Was schädigt die Gehirngesundheit? Ein umfassender Überblick

Das Gehirn ist ein komplexes Organ, das für zahlreiche Funktionen im Körper verantwortlich ist. Eine Beeinträchtigung der Gehirngesundheit kann weitreichende Folgen haben. In diesem Artikel werden verschiedene Faktoren untersucht, die das Gehirn schädigen können, sowie Strategien zur Prävention und Förderung der Gehirngesundheit.

Das Nervensystem und seine Bedeutung

Das Nervensystem besteht aus dem zentralen und dem peripheren Bereich. Das zentrale Nervensystem umfasst das Gehirn und das Rückenmark, während das periphere Nervensystem Nervenzellen in anderen Körperteilen beinhaltet. Beide Bereiche sind eng miteinander verbunden und ermöglichen die Übertragung von Informationen.

Das menschliche Gehirn nimmt innerhalb des Nervensystems eine Sonderstellung ein. Es besteht aus etwa 86 Milliarden Nervenzellen, die durch hunderte Billionen von Verbindungen miteinander verknüpft sind. Diese Nervenzellen übertragen Informationen und steuern Körperfunktionen durch elektrische und biochemische Signale, wobei Signalmoleküle, sogenannte Transmitter, eine wichtige Rolle spielen.

Erkrankungen des Gehirns können sich auf unterschiedliche Weise äußern. Sie können spezifische Hirnfunktionen wie Gedächtnis oder Muskelkontrolle beeinträchtigen oder übergeordnete Funktionen wie Stimmung oder Bewusstsein stören. Diese Symptome werden als neurologische bzw. psychiatrische oder psychische Symptome bezeichnet.

Globale Herausforderungen und neurologische Erkrankungen

Erkrankungen des Gehirns stellen eine große Herausforderung für Medizin und Gesellschaft dar. Laut Statistiken der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehören fünf der zehn wichtigsten Krankheiten in Bezug auf globale Krankheitslast und vorzeitige Todesfälle zu diesem Bereich.

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Die Krankheitsbilder und ihre Ursachen sind vielfältig. Bei der Alzheimer-Demenz und der Parkinson-Erkrankung sterben Nervenzellen ab, die für das Gedächtnis bzw. die Muskelkontrolle wichtig sind. Bei Depressionen und Schizophrenie ist die Kommunikation zwischen den Nervenzellen beeinträchtigt, was zu Stimmungsschwankungen bzw. Wahnvorstellungen führen kann. Multiple Sklerose beeinträchtigt die Weiterleitung von elektrischen Signalen durch die Nervenzellen.

Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE) forscht an den Ursachen von Störungen des Nervensystems und entwickelt Strategien zur Prävention, Therapie und Pflege bei Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder Amyotropher Lateralsklerose (ALS). Das DZNE kooperiert eng mit Universitäten, Kliniken und außeruniversitären Einrichtungen auf nationaler und internationaler Ebene. Es ist eines von sechs Zentren der Gesundheitsforschung (DZG), die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Bekämpfung der wichtigsten Volkskrankheiten eingerichtet wurden.

Einige wenige Krankheiten des Gehirns sind direkt auf ein verändertes Gen zurückzuführen, wie beispielsweise die Huntington-Erkrankung. Andere Krankheiten werden unmittelbar durch äußere Faktoren wie Infektionen des Gehirns verursacht, die durch Viren, Bakterien oder Pilze ausgelöst werden können.

Die meisten Erkrankungen des Gehirns lassen sich jedoch nicht eindeutig auf ein einzelnes Gen oder äußere Faktoren zurückführen. Oft besteht eine genetische Veranlagung, die aber nicht zwangsläufig zu einer Störung der Hirnfunktionen führt. Der steigende Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung geht beispielsweise mit einer zunehmenden Häufigkeit von Demenzerkrankungen einher, aber nicht jeder, der die Veranlagung für eine Demenz im höheren Alter in sich trägt, wird auch dement. Ähnlich verhält es sich bei Depressionen und Schizophrenie, bei denen genetische Faktoren die Anfälligkeit für diese Krankheiten erhöhen können.

Das Forschungsnetz für psychische Erkrankungen vereint über 30 wissenschaftliche Einrichtungen aus ganz Deutschland, die neue und bewährte Wege der Prävention, Diagnostik und Therapie erforschen und optimieren.

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Schädliche Gewohnheiten und ihre Auswirkungen auf das Gehirn

Neben genetischen Faktoren und äußeren Einflüssen können auch bestimmte Gewohnheiten die Gehirngesundheit negativ beeinflussen. Im Folgenden werden fünf besonders schädliche Gewohnheiten vorgestellt, die sich jedoch relativ einfach ändern lassen:

1. Zu viel Salz

Eine Studie im Fachmagazin JAMA Neurology hat gezeigt, dass ein hoher Salzkonsum Bluthochdruck begünstigen kann. Obwohl der genaue Zusammenhang noch nicht vollständig geklärt ist, deuten Studien darauf hin, dass ein hoher Salzkonsum die Wahrscheinlichkeit erhöht, an Bluthochdruck zu erkranken. Bluthochdruck wiederum kann kognitive Defizite begünstigen und das Risiko für Schlaganfälle erhöhen, die oft mit gravierenden Schädigungen des Gehirns verbunden sind.

2. Chronischer Schlafmangel

Schlaf spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheit des Gehirns. Während des Schlafs werden Kanäle im Gehirn aktiviert, die für die Beseitigung von Abbauprodukten verantwortlich sind. Bei Schlafmangel können sich diese Abbauprodukte ansammeln und entzündliche Prozesse auslösen, die die Gehirngesundheit negativ beeinflussen. Zudem führt Schlafmangel zu Gereiztheit, Konzentrationsmängeln und Gedächtnisproblemen.

3. Schlecht hören

Unsere Ohren sind ständig Umweltgeräuschen ausgesetzt, was zu Hörschädigungen führen kann. Eine Studie der Johns Hopkins Universität ergab, dass schwerhörige Personen eine um 30 bis 40 % höhere Wahrscheinlichkeit haben, unter kognitiven Einbußen zu leiden. Daher ist es ratsam, die Ohren vor zu großer Lautstärke zu schützen, beispielsweise durch maßgeschneiderte Einsätze für die Ohren.

4. Zu viel essen

Eine im Fachmagazin Neurology veröffentlichte Studie aus dem Jahr 2012 untersuchte 6.000 Personen im Durchschnittsalter von 50 Jahren. Zehn Jahre später zeigte sich, dass übergewichtige Studienteilnehmer einen um 22 % stärkeren Abfall ihrer geistigen Fähigkeiten aufwiesen als schlanke Studienteilnehmer. Eine gesunde und kalorienarme Ernährung sowie ausreichend Bewegung sind daher wichtig für die Gehirngesundheit.

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5. Alleine sein

Soziale Kontakte und Freundschaften sind wichtig für die Gehirngesundheit. Einsamkeit kann zu Stress führen und entzündliche Prozesse im Gehirn begünstigen. Eine Studie des Rush University Medical Center in Chicago ergab, dass Studienteilnehmer über 80 Jahre mit wenigen sozialen Kontakten unter den stärksten kognitiven Einbußen litten.

Geschlechtsspezifische Unterschiede und Risikofaktoren

Forschungen des DZNE im Rahmen der Bonner Rheinland Studie haben gezeigt, dass Frauen nach der Menopause ein größeres Ausmaß an bestimmten Hirnschäden aufweisen als gleichaltrige Männer. Diese Gewebeschäden, sogenannte "White Matter Hyperintensities", gelten als mögliche Risikofaktoren für Demenz und Schlaganfall.

Die Ursachen für diese geschlechtsspezifischen Unterschiede sind noch unklar. Es wird vermutet, dass das Hormon Östrogen eine schützende Wirkung haben könnte, die im Alter verloren geht, wenn der weibliche Organismus dessen Produktion mit den Wechseljahren einstellt. Allerdings konnte in den Daten der Rheinland Studie kein Einfluss einer Hormontherapie festgestellt werden.

Übergewicht und Hirnstruktur

Der Zusammenhang zwischen Übergewicht und Hirnstruktur ist noch nicht abschließend erforscht. Studien deuten darauf hin, dass bei Menschen mit starkem Übergewicht bestimmte Bereiche des Gehirns geschrumpft sein können, insbesondere bei Personen, die um die Körpermitte viel Fett ansammeln. Es ist jedoch unklar, ob das Übergewicht die Hirnveränderungen auslöst oder ein verändertes Gehirn die Entstehung von Übergewicht begünstigt.

Alkohol und Hirnalterung

Regelmäßiger Alkoholkonsum kann die graue und weiße Substanz im Gehirn schrumpfen lassen und zu vorzeitigem Altern führen. Die graue Substanz, die die Großhirnrinde (Cortex) umfasst, beherbergt rund 20 Milliarden Nervenzellkörper, während die weiße Substanz aus ihren Zellfortsätzen (Axonen) besteht. Beide Substanzen sind wesentliche Bestandteile des zentralen Nervensystems und steuern nahezu alle Hirnfunktionen.

Je mehr Alkohol konsumiert wird, desto schneller schrumpft das Gehirn. Die Folgen der Hirnalterung machen sich vor allem durch ein geschwächtes Erinnerungsvermögen bemerkbar, beeinträchtigen aber auch andere kognitive Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Orientierung und die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung. Studien weisen darauf hin, dass regelmäßiger Alkoholkonsum von bereits fünf bis sechs Standardgläsern pro Woche die kognitive Leistungsfähigkeit vermindern kann.

Zudem erhöht ein regelmäßiger Konsum hoher Alkoholmengen das Risiko einer Demenzerkrankung, die eine fortschreitende Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit hervorruft. Personen ab 45 Jahren, die mehr als 24 Gramm reinen Alkohol (ca. 250 ml Wein) am Tag trinken, sind besonders gefährdet.

Zucker und Hirnschäden

Ein hoher Zuckerkonsum kann ebenfalls die Gehirngesundheit beeinträchtigen. Hohe Blutzuckerspiegel schädigen die Hirngefäße und führen zu Ablagerungen an den Gefäßwänden, was zu einer Unterversorgung einzelner Hirnareale und langfristig zu einer gefäßbedingten (vaskulären) Demenz führen kann.

Komplexe Zuckermoleküle im Gehirn, sogenannte Glykosaminoglykane, können auch direkt die geistige Leistung einschränken, indem sie die Funktion der Synapsen, den Schaltstellen zwischen den Nervenzellen, beeinträchtigen. Zudem gibt es eine indirekte hirnschädigende Wirkung von zu hohem Zuckerkonsum über einen Diabetes mellitus. Seit den 90er Jahren ist bekannt, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes ein deutlich erhöhtes Demenzrisiko aufweisen.

Ein bewusster, möglichst geringer Zuckerkonsum ist daher ratsam. Der deutsche Zuckerverbrauch lag 2021/22 bei über 33 Kilogramm pro Kopf und war damit fast doppelt so hoch wie empfohlen.

Weitere Risikofaktoren für Demenz

Neben den bereits genannten Faktoren gibt es weitere Risikofaktoren, die das Demenzrisiko erhöhen können:

  • Erhöhtes Cholesterin: Fördert die Ablagerung von schädlichen Proteinen im Gehirn und belastet die Blutgefäße.
  • Anhaltende Niedergeschlagenheit, sozialer Rückzug und mangelnde Selbstfürsorge: Belasten nicht nur die Seele, sondern auch das Gehirn.
  • Schwere oder wiederholte Kopfverletzungen: Können Entzündungen im Gehirn auslösen und die Ablagerung von Amyloid-beta und Tau fördern.
  • Bewegungsmangel: Beeinträchtigt die Durchblutung des Gehirns, schwächt Nervenzellen und begünstigt den geistigen Abbau.
  • Typ-2-Diabetes: Zählt zu den am besten belegten Risikofaktoren für Demenz.
  • Rauchen: Erhöht das Risiko für Alzheimer und vaskuläre Demenz.
  • Bluthochdruck im mittleren Lebensalter: Erhöht das Risiko für alle Demenzformen, insbesondere für die vaskuläre Demenz.
  • Soziale Isolation: Kann das Risiko erhöhen, an Demenz zu erkranken, da das Gehirn Anregung durch Gespräche, Begegnungen und gemeinsame Aktivitäten benötigt.
  • Luftverschmutzung: Feine Partikel aus Abgasen, Industrie, Holz- und Kohleöfen können Entzündungen auslösen, die Gefäße schädigen und langfristig die geistige Gesundheit beeinträchtigen.
  • Sehschwäche: Wenn das Sehvermögen nachlässt und nicht ausgeglichen wird, gehen dem Gehirn wichtige Reize verloren.

Förderung der Gehirngesundheit

Trotz der zahlreichen Risikofaktoren gibt es auch viele Möglichkeiten, die Gehirngesundheit zu fördern und das Demenzrisiko zu senken. Der Lancet Commission Report 2020 schätzt, dass durch konsequente Kontrolle von Risikofaktoren bis zu 40 % aller Demenzerkrankungen verhindert werden könnten.

Eine wesentliche Rolle spielt dabei die kognitive Reserve, also die Fähigkeit des Gehirns, Schäden zu tolerieren, die durch Alterung, Alzheimererkrankung oder andere Ursachen von Demenz entstehen. Die kognitive Reserve wird durch geistig stimulierende und soziale Aktivitäten erhöht, welche die Neuroplastizität fördern und damit kognitive Funktionen verbessern.

Weitere Strategien zur Förderung der Gehirngesundheit sind:

  • Kontrolle vaskulärer Risikofaktoren: Dazu gehören die Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes und Hyperlipidämie.
  • Optimierung von Komorbiditäten: Die Behandlung von Begleiterkrankungen wie Depressionen und Hörstörungen kann ebenfalls zur Verbesserung der Gehirngesundheit beitragen.
  • Hochwertige Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und gesunden Fetten kann das Gehirn mit wichtigen Nährstoffen versorgen. Besonders empfehlenswert sind die mediterrane Diät, die DASH-Diät und die MIND-Diät.
  • Regelmäßige körperliche Aktivität: Bewegung fördert die Durchblutung des Gehirns und kann das Risiko für Demenz und Alzheimer reduzieren.
  • Soziale Aktivitäten: Soziale Kontakte und gemeinsame Aktivitäten halten das Gehirn wach und leistungsfähig.
  • Ausreichend Schlaf: Während des Schlafs werden Stoffwechselendprodukte aus dem Gehirn abtransportiert.
  • Vermeidung von schädlichen Substanzen: Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum sollten vermieden werden.

Der Einfluss von Zucker und Fett auf das Gehirn

Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Stoffwechselforschung in Köln hat gezeigt, dass der regelmäßige Konsum von stark fett- und zuckerhaltigen Lebensmitteln das Gehirn verändern kann. Die Folge ist, dass das Gehirn uns quasi befiehlt, die ungesunden Lebensmittel zu bevorzugen.

Zwischen Gehirn und Darm gibt es eine direkte Verbindung: Erreicht Nahrung den Dünndarm, registrieren unterschiedliche Sensoren, ob Zucker und Fett in der Nahrung enthalten sind. Diese Information wird über verschiedene Nervenverbindungen ans Gehirn weitergeleitet. Die Signale kommen im Belohnungszentrum des Gehirns an, sorgen für ein gutes Gefühl und lösen ein Verlangen nach mehr aus.

Diese Veränderungen der Hirnnetzwerke sind anhaltend und könnten dafür sorgen, dass Menschen zukünftig unbewusst immer die Lebensmittel bevorzugen, die viel Fett und Zucker enthalten. Das könnte eine Gewichtszunahme begünstigen.

Es ist jedoch möglich, Körper und Gehirn wieder "umzuprogrammieren" und sich wieder an weniger fett- und zuckerhaltige Lebensmittel zu gewöhnen.

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