Kontroverse um Edeka- und Saturn-Werbung: Geschmacklosigkeit oder Sensibilisierung für Demenz und Einsamkeit?

Weihnachten, das Fest der Liebe und Familie, wird in der Werbung gerne instrumentalisiert, um Emotionen zu wecken und zum Konsum anzuregen. Doch wenn der Tod oder schwere Krankheiten wie Demenz ins Spiel kommen, stellt sich die Frage, ob die Grenzen des guten Geschmacks überschritten werden. Die Werbespots von Edeka und Saturn haben in den letzten Jahren genau diese Debatte ausgelöst.

Edeka: Der Tod als Marketinginstrument?

Edeka sorgte 2015 mit dem Werbespot "#heimkommen" für Aufsehen und Kontroversen. Der Spot zeigt einen einsamen Opa, dessen Kinder und Enkelkinder Heiligabend absagen. Um seine Familie zusammenzubringen, inszeniert er seinen eigenen Tod. Die Reaktion der Familie ist groß: Sie reisen an, nur um festzustellen, dass der Opa quicklebendig ist und ein festliches Mahl vorbereitet hat.

Der Spot spaltete die Gemüter. Während einige ihn als "großartiges Kino" und "emotional berührend" empfanden, kritisierten andere die Geschmacklosigkeit, den Tod als Mittel zum Zweck zu instrumentalisieren. Kritiker warfen Edeka vor, die Nächstenliebe als käufliches Produkt darzustellen, vergleichbar mit einer "Edeka-Landgut-Hafermast-Gans".

Saturn: VR-Brille gegen das Vergessen?

Auch Saturn sah sich mit ähnlicher Kritik konfrontiert. Ihr Werbespot "Anna" zeigt eine junge Frau, deren Vater an Demenz erkrankt ist und sie nicht mehr erkennt. Anna setzt ihm eine Virtual-Reality-Brille auf, die ihm Erinnerungen an seine Vergangenheit zeigt. Durch die VR-Brille erkennt der Vater seine Tochter wieder und sagt ihren Namen.

Der Spot löste gemischte Reaktionen aus. Viele Zuschauer empfanden ihn als "herzergreifend" und "rührend", während andere ihn als "makaber", "widerlich" und "geschmacklos" kritisierten. Der Vorwurf: Saturn würde aus der Krankheit Profit schlagen, um ein Produkt zu verkaufen. Zudem wurde kritisiert, dass der Spot suggeriere, Demenz könne einfach mit einer VR-Brille "gelöst" werden.

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Saturn reagierte auf die Kritik und betonte, dass der Spot "intern intensiv diskutiert" worden sei. Das Unternehmen wollte zeigen, dass Technik im Leben von Menschen eine wichtige Rolle spielen könne. Zudem verwies Saturn auf medizinische Forschungsprojekte, die den Einsatz von VR-Brillen bei der Behandlung von Demenzerkrankten untersuchen.

Emotionen als Schlüssel zum Konsumentenherz

Beide Werbespots bedienen sich einer emotionalen Erzählweise, um die Zuschauer zu berühren und eine Verbindung zur Marke herzustellen. Edeka setzt auf das schlechte Gewissen der Kinder, die ihre Eltern an Weihnachten alleine lassen, während Saturn die Hoffnung auf einen Moment der Klarheit im Leben eines Demenzkranken thematisiert.

Diese Strategie ist nicht neu. Viele Handelsketten setzen gerade in der Vorweihnachtszeit auf emotionale Werbung, um die Kauflust der Kunden anzuregen. Doch die Wahl der Themen und die Art der Umsetzung sind entscheidend, um nicht in die Kritik zu geraten.

Sensibilisierung oder Ausnutzung?

Die Frage ist, ob die Edeka- und Saturn-Spots tatsächlich zur Sensibilisierung für Themen wie Einsamkeit im Alter und Demenz beitragen oder ob sie lediglich die Notlage der Betroffenen und ihrer Angehörigen ausnutzen, um den eigenen Profit zu steigern.

Edeka hat in späteren Kampagnen in Zusammenarbeit mit der Alzheimer Forschung Initiative (AFI) versucht, den Fokus stärker auf die Aufklärung über Demenz und die Unterstützung der Forschung zu legen. So wurde beispielsweise ein "Weihnachtshase" verkauft, dessen Erlös an die AFI gespendet wurde.

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