Parkinson hat vielfältige Auswirkungen, die weit über motorische Symptome hinausgehen und auch das Sexualleben beeinträchtigen können. Während die Auswirkungen der Krankheit auf den Alltag oft thematisiert werden, bleibt der Einfluss auf Intimität und Sexualität häufig unerwähnt. Dieser Artikel beleuchtet, wie Parkinson die Sexualität beeinflusst, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und wie Betroffene und ihre Partner damit umgehen können.
Parkinson und seine Auswirkungen auf die Sexualität
Parkinson ist mit einer Vielzahl von Symptomen verbunden, die sich direkt oder indirekt auf die Sexualität auswirken. Sexuelle Probleme treten bei Menschen mit Parkinson etwa doppelt so häufig auf, und das Risiko dafür ist sogar um das 3,5-Fache erhöht. Dies zeigt, dass sexuelle Funktionsstörungen eine häufige Begleiterscheinung der Parkinson-Krankheit sind.
Motorische und nicht-motorische Symptome
Typische motorische Symptome wie Zittern, Muskelsteifheit und verlangsamte Bewegungen erschweren oft die körperliche Intimität. Simple Gesten wie Umarmen oder Streicheln kosten mehr Kraft und können sich auch ungewohnt anfühlen. Doch die Herausforderungen beschränken sich nicht auf die Motorik, denn nicht-motorische Symptome spielen eine ebenso wichtige Rolle.
Depressionen und Angstzustände treten bei vielen Menschen mit Parkinson auf - beides kann das sexuelle Verlangen erheblich verringern. Darüber hinaus kann chronische Erschöpfung, die etwa die Hälfte der Parkinson-Patienten betrifft, die für intime Momente benötigte Energie reduzieren.
Dopaminmangel als zentraler Mechanismus
Der zentrale Mechanismus hinter diesen Problemen ist der Dopaminmangel, der durch das Absterben bestimmter Nervenzellen im Gehirn entsteht. Dopamin spielt eine Schlüsselrolle in der Regulierung von Sexualfunktionen wie Libido und Erektion.
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Einfluss von Medikamenten
Medikamente zur Behandlung von Parkinson können die Sexualität ebenfalls beeinflussen - positiv wie negativ. Während Dopaminagonisten in manchen Fällen die Libido steigern, führen sie in anderen zu sexuellen Problemen, indem sie etwa Nebenwirkungen wie Hypersexualität oder Schwierigkeiten beim Orgasmus mit sich bringen.
Es ist wichtig zu betonen, dass jede Person Parkinson anders erlebt. Dennoch treten bestimmte Veränderungen gehäuft auf. Neben den genannten Problemen zeigen sich vor allem Erektionsprobleme, Trockenheit und Scheidenkrämpfe, Orgasmusschwierigkeiten, Veränderungen in der Libido und sexuelle Unzufriedenheit gehäuft bei Menschen mit Parkinson.
Häufige sexuelle Probleme bei Parkinson
Erektionsprobleme
Bis zu 80 % der Männer mit Parkinson haben Schwierigkeiten, eine Erektion zu bekommen oder zu halten. Diese Probleme sind durch gestörte neurologische Signale, Gefäßveränderungen oder Medikamente bedingt.
Sexuelle Probleme bei Frauen
Auch bei Frauen mit Parkinson treten sexuelle Probleme auf. Ursächlich dafür können mehrere Umstände sein: Zum einen spielen hormonelle Faktoren eine Rolle, insbesondere bei älteren Patientinnen, bei denen zusätzlich die natürliche Östrogenproduktion sinkt. Zum anderen stört Parkinson auch das autonome Nervensystem, das für die Regulation der Scheidendurchblutung und Feuchtigkeitsbildung mitverantwortlich ist.
Orgasmusschwierigkeiten und veränderte Libido
Viele Betroffene leiden unter Orgasmusschwierigkeiten. Außerdem können verlangsamte Nervenreaktionen und unerwünschte Nebenwirkungen von Medikamenten das Erreichen eines Höhepunkts erschweren. Während viele Betroffene die Lust verlieren, kann eine dopaminerge Therapie in einigen Fällen auch zu zwanghaftem Sexualverhalten führen. Diese unerwünschte Nebenwirkung tritt häufiger bei Männern auf und kann unter allen Dopaminagonisten auftreten.
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Muskelsteifheit und Beckenbodenprobleme
Muskelsteifheit kann auch den Beckenboden betreffen. Veränderte Nervenreize oder eine verminderte Wahrnehmung können zu einer erhöhten Anspannung im Intimbereich führen.
Partnerschaftliche Auswirkungen
Die Kombination aus körperlichen Einschränkungen und emotionalen Belastungen führt oft dazu, dass Betroffene und ihre Partner weniger Freude an Intimität empfinden. All diese Veränderungen beeinflussen auch die Dynamik in der Partnerschaft. Partner fühlen sich manchmal überfordert oder unsicher, wie sie mit der Situation umgehen sollen.
Besonders wichtig ist es, sexuelle Veränderungen frühzeitig anzusprechen. Offene Gespräche sind essenziell, um Bedürfnisse, Ängste und Wünsche zu teilen. Partner können nur ermutigt werden, viel nachzufragen. Die Symptome von Parkinson verändern sich im Krankheitsverlauf und somit auch die sexuellen Bedürfnisse. Daher sind Flexibilität und laufende Kommunikation besonders gefragt.
Therapieansätze und Behandlungsmöglichkeiten
Die Beeinträchtigung der Sexualität kann Partnerschaften belasten, doch Studien zeigen, dass positive Aspekte wie Kommunikation, Zärtlichkeit und gemeinsame Aktivitäten nach der Diagnose an Bedeutung gewinnen - besonders bei Frauen. Es gibt verschiedene Therapieansätze und Behandlungsmöglichkeiten, die helfen können, die sexuelle Funktion und das Wohlbefinden zu verbessern.
Medikamentenanpassung
Wenn Erektionsprobleme oder Libidoverlust mit Parkinson-Medikamenten zusammenhängen, sollte die Dosierung oder der Medikamententyp überprüft werden. Zudem sind für Männer oft PDE-5-Hemmer hilfreich, für Frauen können sich Gleitmittel oder Hormonbehandlungen eignen. Ein wichtiger Durchbruch in der Behandlung von Erektionsstörungen war der Einsatz von Sildenafil. Sildenafil hemmt das Enzym PDE-5 und führt zu einer Erweiterung der Gefäße und einer besseren Durchblutung. Die Fähigkeit, eine Erektion zu bekommen und aufrechtzuerhalten, sowie die Qualität des Sexuallebens werden deutlich verbessert. Die Einnahme von PDE-5-Hemmern sollte immer in Absprache mit einer Ärztin oder einem Arzt erfolgen.
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Behandlung von Nebenbeschwerden
Depressionen, Angst oder Müdigkeit lassen sich mit Psychotherapie und/oder Medikamenten lindern, was das Sexualleben indirekt verbessern kann. Bis zu 45 % der Parkinson-Patienten leiden unter Depressionen, die sowohl die Lebensqualität als auch das sexuelle Verlangen und die sexuelle Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Antidepressiva, die häufig zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden, können ebenfalls zur erektilen Dysfunktion beitragen.
Physiotherapie und Sexualtherapie
Gezielte Übungen verbessern die Beweglichkeit und erleichtern körperliche Intimität. Physiotherapeuten können Tipps zu geeigneten Stellungen geben. Spezialisierte Sexualtherapie bietet zudem individuelle Lösungen.
Timing nutzen
In „On-Phasen“, wenn Medikamente optimal wirken und Symptome geringer sind, fällt Sexualität oft leichter. Es kann hilfreich sein, sexuelle Aktivitäten in diese Phasen zu legen.
Weitere Therapieansätze
- Anpassung der Parkinson-Medikation: Parkinsonbedingte Erektionsstörungen werden häufig durch eine Anpassung der Parkinson-Medikamente mit begleitender Psychotherapie behandelt. Die Diagnose der Erektionsstörung und die Anpassung der Medikamente sind komplex. Denn obwohl Medikamente zur Behandlung der Parkinson-Krankheit häufig zu einer Beeinträchtigung der Sexualfunktion und zu Erektionsstörungen führen, können Levodopa und Dopaminagonisten das sexuelle Wohlbefinden in manchen Fällen sogar verbessern.
- Apomorphin: Apomorphin ist ein Dopamin-Agonist, der zur Behandlung der Parkinson-Krankheit eingesetzt wird. Zufällig wurde entdeckt, dass männliche Patienten mit Potenzstörungen wieder eine Erektion bekommen können. In der Folge wurde der Wirkstoff einige Jahre auch als Mittel gegen Potenzstörungen vermarktet. Die Anwendung erfolgt meist als Sublingualtablette, die unter die Zunge gelegt wird, wo sie sich schnell auflöst.
- Testosteron-Therapie: Bei einem Testosteronmangel kann Testosteron als Gel auf den Penis aufgetragen werden oder regelmäßig in größeren Abständen in den Muskel gespritzt werden.
- Schwellkörper-Autoinjektions-Therapie (SKAT): Bei der SKAT werden Medikamente, die die Erektion herbeiführen sollen, von den Betroffenen selbst mit einer dünnen Nadel in den Penis gespritzt.
- Vakuumpumpe: Einige Patienten bekommen mittels einer Vakuumpumpe das gewünschte Resultat.
- Implantation von Silikonkissen: Außerdem ist eine Implantation von Silikonkissen in den Schwellkörper möglich.
Lebensstiländerungen und Hilfsmittel
- Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel blaurotem Gemüse und Beeren kann die Durchblutung fördern. Der Eiweißbestandteil L-Arginin wirkt ähnlich wie Viagra und hilft, die Gefäße zu erweitern und den Blutfluss zu steigern.
- Bewegung: Regelmäßige Bewegung und ein spezielles Intervall-Gefäßtraining für die Schwellzellen im Penis können sinnvoll sein.
- Beckenbodentraining: Regelmäßiges Beckenbodentraining kann helfen, die Muskulatur zu stärken und die Erektionsfähigkeit zu verbessern.
- Ergonomischer Sattel: Für Fahrradfahrer kann die Anschaffung eines ergonomischen Sattels sinnvoll sein.
- Gewichtsreduktion: Wer zu viele Pfunde auf den Rippen hat, profitiert besonders von einer Gewichtsreduktion.
Die Rolle der Kommunikation
Offene Kommunikation ist entscheidend, um die Herausforderungen im Zusammenhang mit Parkinson und Sexualität zu bewältigen. Partner können nur ermutigt werden, viel nachzufragen. Die Symptome von Parkinson verändern sich im Krankheitsverlauf und somit auch die sexuellen Bedürfnisse. Daher sind Flexibilität und laufende Kommunikation besonders gefragt.
Manche Paare entdecken neue Formen der Intimität wie Kuscheln oder Massagen, die weniger von körperlicher Leistung abhängen.
Potenzmittel und Alzheimer
Unter den 66 vielversprechendsten Kandidaten stach einer hervor: „Sildenafil präsentierte sich als bester Kandidat für eine mögliche Wirkung gegen Alzheimer“, berichtet Cheng. Um dieser Spur nachzugehen, analysierte das Team die Gesundheitsdaten von sieben Millionen in den USA krankenversicherten Patienten. Das Ergebnis fiel überraschend deutlich aus: „Die Einnahme von Sildenafil war gegenüber Teilnehmern ohne Sildenafil signifikant mit einem um 69 Prozent reduzierten Risiko einer Alzheimer-Erkrankung verknüpft“, berichten Fang und seine Kollegen. Sie führen dies darauf zurück, dass das von Sildenafil gehemmte PDE-5-Enyzm auch im Gehirn vorkommt. Um das zu überprüfen, haben Fang und sein Team Gehirnzellen von Alzheimerpatienten im Labor kultiviert und mit Sildenafil behandelt. Das Ergebnis: Unter dem Einfluss des Potenzmittels war das Wachstum von Neuronenfortsätzen erhöht, zudem sammelte sich weniger Tau-Proteinfasern in den Zellkulturen an. Allerdings betonen Fang und seine Kollegen auch, dass dies nur vorläufige, erste Ansatzpunkte sind. Um einen klaren kausalen Zusammenhang und auch das Ausmaß der Wirkung zu beweisen, müssen nun systematische klinische Studien folgen.
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