Alois Alzheimer und die Entdeckung der Alzheimer-Krankheit

Die Alzheimer-Krankheit, eine der häufigsten Ursachen für Demenz, hat eine faszinierende Geschichte der Entdeckung und des Verständnisses. Der Begriff Alzheimer ist heute weit verbreitet und wird oft als Synonym für Vergesslichkeit verwendet. Weitgehend unbekannt ist jedoch der Mensch hinter der Entdeckung dieser Krankheit, Alois Alzheimer. Dieser Artikel beleuchtet das Leben und Werk von Alois Alzheimer und die Umstände, die zur Entdeckung der nach ihm benannten Krankheit führten.

Alois Alzheimer: Der Entdecker

Alois Alzheimer, ein deutscher Psychiater und Neuropathologe, wurde am 14. Juni 1864 in Marktbreit, Unterfranken, geboren und starb am 19. Dezember 1915. Er studierte Medizin in Berlin, Tübingen und Würzburg. Seine Assistenzzeit verbrachte er an der fortschrittlichen Frankfurter Irrenanstalt. Zeitgenossen nannten ihn den "Irrenarzt mit dem Mikroskop". Er gilt als unpolitisch, wurde aber, obwohl mit einer Jüdin verheiratet, Mitglied der „Rassenhygienischen Gesellschaft", vermutlich um seinen Chef, Emil Kraepelin, zu beeindrucken.

Alzheimer zeichnete sich durch die Verknüpfung von Krankenbeobachtung und wissenschaftlicher Forschung aus. Er war bekannt für seine akribische Dokumentation und seine Fähigkeit, ungewöhnliche Krankheitsbilder zu erkennen.

Der Fall Auguste Deter

Ein Schlüsselmoment in Alzheimers Karriere war die Begegnung mit Auguste Deter. Am 25. November 1901 wurde Auguste Deter, eine 51-jährige Frau, von ihrem Ehemann in die "Städtische Anstalt für Irre und Epileptische" in Frankfurt am Main gebracht. Ihr Zustand war gekennzeichnet durch Gedächtnisprobleme, Desorientierung, Halluzinationen, Misstrauen, Aggressivität und Weinerlichkeit. Alois Alzheimer untersuchte Auguste Deter persönlich und dokumentierte akribisch den Krankheitsverlauf, ihre Sprachstörungen und den Verlust ihres Sozialverhaltens. "Ihr ganzes Gebaren trug den Stempel völliger Ratlosigkeit", sagte Alzheimer später über die Frau. "Beim Lesen kommt sie von einer Zeile in die andere, liest buchstabierend oder mit sinnloser Betonung." Oft bekommt sie Schreianfälle, weil sie sich so sehr über ihre eigene Unfähigkeit ärgert.

Alzheimer erkannte schnell, dass es sich bei Frau Deter nicht um Altersdemenz handeln konnte, da sie mit 51 Jahren noch zu jung war. Er vermutete biologische Ursachen für ihren geistigen Verfall.

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Ein Auszug aus einem Gespräch zwischen Alois Alzheimer und Auguste Deter verdeutlicht ihren Zustand:

"Wie heißen Sie?""Auguste.""Familienname?""Auguste.""Wie heißt ihr Mann?""Ich glaube… Auguste.""Ihr Mann?""Ach so.""Wie alt sind Sie?""51.""Wo wohnen Sie?""Ach, Sie waren doch schon bei uns.""Sind Sie verheiratet?""Ach, ich bin doch so verwirrt.""Wo sind Sie hier?""Hier und überall, hier und jetzt, Sie dürfen mir nichts übel nehmen."

Die pathologischen Befunde

Nach dem Tod von Auguste Deter im Jahr 1906 erhielt Alzheimer die Gelegenheit, ihr Gehirn zu sezieren. Er entdeckte auffällige Veränderungen: Die Hirnrinde, insbesondere die für Gedächtnis, Orientierung und Gefühlsleben zuständigen Bereiche, war stark ausgedünnt. Außerdem fand er Eiweißablagerungen, sogenannte Plaques, und verfilzte Nervenfaserbündel.

Diese Entdeckung war von großer Bedeutung, da zu diesem Zeitpunkt eine derartige Verwirrtheit in der Medizin nur bei älteren Menschen als Krankheitsbild bekannt war. Alzheimer vermutete, dass es biologische Ursachen für den Verwirrtheitszustand seiner Patientin geben könnte.

Die Vorstellung der Forschungsergebnisse

Am 3. November 1906 stellte Alois Alzheimer seine Erkenntnisse auf der 37. Versammlung Südwestdeutscher Irrenärzte in Tübingen vor. Er beschrieb das "eigenartige Krankheitsbild", das er bei Auguste Deter entdeckt hatte. Die Reaktionen auf seinen Vortrag waren jedoch verhalten bis skeptisch. Seine Erkenntnisse wurden zunächst nicht ernst genommen, da man damals davon ausging, dass "Altersblödsinn" keine biologischen Ursachen habe, sondern auf einen unzüchtigen Lebenswandel zurückzuführen sei.

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Die "Alzheimersche Krankheit"

Obwohl Alzheimers Vortrag zunächst wenig Beachtung fand, erkannte sein Vorgesetzter Emil Kraepelin die Bedeutung seiner Entdeckung. Kraepelin nahm die Krankengeschichte von Auguste Deter im Jahr 1910 in sein Lehrbuch auf und nannte sie die "Alzheimersche Krankheit". Diese Benennung trug maßgeblich dazu bei, dass Alzheimers Name mit dieser Krankheit in Verbindung gebracht wurde.

Erst seit den 1970er Jahren wurde die Alzheimer-Krankheit wieder stärker in den Fokus gerückt, da immer mehr Patienten auftraten.

Alzheimers weitere Karriere und Tod

Alois Alzheimer erhielt 1912 eine ordentliche Professur in Breslau. Tragischerweise erkrankte er auf der Reise dorthin an einer schweren Infektion, von der er sich nicht mehr erholte. Er starb 1915 im Alter von nur 51 Jahren.

Die Bedeutung von Alzheimers Entdeckung

Die von Alois Alzheimer vor über 100 Jahren entdeckten Veränderungen im Gehirn von Auguste Deter bilden bis heute die Grundlage der aktuellen Alzheimer-Forschung. Die moderne pathologische Diagnose der Alzheimer-Krankheit basiert noch immer auf denselben Untersuchungsmethoden wie 1906, als Alzheimer diese das erste Mal verwendete.

Alzheimers Arbeit hat das Verständnis von Demenzerkrankungen grundlegend verändert und den Weg für die heutige Forschung geebnet.

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Aktuelle Forschung und Behandlung

Heute arbeiten weltweit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Erforschung dieser komplexen und bis heute unheilbaren Krankheit. Die Alzheimer-Krankheit ist heute eine der bekanntesten neurodegenerativen Erkrankungen.

Die Forschung konzentriert sich auf die Aufklärung der Ursachen und Mechanismen der Alzheimer-Krankheit sowie auf die Entwicklung von Therapien zur Vorbeugung, Verzögerung oder Heilung der Krankheit.

Es gibt bereits Möglichkeiten, abgelagertes Amyloid mit PET-Verfahren sichtbar zu machen. Eine ursächliche Behandlung hingegen wird es so schnell nicht geben, da die Alzheimer-Krankheit multifaktoriell ist.

Medikamentöse Behandlung

In der Behandlung von Patienten mit Demenzerkrankungen spielen Medikamente eine wichtige Rolle. Sie werden zur Stabilisierung der geistigen Leistungsfähigkeit und der Alltagsbewältigung, zur Milderung von Verhaltensstörungen und in manchen Fällen auch zur Verhinderung weiterer Schädigungen des Gehirns eingesetzt.

Aktuell sind Medikamente in der Entwicklung, die in einem sehr frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit den Krankheitsverlauf verzögern sollen. Zwei dieser Medikamente - Lecanemab (Handelsname "Leqembi") und Donanemab (Handelsname "Kisunla") - sind 2025 in der Europäischen Union zugelassen worden und stehen ab September bzw. November 2025 auch für die Behandlung zur Verfügung. Da beide Wirkstoffe mit starken Nebenwirkungen verbunden sein können, sind für die Behandlung damit strenge Richtlinien erlassen worden.

Nicht-medikamentöse Behandlung

Neben der medikamentösen ist die nicht-medikamentöse Behandlung von Menschen mit Demenz von großer Bedeutung. Sie kann die geistige Leistungsfähigkeit und Alltagsfähigkeiten fördern, Verhaltensstörungen abschwächen und das Wohlbefinden verbessern.

Zur Behandlung gehören auch die geistige und körperliche Aktivierung der Betroffenen, die richtige Weise des Umgangs, die bedarfsgerechte Gestaltung der Wohnung und die Beratung der Angehörigen.

Prävention

Eine gute Prävention sieht laut Hans Förstl, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums Rechts der Isar, München, unter anderem so aus: „Sehr wichtig ist es, das Gehirn anzuregen. Nicht mit stupidem Gehirnjogging, sondern mit allem, was den Menschen erfreut.“

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