Das Sehzentrum im Gehirn: Lokalisation und Funktionsweise

Das Sehzentrum im Gehirn ist ein komplexes Netzwerk von Arealen, das für die Verarbeitung visueller Informationen verantwortlich ist. Es ermöglicht uns, die Welt um uns herum wahrzunehmen und zu interpretieren. Die Umwandlung eines Bildes auf der Netzhaut in elektrische Nervensignale ist nur der Beginn des Sehens. Die Sehbahn leitet visuelle Signale blitzschnell an das Gehirn weiter.

Überblick über die Sehbahn Anatomie

Die Anatomie der Sehbahnen beginnt am Auge und endet im visuellen Cortex des Gehirns. Hier ein Überblick:

  • Retina: Lichtempfangendes Gewebe im Auge.
  • Sehnerv: Überträgt Signale von der Retina zum Gehirn.
  • Chiasma opticum: Kreuzungspunkt der Sehnerven.
  • Tractus opticus: Führt vom Chiasma opticum zum Thalamus.
  • Corpus geniculatum laterale: Thalamische Relaisstation.
  • Radiatio optica: Führt vom Thalamus zum visuellen Cortex.

Die Information, die das Auge aufnimmt, wird durch diese Strukturen übertragen und verarbeitet, bis sie das Bewusstsein erreicht. Wenn du einen Ball siehst, trifft das Licht auf deine Retina und wird in elektrische Signale umgewandelt. Diese Signale reisen durch deine Sehbahnen, werden im Chiasma opticum teilweise gekreuzt und erreichen schließlich den visuellen Cortex im Gehirn, wo du den Ball bewusst wahrnimmst.

Lokalisation der Sehzentren im Gehirn

Die primäre Sehrinde, auch als V1 bezeichnet, befindet sich im Okzipitallappen, dem Hinterhauptslappen des Gehirns. Abb. Das primäre Sehzentrum verarbeitet die einkommenden Informationen aus der Netzhaut des Auges. Hier werden grundlegende visuelle Informationen wie Helligkeit, Farbe, Kontrast und Linienorientierung analysiert. Die Netzhaut oder Retina ist die innere mit Pigmentepithel besetzte Augenhaut. Die Retina zeichnet sich durch eine inverse (umgekehrte) Anordnung aus: Licht muss erst mehrere Schichten durchdringen, bevor es auf die Fotorezeptoren (Zapfen und Stäbchen) trifft. Die Signale der Fotorezeptoren werden über den Sehnerv in verarbeitende Areale des Gehirns weitergeleitet. Grund für die inverse Anordnung ist die entwicklungsgeschichtliche Entstehung der Netzhaut, es handelt sich um eine Ausstülpung des Gehirns. Die Netzhaut ist ca 0,2 bis 0,5 mm dick.

Der Sehnerv, lateinisch Nervus opticus, besteht aus rund einer Million Axonen der Ganglienzellen der Netzhaut. Er hat bis zu sieben Millimeter Durchmesser und verlässt das Auge auf dessen Rückseite, wodurch der blinde Fleck entsteht. Die Sehnerven von rechtem und linkem Auge treffen sich nach rund 4,5 Zentimetern am Chiasma opticum, der Sehnervenkreuzung. Beim Menschen wechselt hier rund die Hälfte der Fasern aus den beiden Nervensträngen die Richtung, die anderen fünfzig Prozent verlaufen weiter auf der Seite des Auges, dem sie entspringen. Welche Nervenfasern kreuzen und welche nicht, richtet sich nach dem Gesichtsfeld: Wie sich anhand von Strahlengängen verdeutlichen lässt, fällt Licht aus dem linken Bereich unseres Gesichtsfeldes im linken Auge auf die innere, nasale Seite der Netzhaut. Im rechten Auge fällt es auf die äußere, temporale Hälfte und umgekehrt. Beide Augen bekommen so Informationen von jeder Seite des Gesichtsfeldes. An der Sehnervkreuzung wechseln die nasalen Fasern die Seite - sie werden also kontralateral verschaltet, während die temporalen Fasern auf der ursprünglichen, ipsilateralen Seite verbleiben. Ein Effekt dieser komplizierten Verschaltung ist, dass jede Hälfte des visuellen Cortex nur Informationen über eine Seite des Gesichtsfeldes erhält - aber von beiden Augen. Ein anderer Effekt ist, dass auf diese Weise das gesamte System auf Effizienz und Schnelligkeit getrimmt wird: So wird schon im Zwischenhirn vom seitlichen Kniehöcker, dem Corpus geniculatum laterale, anhand der Informationen aus den verschiedenen Gesichtsfeldhälften ein Feedback an die Augen „gefunkt“, ob zum Beispiel die Helligkeitsadaptation der Pupille verbessert werden muss. Aufgrund der Überkreuzung führen Schädigungen der Nervenbahnen zu ganz charakteristischen Gesichtsfeldausfällen, die auf die Lokalisation des Defekts schließen lassen.

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Das Chiasma opticum ist eine kreuzförmige Verbindung zwischen den Sehnerven, an der jeweils 50% der Sehnervenfasern die Seite wechseln. Als Sehtrakt wird der Sehnerv bezeichnet, nachdem am Chiasma opticum die Hälfte der Fasern die Seite gewechselt hat. Er besteht allerdings immer noch aus den Axonen (langen faserartigen Fortsätzen) der retinalen Ganglienzellen. Der Sehtrakt mündet größtenteils in den Corpus geniculatum laterale.

Der Okzipitallappen ist einer der vier großen Lappen der Großhirnrinde. Der Okzipital- oder Hinterhauptslappen liegt über dem Kleinhirn. Nach vorne grenzt er an den Scheitel- sowie an den Schläfenlappen an. Der Sulcus calcarinus unterteilt den Okzipitallappen in eine obere und eine untere Hälfte, den Cuneus und den Gyrus lingualis. Funktional findet in diesem Bereich des Gehirns die zentrale Verarbeitung visueller Informationen statt - sowohl die primäre als auch die sekundäre Sehrinde haben ihren Sitz im Okzipitallappen.

Topographische Anordnung in der Sehrinde

Innerhalb der primären Sehrinde besteht eine topographische Anordnung, bei der benachbarte Bereiche des Gesichtsfeldes auch in benachbarten Bereichen der Sehrinde repräsentiert sind. gegenüberliegende Gesichtsfeldhälfte (vgl. Sehsinn). Bereich in der Sehrinde zugeordnet. Man spricht von topographischer Anordnung. Die Fovea centralis, die Stelle des schärfsten Sehens, ist in beiden Hirnhälften repräsentiert. Zellverbänden, den so genannten kortikalen Säulen. Diese Einzelinformationen werden an das sekundäre Sehzentrum weitergegeben.

Sekundäre und tertiäre Sehzentren

An das primäre Sehzentrum schließt sich das sekundäre Sehzentrum (V2) an, das ebenfalls im Okzipitallappen lokalisiert ist. sich um einen Assoziationscortex. mit bekannten Sinneseindrücken abgeglichen und so erkannt. In der sekundären Sehrinde laufen auch Informationen aus anderen Hirnarealen ein, die mit den Mustern abgeglichen werden können. Von der sekundären Sehrinde aus werden die Informationen an weitere übergeordnete (tertiäre) Assoziationszentren weitergegeben.

Funktionelle Aufteilung der Sehzentren

Die Verarbeitung visueller Informationen erfolgt in verschiedenen Bahnen, die unterschiedliche Aspekte des Sehens analysieren.

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Was-Bahn und Wo-Bahn

Es werden im Wesentlichen zwei Hauptbahnen unterschieden: der Temporallappen, in dem die Objekterkennung stattfindet (Was-Bahn), und der Parietallappen, in dem die Lokalisierung des Objektes im Raum und Bewegung verarbeitet werden (Wo-Bahn).

  • Was-Bahn (ventraler Pfad): Diese Bahn verläuft vom Okzipitallappen in den Temporallappen und ist für die Identifizierung von Objekten zuständig. Hier werden Informationen über Form, Farbe und Textur verarbeitet, um Objekte zu erkennen und zu benennen. Farbverarbeitung. -interpretation stattfindet. Von dort gelangt die Information über den Gyrus angularis zum Wernicke-Zentrum, wo das Schriftbild mit einem Sinn verknüpft wird. Die Umwandlung eines Bildes auf der Netzhaut in elektrische Nervensignale ist nur der Beginn des Sehens. Prof. Dr.

  • Wo-Bahn (dorsaler Pfad): Diese Bahn verläuft vom Okzipitallappen in den Parietallappen und ist für die räumliche Lokalisation von Objekten und die Verarbeitung von Bewegung zuständig. Hier werden Informationen über Position, Richtung und Geschwindigkeit verarbeitet, um Objekte im Raum zu verorten und Bewegungen zu verfolgen.

Zusätzliche Areale und ihre Funktionen

Neben den primären und sekundären Sehzentren sind weitere Hirnareale an der visuellen Verarbeitung beteiligt:

  • Gyrus angularis: Dieser Bereich spielt eine wichtige Rolle bei der Verknüpfung von visuellen und sprachlichen Informationen.
  • Präfrontaler Cortex (PFC): Der präfrontale Cortex ist an höheren kognitiven Funktionen wie Aufmerksamkeit, Planung und Entscheidungsfindung beteiligt und beeinflusst somit auch die visuelle Wahrnehmung.

Die Rolle des visuellen Cortex

Der visuelle Cortex ist der Teil des Gehirns, der für die visuelle Informationsverarbeitung verantwortlich ist. Er spielt eine entscheidende Rolle bei der Analyse von visuellen Reizen und der Interpretation von Bildern. Schäden im visuellen Cortex können zu einem Verlust des Gesichtsfeldes führen, was als gesichtsfeldausfall bekannt ist. Diese Einschränkung des sichtbaren Raumes kann die Wahrnehmung und das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen. Wenn du einen Baum siehst, trifft das Licht auf deine Retina und wird in elektrische Signale umgewandelt. Diese Signale reisen durch die Sehbahnen, über das Chiasma opticum und die Tractus opticus, bis zum visuellen Cortex, wo du schließlich den Baum bewusst wahrnimmst. Interessanterweise verarbeitet das linke visuelle Feld Informationen auf der rechten Gehirnhälfte und umgekehrt.

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Funktion der Sehbahnen

Die Sehbahnen spielen eine zentrale Rolle bei der Verarbeitung von visuellen Informationen. Sie ermöglichen es uns, die Welt um uns herum klar und detailliert zu sehen, indem sie Signale vom Auge zum Gehirn transportieren und dort weiterverarbeiten.

Kreuzung der Signale

Die Signale der linken und rechten Augen kreuzen sich im Chiasma opticum und werden an beide Gehirnhälften gesendet.

Weiterleitung der Signale

Durch die Tractus opticus werden die Signale zum Thalamus geleitet.

Verarbeitung im Thalamus

Im Corpus geniculatum laterale werden die Signale weiterverarbeitet und für den visuellen Cortex vorbereitet.

Verteilung der Signale

Die Radiatio optica verteilt die Signale abschließend zum visuellen Cortex.

Visuelle Interpretation

Im visuellen Cortex werden die Signale schließlich interpretiert und zu einem vollständigen Bild zusammengesetzt.

Klinische Bedeutung

Schädigungen der Sehzentren oder der Sehbahn können zu verschiedenen visuellen Beeinträchtigungen führen, wie z.B. Gesichtsfeldausfällen, Sehverlust oder visuellen Agnosien (Unfähigkeit, Objekte zu erkennen).

Gesichtsfeldausfälle Sehbahn: Ursachen und Symptome

Gesichtsfeldausfälle entstehen durch Schädigungen an den Sehbahnen und können verschiedene Ursachen und Symptome haben:

  • Bitemporale Hemianopsie: Verlust der äußeren Gesichtsfelder beider Augen durch Läsionen im Chiasma opticum.
  • Homonyme Hemianopsie: Verlust des gleichen Gesichtsfeldbereiches in beiden Augen durch Läsionen im Tractus opticus oder visuellen Cortex.
  • Quadrantenanopsie: Verlust …

Läsionen der Sehbahn und deren Auswirkungen

Die Sehbahnen sind empfindlich und können durch verschiedene Faktoren geschädigt werden. Läsionen dieser Strukturen können erhebliche Auswirkungen auf das Sehvermögen haben und zu unterschiedlichen Arten von Sehstörungen führen.

Häufige Läsionen der Sehbahn:

Läsionen in den Sehbahnen können an verschiedenen Stellen auftreten und unterschiedliche Ursachen haben. Hier sind einige der häufigsten Läsionen und ihre Auswirkungen:

  • Optikusneuritis: Entzündung des Sehnervs, oft durch Multiple Sklerose verursacht
  • Chiasma opticum Läsionen: Schädigungen durch Tumore oder Aneurysmen, die zu bitemporalen Hemianopsien führen können
  • Tractus opticus Läsionen: Schlaganfälle oder Traumata, die homonyme Hemianopsien verursachen
  • Corpus geniculatum laterale Läsionen: Selten, könnten durch ischämische Ereignisse oder Tumore auftreten
  • Radiatio optica Läsionen: Schädigungen durch ischämische oder traumatische Ereignisse, die quadrantenanopsie verursachen
  • Visueller Cortex Läsionen: Direkte Schädigungen im Hinterhauptslappen, oft durch Schlaganfälle oder Traumata

Eine Läsion im Chiasma opticum kann durch einen Hypophysentumor verursacht werden. Dies führt zu bitemporaler Hemianopsie, bei der die äußeren Gesichtsfelder beider Augen betroffen sind. Eine der häufigsten Ursachen für Sehnervläsionen ist Multiple Sklerose. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Postchiasmale Sehbahn gewidmet werden. Schädigungen nach dem Chiasma opticum, wie etwa im Tractus opticus oder im Corpus geniculatum laterale, führen häufig zu homonymen Gesichtsfeldausfällen. Dies bedeutet, dass die gleiche Seite des Gesichtsfeldes in beiden Augen betroffen ist. Dies ist ein wichtiges diagnostisches Kriterium und hilft bei der Lokalisierung der Läsion.

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