Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederkehrende epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch eine vorübergehende Funktionsstörung des Gehirns, bei der Nervenzellen plötzlich und unkontrolliert elektrische Entladungen abgeben. Obwohl viele Betroffene durch Medikamente anfallsfrei werden, erleben andere weiterhin Anfälle trotz medikamentöser Behandlung. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen für epileptische Anfälle trotz Medikamente, die Diagnoseverfahren und verschiedene Behandlungsstrategien.
Was ist Epilepsie?
Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen weltweit. Rund ein Prozent der Bevölkerung ist betroffen, was in Deutschland etwa 640.000 Menschen entspricht. Weltweit sind es über 60 Millionen Menschen. Die Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten, wobei erste Anfälle oft im Kindesalter oder erst ab dem 60. Lebensjahr auftreten.
Epileptische Anfälle können vielfältig sein und sich unterschiedlich äußern. Manche Anfälle verlaufen unauffällig, während andere schwer beeinträchtigen können. Die Dauer eines Anfalls variiert von wenigen Sekunden bis zu einigen Minuten.
Formen von Anfällen
Je nachdem, welcher Bereich des Gehirns und in welchem Umfang die Nervenzellen betroffen sind, werden die Anfälle als fokal oder generalisiert bezeichnet.
- Fokale Anfälle: Beginnen in einem bestimmten Bereich des Gehirns und betreffen nur eine Hirnhälfte. Bei einfachen fokalen Anfällen bleibt das Bewusstsein erhalten, während es bei komplexen fokalen Anfällen beeinträchtigt ist. Ein fokaler Anfall kann sich auch auf beide Gehirnhälften ausbreiten, was als sekundär generalisierter Anfall bezeichnet wird.
- Generalisierte Anfälle: Beziehen sehr früh Nervenzellen des gesamten Gehirns mit ein. Diese Anfälle können verschiedene Formen annehmen, darunter Absence-Anfälle (kurze Bewusstseinsverluste ohne Krämpfe), myoklonische Anfälle (arrhythmische Zuckungen der Muskeln), klonische Anfälle (rhythmische Muskelzuckungen), tonisch-klonische Anfälle (Bewusstseinsverlust und heftige Muskelkrämpfe) und atonische Anfälle (plötzlicher Verlust der Muskelspannung).
Ursachen von Epilepsie
Epilepsie kann vielfältige Ursachen haben, darunter strukturelle Hirnschäden (z. B. durch Trauma, Schlaganfall, Entzündung), genetische Veränderungen, metabolische und immunvermittelte Störungen. In etwa der Hälfte aller Fälle bleibt die Ursache jedoch unbekannt (kryptogene Epilepsie). Wenn die Erkrankung durch strukturelle Veränderungen des Gehirns oder Grunderkrankungen entsteht, spricht man von einer symptomatischen Epilepsie.
Lesen Sie auch: Magnesium gegen Wadenkrämpfe
Weitere Risikofaktoren, die einen epileptischen Anfall auslösen können, sind Fieberkrämpfe, Hirnverletzungen oder Epilepsie in der Familie. Auch Schlafmangel, Alkohol, Lichtreize oder bestimmte Medikamente können Anfälle provozieren.
Epileptische Anfälle trotz Medikamente: Ursachen
Obwohl etwa zwei Drittel der Patient*innen mit Medikamenten anfallsfrei werden, gibt es ein Drittel, bei dem die Epilepsie therapieresistent ist. Es gibt verschiedene Gründe, warum Anfälle trotz Medikamente auftreten können:
- Falsche Diagnose: Manchmal handelt es sich nicht um Epilepsie, sondern um eine andere Anfallserkrankung wie dissoziative Anfälle. Dissoziative Anfälle haben psychische Ursachen und werden nicht durch Medikamente gegen Epilepsie behandelt.
- Falsche Medikamentenauswahl: Fokale und generalisierte Epilepsien müssen unterschiedlich behandelt werden, da verschiedene Medikamente für verschiedene Arten von Epilepsie unterschiedlich gut wirksam sind. Der falsche Einsatz von Antiepileptika kann die Epilepsie sogar verschlimmern.
- Unregelmäßige Medikamenteneinnahme: Das Vergessen oder absichtliche Unterlassen der Einnahme von Antiepileptika ist ein häufiger Grund für Anfälle. Selbst einmaliges Vergessen kann einen Anfall auslösen.
- Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten: Bestimmte Medikamente können die Wirksamkeit von Antiepileptika beeinflussen.
- Auslösende Faktoren: Schlafmangel, Stress, Alkohol- oder Drogenkonsum, hormonelle Veränderungen oder flackerndes Licht können Anfälle trotz Medikamente provozieren.
- Fortschreitende Erkrankung: In manchen Fällen kann die Epilepsie fortschreiten und die Medikamente verlieren ihre Wirksamkeit.
- Therapierefraktärität: Wenn die Anfallsfreiheit trotz des Einsatzes von zwei oder mehr Antiepileptika in ausreichender Dosis und über einen angemessenen Zeitraum nicht erreicht wird, spricht man von Therapierefraktärität.
Diagnose von Epilepsie
Die Diagnose von Epilepsie umfasst eine umfassende Anamnese, körperliche Untersuchungen und spezielle Tests:
- Gespräch mit Patientinnen und Zeuginnen: Eine detaillierte Beschreibung der Anfälle ist wichtig, um die Art der Anfälle und mögliche Auslöser zu identifizieren.
- EEG (Elektroenzephalogramm): Misst die Hirnströme und zeigt, ob eine Neigung zu epileptischen Anfällen besteht.
- MRT (Magnetresonanztomografie): Kann strukturelle Veränderungen im Gehirn darstellen, die Anfälle verursachen könnten.
- CT (Computertomografie): Hilft ebenfalls, neurologische Veränderungen im Gehirn darzustellen.
- Blutuntersuchungen: Können mögliche Ursachen für einen Krampfanfall oder eine Epilepsieerkrankung aufspüren.
- Genetische Testung: Kann bei Verdacht auf eine genetische Veranlagung oder Stoffwechselstörung durchgeführt werden.
Behandlungsmöglichkeiten bei therapieresistenter Epilepsie
Wenn Medikamente die Anfälle nicht ausreichend kontrollieren, gibt es verschiedene alternative Behandlungsmöglichkeiten:
- Epilepsiechirurgie: Bei fokalen Epilepsien kann die Entfernung des Hirnbereichs, der die Anfälle auslöst, eine Option sein.
- Vagusnerv-Stimulation (VNS): Ein Schrittmacher, der unter das Schlüsselbein implantiert wird, sendet elektrische Impulse an den Vagusnerv, der die Überaktivität der Nervenzellen hemmen soll.
- Ketogene Diät: Eine spezielle, fettreiche Diät kann helfen, epileptische Anfälle zu reduzieren.
- Psychotherapie: Kann bei der Bewältigung der emotionalen und sozialen Herausforderungen der Krankheit helfen.
- Neue Medikamente: Es werden ständig neue Antiepileptika entwickelt, die möglicherweise wirksamer sind als die bisherigen Medikamente.
Umgang mit Epilepsie im Alltag
Epilepsie kann den Alltag der Betroffenen erheblich beeinflussen. Es ist wichtig, Auslöser zu kennen und zu meiden. Fahreignung und Arbeitssicherheit müssen ärztlich geprüft werden.
Lesen Sie auch: Ursachen von Wadenkrämpfen
Schutzmaßnahmen
- Helme: Können bei Aktivitäten mit Sturzgefahr Schutz bieten.
- Anfallskalender: Das Führen eines Anfallskalenders kann helfen, den Krankheitsverlauf zu beurteilen und Auslöser zu identifizieren.
- Notfallausweis: Ein Notfallausweis kann im Falle eines Anfalls wichtige Informationen für Helfer liefern.
- Regelmäßiger Lebensstil: Regelmäßige Mahlzeiten, ausreichend Schlaf und Stressvermeidung können helfen, Anfälle zu vermeiden.
Epilepsie bei Kindern
Epileptische Anfälle bei Kindern sind besonders besorgniserregend. Es ist wichtig, dass Eltern und Betreuungspersonen über die richtige Vorgehensweise bei einem Anfall informiert sind und geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit des Kindes zu gewährleisten. In den meisten Fällen ist eine Epilepsie bei Kindern gut behandelbar und hat keine negativen Auswirkungen auf die weitere Entwicklung.
Richtig handeln bei einem epileptischen Anfall
Wenn eine Person in Ihrem Umfeld einen epileptischen Anfall hat, ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und folgende Schritte zu befolgen:
- Sichern Sie die Umgebung: Entfernen Sie gefährliche Gegenstände.
- Schützen Sie den Kopf: Legen Sie ein Kissen oder Ihre Hände unter den Kopf der betroffenen Person.
- Nicht festhalten: Versuchen Sie nicht, die Person während des Anfalls zu fixieren.
- Seitenlage: Drehen Sie die Person nach einem Anfall in die stabile Seitenlage, um die Atmung zu erleichtern.
- Zeit messen: Notieren Sie die Dauer des Anfalls. Ein Notruf ist erst dann erforderlich, wenn der Anfall länger als fünf Minuten dauert oder sofort ein zweiter Anfall folgt.
Lesen Sie auch: Magnesium wirkt nicht? Gründe für Muskelkrämpfe!
tags: #epileptische #Anfälle #trotz #Medikamente #Ursachen