In Deutschland kann es oft Wochen oder sogar Monate dauern, bis man einen Termin bei einem Facharzt, wie beispielsweise einem Neurologen, erhält. Dies kann frustrierend sein, besonders wenn Beschwerden akut sind. Dieser Artikel beleuchtet die Gründe für diese Wartezeiten und zeigt Möglichkeiten auf, wie Patienten schneller einen Termin bekommen können.
Gründe für lange Wartezeiten
Mehrere Faktoren tragen zu den langen Wartezeiten bei Fachärzten bei:
- Mangel an Fachärzten: Es gibt schlichtweg zu wenige Fachärzte, insbesondere in ländlichen Regionen.
- Unzureichende Ausbildung: Deutschland bildet nicht genügend Ärzte aus, was unter anderem an den Zugangsbeschränkungen (Numerus Clausus) bei den Medizinstudiengängen liegt.
- Schlechte Arbeitsbedingungen: Bürokratie und unzureichende Vergütung führen dazu, dass viele Fachkräfte aussteigen.
- Ruhestandswelle: Viele ältere Ärzte gehen in den Ruhestand, und der Nachwuchs reicht nicht aus, um diese Lücken zu schließen.
- Unterscheidung zwischen Kassen- und Privatpatienten: Viele Fachärzte bevorzugen Privatpatienten, was zu längeren Wartezeiten für Kassenpatienten führt.
- Budgetierung: Ärzte dürfen nur eine bestimmte Anzahl gesetzlich versicherter Patienten pro Quartal voll abrechnen. Sobald dieses Budget erreicht ist, sinkt der finanzielle Anreiz, neue Patienten schnell aufzunehmen.
- Demografischer Wandel: Der Anteil der älteren Bevölkerung steigt, was zu einem erhöhten Behandlungsbedarf führt.
- Zunahme chronischer Erkrankungen: Chronische Krankheiten, insbesondere psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen, nehmen zu.
- Verändertes Patientenverhalten: Viele Menschen gehen früher und häufiger zum Arzt, oft auch für Check-up-Untersuchungen.
Die Wartezeiten können je nach Fachrichtung variieren. Neurologen gehören oft zu den gefragtesten Fachärzten, was die Wartezeiten zusätzlich verlängern kann. Die Situation kann sich regional unterscheiden. In ländlichen Gebieten sind die Wartezeiten oft länger als in Großstädten.
Die Terminservicestelle 116117
Um die Situation für Patienten zu verbessern, gibt es die Terminservicestelle (TSS) unter der bundeseinheitlichen Rufnummer 116117. Gesetzlich versicherte Patienten haben Anspruch auf die Vermittlung eines Facharzttermins innerhalb von vier Wochen, wenn eine dringende medizinische Notwendigkeit besteht.
Funktionsweise der Terminvermittlung
- Kontaktaufnahme: Patienten können die 116117 telefonisch erreichen oder den E-Terminservice online nutzen. Die Rufnummer 116 117 ist 24 Stunden täglich an sieben Tage die Woche telefonisch erreichbar. Den Service gibt es außerdem online sowie mit der App 116117.
- Dringlichkeitscode: Für die Vermittlung zu einem Facharzt ist in der Regel eine Überweisung mit einem Dringlichkeitscode vom Hausarzt erforderlich. Dieser zwölfstellige Code befindet sich auf der Überweisung. Ausnahmen bilden Termine bei Augenärzten und Gynäkologen, für die keine Überweisung benötigt wird.
- Terminangebot: Ist die Terminvermittlung erfolgreich, wird dem Patienten innerhalb einer bestimmten Zeitspanne ein Termin angeboten.
- Krankenhausambulanz: Kann innerhalb der festgelegten Zeitspanne kein Termin angeboten werden, wird ein ambulanter Behandlungstermin in einem Krankenhaus vermittelt.
- Absage: Muss ein Termin abgesagt werden, sollte der Patient den Patientenservice 116117 kontaktieren, um den Termin wieder freizugeben.
Die Terminservicestelle vermittelt keine Wunschtermine bei einem bestimmten Arzt oder Psychotherapeuten. Stattdessen erfolgt die Terminvergabe nach einer Umkreissuche, die von den jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen festgelegt wird. Dies kann bedeuten, dass Patienten eine längere Anfahrt in Kauf nehmen müssen. Die "zumutbare Entfernung" zum Arzt definiert sich im Grundsatz wie folgt:
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- Bei Haus- sowie Kinder- und Jugendlichenärzten und Ärzten der allgemeinen fachärztlichen Versorgung ist dies die Entfernung zum nächsten Arzt der Fachgruppe (von Ihrem Wohnort ausgehend) plus einer Fahrzeit von 30 Minuten oder 30 km.
- Bei Fachärzten der spezialisierten fachärztlichen Versorgung und gesonderten fachärztlichen Versorgung (z.B. Strahlentherapeuten) entspricht die "zumutbare Entfernung" der Entfernung zum nächsten Arzt der Fachgruppe plus einer Fahrzeit von 60 Minuten oder 60 km.
Besonderheiten bei der Vermittlung zu verschiedenen Fachrichtungen
- Fachärzte: Für die Vermittlung eines Facharzttermins ist in dringenden Fällen eine ärztliche Überweisung mit Dringlichkeitscode erforderlich. Es besteht jedoch kein Anspruch auf Vermittlung bei Bagatellerkrankungen oder Routineuntersuchungen.
- Hausärzte sowie Kinder- und Jugendärzte: Für die Vermittlung eines Termins zu einem Hausarzt, Kinder- oder Jugendarzt ist kein Dringlichkeitscode erforderlich. Die Terminvermittlung unterstützt auch bei der Suche nach einer dauerhaften Versorgung bei einem Haus-, Kinder- oder Jugendarzt.
- Psychotherapeuten: Nach einem Anruf bei der Terminvermittlung wird ein Termin zu einer psychotherapeutischen Sprechstunde (Erstgespräch) angeboten. Für die Vermittlung einer zeitnah erforderlichen Probatorik (d.h. anfängliche Sitzungen vor dem eigentlichen Beginn einer Psychotherapie und Akutbehandlung) ist eine individuelle Patienteninformation zur ambulanten psychotherapeutischen Sprechstunden (PTV-11-Formular) mit einem Dringlichkeitscode erforderlich.
Wichtige Hinweise zur Terminservicestelle
- Die Terminservicestelle vermittelt keine Termine bei Zahnärzten oder Kieferorthopäden.
- Es erfolgt keine Beratung zu medizinischen Fragen.
- Die Behandlung in einer Fremdsprache kann bei der Terminvermittlung nicht berücksichtigt werden.
- Patienten mit akuten Beschwerden werden mit einem standardisierten Ersteinschätzungsverfahren in die richtige Versorgungsebene vermittelt.
Weitere Möglichkeiten, schneller einen Termin zu bekommen
Neben der Terminservicestelle gibt es weitere Strategien, um die Wartezeit auf einen Termin beim Neurologen zu verkürzen:
- Hausarzt konsultieren: Der Hausarzt kann in vielen Fällen bereits helfen oder eine gezielte Überweisung an einen Facharzt mit Dringlichkeitsvermerk ausstellen.
- Krankenkasse kontaktieren: Viele Krankenkassen bieten einen eigenen Terminservice für Facharztbesuche an.
- Offene Sprechstunden nutzen: Einige Facharztpraxen bieten feste Zeiten für Akutsprechstunden an.
- Auf Wartelisten setzen lassen: Fragen Sie in der Praxis nach, ob Sie auf eine Warteliste für kurzfristige Absagen gesetzt werden können.
- Online-Terminportale nutzen: Plattformen wie Doctolib, Jameda oder Arzt-direkt bieten oft kurzfristige Online-Termine an.
- Videosprechstunde nutzen: Viele Fachärzte bieten digitale Sprechstunden per Video an.
- Selbstzahlertermin in Betracht ziehen: Wenn Sie bereit sind, die Kosten selbst zu tragen, bieten manche Fachärzte Privat- oder Selbstzahlertermine an.
- Termine während der Arbeitszeit wahrnehmen: Arbeitnehmer haben in vielen Fällen Anspruch darauf, medizinisch notwendige Arztbesuche während der Arbeitszeit wahrzunehmen.
- Facharztliche Ambulanzen von Kliniken anfragen: Viele Krankenhäuser haben ambulante Sprechstunden für spezielle Fachgebiete.
- MVZs kontaktieren: Medizinische Versorgungszentren (MVZs) verfügen über mehrere Ärzte pro Fachrichtung und haben oft mehr Flexibilität bei der Terminvergabe.
- Schmerzkliniken oder Schmerztherapeuten aufsuchen: Bei chronischen Schmerzen können diese eine schnellere Lösung bieten.
- Osteopathen und Heilpraktiker aufsuchen: Bei Muskel-Skelett-Problemen oder Bewegungseinschränkungen können Osteopathen schnelle Hilfe leisten.
- Private Kliniken und Privatpraxen in Betracht ziehen: Diese Einrichtungen haben oft kürzere Wartezeiten, da sie keiner Budgetierung durch die Krankenkassen unterliegen.
- Zusatzversicherung abschließen: Eine Zusatzversicherung kann den Zugang zu Fachärzten erleichtern.
- Auch Ärzte mit weniger guten Online-Bewertungen kontaktieren: Diese Praxen haben oft kürzere Wartezeiten.
- Freundlich, aber bestimmt auftreten: Sagen Sie klar, was Sie brauchen, und bleiben Sie freundlich und respektvoll.
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