Sind epileptische Anfälle vererbbar? Ursachen und genetische Aspekte

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch plötzliche, unkontrollierte elektrische Entladungen im Gehirn. Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und komplex, und die Frage, ob epileptische Anfälle vererbbar sind, ist ein wichtiger Aspekt, der viele Betroffene und ihre Familien beschäftigt.

Ursachen von Epilepsie

Epilepsien haben ihren Ursprung im Gehirn, wobei verschiedene Ursachen als Auslöser in Frage kommen. Es ist wichtig, zwischen den eigentlichen Ursachen einer Epilepsie und den Triggern einzelner Anfälle zu unterscheiden. Trigger wie Flackerlicht, Alkohol, Drogen, Fernsehen, Stress, Schlafmangel oder extreme Witterungswechsel können Anfälle provozieren, sind aber nicht die Ursache der Epilepsie selbst. Diese Reize können auch bei Menschen ohne Epilepsie zu akut-symptomatischen Krampfanfällen oder Fieberkrämpfen führen.

Das Krankheitsbild Epilepsie ist dadurch definiert, dass Krampfanfälle auch ohne erkennbare Auslöser auftreten. Die eigentlichen Auslöser einer Epilepsie sind im Gehirn und Stoffwechsel der Betroffenen zu suchen. Grundsätzlich kann jedes Ereignis, das einen Schaden im Gehirn verursacht, ein potenzieller Auslöser für ein epileptisches Anfallsleiden sein. Die Medizin unterscheidet hier strukturelle, infektiöse, metabolische, genetische und immunologische Ursachen.

Strukturelle Ursachen

Strukturelle Veränderungen am Gehirn können beispielsweise durch Schlaganfälle, Hirntumore oder Kopfverletzungen entstehen. Diese Veränderungen können zu einem erhöhten Hirndruck oder Durchblutungsstörungen führen, die dann epileptische Anfälle begünstigen. Mittels Magnetresonanztomographie (MRT) lassen sich diese strukturellen Ursachen meist feststellen. Eine Narbe im Gehirn kann beispielsweise zu einer Übererregbarkeit mit fokalen Anfällen aus genau dieser Region führen. Häufige Ursachen für strukturelle Epilepsien sind Narben nach Geburtsschäden, Schlaganfall, Unfall oder Entzündung.

Ein Teil dieser Fehlbildungen betrifft beide Hirnhälften und manchmal die gesamte Hirnrinde (Pachygyrie, Lissenzephalie, beidseitige Polymirkogyrie, Bandheterotopie). Die Betroffenen sind meist schwer behindert und haben schwierig zu behandelnde Epilepsien. Andere Fehlbildungen sind regional begrenzt und verursachen fokale Anfälle aus dieser Region (umschriebene Polymikrogyrie, noduläre Heterotopie). Eine besondere Rolle spielen die fokalen kortikalen Dysplasien (fokal= nicht überall, umschrieben; kortikal= die Hirnrinde betreffend; Dysplasie= Fehlanlage). Diese sind eine häufige Ursache schwer behandelbarer fokaler Epilepsien im Kindesalter und entgehen häufig einer Routine-MRT-Untersuchung, vor allem im Alter unter 2 Jahren. Bei Kindern mit entsprechend schwierigem Verlauf sollte unbedingt eine hochauflösende MRT mit gezielten Sequenzen zur Darstellung fokaler kortikaler Dysplasien durchgeführt und ggf. nach Abschluss der Hirnreifung wiederholt werden. Da das Gehirn nicht repariert werden kann und sich Nervenzellen nicht im Nachhinein umorganisieren können, ist eine Ausheilung der Epilepsie (also ein Leben ohne Anfälle und ohne Therapie) bei den Betroffenen unwahrscheinlich. Allerdings kann sich in einzelnen Fällen bei einem schweren Verlauf die Möglichkeit einer Epilepsiechirurgie mit Entfernung der anfallsauslösenden Läsion ergeben.

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Infektiöse Ursachen

Infektionen des Gehirns, die durch Viren oder Bakterien hervorgerufen werden, können ebenfalls zu Epilepsie führen. Ein Beispiel hierfür ist die Borreliose.

Metabolische Ursachen

Metabolische Veränderungen, die den Stoffwechsel betreffen, können in Verbindung mit seltenen Stoffwechselerkrankungen wie der Phenylketonurie stehen. Phenylketonurie ist eine angeborene, erbliche Erkrankung des Eiweißstoffwechsels, die den Abbau der Aminosäure Phenylalanin verhindert. Diese sammelt sich im Körper an und stört beim Kind die Entwicklung des Gehirns.

Immunologische Ursachen

Immunologische Ursachen beziehen sich auf Entzündungsvorgänge im Gehirn, beispielsweise wenn die eigene Körperabwehr (Immunsystem) das Hirngewebe angreift und es zu einer Hirnhautentzündung kommt. Diese immunologischen Epilepsien wurden bis vor Kurzem zu den strukturellen Epilepsien gezählt.

Genetische Ursachen

Genetisch bedingt haben manche Menschen eine stärkere Veranlagung zu epileptischen Anfällen als andere. Die Forschung geht heute davon aus, dass bei diesen Patienten ein oder mehrere Gene defekt sind, die als Ursache der Epilepsie anzusehen sind. Häufig sind die betroffenen Gene nicht bekannt, und es müssen bestimmte Gen-Konstellationen vorliegen, damit es zu einer Epilepsie kommt. Daher sind diese Epilepsie-Ursachen meist nicht vererbbar, auch wenn sie neuerdings als genetische Epilepsien bezeichnet werden. Die Nervenzellen und/oder deren Netzwerk sind von Ihrem genetischen Programm her übererregbar. Betroffene tragen eine Veranlagung zur Epilepsie in sich, was „genetische Epilepsie“ genannt wird.

Der Begriff „genetisch“ ist nicht mit „Erbkrankheit“ gleichzusetzen. Die wenigsten Epilepsien wurden als Gendefekt (also Mutation in einem für die Hirnfunktion wichtigen Gen mit der Folge einer Übererregung) ererbt. Mittels genetischer Diagnostik (in Blutzellen) können selten Abweichungen der Chromosomenzahl (z. B. Trisomie 21) festgestellt werden. Größere Verluste von genetischem Material oder ein abnormer Zugewinn (copy number variations) können mit der sogenannten Array-CGH festgestellt werden. Meist sind dann mehrere bis viele verschiedene Gene betroffen. In aller Regel sind diese Veränderungen schicksalhaft spontan entstanden und nicht ererbt. Eine Untersuchung der Eltern kann sinnvoll sein um zu prüfen, ob bei ihnen dieselbe Veränderung vorliegt. Solche copy number variations können, da sie sich in allen Körperzellen finden, vom Betroffenen weitervererbt werden.

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Von den etwa 20.000 Genen, die wir in jeder Körperzelle in uns tragen, haben tausende mit der Gehirnfunktion und -entwicklung zu tun. Wenn ein Gen, dass für die Hirnfunktion sehr wichtig ist und etwas mit der Erregung der Nervenzellen zu tun hat, krankhaft verändert ist, dann kann das zur Epilepsie führen (monogenetische Epilepsie). Es sind über 500 Gene, deren Mutation zur Epilepsie führen kann, bekannt. Diese Gene können im Labor einzeln oder im Rahmen der modernen Abklärung alle gleichzeitig untersucht werden (next generation sequencing, NGS). Es ist sogar möglich, alle Gene des Menschen in einer einzigen Untersuchung auf Mutationen hin abzuklären, wobei man sich darüber klar sein muss, dass es auch Zufallsbefunde mit und ohne Relevanz geben kann.

Nach dem Gendiagnostikgesetz muss vor einer genetischen Diagnostik eine umfassende Aufklärung über den Sinn und Zweck, die Methodik und den Umgang mit Zusatzbefunden erfolgen und eine Einwilligung der Betroffenen, bzw. Sorgeberechtigten eingeholt werden. Die allermeisten monogenetischen Epilepsien sind nicht ererbt, sondern beruhen auf spontanen, also schicksalhaften Mutationen. Jedes Gen ist in der Zelle zweimal, also von Mutter und Vater stammend, vorhanden. Bei manchen Genen kann schon eine spontane Mutation einer Kopie des Gens zur Krankheit führen, was man „autosomal dominant“ nennt. Betroffene werden diese Mutation und die Krankheit statistisch an die Hälfte ihrer eigenen Kinder weitergeben. Da eine Mutation in Abhängigkeit von der übrigen genetischen Ausstattung der Zellen nicht immer zum vollen Krankheitsbild führen muss, kann es selten sein, dass in einer Familie jemand, der dieselbe Mutation trägt, nur mild oder sogar gar nicht betroffen ist. Dann ist eine Vererbung möglich, obwohl ansonsten scheinbar niemand in der Familie betroffen ist. Epilepsien werden selten „autosomal rezessiv“ vererbt, so dass Vater und Mutter jeweils eine Mutation und eine normale Genkopie in sich tragen und gesund sind, dann aber mit einem Risiko von 25% beide mutierten Kopien an das Kind weitergegeben werden, welches dann erkrankt. Vor einem Gentest muss also auch darüber gesprochen werden, wie man mit einer möglichen Vererbung umgeht.

Erfahrungsgemäß sind Eltern aber erleichtert, wenn bei ihrem Kind endlich eine Diagnose schwarz auf weiß gestellt wurde, da nicht selten vor allem die Mütter über Jahre Schuldgefühle in sich tragen („Was habe ich falsch gemacht, dass mein Kind krank ist?“). Selten kann das Wissen um den Mechanismus, dessen Störung zur Epilepsie führt, einen personalisierten Therapieansatz ermöglichen („Präzisionsmedizin“). Wenn es sich bei dem betroffenen Gen um eines handelt, dass nur in einer bestimmten Phase der Hirnentwicklung wichtig ist, kann es sein, dass die Epilepsie nach dieser Zeit ausheilt. Andere Gene spielen lebenslang eine wichtige Rolle und eine Ausheilung der Epilepsie ist bei einer entsprechenden Mutation dann unwahrscheinlich.

Bei den meisten Menschen mit genetischer Epilepsie sind die Ergebnisse der Mutationssuche normal. Die exakte Ursache bleibt unklar. In den meisten dieser Fälle ist es so, dass gar nicht ein einziges, für das Gehirn wichtiges Gen krankhaft mutiert ist, sondern eine kritische Anzahl an Genen minimale Varianten ihrer Aktivität zeigen, die jede für sich eigentlich noch normal sind (Normvarianten). Dabei funktioniert das eine Gen vielleicht ein bisschen zu stark und ein anderes ein bisschen zu wenig. Erst die Kombination dieser Veränderungen führt dann zur Krankheit. Diese Veranlagung nennt man „polygenetisch“. Diese häufige Form genetischer Epilepsien lässt sich heutzutage noch nicht im Labor diagnostizieren, da ja kein Gen krankhaft verändert ist und die Varianten ja auch bei Gesunden vorkommen. Gerade bei polygenetischer Epilepsie ist die Hoffnung auf einen selbstlimitierten Verlauf mit spontaner Ausheilung („verwächst sich“) groß, da ein Teil der Gene möglicherweise im Laufe der Entwicklung weniger Bedeutung haben und andere, ähnliche Gene ihre Funktion übernehmen können. Auch kann das Gleichgewicht von Erregung und Hemmung wiederhergestellt werden, wenn weitere genetische Aktivitäten im Laufe der Zeit hinzukommen und kleine Funktionsstörungen ausgleichen. Im Grunde ist es so, dass die Langzeitprognose einer Epilepsie umso besser ist, je weniger in der diagnostischen Abklärung gefunden wird. Bei manchen Epilepsien ist es sogar so, dass von Beginn an von einer guten Langzeit-Prognose ausgegangen werden kann (z. B.

Kryptogene Epilepsien

Zusätzlich gibt es sogenannte kryptogene Epilepsien, die heute schlichtweg als Epilepsie mit unbekannter Ursache bezeichnet werden. Sie erfüllen die Kriterien wie Anfallshäufigkeit von nicht-provozierten Anfällen, nach denen eine Epilepsie laut Leitlinie definiert und von anderen Anfallsleiden abgrenzt wird, jedoch ohne erkennbare strukturelle, immunologische, genetische, metabolische oder infektiöse Ursache.

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Genetische Aspekte und Vererbung

Die Frage, ob Epilepsie vererbbar ist, ist komplex. Epilepsie selbst ist keine Erbkrankheit, aber die Neigung, eine Epilepsie zu entwickeln, kann vererbt werden. Das Risiko für Kinder von Menschen mit Epilepsie, ebenfalls an Epilepsie zu erkranken, liegt bei 3 - 5 % und ist damit im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung (1 - 2 %) etwa doppelt so hoch. Die einzelnen Epilepsieformen unterscheiden sich jedoch erheblich in ihrem Vererbungsrisiko.

Nur sehr seltene Epilepsiesyndrome (< 1 % aller Epilepsien) unterliegen einer monogenen Vererbung im Sinne klassischer "Erbkrankheiten", bei denen die Erkrankung auf einen einzelnen Gendefekt zurückgeführt wird. Bei ca. 40 % der Epilepsien, u.a. den sogenannten idiopathischen Epilepsien, geht man davon aus, dass eine Kombination verschiedener genetischer Merkmale zur Manifestation der Erkrankung beiträgt. Die exakte genetische Architektur dieser Epilepsien ist jedoch größtenteils ungeklärt. In den übrigen Fällen werden äußere Einflussfaktoren, d. h. im Laufe des Lebens erworbene Hirnläsionen als Ursache angenommen.

Monogenetische Epilepsien

Mit der Bezeichnung „monogenetische Epilepsien“ sind jene Epilepsien gemeint, die in ihrer Vererbung einfachen Mendelschen Regeln folgen. Solche Epilepsien sind auf klinischer Ebene kaum oder gar nicht von komplexen Epilepsien zu unterscheiden. Der Verdacht auf eine monogenetische Epilepsie ergibt sich bei Vorliegen einer positiven Familienanamnese (z.B. benigne familiäre Neugeborenenkrämpfe) oder bei speziellen Epilepsiephänotypen (z.B. Myoklonusepilepsie), die auch sporadisch auftreten können. Einen besonderen Stellenwert in der genetischen Diagnostik haben die frühkindlichen therapieschwierigen Epilepsien, da hier der Anteil monogenetischer Formen als relativ hoch angesehen werden darf. Die Identifizierung eines zugrundeliegenden Defektes ist für den einzelnen Patienten bzw. deren Familie von großer Bedeutung, da sie eine differenzierte Beratung hinsichtlich Erblichkeit bzw. Wiederholungsrisiko ermöglicht und weitere diagnostische Maßnahmen unnötig macht.

Mikrodeletionen

Wissenschaftler haben einen Gendefekt gefunden, den man erblich bedingten Epilepsien zuordnen kann. Als Ort für den Defekt bestätigte sich Chromosom 15. Bei einem Teil der untersuchten Kranken fehlte ein Teil des Chromosoms 15 in der Region 15q13.3. Untersuchungen an weiteren Patienten aus den USA bestätigten das Ergebnis. Das komplette Fehlen kleiner Chromosomenstücke, im Fachjargon Mikrodeletion, wurde bisher noch nicht mit dem Auftreten häufiger Erkrankungen, zu denen auch ein Großteil der Epilepsien zählen, in Verbindung gebracht.

Polygenetische Epilepsien

Bei den meisten Menschen mit genetischer Epilepsie sind die Ergebnisse der Mutationssuche normal. Die exakte Ursache bleibt unklar. In den meisten dieser Fälle ist es so, dass gar nicht ein einziges, für das Gehirn wichtiges Gen krankhaft mutiert ist, sondern eine kritische Anzahl an Genen minimale Varianten ihrer Aktivität zeigen, die jede für sich eigentlich noch normal sind (Normvarianten). Erst die Kombination dieser Veränderungen führt dann zur Krankheit. Diese Veranlagung nennt man „polygenetisch“.

Schwangerschaft und Epilepsie

Frauen mit Epilepsie müssen bei der Planung einer Schwangerschaft einige Dinge berücksichtigen. Antiepileptische Medikamente können Fehlbildungen verursachen, wobei nicht alle Medikamente das gleiche Risiko bergen. Es ist wichtig, sich gut beraten zu lassen, welche Medikamente während einer Schwangerschaft ideal sind. Die bestehenden Medikamente sollten nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt abgesetzt werden, sobald man von einer Schwangerschaft erfährt.

Das Risiko der Nachkommen aller Patienten mit Epilepsie, ebenfalls an einer Epilepsie zu erkranken, liegt bei 3 - 5 % und ist damit im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung (1 - 2 %) etwa doppelt so hoch. Die einzelnen Epilepsieformen unterscheiden sich jedoch z. T. erheblich in ihrem Vererbungsrisiko. Nur sehr seltene Epilepsiesyndrome (< 1 % aller Epilepsien) unterliegen einer monogenen Vererbung im Sinne klassischer "Erbkrankheiten", bei denen die Erkrankung auf einen einzelnen Gendefekt zurückgeführt wird.

Beratung und Betreuung

Bezüglich Schwangerschaft, Geburt und Stillen sollten werdende Mütter und Väter mit Epilepsie ärztliche Beratung und Betreuung in Anspruch nehmen. Kinder von Menschen mit Epilepsie haben im Schnitt nur ein leicht erhöhtes Risiko, an Epilepsie zu erkranken und das Risiko für Fehlbildungen ist trotz Antiepileptika in der Schwangerschaft nur leicht erhöht. Menschen mit Epilepsie sollten eine ungeplante Schwangerschaft, bzw. Zeugung, vermeiden und bei einem Kinderwunsch ausführliche neurologische und gynäkologische Beratung in Anspruch nehmen. Dann können die Antiepileptika angepasst werden, z.B. kann ein Wechsel von Antiepileptika mit dem Wirkstoff Valproinsäure zu einem anderen Medikament sinnvoll sein.

Fruchtbarkeit und Sexualität

Antiepileptische Medikamente und die Krankheit selbst können bei Frauen zu einer verminderten Fruchtbarkeit führen, da sie häufig unter Menstruationsstörungen leiden. Aufgrund von Spermienveränderungen kann auch bei Männern die Fruchtbarkeit herabgesetzt sein. Zudem können sexuelle Funktionsstörungen, z.B. der Verlust des sexuellen Interesses sowie Orgasmus- oder Erektionsstörungen, vorliegen. Betroffene sollten ihre Probleme unbedingt ärztlich abklären lassen, damit die Ursache der Funktionsstörung gefunden werden kann. Unter Umständen kann auf ein anderes Antiepileptikum ausgewichen werden. Spielen psychische Konfliktsituationen eine Rolle, kann eine psychotherapeutische Beratung oder Behandlung sinnvoll sein.

Medikamenteneinnahme während der Schwangerschaft

Schwangere sollten in der Regel die Antiepileptika weiter nehmen, ggf. nach vorherigen Medikamentenänderungen und Dosisanpassungen, um das Risiko für Fehlbildungen beim Kind zu senken. Um Anfällen während der Schwangerschaft vorzubeugen, sollte die Patientin schon vor der Schwangerschaft optimal medikamentös eingestellt sein. Gefährlich kann es für die werdende Mutter werden, wenn ohne ärztliche Rücksprache die Medikation reduziert oder abrupt abgesetzt wird. Dies kann zu gefährlichen Anfällen führen und z.B. bei Stürzen die Mutter und das Ungeborene verletzen. Vorgeburtliche Diagnostik wegen des erhöhten Risikos für Fehlbildungen kann sinnvoll sein, aber auch belasten.

Geburt und Stillen

Die Gebärende sollte auch während der Geburt die Antiepileptika weiter nehmen. Auch mit Epilepsie ist eine natürliche Geburt möglich. Die Diagnose einer Epilepsie allein ist kein Grund für einen Kaiserschnitt, aber er kann z.B. Alle Neugeborenen haben ein Risiko für lebensgefährliche Blutungen wegen eines Vitamin-K-Mangels und bekommen deshalb in der Regel möglichst schnell nach der Geburt Vitamin-K zur Vorbeugung. Bei Müttern mit Epilepsie ist Stillen in der Regel problemlos möglich. Die Epilepsiemedikamente finden sich zwar in geringer Menge auch in der Muttermilch, aber nur wenige Antiepileptika verursachen Nebenwirkungen beim Baby, z.B. zu starke Schläfrigkeit, Antriebsarmut oder Trinkschwäche. Bei Verdacht auf Nebenwirkungen sollte die Medikamentenkonzentration beim Baby untersucht und ggf. die Medikamentendosis angepasst werden.

Schlafentzug und Elternassistenz

Bei einigen Epilepsieformen löst Schlafentzug Anfälle aus. Wenn ein Elternteil an einer solchen Epilepsieform leidet, sollte dieser sehr auf seine Nachtruhe achten. Die nächtliche Betreuung des Kindes sollte dann der gesunde Elternteil oder eine andere nahestehende Person übernehmen. Elternassistenz kann im Anfallsfall die Sicherheit des Kindes gewährleisten und einen Elternteil mit Epilepsie im Alltag unterstützen, z.B. Autofahrten bei fehlender Fahrtauglichkeit übernehmen.

Diagnose und Behandlung

Ein erster epileptischer Anfall gehört immer ärztlich abgeklärt. In diesem Fall sollte ein Arzt, ein Neurologe oder ein Kinderarzt bzw. ein Neuropädiater aufgesucht werden, um eine Abklärung durchzuführen. Das Zentrale ist dabei das EEG, die Elektroenzephalographie; umso früher das EEG durchgeführt werden kann, desto aussagekräftiger ist es. Leider werden oft Symptome von Patienten und deren Angehörigen nicht gleich erkannt. Wenn jedoch Sensationen wie ein Kribbeln am Arm, eine plötzliche Geruchs- oder Geschmacksstörung oder aufsteigende Übelkeit auftreten, ist das abklärungsbedürftig.

Vorbereitung auf den Arztbesuch

Man kann sich auf jeden Arztbesuch vorbereiten. Man kann z.B. schon eruieren, ob in der Familie jemand Epilepsie hat oder ob man als Kleinkind einen Unfall mit einem Schädel-Hirn-Trauma oder eine Hirnhautentzündung hatte. Beim ersten Besuch eines Facharztes wird neben der Anamnese - Suchen nach der Ursache des Anfalls - eine klinische Untersuchung gemacht. Neurologen oder Neuropädiater untersuchen die Reflexe im Körper, ob irgendwelche Ausfälle erkennbar sind und führen dann die erste wichtige Untersuchung, das EEG, durch. Beim EEG werden Elektroden an den Kopf angebracht, mit denen man die Hirnströme messen kann - im besten Fall sollte das früh gemacht werden (bis zu zwanzig Stunden nach dem Anfall). Dadurch könnte man schon eine epileptogene Bereitschaft erkennen. Nach dem EEG wird eine bildgebende Untersuchung des Gehirns gemacht - da ist die Diagnostik der Wahl die Kernspintomographie; das MRT. Nach einem ersten Anfall ist es sinnvoll, eine stationäre Abklärung an einer Kinderklinik oder an einer Neurologie zu machen, um alles durch EEG und MRT abklären lassen zu können. Zudem können Laboruntersuchungen durchgeführt werden, ob Blutunterzucker besteht oder die Blutsalze zu gering sind - auch das kann Anfälle auslösen. Neben den Laboruntersuchungen sind das EEG und die Kernspintomographie die wesentlichen Untersuchungen - das lässt sich in einem stationären Setting leichter abklären.

Elektroenzephalogramm (EEG)

Das Elektroenzephalogramm bzw. EEG ist eine der wichtigsten Untersuchungen, um Anfälle abklären zu können. Dem Patienten werden Elektroden an den Kopf geklebt oder mittels Hauben auf den Kopf gesetzt, wodurch die Spannungen einzelner Gehirnzellen untereinander gemessen werden. Wenn hier die Spannung abfällt oder sich erhöht, hat man ein sogenanntes epilepsietypisches Potential - das ist ein klarer Hinweis für Epilepsie. Beim Elektroenzephalogramm werden am Kopf durch eine Elektrodenhaube in bestimmten Abständen Elektroden angebracht; mit einem Gerät werden dann die Hirnströme aufgezeichnet - so können Hirnströme zwischen zwei Elektroden gemessen werden. Wenn im EEG-Befund eine Aktivität auftritt, welche bei beiden Hemisphären gleichzeitig beginnt und danach abrupt wieder endet, weicht das von einem gesunden EEG ab.

Behandlung mit Antiepileptika

Wenn die Diagnose einer Epilepsie gleich zu Beginn gestellt werden kann, wird auch gleich mit einer antiepileptischen Medikation begonnen. Für die meisten Formen der Epilepsie handelt es sich dabei um eine dauerhafte Therapie; es gibt sehr wenige Epilepsien des Kindes- und Jugendalters, welche im Erwachsenenalter nicht mehr auftreten. Bei den meisten Epilepsien beginnt man jedoch mit einer Medikation, um die Anfälle zu behandeln und zu stabilisieren. Die Einnahme von Antiepileptika stellt nach wie vor die wichtigste Therapie bei Patienten mit einer Epilepsie dar. Von den ca. 20 am häufigsten verwendeten Substanzen ist die Hälfte erst in den letzten 10 Jahren zugelassen worden. Diese neuen Antiepileptika sind zwar oft besser verträglich als die älteren, das "ideale" Antiepileptikum gibt es jedoch nicht.

Die derzeit eingesetzten Antiepileptika können die Erkrankung Epilepsie nicht heilen - sie sollen aber verhindern, dass im Rahmen der Erkrankung weitere epileptische Anfälle auftreten. Entscheidend für den Beginn einer solchen Therapie ist das Risiko, weitere Anfälle zu erleiden. Grundsätzlich ist dieses Risiko nach zwei Anfällen ohne spezifische Auslöser erhöht, daher sollte in diesem Fall eine Pharmakotherapie begonnen werden. Bei manchen Patienten kann aber auch nach nur einem Anfall eine medikamentöse Behandlung notwendig sein. Hier ist die Ursache der Epilepsie von entscheidender Bedeutung. Auch vor Beendigung einer antiepileptischen Therapie muss das individuelle Risiko weiterer Anfälle eingeschätzt werden. Wenn die Epilepsie ursächlich auf genetische Veränderungen oder umschriebene Läsionen im MRT des Gehirns zurückzuführen ist, besteht auch nach langjähriger Anfallsfreiheit beim Absetzen der Antiepileptika ein erhöhtes Rezidivrisiko.

Verhalten bei einem Anfall

Wenn man bei einem epileptischen Anfall anwesend ist, kann man leider nicht viel machen. Man möchte natürlich helfen - das ist jedoch schwierig. Das Wichtigste ist es, den Betroffenen in eine stabile Seitenlage zu bringen und alles wegzuräumen, wodurch man sich verletzen könnte.

Auswirkungen von Anfällen auf das Gehirn

Die Sorge, dass einzelne oder wiederholte epileptische Anfälle zu einem Verlust von Nervenzellen und damit zu intellektuellen Einbußen führen, bewegt viele Patienten und deren Angehörige. Methodisch ist es mitunter schwierig, diese Frage eindeutig zu beantworten. In Tierexperimenten gibt es klare Hinweise auf neuronale Zellverluste und weitere Netzwerkveränderungen nach epileptischen Anfällen, jedoch sind die Bedingungen in diesen Modellen der Epilepsie nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragbar.

Bei Patienten kann man die neuronalen Folgen von epileptischen Anfällen in der Regel nur mit bildgebenden Verfahren, wie dem MRT des Gehirns, untersuchen. Nach einem Status epilepticus, also einem lang anhaltenden epileptischen Anfall, sind in Einzelfällen Nervenzellverluste beschrieben. Allerdings ist hier nicht immer ganz klar, ob diese Veränderungen Folge des Status epilepticus oder der den Status epilepticus verursachenden Gehirnerkrankung sind. Bei Patienten mit einzelnen oder auch wiederholt und häufig auftretenden epileptischen Anfällen konnten MRT-Untersuchungen des Gehirns über einen Zeitraum von 3 - 4 Jahren keine voranschreitenden Veränderungen aufzeigen, die nicht auch bei altersgleichen Kontrollpersonen ohne Epilepsie zu finden waren.

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