Abenteuer Diagnose: Myasthenia Gravis – Ursachen, Symptome und Behandlung

Die Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung, die die Kommunikation zwischen Nerven und Muskeln stört. Dies führt zu einer Muskelschwäche, die sich im Laufe der Zeit verschlimmern kann. Obwohl die Erkrankung nicht heilbar ist, können Behandlungen helfen, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Was ist Myasthenia Gravis?

Myasthenia gravis ist eine seltene chronische Autoimmunerkrankung, die die willkürliche Muskulatur schwächt. Dies bedeutet, dass die Muskeln, die wir bewusst steuern, wie z. B. die Muskeln, die für Bewegungen der Arme und Beine, das Kauen, Schlucken, Sprechen und die Mimik verantwortlich sind, betroffen sein können. Der Name "Myasthenia gravis" kommt aus dem Griechischen und Lateinischen und bedeutet "schwere Muskelschwäche".

Die Erkrankung ist durch eine Störung der Nerv-Muskel-Kommunikation gekennzeichnet. Bei der Nerv-Muskel-Kommunikation werden Signale aus dem Gehirn über Nerven zu Muskelzellen weitergeleitet, damit diese eine Bewegung ausführen. Das Signal wird dabei an der Schnittstelle zwischen Nerv- und Muskelzelle, im sogenannten synaptischen Spalt, auf die Muskelzelle übertragen: Spezielle Botenstoffe, wie z. B. Azetylcholin (ACh), werden von der Nervenzelle ausgeschüttet und binden an bestimmte Proteine, z. B. Azetylcholinrezeptoren (AChR), an der Muskeloberfläche.

Bei Myasthenia gravis greift das Immunsystem fälschlicherweise diese Azetylcholinrezeptoren an der Muskeloberfläche an und zerstört sie. Dies führt dazu, dass weniger Rezeptoren für Azetylcholin zur Verfügung stehen, was die Signalübertragung von den Nerven zu den Muskeln beeinträchtigt. Infolgedessen erhalten die Muskeln nicht genügend Signale, um sich normal zusammenzuziehen, was zu Muskelschwäche und Ermüdung führt.

Ursachen von Myasthenia Gravis

Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung, was bedeutet, dass das körpereigene Immunsystem fälschlicherweise körpereigene Zellen und Gewebe angreift. Im Fall von Myasthenia gravis greift das Immunsystem die Azetylcholinrezeptoren (AChR) an der neuromuskulären Endplatte an.

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Die genauen Ursachen, warum das Immunsystem diese Rezeptoren angreift, sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass eine Kombination aus genetischen und Umweltfaktoren eine Rolle spielt.

Einige Risikofaktoren, die mit der Entwicklung von Myasthenia gravis in Verbindung gebracht werden, sind:

  • Thymusdrüse: Die Thymusdrüse ist ein Organ im oberen Brustbereich, das wichtig für das Immunsystem ist, besonders in der Kindheit. Bei manchen Menschen mit Myasthenia gravis ist die Thymusdrüse vergrößert oder weist Tumore auf (Thymome). Es wird angenommen, dass die Thymusdrüse eine Rolle bei der Produktion von Antikörpern spielt, die die Azetylcholinrezeptoren angreifen.
  • Genetische Faktoren: Es gibt Hinweise darauf, dass Myasthenia gravis familiär gehäuft auftreten kann, was auf eine genetische Komponente hindeutet.
  • Andere Autoimmunerkrankungen: Menschen mit anderen Autoimmunerkrankungen, wie z. B. Lupus, rheumatoider Arthritis oder Hashimoto-Thyreoiditis, haben ein erhöhtes Risiko, an Myasthenia gravis zu erkranken.
  • Bestimmte Medikamente: In seltenen Fällen können bestimmte Medikamente, wie z. B. Penicillamin (zur Behandlung von rheumatoider Arthritis) oder Interferon-alpha (zur Behandlung von Hepatitis C), Myasthenia gravis auslösen.

Antikörper bei Myasthenia Gravis

Bei circa 85 % der Patienten mit generalisierter Myasthenia gravis lassen sich Antikörper gegen den Azetylcholinrezeptor (AChR-Antikörper) nachweisen. Bei den übrigen Patienten finden sich manchmal Antikörper gegen die muskelspezifische Tyrosinkinase (MuSK-Antikörper). Die muskelspezifische Tyrosinkinase (MuSK) ist ein Protein, das bei der Kommunikation zwischen Nerven und Muskeln eine wichtige Rolle spielt. Auch Antikörper gegen Lipoprotein-Related Protein 4 (LRP4) können gefunden werden. Es gibt auch Patienten ohne diese nachweisbaren Antikörper. Diese Form wird als seronegative Myasthenia gravis bezeichnet.

Symptome von Myasthenia Gravis

Das Hauptsymptom von Myasthenia gravis ist eine Muskelschwäche, die sich bei Aktivität verschlimmert und nach Ruhephasen bessert. Die Schwäche kann verschiedene Muskelgruppen betreffen, wobei bestimmte Muskeln häufiger betroffen sind als andere.

Häufige Symptome sind:

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  • Augenmuskeln:
    • Doppeltsehen (Diplopie): Schwäche der Augenmuskeln kann zu Doppeltsehen führen, da die Augen nicht richtig ausgerichtet sind.
    • Herabhängendes Augenlid (Ptosis): Schwäche der Muskeln, die das Augenlid anheben, kann zu einem oder beiden herabhängenden Augenlidern führen.
  • Gesichts- und Rachenmuskulatur:
    • Schluckbeschwerden (Dysphagie): Schwäche der Muskeln, die am Schlucken beteiligt sind, kann zu Schwierigkeiten beim Schlucken von Nahrung und Flüssigkeiten führen.
    • Sprechprobleme (Dysarthrie): Schwäche der Muskeln, die für die Sprache verantwortlich sind, kann zu verwaschener oder nasal klingender Sprache führen.
    • Kaubeschwerden: Schwäche der Kaumuskeln kann das Kauen erschweren, besonders bei zähen Speisen.
    • Veränderte Mimik: Schwäche der Gesichtsmuskeln kann zu einem maskenhaften Gesichtsausdruck oder Schwierigkeiten beim Lächeln führen. Seit kurzem zeigt sich auch zunehmend beim Essen einsetzende Erschöpfung durch hängenden Mund, erschöpften Gesichtsausdruck, gelegentliche unmerkliche kurze (Erschöpfungs-?) Töne.
  • Arm- und Beinmuskulatur:
    • Schwäche in Armen und Beinen: Die Muskelschwäche kann die Bewegung der Arme und Beine beeinträchtigen, was zu Schwierigkeiten beim Heben von Gegenständen, Treppensteigen oder Gehen führen kann. Betroffenen fallen Bewegungsabläufe wie Aufstehen, Treppensteigen und das Gehen schwer. Starker Verlust von Muskelkraft und Feinmotorik, zunächst in den Beinen, angefangen Unterschenkel, dann aufwärts der Beine, die zunehmend ein unkontrolliertes stampfiges Gangbild am Rollator oder an Krücken zeigen. Freihändig völlig unsicherer Entengang mit kleinen Tippelschritten und breitstehenden Beinen (wie ein Sumo-Ringer), beide Knie immer etwas eingeknickt im Stand, deutliche Verformung der Unterschenkel (vermutlich als Folge der Dauerbelastung). Kein Ausfallschritt möglich z.B. beim Stolpern). Gehen auf unebenem Boden führt oft zum Sturz. Gehen nur wenige Schritte am Rollator möglich; Treppen steigen nur auf allen Vieren und sehr langsam; auch eine einzelne Treppenstufe kann nicht allein überwunden werden.
    • Ermüdung: Die Muskeln ermüden schnell bei Aktivität, was zu einer allgemeinen Schwäche und Erschöpfung führen kann.
  • Atemmuskulatur:
    • Atemnot (Dyspnoe): In schweren Fällen kann die Schwäche der Atemmuskulatur zu Atemnot führen, insbesondere bei Anstrengung.
    • Myasthene Krise: Eine myasthene Krise ist eine lebensbedrohliche Verschlimmerung der Muskelschwäche, die die Atemmuskulatur betrifft und eineNotfallbehandlung erfordert.

Die Symptome von Myasthenia gravis können im Laufe der Zeit variieren, mit Perioden der Besserung (Remission) und Verschlechterung (Exazerbation). Die Schwere der Symptome kann von Person zu Person unterschiedlich sein.

Diagnose von Myasthenia Gravis

Die Diagnose von Myasthenia gravis kann eine Herausforderung sein, da die Symptome unspezifisch sind und andere Erkrankungen ähneln können. Die Diagnose basiert in der Regel auf einer Kombination aus:

  • Klinischer Untersuchung: Der Arzt wird die Krankengeschichte des Patienten erheben und eine körperliche Untersuchung durchführen, um die Muskelfunktion und die Reflexe zu beurteilen. Typische Zeichen bei der körperlichen Untersuchung sind ein asymmetrischer Schulterstand, unterschiedlich große Taillendreiecke (Abstände der locker herabhängenden Arme zum Rumpf).
  • Neurologische Untersuchung: Eine neurologische Untersuchung wird durchgeführt, um die Nervenfunktion zu beurteilen.
  • Edrophonium-Test (Tensilon-Test): Bei diesem Test wird dem Patienten Edrophonium, ein Medikament, das die Wirkung von Azetylcholin verstärkt, intravenös verabreicht. Wenn sich die Muskelschwäche nach der Injektion verbessert, deutet dies auf Myasthenia gravis hin.
  • Elektromyographie (EMG): Ein Elektromyogramm (EMG) misst die elektrische Aktivität der Muskeln. Bei Myasthenia gravis zeigt das EMG typische Veränderungen, die auf eine Störung der Nerv-Muskel-Kommunikation hindeuten. Bei einem Verdacht auf Lambert-Eaton-Myasthenes-Syndrom gibt ein Elektromyogramm (EMG) Aufschluss über die Muskelaktivität.
  • Blutuntersuchungen: Blutuntersuchungen können durchgeführt werden, um Antikörper gegen Azetylcholinrezeptoren (AChR-Antikörper), muskelspezifische Tyrosinkinase (MuSK-Antikörper) oder Lipoprotein-Related Protein 4 (LRP4) nachzuweisen. Bei circa 90% der Patienten mit LEMS können Antikörper gegen die präsynaptischen, spannungsabhängigen Kalziumkanäle (VGCC) vom P/Q-Typ nachgewiesen werden.
  • Bildgebende Verfahren: Eine Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Brustkorbs kann durchgeführt werden, um die Thymusdrüse zu untersuchen und mögliche Tumore (Thymome) auszuschließen. Eine Computertomographie (CT) ist ein medizinisches Bildgebungsverfahren, bei dem Röntgenstrahlen genutzt werden, um detaillierte Querschnittsbilder des Körpers zu erstellen.

Behandlung von Myasthenia Gravis

Es gibt keine Heilung für Myasthenia gravis, aber es gibt verschiedene Behandlungen, die helfen können, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die Behandlung zielt darauf ab, die Nerv-Muskel-Kommunikation zu verbessern und die Autoimmunreaktion zu unterdrücken.

Die Behandlungsmöglichkeiten umfassen:

  • Cholinesterasehemmer: Diese Medikamente, wie z. B. Pyridostigmin, blockieren das Enzym Cholinesterase, das Azetylcholin abbaut. Dadurch steht mehr Azetylcholin zur Verfügung, um an die verbleibenden Rezeptoren an der Muskeloberfläche zu binden, was die Muskelkraft verbessert. Azetylcholin (ACh) wird durch das Enzym Azetylcholinesterase (AChE) abgebaut. Wird das Enzym medikamentös gehemmt, wird der Abbau des ACh vermindert und es steht mehr ACh zur Verfügung. Dadurch wird die Signalübertragung an der Schnittstelle zwischen Nervenfaser und Muskelzelle verbessert.
  • Immunsuppressiva: Diese Medikamente, wie z. B. Kortikosteroide (Prednison) oder Azathioprin, unterdrücken das Immunsystem und reduzieren die Produktion von Antikörpern, die die Azetylcholinrezeptoren angreifen. Bei dem idiopathischen LEMS kann eine Therapie mit Kortison oder anderen Immunsuppressiva die Beschwerden lindern.
  • Thymektomie: Die operative Entfernung der Thymusdrüse kann bei manchen Menschen mit Myasthenia gravis hilfreich sein, insbesondere bei Patienten mit Thymomen. Die Thymektomie kann die Produktion von Antikörpern reduzieren und die Symptome verbessern. Eine Thymektomie ist die operative Entfernung der Thymusdrüse, die im oberen Brustbereich liegt.
  • Plasmapherese: Bei der Plasmapherese wird das Blut des Patienten durch eine Maschine geleitet, die die Antikörper entfernt. Dies kann eine kurzfristige Verbesserung der Symptome bewirken, wird aber in der Regel nur in schweren Fällen oder bei myasthenen Krisen eingesetzt.
  • Immunadsorption: Bei der Immunadsorption wird Blut durch ein spezielles Filtersystem geleitet, das gezielt die schädlichen Antikörper bindet und herausfiltert.
  • Intravenöse Immunglobuline (IVIG): IVIG sind Antikörper, welche aus gepoolten Blutplasmaspenden von mehreren tausend Spendern gewonnen werden, um die Autoimmunreaktion bei Myasthenia gravis zu hemmen. Zur Therapie werden sie intravenös verabreicht.

Die Wahl der Behandlung hängt von der Schwere der Symptome, dem Alter des Patienten, dem Vorliegen anderer Erkrankungen und der Reaktion auf frühere Behandlungen ab.

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Leben mit Myasthenia Gravis

Myasthenia gravis kann das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Es gibt jedoch viele Dinge, die Menschen mit Myasthenia gravis tun können, um ihre Lebensqualität zu verbessern:

  • Befolgen Sie den Behandlungsplan: Es ist wichtig, die vom Arzt verordneten Medikamente regelmäßig einzunehmen und die Kontrolltermine einzuhalten.
  • Planen Sie Ruhepausen: Planen Sie regelmäßige Ruhepausen ein, um Ermüdung vorzubeugen.
  • Vermeiden Sie Auslöser: Bestimmte Faktoren, wie z. B. Stress, Hitze, Infektionen und bestimmte Medikamente, können die Symptome von Myasthenia gravis verschlimmern. Versuchen Sie, diese Auslöser zu vermeiden.
  • Ernähren Sie sich gesund: Eine gesunde Ernährung kann helfen, die allgemeine Gesundheit und das Energieniveau zu verbessern.
  • Bewegen Sie sich regelmäßig: Regelmäßige Bewegung kann helfen, die Muskelkraft und Ausdauer zu verbessern. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Physiotherapeuten, um ein geeignetes Trainingsprogramm zu entwickeln.
  • Treten Sie einer Selbsthilfegruppe bei: Der Austausch mit anderen Menschen, die an Myasthenia gravis leiden, kann hilfreich sein, um Unterstützung und Informationen zu erhalten.

Selbsthilfegruppen

Hier ist eine Liste von Selbsthilfegruppen, die Menschen mit Myasthenia gravis und deren Angehörigen Unterstützung bieten:

  • Deutsche Myasthenie Gesellschaft e. V. Gruppe ruht
  • Weitere Selbsthilfegruppen für chronisch Erkrankte und deren Angehörige sind in der vom Nutzer bereitgestellten Liste zu finden.

Fallbeispiel

Die Informationen des Nutzers enthalten auch den Fall einer 77-jährigen Mutter mit unklaren Beschwerden:

Die Mutter des Nutzers leidet seit einigen Jahren unter zunehmender Muskelschwäche und Feinmotorikstörungen, die sich in den Beinen begonnen haben und sich aufwärts ausgebreitet haben. Die Symptome umfassen ein unkontrolliertes Gangbild, Schwierigkeiten beim Treppensteigen und zunehmende Erschöpfung beim Essen. Trotz umfassender medizinischer Untersuchungen konnte keine eindeutige Diagnose gestellt werden.

In diesem Fall wäre es ratsam, Myasthenia gravis als mögliche Ursache in Betracht zu ziehen und entsprechende diagnostische Tests durchzuführen, wie z. B. den Edrophonium-Test, EMG und Blutuntersuchungen auf AChR-Antikörper, MuSK-Antikörper oder LRP4-Antikörper.

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