Demenz ist ein Oberbegriff für eine Vielzahl von neurophysiologischen Erkrankungen, die vor allem im höheren Alter auftreten. Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form der Demenz, aber es gibt über 50 verschiedene Demenzerkrankungen. Demenz ist gekennzeichnet durch den Verlust kognitiver Funktionen und Alltagskompetenzen.
Was ist Demenz?
Demenz ist keine spezifische Krankheit, sondern ein Sammelbegriff für eine Reihe von Erkrankungen, die mit einem fortschreitenden Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit einhergehen. Im Vordergrund stehen Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassungsgabe, Rechnen, Sprache und Lernfähigkeit. Die Erkrankung beginnt schleichend, oft schon viele Jahre oder Jahrzehnte vor den eigentlichen Symptomen.
Ursachen und Formen der Demenz
Die häufigste Form der Demenz ist die Alzheimer-Krankheit, bei der sich Eiweißablagerungen (Amyloid-Plaques) im Gehirn bilden, die zum Absterben von Nervenzellen führen. Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt.
Die zweithäufigste Form ist die vaskuläre Demenz, die durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht wird, beispielsweise durch Schlaganfälle oder Mikroverschlüsse von Hirngefäßen.
Weitere Formen sind die frontotemporale Demenz (Pick-Krankheit), bei der vor allem Nervenzellen im Stirn- und Schläfenlappen des Gehirns zugrunde gehen, und die Lewy-Körperchen-Demenz. Sekundäre Demenzen können als Folge anderer Grunderkrankungen wie Tumor- und Stoffwechselerkrankungen oder Alkoholmissbrauch auftreten.
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Symptome der Demenz
Die Symptome einer Demenz sind vielfältig und können je nach Form und Stadium der Erkrankung unterschiedlich sein.
Kognitive Beeinträchtigungen
- Gedächtnisprobleme: Vergesslichkeit, insbesondere des Kurzzeitgedächtnisses, Schwierigkeiten, neue Informationen zu behalten, Verlust von Erinnerungen an das eigene Leben.
- Orientierungsprobleme: Schwierigkeiten, sich in Raum und Zeit zurechtzufinden, Erkennen von Orten oder Personen, selbst in vertrauter Umgebung.
- Sprachstörungen: Wortfindungsstörungen, Verwendung falscher Begriffe, Schwierigkeiten, Gesprächen zu folgen.
- Probleme beim Planen und Problemlösen: Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, vorausschauend zu planen und umzusetzen, komplexe Aufgaben zu bewältigen.
- Eingeschränkte Exekutivfunktionen: Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen, Aufgaben zu organisieren und zu strukturieren.
Verhaltensänderungen
- Stimmungsschwankungen: Plötzliche und unvorhersehbare Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Angst, Depression.
- Verhaltensauffälligkeiten: Unruhe, Umherwandern, Aggressivität, Misstrauen, sozialer Rückzug.
- Veränderungen der Persönlichkeit: Wesensveränderungen, Verlust der Eigeninitiative, Vernachlässigung des Äußeren.
- Schlafstörungen: Gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus, nächtliche Unruhe.
Körperliche Beeinträchtigungen
In späteren Stadien der Demenz können auch körperliche Symptome auftreten:
- Gangstörungen: Unsicherer, schwankender Gang, kleinschrittige Gangart, erhöhtes Sturzrisiko.
- Motorische Einschränkungen: Schwierigkeiten bei der Koordination, Verlust der Feinmotorik (z.B. Essen mit Messer und Gabel, An- und Ausziehen).
- Körperhaltung: Eingesunkene Körperhaltung, teilnahmsloser Gesichtsausdruck.
- Inkontinenz: Harn- und/oder Stuhlinkontinenz.
- Schluckstörungen (Dysphagie): Häufiges Verschlucken, erhöhtes Risiko für Lungenentzündung, Nahrungsverweigerung.
- Erhöhte Infektanfälligkeit: Geschwächtes Immunsystem, Anfälligkeit für Infektionen, insbesondere Lungenentzündungen.
Stadien der Demenz
Der Verlauf einer Demenz ist individuell, folgt aber bestimmten Mustern:
- Frühes Stadium (MCI): Leichte Beeinträchtigungen des Denkens und Erinnerns, die im Alltag kaum einschränken.
- Mittleres Stadium: Zunehmende Vergesslichkeit, Orientierungsprobleme, Sprachstörungen, Veränderungen im Verhalten und Wesen, Schwierigkeiten bei alltäglichen Aufgaben.
- Spätes Stadium: Deutliche Einschränkungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses, Verlust der Fähigkeit, vertraute Personen zu erkennen, tiefgreifende Verhaltensänderungen, Verlust der Selbstständigkeit.
- Endstadium: Vollständige Abhängigkeit von Pflege, Verlust der Sprache, Inkontinenz, Schluckstörungen, Bettlägerigkeit, erhöhte Infektanfälligkeit.
Diagnose der Demenz
Bei Verdacht auf Demenz ist eine frühzeitige Diagnose wichtig. Zunächst erfolgt eine ausführliche Anamnese und körperliche Untersuchung. Kognitive Tests können eine erste Einschätzung der geistigen Leistungsfähigkeit ermöglichen. Zur weiteren Abklärung können bildgebende Verfahren (z.B. MRT des Gehirns) und Liquoruntersuchungen eingesetzt werden.
Behandlung der Demenz
Bislang ist Demenz nicht heilbar. Es gibt jedoch Medikamente (Cholinesterase-Hemmer und NMDA-Rezeptorblocker), die den Verlauf der Erkrankung verlangsamen und Symptome lindern können. Neue Antikörper, die Amyloid-Plaques abbauen, stehen seit kurzem zur ursächlichen Behandlung der frühen Alzheimer-Demenz zur Verfügung.
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Neben der medikamentösen Therapie spielen nicht-medikamentöse Behandlungen eine wichtige Rolle:
- Verhaltenstherapie: Hilft, mit der Krankheit besser umzugehen.
- Logopädie: Stärkt kommunikative Fähigkeiten und Wortfindung.
- Kognitives Training: Trainiert die geistigen Fähigkeiten.
- Ergotherapie: Fördert die Selbstständigkeit im Alltag.
- Musiktherapie: Weckt positive Erinnerungen und Gefühle.
- Realitätsorientierungstraining: Übt die zeitliche und räumliche Orientierung.
- Erinnerungstherapie: Regt Erinnerungen an und stärkt die geistigen Fähigkeiten.
Prävention der Demenz
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Demenzrisiko zu senken:
- Regelmäßige körperliche Betätigung: Fördert die Durchblutung des Gehirns und reduziert das Demenzrisiko.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Omega-3-Fettsäuren kann das Gehirn schützen.
- Vermeidung von Übergewicht: Ein Body Mass Index (BMI) über 30 erhöht das Demenzrisiko.
- Geistiges Training: Fordert das Gehirn heraus und stärkt die geistigen Fähigkeiten.
- Gute Einstellung von Bluthochdruck: Eine gute medikamentöse Einstellung des Blutdrucks kann das Demenzrisiko senken.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum und Diabetes mellitus erhöhen das Demenzrisiko.
Umgang mit Demenz
Der Umgang mit Demenzkranken ist eine große Herausforderung für Angehörige und Betreuer. Wichtig ist, Verständnis und Geduld zu zeigen, die Bedürfnisse der Betroffenen zu respektieren und ihnen so viel Selbstständigkeit wie möglich zu erhalten.
Tipps für den Umgang mit Demenzkranken
- Kommunikation: Sprechen Sie in kurzen, klaren Sätzen, geben Sie dem Betroffenen Zeit, zu antworten, und vermeiden Sie Diskussionen.
- Orientierung: Schaffen Sie eine vertraute Umgebung, sorgen Sie für gute Beleuchtung und kennzeichnen Sie wichtige Orte.
- Alltag: Strukturieren Sie den Tagesablauf, beziehen Sie den Betroffenen in alltägliche Aufgaben ein und fördern Sie seine Fähigkeiten.
- Sicherheit: Sorgen Sie für eine sichere Umgebung, vermeiden Sie Stolperfallen und installieren Sie Rauchmelder.
- Unterstützung: Nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch, tauschen Sie sich mit anderen Angehörigen aus und nutzen Sie Entlastungsangebote.
Unterstützung für Betroffene und Angehörige
Es gibt zahlreiche Angebote für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen:
- Beratungsstellen: Bieten Informationen, Beratung und Unterstützung.
- Selbsthilfegruppen: Ermöglichen den Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen.
- Tagesbetreuung: Bietet stundenweise Betreuung und Entlastung für Angehörige.
- Ambulante Pflegedienste: Unterstützen bei der Pflege zu Hause.
- Demenz-Wohngruppen: Bieten ein gemeinschaftliches Wohnen mit professioneller Betreuung.
- Stationäre Einrichtungen: Bieten umfassende Pflege und Betreuung.
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