Wohnraumanpassung bei Demenz: Tipps für ein sicheres und selbstbestimmtes Leben zu Hause

Für Menschen mit Demenz wird es zunehmend schwieriger, sich in ihrer gewohnten Umgebung zurechtzufinden. Umso wichtiger ist es, den Wohnraum an ihre Bedürfnisse anzupassen, damit sie so lange wie möglich selbstbestimmt und sicher zu Hause leben können. Eine demenzgerechte Wohnraumanpassung kann dazu beitragen, Verwirrung zu minimieren, Stress zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten.

Die Bedeutung der Wohnraumanpassung bei Demenz

Eine Demenzerkrankung schränkt die Fähigkeit der Betroffenen ein, sich in ihrer Umgebung zurechtzufinden. Vergesslichkeit, Wahrnehmungsstörungen und Persönlichkeitsveränderungen erhöhen das Risiko einer Selbst- und Fremdgefährdung. Vertraute Erinnerungsgegenstände und die gewohnte Ordnung helfen ihnen, sich zu orientieren, und vermitteln ein Gefühl von Sicherheit. Veränderungen in der Wohnung können hingegen als verwirrend und beängstigend erlebt werden.

Die Wohnraumgestaltung für Menschen mit Demenz spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung dieser herausfordernden Erkrankung. Sie hat einen erheblichen Einfluss auf ihr Wohlbefinden und ihre Lebensqualität. Eine gut durchdachte und demenzfreundliche Gestaltung kann dazu beitragen, ihre Lebensfreude zu erhalten, Stress und Verwirrung zu minimieren und ihre Unabhängigkeit zu fördern.

Grundprinzipien der demenzgerechten Raumgestaltung

Die oberste Grundregel bei der Raumgestaltung für Demenzerkrankte ist die übersichtliche und einfache Einrichtung des Wohnraums. Zu viele Sinneseindrücke überfordern Betroffene und erschweren eine Orientierung im Raum. Auf Überflüssiges zu verzichten, ist ein wichtiges Grundprinzip der demenzgerechten Raumgestaltung.

Orientierung erleichtern

Menschen mit Demenz haben im Verlauf der Krankheit zunehmend Schwierigkeiten, sich in ihrer Wohnung zurechtzufinden und vergessen beispielsweise, wo das Badezimmer ist. Manchmal kann die Orientierungslosigkeit auch zu Aggressionen bei Demenz führen.

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  • Türen kennzeichnen: Türen können die räumliche Orientierung von demenzerkrankten Menschen beeinflussen und stellen damit eine Barriere dar. Offene Türen sind hingegen klar als Durchgänge erkennbar und jeder kann sehen, was draußen stattfindet. Für eine leichte Orientierung sollten Sie solche Türen mit Schildern kennzeichnen.
  • Fenster nutzen: Fenster bieten ebenfalls die Möglichkeit zur groben räumlichen Orientierung, wenn draußen markante Gebäude oder Landschaftsmerkmale zu sehen sind.
  • Geräusche reduzieren: Geräusche, die von außerhalb eines Raumes kommen, sind für Demenzerkrankte oftmals schwer zuzuordnen und können zu Verwirrung führen.
  • Helle und freundliche Farben wählen: Helle und freundliche Farben sind angenehm für Demenzerkrankte. Nein, starke Muster an Wänden, Böden oder Möbeln wirken verwirrend oder sogar beängstigend auf Menschen mit Demenz.
  • Kontraste schaffen: Kontraste hingegen sind sehr wichtig, denn sie helfen Demenzerkrankten, Details schnell wahrzunehmen. Ein Tisch ist zum Beispiel besser erkennbar, wenn der Rand eine kontrastierende Farbe zur Tischfläche hat.
  • Spiegel vermeiden: Vermeiden Sie irritierend spiegelnde Flächen, Glasvitrinen oder Hochglanzflächen. Spätestens wenn das eigene Spiegelbild nicht mehr erkannt wird oder Ängste verursacht, ist es Zeit, sich von den Spiegeln zu verabschieden.
  • Persönliche Gegenstände integrieren: Oft sind es Bilder, aber auch ganz andere Dinge können wertvolle Anker für lebendige Erinnerungen sein. Versuchen Sie, solche Gegenstände zu identifizieren und zu bewahren. Gerne wählen Sie als Aufbewahrungsort eine besonders ruhige Ecke aus, in der die Person mit Demenz ohne Ablenkung und Störung in Erinnerungen schwelgen kann.
  • Zeitliche Orientierung unterstützen: Auch die zeitliche Orientierung des Betroffenen können Sie mit einfachen Hilfsmitteln für eine demenzgerechte Raumgestaltung stärken. Ein Kalender mit extra großen Zahlen und ausgeschriebenem Monat und Jahr sowie einem Symbol für die jeweilige Jahreszeit erleichtert Demenzerkrankten, sich zeitlich zu orientieren. Auch Fenster, die einen Blick in die Natur bieten, können einen ähnlichen Effekt haben, wie Kalender und Uhren.

Sicherheit erhöhen

Zunehmende Desorientierung und Vergesslichkeit bei einer Demenzerkrankung bringen viele Risiken im Alltag mit sich. Alltägliche Dinge wie ein Herd oder Putzmittel werden mit einem Mal zu potenziellen Gefahren.

  • Sturzprophylaxe: Für die Sturzprophylaxe sollten Sie Stolperfallen wie lose Kabel und Teppiche entfernen. Auch eine gute Beleuchtung ist dabei wichtig.
  • Schlösser mit Notfunktion: Wenn der Betroffene gestürzt ist, kann es notwendig sein, dass Sie eine verschlossene Tür von außen öffnen. Hilfreich sind dann Schlösser mit einer Not- und Gefahrenfunktion.
  • Sicherheit im Badezimmer: Das Badezimmer ist ein typischer Ort zum Ausrutschen - auch für Menschen, die nicht an Demenz leiden. Hilfreich sind dagegen oft Anti-Rutsch-Matten oder Haltegriffe.
  • Herd absichern: Eine große Gefahr im Haushalt stellen auch elektronische Geräte für Personen mit Demenz dar. Daher können am Herd sogenannte Herdschutzknöpfe oder auch Schutzknöpfe installiert werden, die das Einschalten des Herds erschweren.
  • Rauchmelder installieren: Als weitere Sicherheitsmaßnahme sollten Sie in Wohnungen von Personen mit Demenz in allen Räumen Rauchmelder installieren, damit ein Brand sofort bemerkt wird.
  • Gefährliche Substanzen entfernen: Menschen mit Demenz können Dinge verwechseln und so kann es passieren, dass auf einmal Spülmittel in der Kaffeetasse landet. Putzmittel, ätzende Flüssigkeiten oder Medikamente sollten sorgsam aufbewahrt werden, um Verwechselungen zu vermeiden. Aus dem Lebensumfeld von dementiell veränderten Personen sind zudem giftige oder gefährliche Pflanzen zu entfernen.

Bewegungsdrang berücksichtigen

Viele Menschen mit Demenz zeigen vor allem im mittleren Stadium der Krankheit einen ausgeprägten Bewegungsdrang. Dieser Wandertrieb ist nach einem Umgebungswechsel meist besonders stark.

  • Armbänder mit Telefonnummer: Lassen Sie die Person Armbänder oder Ketten tragen, auf denen die Telefonnummer steht.
  • Interesse von der Haustür ablenken: Eine Möglichkeit, dem Vorzubeugen, ist das bereits erwähnte Ablenken des Interesses von der Haustür durch dunkle Farben oder schwache Kontraste.
  • Rundwege schaffen: Wenn möglich, können Sie Rundwege innerhalb der Wohnung, des Gebäudes oder des Grundstücks schaffen, auf denen die Person gefahrlos herumlaufen kann.
  • Klingeln an Ausgängen installieren: Oder Sie versehen die Ausgänge mit Klingeln, die einen Ton erzeugen, wenn eine Person hinausgeht.
  • Offenes Regal für Bewegungsdrang: Innere Unruhe kommt bei den meisten Menschen mit Demenz vor. Oft äußert sie sich durch einen akuten Bewegungsdrang. Der akute Drang, Dinge von einem Ort zum anderen zu räumen ist eine bekannte Form. Denn das Herumräumen ist eher harmlos, solange dabei keine wichtigen Gegenstände verloren gehen. Oft hilft deshalb einfach ein offenes Regal mit Dingen, die nach Belieben hin- und hergeräumt werden können. Umgekehrt können Sie Schubladen mit wichtigen Sachen mit einem Schubladenschutz versehen.

Licht und Farben gezielt einsetzen

  • Kaltweißes Licht: Kaltweißes Licht ist für ältere Menschen besser zu sehen als warmweißes. Darauf sollten Sie beim Kauf von Leuchtmitteln achten.
  • LED-Nachtlichter: Beim nächtlichen Toilettengang helfen LED-Nachtlichter mit Bewegungsmelder, sich in der Dunkelheit zu orientieren und Stürze zu vermeiden. Eine andere Möglichkeit sind Lichtbänder mit integrierten Bewegungs- und Helligkeitssensoren.
  • Spiegelndes Licht vermeiden: Spiegelndes Licht, zum Beispiel auf einem Boden mit glatter Oberfläche, sollten Sie vermeiden. Solche Lichtreflektionen können unter Umständen von den Betroffenen ganz anders wahrgenommen werden und führen dann zu einem verwirrenden Eindruck von der Umwelt.
  • Farben behutsam einsetzen: Dementiell erkrankte Personen reagieren sehr sensibel auf Farben. Setzen Sie deshalb Farbakzente behutsam und gezielt ein. Dunkle Töne sollten Sie eher vermeiden, da sie negative Gefühle auslösen können. Eine dunkle Fußmatte oder ein dunkler Teppich zum Beispiel können im fortgeschrittenen Stadium der Demenz als nicht überwindbares Loch im Boden gedeutet werden. Großflächige Muster sind sehr problematisch für Menschen mit Demenz, weil sie bei der Betrachtung sehr anstrengend wirken.
  • Dunkle Farben zur Ablenkung nutzen: Die „Angst“ vor dunklen Farben können Sie gezielt bei der Wohnraumgestaltung von Demenzkranken verwenden. Wenn Sie „verbotene“ oder verschlossene Türen mit einem dunklen Vorhang verhängen, verlieren sie für Personen mit Demenz ihren Aufforderungscharakter und damit mindert sich das Interesse, durch die Tür gehen zu wollen.

Weitere Aspekte der Lebensraumgestaltung

Die Lebensraumgestaltung für Menschen mit Demenz geht über die reine Wohnraumgestaltung hinaus und bezieht den gesamten Lebensumfang der Betroffenen ein.

  • Aktivitäten und Beschäftigung: Menschen mit Demenz benötigen gezielte Aktivitäten und Beschäftigungsmöglichkeiten, um ihre geistige und körperliche Gesundheit zu erhalten.
  • Soziale Interaktion: Die soziale Interaktion ist für das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz von großer Bedeutung. Daher ist es wichtig, Räume zu schaffen, in denen sie sich treffen, Gespräche führen und soziale Kontakte pflegen können.
  • Kontakt zur Natur: Der Kontakt zur Natur kann eine beruhigende und therapeutische Wirkung auf Menschen mit Demenz haben. Die Integration von naturnahen Elementen in die Lebensraumgestaltung kann dazu beitragen, die Sinne zu stimulieren und die Verbindung zur Umwelt aufrechtzuerhalten.
  • Tiergestützte Therapie: Tiergestützte Therapie, insbesondere der Einsatz von Therapiehunden oder -katzen, kann eine wertvolle Ergänzung zur Lebensraumgestaltung sein. Tiere können Trost und Freude spenden, Stress reduzieren und die Stimmung der Betroffenen heben.

Unterstützung und Beratung

Gewisse Veränderungen am Wohnraum sind nach der Diagnose notwendig, doch jede Veränderung kann eine Person mit Demenz stören und verwirren. Gehen Sie deshalb bei der Umgestaltung behutsam vor und lassen Sie die betroffene Person an den Veränderungsprozessen teilhaben. Denn Sie dürfen nie vergessen, dass die Person mit Demenz ein Individuum mit speziellen Vorlieben und Abneigungen ist.

  • Expertenrat einholen: Pflegekräfte und Betreuer, die auf die Pflege von Menschen mit Demenz spezialisiert sind, spielen eine entscheidende Rolle bei der Lebensraumgestaltung.
  • Erfahrungsaustausch nutzen: Der Erfahrungsaustausch mit anderen Angehörigen von Menschen mit Demenz kann eine wertvolle Informationsquelle sein. Durch den Austausch von Erfahrungen, Tipps und Ratschlägen können Angehörige voneinander lernen und Unterstützung finden.

Finanzielle Unterstützung

Je höher der Pflegegrad, umso mehr Leistungen gewährt die Pflegekasse. Sie sind sich unsicher, ob bei Ihren oder Ihrem Angehörigen ein Pflegegrad vorliegt oder die Pflegesituation hat sich verschlechtert? Der Antrag auf Pflegegeld kann formlos gestellt werden.

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Gesetzliche Leistungen

  • Pflegegeld: Menschen mit Demenz, die zu Hause von ihren Angehörigen versorgt werden und mindestens in den Pflegegrad 2 eingestuft sind, haben Anspruch auf Pflegegeld. Das Pflegegeld wird von der Pflegeversicherung auf das Konto der pflegebedürftigen Person oder das Konto einer Bevollmächtigten beziehungsweise eines Bevollmächtigten überwiesen. Über das Pflegegeld kann frei verfügt werden, es kann also auch als Anerkennung an die Pflegeperson weitergegeben werden.
  • Ambulante Betreuungsdienste: Für Menschen mit Demenz gibt es verschiedene Möglichkeiten, um trotz eines wachsenden Unterstützungsbedarfs weiterhin im Alltag aktiv zu sein. Über die Pflegekassen können, neben der ambulanten Pflege, auch ambulante Betreuungsleistungen abgerechnet werden. Diese können von einem ambulanten Pflegedienst oder einem ambulanten Betreuungsdienst erbracht werden. Ambulante Betreuungsdienste geben Hilfestellungen bei der Gestaltung des Alltags, im Haushalt sowie bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und sozialer Fähigkeiten. In erster Linie sind für die Finanzierung die Entlastungsleistungen in Höhe von 131 Euro monatlich vorgesehen. Wenn der Betrag für den monatlichen Betreuungsbedarf nicht ausreicht, können bis zu 40 Prozent der Sachleistungen des jeweiligen Pflegegrades für Betreuungsleistungen verwendet werden.
  • Betreuungsgruppen: Die Wohlfahrtsverbände (wie Caritas und Diakonie), die regionalen Alzheimer Gesellschaften, MGH (Mehrgenerationenhäuser) und andere Organisationen bieten in vielen Städten und Gemeinden Gruppenbetreuungen für Menschen mit Demenz an. Sie kommen regelmäßig zusammen, um gemeinsam schöne Stunden zu verbringen. Dies ist insbesondere für Menschen mit Demenz im frühen und mittleren Stadium möglich und empfehlenswert. Betreut werden sie meistens von geschulten ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die sich ganz auf ihre Wünsche und Vorlieben einstellen. Die Kosten für solche Zusammenkünfte halten sich für Menschen mit Demenz in Grenzen. Meistens zahlen sie nur einen kleinen Betrag für Speisen und Getränke. Dafür können sie Geld nutzen, das sie bei ihrer Krankenkasse für sogenannte niedrigschwellige Betreuungsangebote (Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI) beantragen können.
  • Ehrenamtliche Hilfe: Menschen mit fortgeschrittener Demenz brauchen nicht nur Unterstützung, wenn sie essen oder sich ankleiden. Es ist auch wichtig, ihnen soziale Kontakte zu ermöglichen und diese zu erhalten, sie angemessen zu beschäftigen und ihnen Bewegung zu verschaffen. Angehörige können sie beispielsweise über einen Pflegedienst vertraglich vereinbaren oder zum Beispiel über ehrenamtliche Besuchs- oder Begleitdienste eine kostengünstige Alternative wählen. Grundsätzlich kann für die ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe eine monatliche Aufwandsentschädigung bis zu 131 € bezahlt werden, sofern ein Pflegegrad vorliegt. Ist diese Leistung zur Unterstützung im Alltag nach Landesrecht anerkannt, kann sie im Rahmen der niedrigschwelligen Entlastungsleistungen von den Pflegekassen finanziert werden.
  • Ambulanter Pflegedienst: Professionelle ambulante Hilfe ermöglicht es alleinlebenden Menschen mit Demenz länger zu Hause zu bleiben und pflegende Angehörige zu entlasten. Dadurch gewinnen Angehörige Zeit, um beruflichen Tätigkeiten nachzugehen, Einkäufe zu erledigen oder sich auch einfach zu erholen. Die Kosten übernehmen bis zu einem festgelegten Betrag (Pflegesachleistungen), welcher vom Pflegegrad abhängig ist, die Pflegeversicherungen. Wenn der Betrag der Pflegeversicherung nicht ausreicht, um die Leistungen des Pflegedienstes zu bezahlen, muss der Restbetrag aus eigenen Mitteln finanziert werden oder es kann beim zuständigen Sozialamt ein Antrag auf „Hilfe zur Pflege“ (SGB XII) gestellt werden.
  • Umbaukostenpauschale: Auch wenn kein Umzug in eine stationäre Pflegeeinrichtung stattfindet, nutzen Sie, wenn möglich, die Umbaukostenpauschale der Krankenkasse von 4000,- Euro.

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