Die Evolution des Gehirns: Vom ersten Kleinhirn zum modernen Menschen

Die Evolution des Gehirns ist ein faszinierendes Thema, das eng mit der Entwicklung der menschlichen Linie verbunden ist. Die Forschung hat gezeigt, dass sich das menschliche Gehirn im Laufe der Zeit dramatisch verändert hat, sowohl in Bezug auf seine Größe als auch auf seine Struktur.

Die frühe Evolution des Gehirns

Vor mehr als einer halben Milliarde Jahren entwickelte die Natur Neuronen, Zellen, die Reize empfangen, verarbeiten und weiterleiten können. Während Quallen, stammesgeschichtlich alte, wirbellose Tiere, kein Gehirn haben, führten die Evolution zwischen Schwämmen und Quallen Nervenzellen ein. Mobile, räuberische Quallen gehören zu den ältesten Organismen mit einem einfachen Nervensystem.

Die Natur erprobte diese Konstruktion zuerst bei Würmern. Im Gegensatz zu Quallen oder Seesternen, die radialsymmetrisch sind, kann man bei ihnen bereits vorn und hinten unterscheiden, was einen gewaltigen Sprung in der Evolution des Gehirns bedeutete. Plattwürmer sind die einfachsten Kreaturen mit diesem Bauplan: Vorn sitzt ein Kopf mit dem Gehirn.

Die Entwicklung des menschlichen Gehirns

Die ältesten Fossilien des Homo sapiens, die in Jebel Irhoud, Marokko, gefunden wurden, sind etwa 300.000 Jahre alt. Diese Fossilien dokumentieren eine frühe evolutionäre Phase des Homo sapiens auf dem afrikanischen Kontinent. Obwohl ihre Gesichtsschädel und Zähne modern aussehen, erscheinen die länglichen Gehirnschädel archaisch und ähneln denen von älteren Menschenarten und Neandertalern. Heute lebende Menschen zeichnen sich durch einen runderen Gehirnschädel aus.

Forschungen haben gezeigt, dass sich das Gehirn des Homo sapiens allmählich von einer länglichen zu einer runderen Form entwickelt hat. Zu diesem Prozess tragen insbesondere Veränderungen in zwei Gehirnarealen bei: die Wölbung des Scheitellappens im Großhirn und die Wölbung des Kleinhirns nehmen zu.

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Die Rolle des Scheitellappens und des Kleinhirns

Der Scheitellappen beeinflusst Orientierung, Aufmerksamkeit, Wahrnehmung von Reizen, sensomotorische Integration von Planungsprozessen, visuell-räumliche Integration, Selbstwahrnehmung, Arbeits- und Langzeitgedächtnis, numerische Verarbeitung und Werkzeuggebrauch. Das Kleinhirn steuert nicht nur motorische Funktionen wie die Koordination von Bewegungen und die Balance, sondern steht auch im Zusammenhang mit räumlichen Verarbeitungsprozessen, Arbeitsgedächtnis, Sprache, sozialer Kognition und Verarbeitung von Emotionen.

Je jünger Fossilien von Homo sapiens sind, desto moderner ist die Form ihres Gehirnschädels. Fossilien, die jünger als 35.000 Jahre alt sind, besitzen die gleiche runde Form wie Menschen heute. Das bedeutet, dass sich die moderne Gehirnorganisation zwischen 100.000 und 35.000 Jahren herausbildete, unabhängig von der Gehirngröße.

Evolutionäre Veränderungen der Gehirnentwicklung bei Neugeborenen

Beim heutigen Menschen entwickelt sich die charakteristische runde Form des Gehirns und des Gehirnschädels innerhalb weniger Monate um den Zeitpunkt der Geburt herum. Dies deutet auf evolutionäre Veränderungen der frühen Gehirnentwicklung hin, einer kritischen Zeit für die neuronale Vernetzung und kognitive Entwicklung im frühen Kindesalter. Evolutionäre Veränderungen der frühen Hirnentwicklung sind entscheidend für die Evolution komplexer Denkprozesse beim Menschen.

Das Kleinhirn: Eine Schlüsselstruktur für Bewegung und Kognition

Das Kleinhirn, eine Struktur im hinteren Schädel, umfasst etwa 80 Prozent aller Neuronen des gesamten menschlichen Gehirns. Es steuert nicht nur motorische Funktionen wie die Koordination von Bewegungen und die Balance, sondern steht auch im Zusammenhang mit räumlichen Verarbeitungsprozessen, Arbeitsgedächtnis, Sprache, sozialer Kognition und Verarbeitung von Emotionen.

Purkinje-Zellen im Kleinhirn

Der Anteil an Purkinje-Zellen, großen und komplexen Neuronen mit Schlüsselfunktionen im Kleinhirn, ist im menschlichen Cerebellum in den frühen fötalen Entwicklungsstadien fast doppelt so hoch wie bei Maus und Opossum. Diese Zunahme ist vor allem auf spezifische Subtypen von Purkinje-Zellen zurückzuführen, die während der Entwicklung als Erstes entstehen und die wahrscheinlich mit neokortikalen Bereichen kommunizieren, die an kognitiven Funktionen im ausgereiften Gehirn beteiligt sind.

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Unterschiede zwischen dem Gehirn von Neandertalern und modernen Menschen

Forschungen haben gezeigt, dass es Unterschiede in der Gehirngestalt zwischen Neandertalern und modernen Menschen gibt. Zur Zeit der Geburt ist das Gesicht eines Neandertalers bereits größer als das eines modernen Menschenbabys. Die gut dokumentierten Unterschiede in der Gehirngestalt entwickeln sich aber erst nach der Geburt.

Sowohl Neandertaler als auch Homo sapiens haben bei der Geburt längliche Schädel mit etwa gleich großen Gehirnen. Erst im Laufe des ersten Lebensjahres entwickelt sich bei modernen Menschen die charakteristisch runde Schädelform. Die Gehirne von modernen Menschen und Neandertalern wachsen von der Geburt bis etwa zum Durchbrechen der ersten Milchzähne unterschiedlich. Moderne Menschen unterscheiden sich von Neandertalern in einer frühen Phase der Gehirnentwicklung.

Es gibt auch Hinweise darauf, dass die rechte Hemisphäre des Kleinhirns beim Neandertaler relativ klein war. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Verbindung dieser Region zum Großhirn nicht besonders ausgeprägt war. Der Größenunterschied im Kleinhirn könnte sich merklich auf kognitive und soziale Fähigkeiten von Neandertaler und Homo sapiens ausgewirkt haben und dem Neuankömmling in Europa einen Vorteil verschafft haben.

Die Rolle der Gene bei der Gehirnentwicklung

Genetische Studien haben ergeben, dass sich der moderne Mensch vom Neandertaler durch einige Gene unterscheidet, die wichtig für die Gehirnentwicklung sind. Wichtige Veränderungen in Genen, die die Gehirnentwicklung des modernen Menschen beeinflussen, sind aufgetreten, nachdem sich Homo sapiens und Neandertaler voneinander getrennt hatten.

Die Evolution des Gehirns und die menschliche Kognition

Die Evolution höherer kognitiver Funktionen beim Menschen wurde ursprünglich mit der Ausdehnung des Neokortex in Verbindung gebracht. Es gibt jedoch zunehmend Hinweise darauf, dass auch das Kleinhirn eine wichtige Rolle bei der Kognition spielt.

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Die Fähigkeit, sich durch Innovation an Umweltveränderungen anzupassen, war beim Neandertaler womöglich begrenzt. Dies könnte seine Überlebenschancen beeinflusst und schließlich zu seinem Ableben geführt haben.

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