Finanzielle Hilfen für Menschen mit Multipler Sklerose in Deutschland

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die in Deutschland viele Menschen betrifft. Da MS oft mit fortschreitenden Einschränkungen und einem erhöhten Bedarf an Unterstützung einhergeht, ist es wichtig, sich über die verschiedenen finanziellen Hilfen zu informieren, die Betroffenen und ihren Familien zur Verfügung stehen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Leistungen und Unterstützungsmöglichkeiten.

Was ist Multiple Sklerose?

Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper eigenes Gewebe um die Nervenzellen angreift und zerstört. Die Symptome sind vielfältig und hängen davon ab, welche Nervenbahnen betroffen sind. Obwohl MS nicht heilbar ist, können Medikamente das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen und die Auswirkungen abschwächen.

Pflegegrad bei MS

Im Verlauf der MS kann Pflegebedürftigkeit entstehen. Der Pflegegrad wird durch den Hilfe- und Pflegebedarf sowie die Einschränkungen im Alltag bestimmt. Der Medizinische Dienst (MD) der Krankenkassen oder MEDICPROOF bei privaten Krankenversicherungen stufen den Pflegegrad zwischen 1 und 5 ein. Da sich MS im Laufe der Zeit verschlechtern kann, steigt der Pflegebedarf und damit der Anspruch auf einen höheren Pflegegrad. Es ist ratsam, neben dem Pflegegrad auch einen Grad der Behinderung (GdB) zu beantragen, der bei Bedarf ebenfalls erhöht werden kann.

Antragstellung auf einen Pflegegrad

Ein Antrag auf Feststellung des Pflegegrades sollte gestellt werden, sobald erste Einschränkungen im Alltag auftreten. Dies können Schwierigkeiten beim Treppensteigen, Duschen oder Arztbesuchen sein. Auch psychische Belastungen wie Depressionen, die bei MS-Erkrankten häufig vorkommen, sollten berücksichtigt werden, da sie den Pflegebedarf beeinflussen können. Der Antrag wird formlos bei der Pflegekasse gestellt.

Zuständige Kostenträger

Bei MS sind in der Regel zwei Kostenträger für die Übernahme von Kosten zuständig: die Pflegeversicherung und die Krankenversicherung. Die Leistungsansprüche sind individuell, daher ist eine umfassende Beratung empfehlenswert.

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Leistungen und finanzielle Unterstützung

Pflegegeld

Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2 oder höher, die zu Hause von Angehörigen gepflegt werden, haben Anspruch auf Pflegegeld. Die Höhe richtet sich nach dem Pflegegrad.

Entlastungsleistungen für pflegende Angehörige

Pflegende Angehörige können durch den Entlastungsbetrag von bis zu 131 Euro monatlich Unterstützung erhalten. Dieser Betrag kann für Hilfe im Haushalt oder zur Entlastung der Angehörigen eingesetzt werden. Der Entlastungsbetrag wird nur bei tatsächlicher Inanspruchnahme von Leistungen gezahlt.

Verhinderungspflege

Bei Urlaub oder Krankheit der privaten Pflegeperson besteht Anspruch auf Verhinderungspflege, die längstens acht Wochen pro Kalenderjahr in Anspruch genommen werden kann (ab 1. Juli 2025).

Leistungen der Krankenversicherung

Die Krankenversicherung übernimmt die Kosten für therapeutische Leistungen wie Arzneimittel, ambulante oder stationäre Therapien. Darüber hinaus gibt es weitere Leistungen, die oft unbekannt sind.

Hilfsmittel und Heilmittel

Hilfsmittel sollen den Erfolg einer Behandlung sichern und krankheitsbedingte Einschränkungen ausgleichen. Für MS-Betroffene bedeutet dies vor allem die Erhaltung und Verbesserung der Selbstständigkeit und Mobilität im Alltag. Heilmittel sind ärztlich verordnete Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern sollen, wie beispielsweise Physiotherapie oder Ergotherapie bei Spastik.

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Grad der Behinderung (GdB)

Bei Multipler Sklerose kann ein Grad der Behinderung (GdB) zuerkannt werden, der verschiedene Vorteile mit sich bringt, wie beispielsweise Steuererleichterungen.

Steuererleichterungen

Bei Vorliegen einer Schwerbehinderung (mindestens ein GdB von 50%) können Steuererleichterungen in Anspruch genommen werden.

Medizinische Rehabilitation

Eine medizinische Reha kann helfen, die Selbstständigkeit und Lebensqualität zu verbessern.

Arbeitslosengeld und Krankengeld

Bei längerer Arbeitsunfähigkeit zahlt die Krankenkasse Krankengeld. Bei Arbeitslosigkeit wird Arbeitslosengeld gezahlt.

Erwerbsminderungsrente (EMR)

Wenn MS-bedingt nicht mehr oder nicht mehr in Vollzeit gearbeitet werden kann, besteht die Möglichkeit, eine Erwerbsminderungsrente (EMR) zu beantragen. Voraussetzung ist, dass die Vorversicherungszeit erfüllt ist und die Erwerbsfähigkeit aufgrund der Erkrankung eingeschränkt ist. Die Rentenversicherung prüft die Leistungsfähigkeit durch Gutachten und kann eine Rehabilitationsmaßnahme fordern. Die EMR wird üblicherweise zunächst befristet bewilligt, kann aber unter Umständen auch unbefristet gewährt werden.

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Berufliche Rehabilitation

Maßnahmen der beruflichen Reha sollen chronisch kranke Menschen wieder in den beruflichen Alltag integrieren und ihre Erwerbsfähigkeit absichern.

Sozialhilfe

Wenn Einkommen und Vermögen nicht zum Leben reichen, kann Sozialhilfe beantragt werden.

Zuzahlungen

Als Erwachsene müssen Zuzahlungen zu Medikamenten, Therapien, Hilfsmitteln und Klinikaufenthalten geleistet werden.

Finanzielle Hilfe durch Stiftungen und Verbände

Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG)

Die DMSG unterstützt Betroffene und Angehörige durch Beratung und Informationen. Der Landesverband hilft bei der Antragstellung für finanzielle Unterstützung.

DMSG-Stiftung

Die DMSG-Stiftung bietet finanzielle Unterstützung für MS-Erkrankte in Notlagen. Anträge können über den zuständigen DMSG-Landesverband eingereicht werden.

Deutscher Caritasverband

Menschen mit MS oder ihre Angehörigen können beim Deutschen Caritasverband einen Antrag auf Einzelfallhilfe stellen, wenn sie in finanzieller Not sind.

Hertie-Stiftung

Einzelpersonen können aus Mitteln der Hertie-Stiftung unterstützt werden.

Selbsthilfe und Beratung

Das Selbsthilfenetzwerk für MS ist in Deutschland gut ausgebaut. Viele Vereine und Selbsthilfegruppen helfen Betroffenen und Angehörigen, sich mit MS erfolgreich und selbstbestimmt durchs Leben zu manövrieren.

Fallbeispiele

Marie

Marie erhielt mit 15 Jahren die Diagnose MS. Nach dem Abitur und einer Ausbildung bezog sie eine Erwerbsminderungsrente und arbeitet in dem Maß, in dem es ihre Erkrankung zulässt. Die DMS-Stiftung finanzierte ihr eine Kühlweste zur Linderung des Uthoff-Phänomens.

Jule

Jule erhielt mit 24 Jahren die Diagnose MS und musste einen Rollstuhl nutzen. Heute bewegt sie sich ohne Hilfsmittel und bewältigt das Leben einer großen Familie.

Tine

Tine baute ein Tanzstudio auf, als sich in ihren Zwanzigern die MS zeigte. Heute benötigt sie dauerhaft Gehhilfen und musste ihr Studio aufgeben. Durch den Hilfsfond der DMS-Stiftung konnte sie mit ihrem Sohn eine entspannte Woche verbringen.

Interessenvertretung

Die DMSG setzt sich auf politischer Ebene für eine bessere Behandlung und Versorgung, mehr soziale Sicherheit und eine inklusive Gesellschaft ein. Sie bringt die Anliegen von Menschen mit MS und ihren Angehörigen in die politischen Entscheidungsprozesse ein.

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