Vorhofflimmern, eine häufige Herzrhythmusstörung, erhöht das Risiko für Schlaganfälle erheblich. Die ungeordnete Pumpfunktion der Herzvorhöfe reduziert die Herzleistung, und in den Herzohren, kleinen Ausziehungen der Vorhöfe, können sich Blutgerinnsel bilden. Werden diese Gerinnsel ausgeschwemmt, können sie Gefäße verstopfen und zu einem Organinfarkt führen. Die Reduktion des Schlaganfallrisikos steht daher an erster Stelle der Behandlung von Vorhofflimmern. Dies wird primär durch eine Blutverdünnung erreicht, um die Gerinnselbildung in den Vorhofohren zu verhindern.
Antikoagulationstherapie bei Vorhofflimmern
Die aktuellen Leitlinien der European Society of Cardiology und die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie empfehlen die orale Antikoagulation für fast alle Patienten mit Vorhofflimmern. Lediglich Patienten ohne Risikofaktoren oder mit sehr geringem Thrombembolierisiko, aber hohem Blutungsrisiko sollten nicht antikoaguliert werden. Zu den Risikofaktoren zählen eine eingeschränkte Herzpumpfunktion, Embolien in der Vorgeschichte, Bluthochdruck, ein Alter über 65 Jahre, Zuckerkrankheit, vorbestehende kardiovaskuläre Erkrankungen und das weibliche Geschlecht.
Medikamentöse Optionen zur Blutverdünnung
Neben dem bewährten Vitamin-K-Antagonisten Phenprocoumon (Marcumar®) sind drei neuere direkte orale Antikoagulantien (NOAK oder DOAK) zugelassen: Dabigatran (Pradaxa®), Rivaroxaban (Xarelto®) und Apixaban (Eliquis®). Diese bieten Vorteile wie eine bessere Steuerbarkeit, kürzere Halbwertzeit, weniger Nahrungsmittel-Interaktionen und den Entfall eines permanenten Blut-Monitorings. Alle drei NOAKs zeigten in Phase-III-Studien ein geringeres Risiko für intrazerebrale Blutungen als Vitamin-K-Antagonisten.
Apixaban (Eliquis®): Ein Faktor-Xa-Inhibitor
Apixaban ist ein Faktor-Xa-Inhibitor, der selektiv und reversibel Faktor Xa hemmt. Faktor Xa ist für die Bildung von Thrombin aus Prothrombin verantwortlich. Durch die Hemmung von Faktor Xa kann Thrombin nicht mehr gebildet werden, wodurch die weiteren Schritte der Gerinnungskaskade, wie die Bildung von Fibrin, unterbrochen werden. Apixaban wird zur Prophylaxe von Thromboembolien und Schlaganfällen sowie zur Behandlung von Venenthrombosen und Lungenembolien eingesetzt.
Pharmakokinetik und Anwendung von Apixaban
Die absolute Bioverfügbarkeit von Apixaban beträgt bei Dosierungen bis zu 10 mg etwa 50 Prozent. Die Pharmakokinetik ist linear, und die Exposition nimmt dosisproportional zu. Apixaban wird rasch resorbiert und hat mehrere Eliminationswege. Etwa 25 Prozent der verabreichten Dosis werden als Metaboliten, hauptsächlich in den Fäzes, ausgeschieden. Die renale Elimination macht etwa 27 Prozent der Gesamt-Clearance aus. Die Gesamt-Clearance von Apixaban beträgt etwa 3,3 l/h, und die Halbwertzeit liegt bei rund 12 Stunden.
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Die Dosierung von Apixaban variiert je nach Anwendungsgebiet:
- Prophylaxe von venösen Thromboembolien nach Hüft- oder Kniegelenkersatzoperationen: 2,5 mg zweimal täglich (die erste Gabe sollte 12 bis 24 Stunden nach der Operation erfolgen).
- Behandlung von Venenthrombosen und Lungenembolien: Initial 10 mg zweimal täglich über einen Zeitraum von 7 Tagen, gefolgt von 5 mg zweimal täglich.
- Rezidivprophylaxe von Venenthrombosen und Lungenembolien: 2,5 mg zweimal täglich (erst nach Abschluss einer 6-monatigen Behandlung mit entweder 5 mg Apixaban zweimal täglich oder einem anderen Antikoagulans).
Wechselwirkungen und Kontraindikationen
Apixaban kann Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben. Die gleichzeitige Gabe mit starken CYP3A4-Inhibitoren und P-Glykoprotein-Inhibitoren, wie z.B. HIV-Protease-Inhibitoren, sollte vermieden werden. Arzneimittel, die zu schweren Blutungen führen können, wie Thrombolytika, GPIIb/IIIa-Rezeptorantagonisten und Thienopyridine, werden nicht zur gleichzeitigen Gabe mit Apixaban empfohlen. Es ist nicht bekannt, ob Apixaban oder seine Metabolite in die Muttermilch übergehen.
Klinische Studien zur Wirksamkeit von Apixaban
Mehrere klinische Studien haben die Wirksamkeit von Apixaban bei der Schlaganfallprävention untersucht.
ARISTOTLE-Studie
Die ARISTOTLE-Studie verglich Apixaban mit Warfarin bei über 18.000 Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern und Schlaganfallrisikofaktoren. Apixaban zeigte eine relative Risikoreduktion von 21 % für Schlaganfall und systemische Embolie, 31 % für schwere Blutungen und 11 % für die Gesamtmortalität im Vergleich zu Warfarin.
AVERROES-Studie
In der AVERROES-Studie wurde Apixaban mit Acetylsalicylsäure (ASS) bei Patienten verglichen, die nicht mit Vitamin-K-Antagonisten behandelt werden konnten oder bei denen der Einsatz dieser Substanzen als zu gefährlich eingestuft wurde. Die Studie wurde vorzeitig abgebrochen, da Apixaban eine 55%ige relative Risikoreduktion von Schlaganfällen und systemischen Embolien gegenüber ASS zeigte. Das Blutungsrisiko war zwischen den Wirkstoffen nicht signifikant unterschiedlich.
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APPRAISE-2-Studie
Die APPRAISE-2-Studie untersuchte die Wirkung von Apixaban beim akuten Koronarsyndrom. Die Studie wurde jedoch wegen einer ungünstigen Nutzen-Risiko-Relation vorzeitig abgebrochen. Apixaban erhöhte die Zahl schwerer Blutungsereignisse ohne gleichzeitige Wirkung auf die kardiovaskulären ischämischen Ereignisse.
OCEANIC-AF Studie
In einer internationalen, doppelblinden Phase-III-Studie wurde Asundexian (ein Faktor-XI-Inhibitor) mit Apixaban bei Hochrisikopatienten mit Vorhofflimmern verglichen. Die Studie wurde vorzeitig abgebrochen, da Asundexian eine höhere Inzidenz von Schlaganfällen oder systemischer Embolie aufwies als Apixaban. Allerdings traten unter Asundexian weniger schwerwiegende Blutungen auf als unter Apixaban.
Studie des Universitätsklinikums Tübingen
Eine Studie des Universitätsklinikums Tübingen untersuchte, ob Apixaban bei Patientinnen und Patienten mit einem Schlaganfall unbekannter Ursache und einem zusätzlichen Risiko für Blutgerinnselbildung im Herzen besser zur Vermeidung eines erneuten Schlaganfalls geeignet sein könnte als ASS. Die Studie zeigte, dass Apixaban gegenüber ASS keine besseren Behandlungserfolge erzielte.
Alternativen zur medikamentösen Therapie
Neben der medikamentösen Therapie gibt es auch alternative Verfahren zur Unterdrückung von Vorhofflimmern.
Katheterablation
Untersuchungen haben gezeigt, dass es im linken Vorhof Bezirke gibt, in denen spontane elektrische Impulse gebildet werden, die Vorhofflimmern auslösen können. Häufig finden sich diese Bezirke an der Einmündung der Lungenvenen. Mit Herzkathetern ist es möglich, diese Bereiche im Herzen zu erreichen und sie mit einer Katheterablation elektrisch zu isolieren.
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Herzohrverschluss
Derzeit werden per Herzkatheter zu implantierende Filtersysteme erprobt, um das Herzohr mechanisch zu verschließen und somit die Ausschwemmung von kardialen Thromben zu verhindern.
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