Was tun bei zwei epileptischen Anfällen hintereinander? Ein umfassender Leitfaden

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, von der etwa 0,5-1 % der Bevölkerung in Deutschland betroffen sind. Sie ist gekennzeichnet durch wiederholt auftretende Krampfanfälle, die durch eine übermäßige Entladungsaktivität von Nervenzellgruppen im Gehirn verursacht werden. Ein einzelner Anfall bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass eine Epilepsie vorliegt. Erst wenn Anfälle wiederholt auftreten, spricht man von einer Epilepsie-Erkrankung.

Ursachen und Formen der Epilepsie

Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig. Es gibt genetische Veränderungen, die dazu führen können, dass Nervenzellen im Gehirn grundsätzlich mehr dazu neigen, sich spontan synchron zu entladen. Solche genetischen Ursachen führen häufig schon im Kindes- oder Jugendalter zu Epilepsie. Daneben gibt es erworbene Hirnveränderungen, die Epilepsie auslösen können, beispielsweise nach einem Schlaganfall oder einem Schädelhirntrauma nach einem Unfall. Allerdings wird oft auch keine eindeutige Ursache gefunden.

Man unterscheidet verschiedene Formen der Epilepsie:

  • Fokale Epilepsie: Die Anfälle beginnen immer in einer bestimmten Hirnregion, dem Fokus.
  • Generalisierte Epilepsie: Hier sind von Anfang an beide Gehirnhälften von den abnormen Erregungen betroffen.
  • Idiopathische Epilepsie: Es ist keine Ursache für die Anfälle zu finden.
  • Symptomatische Epilepsie: Eine Gehirnschädigung ist die Ursache der Epilepsie.

Epileptische Anfälle können sich unterschiedlich äußern. Häufig treten Zuckungen einzelner Körperteile auf, aber es gibt auch symptomlose Epilepsie-Anfälle, die gänzlich unbemerkt bleiben. In der Regel beginnt ein epileptischer Anfall plötzlich und ohne erkennbaren Anlass und hört nach wenigen Minuten von selbst wieder auf.

Was tun bei einem epileptischen Anfall?

Bei einem epileptischen Anfall ist es am wichtigsten, dass Helfer Ruhe bewahren und den Betroffenen vor Verletzungen schützen. Dauert der Anfall länger als fünf Minuten an oder treten mehrere Anfälle kurz hintereinander auf, sollte der Rettungsdienst (Notruf 112) informiert werden. Bei einem schweren Anfall kann ein Krankenhausaufenthalt notwendig sein.

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Hier sind einige konkrete Maßnahmen, die Sie bei einem epileptischen Anfall ergreifen können:

  • Sichern Sie die Umgebung: Entfernen Sie gefährliche Gegenstände.
  • Schützen Sie den Kopf: Legen Sie ein Kissen oder Ihre Hände unter den Kopf der betroffenen Person.
  • Nicht festhalten: Versuchen Sie nicht, die Person während des Anfalls zu fixieren.
  • Atemwege freihalten: Lockern Sie enge Kleidung am Hals. Versuchen Sie nicht, den Mund zu öffnen oder einen Gegenstand zwischen die Zähne zu schieben.
  • Seitenlage: Drehen Sie die Person nach einem Anfall in die stabile Seitenlage, um die Atmung zu erleichtern.
  • Zeit messen: Notieren Sie die Dauer des Anfalls.
  • Dableiben: Lassen Sie den Betroffenen nicht allein, auch nicht, um Hilfe zu holen - außer es wird unbedingt nötig, weil der Anfall nicht aufhört.
  • Nach dem Anfall helfen: Eine Person, die einen Anfall hinter sich hat, kann einige Zeit benötigen, um wieder zu sich zu kommen. Bieten Sie Unterstützung und Orientierung an.

Behandlung der Epilepsie

Welche Behandlung sinnvoll ist, hängt von der Form der Epilepsie und dem Krankheitsverlauf ab. Meist wird eine Epilepsie mit Medikamenten behandelt, sogenannten Antiepileptika. Es stehen unterschiedliche Medikamente mit verschiedenen Wirkstoffgruppen zur Verfügung.

Medikamentöse Therapie

Anfallssupprimierende Medikamente, auch bekannt als Antiepileptika oder Antikonvulsiva, sind die Grundpfeiler der Epilepsiebehandlung. Sie reduzieren die Häufigkeit und Schwere der Anfälle, indem sie die neuronale Aktivität im Gehirn stabilisieren. In Deutschland stehen etwa 20 verschiedene anfallssupprimierende Medikamente zur Verfügung. Bei der Auswahl berücksichtigen die Fachärzte die Art der Epilepsie, das Alter und Geschlecht der betroffenen Person und ob Begleiterkrankungen vorliegen. Um die bestmögliche Anfallskontrolle bei minimalen Nebenwirkungen zu erreichen, wird die Therapie ambulant überwacht und bei Bedarf angepasst.

Wenn ein Medikament in einer niedrigen Dosierung nicht wirkt, kann zunächst die Dosis erhöht werden. Zeigt sich kein Erfolg, probiert man ein Medikament aus einer anderen Wirkstoffgruppe oder kombiniert mehrere Wirkstoffe. Da es oft bei einem einzigen Anfall bleibt, kann man mit einer Behandlung meist erst einmal abwarten. Die Therapie beginnt in der Regel erst nach einem zweiten Anfall. Besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für erneute Anfälle, wie etwa bei einer Gehirnerkrankung, kann bereits nach dem ersten Krampfanfall eine Behandlung sinnvoll sein. Wichtig ist, die persönliche Situation ausführlich mit dem Arzt zu besprechen.

Wer sich für eine Behandlung mit Medikamenten entscheidet, nimmt diese meist über mehrere Jahre ein. Wenn in dieser Zeit keine Anfälle aufgetreten sind, können manche Menschen versuchsweise auf Medikamente verzichten. Andere benötigen ihr Leben lang Medikamente.

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Antiepileptika können Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Schwindel haben. Manchmal bestehen spezielle Risiken, zum Beispiel während der Schwangerschaft für das ungeborene Kind. Eine ausführliche ärztliche Beratung ist dann besonders wichtig.

Alternative Behandlungsmethoden

Können die Medikamente Anfälle nicht verhindern, ist ein Eingriff eine Alternative.

  • Operation: Wenn sich bei fokalen Anfällen feststellen lässt, welcher Bereich des Gehirns die Anfälle auslöst, kann er entfernt werden. Das ist aber nicht immer möglich. Die Operation und die immer erforderliche weitere Einnahme der Antiepileptika führen bei etwa 60 % der Patienten zur Anfallsfreiheit.
  • Vagusnerv-Stimulation: Dabei wird ein Schrittmacher unter die Haut im Brustbereich implantiert, der elektrische Impulse abgibt. Er ist über Kontakte am Halsbereich mit dem Vagusnerv verbunden und soll die Überaktivität der Nervenzellen hemmen. Der Vagusnerv ist ein wichtiger Nerv des vegetativen Nervensystems und an der Regulierung der inneren Organe beteiligt. Für den Nutzen dieser Therapie gibt es bisher nur wenige aussagekräftige Studien. Daher wird die Vagus-Stimulation von den gesetzlichen Krankenkassen nur unter besonderen Voraussetzungen im Einzelfall erstattet. Die Methode verringert die Anfallsrate der Patienten um bis zu 50 %, eine komplette Anfallsfreiheit wird nicht erreicht. Es kann allerdings über ein Jahr dauern, bis die Wirksamkeit der Vagusnervstimulation endgültig beurteilt werden kann. Wichtigste Nebenwirkungen sind Heiserkeit, Sprachstörungen während der Reizdauer und Kribbeln am Hals.
  • Tiefe Hirnstimulation: In einer Studie an Patienten mit fokaler Epilepsie, bei denen Antiepileptika wirkungslos waren, reduzierte die Stimulation des vorderen Thalamus (ein Bereich im Stammhirn) bei fast jedem zweiten die Anfallsrate, jeder zehnte war sogar sechs Monate und länger anfallsfrei.

Begleitende Maßnahmen

Ergänzend kann eine Psychotherapie hilfreich sein. Sie kann dabei unterstützen, mit den Folgen der Erkrankung umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern. Auch der Austausch in Selbsthilfegruppen kann sehr wertvoll sein.

Epilepsiezentren und Spezialisten

Die Behandlung wird von einem Neurologen begleitet. Kinder und Jugendliche werden von Kinder- und Jugendneurologen betreut. Meist findet ein Teil der Untersuchung und Behandlung im Krankenhaus statt. Manche ambulanten Einrichtungen und Kliniken haben sich auf die Behandlung von Menschen mit Epilepsie spezialisiert: Epilepsie-Zentren, Epilepsie-Ambulanzen und Schwerpunktpraxen. Diese eignen sich besonders bei speziellen Problemen, einer unklaren Diagnose oder wenn es trotz Behandlung weiter zu Anfällen kommt.

Leben mit Epilepsie

Mit der richtigen Behandlung können die meisten Menschen mit Epilepsie ein selbstbestimmtes und weitgehend normales Leben führen. Wichtig ist, die Medikamente regelmäßig einzunehmen und Auslöser für Anfälle zu meiden. Dazu gehören beispielsweise Schlafmangel und Stress. Zudem sollten Menschen mit Epilepsie bestimmte Tätigkeiten unterlassen, etwa auf Gerüsten zu arbeiten oder in offenen Gewässern zu schwimmen. Ein Fahrzeug dürfen die Betroffenen nur unter bestimmten Voraussetzungen führen, die in entsprechenden Begutachtungsleitlinien festgeschrieben sind.

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Familienplanung bei Epilepsie

Die Epilepsie ist keine typische Erbkrankheit. Bei Kinderwunsch sollten Sie allerdings auf die Einnahme bestimmter anfallssupprimierender Medikamente verzichten (zum Beispiel Valproat und Topiramat), da sie das Missbildungsrisiko des Kindes erhöhen können. Sprechen Sie diesbezüglich unbedingt mit Ihrem Arzt.

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