LDL-Zielwerte nach Schlaganfalltherapie: Ein umfassender Überblick

Erhöhte LDL-Cholesterinspiegel (LDL-C) gelten als Risikofaktor für einen ischämischen Schlaganfall oder transiente ischämische Attacken (TIA), auch eines Rezidivs. Nach einem Schlaganfall oder einer TIA ist die Senkung des LDL-Cholesterins ein wichtiger Bestandteil der Sekundärprävention. Studien haben gezeigt, dass die Senkung des LDL-C-Wertes das Risiko für weitere kardiovaskuläre Ereignisse reduzieren kann. Doch wie tief sollte der LDL-Wert gesenkt werden, um den größten Nutzen zu erzielen?

Die Bedeutung der LDL-Senkung nach Schlaganfall

Ein Schlaganfall ist ein medizinischer Notfall, der oft durch eine Störung des Fettstoffwechsels und hohe LDL-Cholesterin-Konzentrationen im Blut verursacht wird. Hohe LDL-Cholesterin-Konzentrationen im Blut führen zu Arteriosklerose, also zur Ablagerung von Fettmolekülen in den Arterien. Werden die Gefäße von den arteriosklerotischen Plaques verstopft, kann es zu einem Schlaganfall oder einem Herzinfarkt kommen. Die Senkung des LDL-C durch Statine führt nach Studienergebnissen zu einer proportionalen Abnahme des kardiovaskulären Risikos. Es ergibt sich die Beziehung: Pro 1 mmol LDL-C-Senkung (= 38,7 mg/dl) durch ein Statin sinkt das Risiko für ein klinisch bedeutsames kardiovaskuläres Ereignis („Major cvE“: Herzinfarkt, koronare Revaskularisation, Tod durch Koronare Herzerkrankung, Schlaganfall) relativ um 22%.

Statine senken den LDL-Spiegel und verhindern so einen zweiten Schlaganfall. Die Medikamente stabilisieren die arteriosklerotischen Plaques, verbessern im Gehirn die Durchblutung und die Regeneration von Zellen und Gefäßen und wirken gegen Entzündungen.

Aktuelle Empfehlungen und Studienlage

Die aktuellen europäischen Leitlinien fordern bei der untersuchten Population (Personen nach Schlaganfall und dokumentierter Atherosklerose = „sehr hohes Risiko“) bereits ein LDL-C < 55 mg/dl (1). Maximalwerte um 70 mg LDL/dL - bei hohem kardiovaskulären Risiko auch 55 mg/dL - werden empfohlen, um die Wahrscheinlichkeit zu senken.

Eine wichtige Studie, die "Treat Stroke to Target"-Studie (TST), hat die Auswirkungen von zwei verschiedenen LDL-C-Zielwerten bei Patienten nach Schlaganfall untersucht. In dieser Studie wurden Patienten drei Monate nach einer transitorisch ischämischen Attacke (TIA) oder einem ischämischen Schlaganfall eingeschlossen, wenn keine oder nur eine geringe Behinderung bestand. Alle mussten nachweislich eine atherosklerotische Erkrankung haben. Die Patienten wurden in zwei Gruppen randomisiert: eine "Lower-Target"-Gruppe (LTGr), in der das LDL-C auf < 70 mg/dl gesenkt werden sollte, und eine "Higher-Target"-Gruppe (HTGr), in der das LDL-C auf 90-110 mg/dl gesenkt werden sollte.

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Die Ergebnisse der TST-Studie zeigten, dass der primäre Endpunkt (ein "Major cvE") in der LTGr bei 8,5% und in der HTGr bei 10,9% der Patienten auftrat (Relatives Risiko = RR: 0,78; 95%-Konfidenzintervall = CI: 0,61-0,98; p = 0,04). Dieser Unterschied von absolut 2,4% über 3,5 Jahre war also nur knapp signifikant. Die Number needed to treat (NNT) berechnet sich mit 41 über 3,5 Jahre. Die Kaplan-Meier-Kurven laufen ab dem dritten Jahr auseinander. Der Vorteil für die LTGr ergab sich in erster Linie durch weniger Reinsulte (8,4% vs. 9,7%), ein Überlebensvorteil war nicht erkennbar (Todesfälle: 6,2% vs. 6,5%).

Eine weitere Analyse der TST-Studiendaten, die sich auf die französische Kohorte der Studienteilnehmer konzentrierte, ergab eine signifikante Risikoreduktion um 26% für den primären Studienendpunkt bei den intensiver behandelten Patienten (9,6% vs. 12,9%; HR 0,74, 95% KI 0,57-0,94; p=0,019). Das Risiko für Schlaganfälle jeglicher Genese war im Fall einer intensiven LDL-Senkung relativ um 28% (P=0,021) und das Risiko für Schlaganfälle oder dringende Karotis-Revaskularisationen um 27% (P=0,046) niedriger.

Individuelle Faktoren und Risiken

Es ist wichtig zu beachten, dass die Entscheidung über den optimalen LDL-Zielwert nach einem Schlaganfall immer individuell getroffen werden muss. Dabei sollten verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, wie z.B. das Alter des Patienten, Begleiterkrankungen, das individuelle Risikoprofil und die Verträglichkeit der Medikamente.

Eine aggressive LDL-C-Senkung kann das Risiko hämorrhagischer Ereignisse erhöhen. In der TST-Studie wurden in der LTGr mehr Hirnblutungen (1,3% vs. 0,9%) und mehr Diabetes-Neudiagnosen (7,2% vs. 5,7%) als in der HTGr registriert.

Eine Analyse von Patientendaten aus zwei randomisierten Multicenterstudien (CHANCE, CHANCE-2) ergab, dass ein LDL-C-Spiegel < 70 mg/dL für Blutungen jeglicher Art mit einer adjustierten Hazard-Ratio (aHR) von 1,48 (95-%-Konfidenzintervall [1,03; 2,12]) assoziiert war. Für schwere, auch tödliche plus moderate Hämorrhagien betrug die HR 2,78 (1,18; 6,53). Das Blutungsrisiko bei niedrigen LDL-C-Spiegeln war vor allem unter der Kombination Ticagrelor-ASS erhöht.

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Therapieoptionen zur LDL-Senkung

Zur Senkung des LDL-Cholesterins stehen verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung. Statine sind die am häufigsten eingesetzten Medikamente zur LDL-Senkung. Sie können das LDL-C dosisabhängig maximal um 50% senken. Wenn die maximal mögliche Statindosis nicht ausreicht, um das LDL-C in den Zielbereich zu senken, kann zusätzlich Ezetimib gegeben werden, um die Cholesterinaufnahme im Darm zu hemmen. Kann auch damit das LDL-Cholesterin nicht in den Zielbereich abgesenkt werden, kommen sogenannte PCSK9-Hemmer zum Einsatz.

Es ist wichtig, dass die Therapie zur LDL-Senkung von einem Arzt überwacht wird. Regelmäßige Laborkontrollen sind notwendig, um die LDL-C-Werte zu überwachen und die Therapie gegebenenfalls anzupassen.

Lebensstiländerungen als wichtiger Bestandteil der Therapie

Neben der medikamentösen Therapie spielen auch Lebensstiländerungen eine wichtige Rolle bei der Senkung des LDL-Cholesterins. Dazu gehören:

  • Eine gesunde Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten
  • Regelmäßige körperliche Aktivität
  • Gewichtsreduktion bei Übergewicht
  • Verzicht auf das Rauchen

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