Multiple Sklerose (MS), oft als die "Krankheit der 1000 Gesichter" bezeichnet, betrifft in Deutschland rund 252.000 Menschen. Diese chronisch-entzündliche neurologische Erkrankung kann das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) beeinträchtigen und zu einer Vielzahl von Symptomen führen. Betroffene und ihre Angehörigen stehen vor vielfältigen Herausforderungen, die von gesundheitlichen Aspekten bis hin zu finanziellen Belastungen reichen. Glücklicherweise gibt es zahlreiche Anlaufstellen und Unterstützungsangebote, die Menschen mit MS in verschiedenen Lebensbereichen helfen können.
Finanzielle Hilfen und Unterstützung
Die Diagnose MS kann erhebliche finanzielle Belastungen mit sich bringen. Umso wichtiger ist es zu wissen, welche finanziellen Hilfen in Anspruch genommen werden können.
- Deutscher Caritasverband: Menschen mit MS oder deren Angehörige, die sich in finanzieller Not befinden, können beim Deutschen Caritasverband einen Antrag auf Einzelfallhilfe stellen. Die Unterstützung erfolgt aus Mitteln der Hertie-Stiftung. Für den Antrag ist ein ärztliches Attest erforderlich. Anlaufstellen sind beispielsweise der Caritasverband Frankfurt e. V. oder der Caritasverband Freiburg i. Br.
- Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG): Die DMSG bietet ebenfalls Informationen und Beratung zu finanziellen Hilfen und unterstützt Betroffene bei der Antragstellung.
Lebensstil und Ernährung
Auch wenn es nach aktuellem Wissensstand keine Diät gibt, die MS heilen oder den Verlauf stoppen kann, können bestimmte Verhaltens- und Ernährungsweisen den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.
- Rauchverzicht: Rauchen erhöht das Risiko, an MS zu erkranken und scheint den Verlauf der MS zu verschlechtern. Ein Rauchstopp ist daher dringend zu empfehlen.
- Ausgewogene Ernährung: Eine gesunde Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten ist wichtig für das allgemeine Wohlbefinden und kann auch bei MS positive Effekte haben. Eine gesunde Ernährung verringert zudem z.B. das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Typ 2 und neurodegenerative Erkrankungen (z.B. Parkinson, Demenz).
- Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität ist wichtig für die Gesundheit und kann auch bei MS die Mobilität verbessern. Bereits regelmäßiges Gehen kann einen positiven Effekt haben. Empfohlen werden 75-150 Minuten intensive körperliche Aktivität pro Woche (z.B. Joggen, Schwimmen, Ballsport) oder 150-300 Minuten moderate körperliche Aktivität.
- Mentale Gesundheit: Stress kann Schübe auslösen oder den Verlauf der MS beschleunigen. Verschiedene Methoden zur Stressbewältigung, wie Achtsamkeitstraining, Meditation, Yoga oder autogenes Training, können helfen, Stress abzubauen.
- Vitamin D: Menschen, die in Regionen mit hoher Sonneneinstrahlung leben, erkranken seltener an MS. Dies wird mit einem höheren Vitamin-D-Spiegel in Verbindung gebracht. Bei gesunden Erwachsenen sollte der Vitamin-D-Spiegel mehr als 30 nmol/l betragen. MS-Patienten mit normalen Vitamin-D-Spiegeln können, nach Rücksprache mit ihrem Arzt, Vitamin D ergänzend einnehmen, da sie von einem hohen Vitamin-D-Spiegel profitieren können. Sie sollten jedoch nicht mehr als 4.000 IE (internationale Einheiten) täglich nehmen. Vitamin-D-Hochdosistherapien (z.B. "Coimbra-Protokoll") sind nicht zu empfehlen. Die Einnahme von Vitamin D in hohen Dosen kann giftig sein und langfristig gesundheitsschädlich wirken. Zu den Risiken gehören Nierensteine, Verkalkungen der Nieren und eine Verschlechterung der Nierenfunktion.
- Ernährungsformen: Einige Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Ernährungsformen (paläolithisch, mediterran, low-fat) helfen könnten, Fatigue zu verringern.
Umgang mit Fatigue
Fatigue (starke Erschöpfbarkeit) ist ein häufiges und belastendes Symptom bei MS. Betroffene fühlen sich sehr schnell erschöpft und erleben eine ungewöhnliche Müdigkeit und einen starken Energiemangel. Fatigue kann dauerhaft bestehen oder sich im Tagesverlauf entwickeln bzw. verstärken.
- Energiemanagement: Das Erlernen von Strategien zum Energiemanagement kann helfen, die vorhandene Energie besser einzuteilen und den Alltag besser zu bewältigen.
- Achtsamkeitstraining: Achtsamkeitstraining kann helfen, die eigenen Grenzen besser wahrzunehmen und Überlastung zu vermeiden.
- Medikamente: Für Medikamente gegen Fatigue gibt es keine nachgewiesene Wirksamkeit. Jedoch können bei einer gleichzeitig bestehenden Depression ggf. Antidepressiva helfen.
Hitzeempfindlichkeit
Hitze und/oder eine erhöhte Körpertemperatur können bei Menschen mit MS dazu führen, dass sie sog. Pseudo-Schübe bekommen. Dabei treten vorübergehend neue MS-Symptome auf oder bestehende Symptome verschlechtern sich. Hitze, z.B. Pseudo-Schübe äußern sich z.B. Wird die Körpertemperatur wieder gesenkt, verschwinden i.d.R. Für MS-Betroffene ist es jedoch wichtig, sich körperlich zu bewegen und ausreichend frische Luft und Sonnenlicht zu bekommen.
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- Kühlung: Aktiv für Kühlung sorgen, z.B. Kühl duschen. Beim Sport darauf achten, dass der Körper nicht überhitzt.
Osteoporose-Risiko
Menschen mit MS haben ein erhöhtes Risiko für Osteoporose und damit auch für Knochenbrüche. Dieses Risiko wird durch verschiedene MS-Symptome weiter verstärkt, wie z.B. Deshalb sollte bei Frauen mit MS ab der Menopause und bei Männern mit MS ab dem 50. Lebensjahr eine Knochendichtemessung zur Früherkennung von Osteoporose durchgeführt werden. Je nach Ergebnis sollten dann eine Beratung durch einen Osteologen (Facharzt, der auf Knochenerkrankungen spezialisiert ist), Anpassungen des Lebensstils und ggf. Medikamente erfolgen.
Reisen mit MS
Wenn Menschen mit Multipler Sklerose verreisen wollen, ist eine gute Planung wichtig: Extremes Klima sollte vermieden, nötige Impfungen mit Ärzten abgesprochen und die medizinische Versorgung vor Ort in Erfahrung gebracht werden.
- Planung: Vor und während der Reise sollte Stress so gut wie möglich vermieden werden. Alle wichtigen Dokumente (z.B. Reisepass, Impfausweis, Liste aller Medikamente, usw.) sollten ggf. kopiert und getrennt vom Original aufbewahrt werden.
- Klima: Bei vielen Menschen mit MS haben Hitze und Wärme ungünstigen Einfluss auf das körperliche Befinden. Sie sollten nicht in die (Sub-)Tropen reisen.
- Impfungen: Über Impfungen nachdenken und mit dem behandelnden Arzt besprechen. Weitere Informationen bietet die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft in der Broschüre "Impfungen gegen Infektionserkrankungen bei MS".
- Medizinische Versorgung: Zur eigenen Sicherheit trägt es auch bei, sich von zu Hause über eine gute medizinische Versorgung vor Ort zu informieren. Dafür sorgen, dass auch im Ausland Krankenversicherungsschutz besteht (Auslandskrankenversicherung).
- Medikamententransport: Müssen Medikamente gekühlt werden, muss die Kühlkette auch während der Reise gegeben sein. Je nach Therapie sind Spritzen und Kanülen notwendig. Um bei Zollabfertigungen am Flughafen keine unnötigen Probleme zu bekommen, sollte ein ärztliches Attest (am besten auf Englisch) mitgeführt werden.
- Barrierefreiheit: Wer auf einen Rollstuhl angewiesen ist, sollte ein behinderungsgerechtes Hotel wählen und die An- bzw. Abreise entsprechend planen.
Selbsthilfe und Unterstützung
Angebote der Selbsthilfe können Menschen mit MS unterstützen.
- AMSEL e.V.: AMSEL (Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg) e.V. bietet als Fachverband und Selbsthilfeorganisation MS-Erkrankten und ihren Familien umfassende Unterstützung an. Die Internetseite des Vereins AMSEL e.V. ist eine multimediale Plattform mit Informationen zu allen Themen im Zusammenhang mit Multipler Sklerose: umfassend, aktuell, neutral und unabhängig von finanziellen Interessen. Die Seite passt sich an das jeweilige Endgerät an und bietet ein Kaleidoskop an faktischem Wissen rund um die MS: Kurznachrichten, Artikel, Studien, Blogs und multimedialen Angebote, wie zum Beispiel animierte Erklärfilme, MS verstehen, MS behandeln oder MS Kognition. Jeden Monat geht ein aktuelles Video-Interview mit Experten oder Betroffenen online. Benutzer finden Definitionen und Hintergründe zu Ursachen, Verlauf, Diagnose, Symptomen sowie Therapien der Multiplen Sklerose. Plus: Service, Beratung, Stiftung, Community.
- DMSG Hamburg: Die DMSG Hamburg ist eine gemeinnützige Selbsthilfeorganisation und unabhängige Interessenvertretung für Menschen mit Multipler Sklerose. Bei uns erhalten MS-Betroffene und ihre Angehörigen Orientierung sowie Unterstützung und können sich mit anderen Betroffenen vernetzen. Unser sozialpädagogisches Team berät und informiert individuell und vertraulich.
- Weitere Angebote: Austausch in lockerer Atmosphäre: Einmal im Monat treffen wir uns zum Stammtisch. Alle sind willkommen - völlig unabhängig von einer Mitgliedschaft. Zahlreiche Studien belegen die positive Wirkung von Bewegung und Sport bei MS. Durch deine Mitgliedschaft unterstützt du nicht nur unsere Arbeit, sondern stärkst auch unsere DMSG-Ortsvereinigung. Du möchtest unsere ehrenamtliche Arbeit unterstützen? Gerne stehen wir dir bei Fragen zur Verfügung. Lese unter „Deine Spende hilft“ mehr über die Möglichkeiten.
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