungsdauer von stimmungsaufhellenden Botenstoffen erhöht.
Die Wiederaufnahme von Dopamin wird nur geringfügig gehemmt. Insgesamt führt dies zu einer Erhöhung der Neurotransmitteraktivität im Gehirn.
Anwendungsgebiete von Venlafaxin
Venlafaxin ist für mehrere Indikationen zugelassen:
- Behandlung und Rezidivprophylaxe (Vorbeugung gegen ein Wiederauftreten) einer Major Depression
- Behandlung der generalisierten Angststörung
- Behandlung der sozialen Angststörung
- Behandlung von Panikstörungen mit oder ohne Agoraphobie (Angst vor bestimmten Orten oder Situationen)
Dosierung und Einnahme
Venlafaxin ist in retardierten (verzögert freisetzenden) und unretardierten Arzneiformen erhältlich, beginnend mit 37,5 mg bis zu 225 mg. Die Dosierung wird in der Regel vom Arzt langsam erhöht und auf eine für den Patienten passende Erhaltungsdosis eingestellt. Für die einzelnen Dosierungsschritte stehen Arzneimittel mit verschiedenen Wirkstoffstärken zur Verfügung.
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- Retardformen: Werden einmal täglich eingenommen. Die Einnahme erfolgt vorzugsweise zur Mahlzeit und zu konstanter Tageszeit.
- Unretardierte Formen: Hier wird die Tagesdosis auf zwei bis drei Gaben aufgeteilt. Die Tabletten werden jeweils mit ausreichend Flüssigkeit und zu einer Mahlzeit eingenommen.
Übliche Dosierungsschemata:
- Depression: Behandlungsbeginn in der Regel mit 75 mg Venlafaxin täglich. Diese Dosis kann schrittweise langsam bis zu einer maximalen Tagesdosis von 375 mg gesteigert werden. In der Rezidivprophylaxe wird die wirksame Dosis meist beibehalten und die Therapie mindestens sechs Monate lang (nach der Remission) fortgeführt.
- Angststörungen: Ausgehend von der 75-mg-Anfangsdosis kann bis auf 225 mg gesteigert werden.
- Panikstörungen: Patienten starten meist mit der halben Dosis (37,5 mg) und können ebenfalls bis 225 mg steigern.
Wichtige Hinweise zur Einnahme:
- Die Gesamtdosis sollte nicht ohne Rücksprache mit einem Arzt oder Apotheker überschritten werden.
- Das Arzneimittel sollte im Ganzen mit Flüssigkeit (z.B. 1 Glas Wasser) eingenommen werden. Es darf nicht geöffnet, zerkaut, zerdrückt oder aufgelöst werden.
- Die Anwendungsdauer richtet sich nach Art der Beschwerde und/oder Dauer der Erkrankung und wird vom Arzt bestimmt.
- Patienten mit einer Leber- oder Nierenfunktionsstörung müssen in Absprache mit ihrem Arzt eventuell die Einzel- oder die Gesamtdosis reduzieren oder den Dosierungsabstand verlängern.
Gegenanzeigen
Venlafaxin darf nicht eingenommen werden bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der anderen Inhaltsstoffe
- Gleichzeitiger Einnahme eines Monoaminooxidase-Hemmers (MAO-Hemmers) aufgrund der Gefahr eines Serotonin-Syndroms
In folgenden Fällen sollte die Anwendung des Antidepressivums nur mit Vorsicht erfolgen:
- Bluthochdruck
- Niedriger Blutdruck
- Herzerkrankungen (z.B. Erregungsleitungsstörungen am Herzen, Angina pectoris, Herzinfarkt, der erst kurze Zeit zurückliegt)
- Neigung zu Krampfanfällen (z.B. bei Epilepsie, Hirnschäden)
- Manie in der Vorgeschichte
- Aggressives Verhalten auch in der Vorgeschichte
- Eingeschränkte Nierenfunktion
- Störungen beim Wasserlassen (z.B. bei Prostatavergrößerung)
- Eingeschränkte Leberfunktion
- Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
- Engwinkelglaukom
- Störungen des Flüssigkeit- und Salzhaushaltes
- Erhöhte Blutungsneigung
- Neigung zu Arzneimittelmissbrauch
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
Es kann zu Wechselwirkungen mit anderen, gleichzeitig angewendeten Medikamenten kommen, so zum Beispiel mit:
- Medikamenten zur Unterdrückung des Immunsystems (Immunsuppressiva wie Tacrolimus, Ciclosporin, Sirolimus)
- Anti-Pilzmitteln (Antimykotika wie lotrimazol, Ketoconazol, Itraconazol)
- verschiedenen Antidepressiva (z.B. Amitriptylin, Clomipramin, Imipramin, Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Norfluoxetin, Sertralin)
- starken Schmerzmitteln aus der Gruppe der Opiate/Opioide (z.B. Alfentanil, Codein, Fentanyl, Methadon)
- Cholesterinsenkern (Statine wie Atorvastatin, Lovastatin, Simvastatin)
- Mitteln gegen erektile Dysfunktion (Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil)
- Gerinnungshemmern wie Phenprocoumon (Marcumar), Warfarin und Acetylsalicylsäure (ASS)
- Entwässernden Medikamenten (Diuretika)
- Bestimmten Schmerzmitteln (nichtsteroidale Antirheumatika; NSAR wie z. B. Ibuprofen)
Die Kombination von Venlafaxin und MAO-Hemmern ist verboten, da ansonsten das Risiko für das Serotonin-Syndrom stark ansteigt. Nach dem Absetzen von MAO-Hemmern muss man mindestens 14 Tage warten, bevor man Venlafaxin einnehmen kann. Das Risiko für ein Serotonin-Syndrom steigt auch bei gleichzeitiger Einnahme anderer Medikamente stark an. Dazu gehört auch der frei verkäufliche Johanniskrautextrakt.
Nebenwirkungen
Wie alle Arzneimittel kann auch Venlafaxin Nebenwirkungen verursachen, die aber nicht bei jedem auftreten müssen. Die Liste möglicher Nebenwirkungen ist lang. Zu den häufigsten Beschwerden gehören:
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- Übelkeit
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Schläfrigkeit oder Schlaflosigkeit
- Mundtrockenheit
- Übermäßiges Schwitzen
- Verstopfung
- Appetitlosigkeit oder Appetitsteigerung
- Gewichtsveränderungen
- Zähneknirschen
- Nervosität
- Ungewöhnliche Träume
- Missempfindungen
- Zittern
- Erhöhte Muskelspannung
- Sehstörungen
- Ohrengeräusche (Tinnitus)
- Herzklopfen
- Störungen der Sexualfunktion
- Schwierigkeiten beim Wasserlassen
- Kraftlosigkeit bzw. Schwäche
Eine sehr seltene, wenn auch bedrohliche Nebenwirkung ist das Serotonin-Syndrom. Erste Anzeichen sind innere Erregung und verkrampfte, zuckende Muskeln. Zusätzlich kommt es zu Fieber und Desorientiertheit.
Sollten unerwünschte Wirkungen auftreten, ist es wichtig, diese dem Arzt oder Apotheker mitzuteilen.
Wichtige Hinweise
- Alkohol: Während der Behandlung mit Venlafaxin sollte man vorsichtig mit Alkohol sein, da Venlafaxin die Wirkung von Alkohol verstärken kann. Gelegentlicher Alkoholkonsum in kleinen Mengen ist erlaubt, aber nicht zusammen mit dem Medikament.
- Verkehrstüchtigkeit und Bedienen von Maschinen: Wie alle psychoaktiven Substanzen kann auch Venlafaxin das Urteils- und Denkvermögen sowie die motorischen Fähigkeiten beeinträchtigen. Dies kann die Fähigkeit zum Autofahren oder Maschinenbedienen beeinträchtigen.
- Schwangerschaft und Stillzeit: Venlafaxin darf bei schwangeren Frauen nur nach strenger Nutzen-Risiko-Bewertung angewendet werden. Ist die Frau stabil auf den Wirkstoff eingestellt, sollte die Therapie fortgesetzt werden. Venlafaxin und sein aktiver Metabolit O-Desmethyl-Venlafaxin gehen in die Muttermilch über. Jedoch ist Stillen bei Monotherapie und guter Beobachtung des Kindes unter Vorbehalt akzeptabel.
- Absetzen des Medikaments: Durch plötzliches Absetzen können Probleme oder Beschwerden auftreten. Deshalb sollte die Behandlung langsam, das heißt mit einem schrittweisen Ausschleichen der Dosis, beendet werden.
Venlafaxin und REM-Schlaf
Es gibt Hinweise darauf, dass Venlafaxin den REM-Schlaf (Rapid Eye Movement) unterdrücken kann. In diesen Schlafphasen finden nicht nur die meisten Träume statt, sondern es werden auch Erinnerungen im Gedächtnis verfestigt. Studien deuten darauf hin, dass die Unterdrückung des REM-Schlafes gleichzeitig das Lernen beeinträchtigen und Gedächtnisstörungen hervorrufen kann. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Depressionen selbst auch kognitive Beeinträchtigungen verursachen können.
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