Der Nerv im Unterkiefer: Bezeichnung, Funktion und klinische Bedeutung

Der Unterkiefernerv, auch Nervus alveolaris inferior genannt, ist ein wichtiger Nerv, der eine zentrale Rolle bei der Versorgung des Unterkiefers spielt. Er ist ein Ast des Nervus trigeminus, des fünften Hirnnervs, der für die sensible Innervation des Gesichts und die motorische Innervation der Kaumuskulatur verantwortlich ist. Dieser Artikel beleuchtet die Anatomie, Funktion und klinische Bedeutung des Unterkiefernervs, einschließlich seiner Rolle bei zahnärztlichen Eingriffen und Erkrankungen.

Anatomie des Nervus alveolaris inferior

Der Nervus alveolaris inferior ist der dritte Ast des Nervus trigeminus. Er verläuft im mittleren Bereich des Unterkiefers, genauer gesagt im Alveolarkanal. Dieser Kanal erstreckt sich bis zum Foramen mentale, einer Öffnung im Unterkiefer, durch die der Endast des Nervs, der Nervus mentalis, austritt. Der Nervus mentalis versorgt sensibel die Unterlippe und die Kinnhaut.

Weitere wichtige Nerven im Unterkieferbereich

Neben dem Nervus alveolaris inferior gibt es weitere wichtige Nerven im Unterkieferbereich, die für die Funktion und Sensibilität dieser Region von Bedeutung sind:

  • Nervus lingualis: Dieser Nerv verläuft im Weichgewebe an der Innenseite der Mandibula und versorgt die vorderen zwei Drittel der Zunge mit Gefühl. Zusätzlich sind ihm gustatorische Fasern für den Geschmackssinn angelagert.
  • Nervus buccalis: Als sensibler Ast des Nervus mandibularis durchquert der Nervus buccalis den Musculus buccalis (Wangenmuskel) und spaltet sich an dessen Oberfläche in viele kleine Endäste auf. Er versorgt die Schleimhaut in der Wange und das Zahnfleisch vestibulär im Molarenbereich.

Funktion des Nervus alveolaris inferior

Der Nervus alveolaris inferior ist hauptsächlich für die sensible Innervation der unteren Zahnreihe, des Unterkiefers und der genannten umliegenden Bereiche zuständig. Dies bedeutet, dass er Informationen über Berührung, Schmerz und Temperatur aus diesen Regionen zum Gehirn leitet.

Klinische Bedeutung

Der Nervus alveolaris inferior ist in verschiedenen klinischen Szenarien von Bedeutung, insbesondere in der Zahnheilkunde und bei der Behandlung von Schmerzen im Gesichtsbereich.

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Weisheitszahnentfernung

Bei der Entfernung der Weisheitszähne im Unterkiefer spielt der Nervus alveolaris inferior eine wichtige Rolle. Die Lage des Weisheitszahnes und seiner Wurzeln kann in enger Beziehung zum Nerv stehen. Daher ist vor der Extraktion eine sorgfältige Bildgebung (OPT oder DVT) unerlässlich, um eine Schädigung des Nervs zu vermeiden. Eine dreidimensionale Bildgebung ermöglicht eine genaue Analyse der Lagebeziehung zwischen Nerv und Zahn und minimiert das Risiko einer Nervschädigung.

Neben dem Nervus alveolaris inferior sollte bei einer Weisheitszahnentfernung im Unterkiefer auch immer der Nervus buccalis anästhesiert werden, um eine vollständige Schmerzausschaltung zu gewährleisten.

Verletzungen und Schädigungen

Verletzungen des Nervus alveolaris inferior können zu Sensibilitätsstörungen im Versorgungsgebiet des Nervs führen, wie z.B. Taubheitsgefühl oder Kribbeln in der Unterlippe und im Kinnbereich. Diese Verletzungen können durch zahnärztliche Eingriffe, Frakturen des Unterkiefers oder Tumore verursacht werden.

Trigeminusneuralgie

Die Trigeminusneuralgie ist eine Erkrankung, die durch plötzlich auftretende, heftige, blitzartige Gesichtsschmerzen entlang der Versorgungsgebiete des Nervus trigeminus gekennzeichnet ist. Obwohl der Nervus alveolaris inferior selbst nicht direkt für die Trigeminusneuralgie verantwortlich ist, können Schmerzen in seinem Versorgungsgebiet Symptome imitieren oder eine Neuralgie verschlimmern.

Schmerzen im Mund- und Gesichtsbereich

Schmerzen im Mund- und Gesichtsbereich können vielfältige Ursachen haben. Eine sorgfältige Diagnostik ist entscheidend, um die Ursache der Schmerzen zu identifizieren und eine geeignete Therapie einzuleiten. Dabei können unterschiedliche ärztliche Fachgebiete beteiligt sein, wie Neurologie, Zahnheilkunde, Augenheilkunde und Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde.

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Diagnostische Verfahren

Zur Beurteilung des Nervus alveolaris inferior und seiner Umgebung stehen verschiedene diagnostische Verfahren zur Verfügung:

  • Orthopantomogramm (OPT): Eine Röntgenaufnahme, die einen Überblick über den gesamten Kieferbereich bietet.
  • Digitale Volumentomographie (DVT): Eine dreidimensionale Röntgenaufnahme, die eine detaillierte Darstellung der knöchernen Strukturen und der Lagebeziehung zwischen Nerv und Zahn ermöglicht.
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Ein bildgebendes Verfahren, das Weichteilstrukturen wie Nerven und Muskeln gut darstellen kann. Die periphere MR-Neurographie ermöglicht eine hochauflösende Darstellung des Nervus alveolaris inferior. Die Dental-MRT kann zur Beurteilung von Erkrankungen der Zähne und des Zahnhalteapparates eingesetzt werden, ohne dass eine belastende Röntgenstrahlung erforderlich ist.
  • Elektroenzephalographie (EEG): Eine Untersuchung, die die elektrische Aktivität des Gehirns misst. Sie ist jedoch nicht geeignet, um den Nervus alveolaris inferior direkt darzustellen oder zu beurteilen.

Therapie

Die Therapie von Erkrankungen oder Verletzungen des Nervus alveolaris inferior richtet sich nach der Ursache der Beschwerden.

  • Schmerztherapie: Bei Schmerzen im Versorgungsgebiet des Nervs können Schmerzmittel, Antikonvulsiva oder andere Medikamente eingesetzt werden.
  • Chirurgische Eingriffe: In manchen Fällen ist ein chirurgischer Eingriff erforderlich, um den Nerv zu entlasten oder zu reparieren.
  • Physiotherapie: Physiotherapie kann bei muskulären Verspannungen und Kiefergelenksproblemen hilfreich sein.
  • Psychotherapie: Bei chronischen Schmerzen kann eine psychotherapeutische Begleitung sinnvoll sein, um den Umgang mit den Schmerzen zu erlernen und die Lebensqualität zu verbessern.

Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD)

Die Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) ist eine komplexe Erkrankung, die das Kiefergelenk, die Kaumuskulatur und die Zähne betreffen kann. Eine Fehlfunktion des Kausystems kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, wie z.B. Kopfschmerzen, Nackenschmerzen, Rückenschmerzen, Tinnitus und Schwindel.

Die Ursachen von CMD sind vielfältig und umfassen zahnmedizinische, orthopädische, hormonelle, neurologische und psychische Faktoren. Die Behandlung von CMD ist oft interdisziplinär und umfasst zahnärztliche Maßnahmen, Physiotherapie, Osteopathie, Stressmanagement und psychotherapeutische Unterstützung.

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