Aktivierungstherapie bei Demenz: Beispiele und umfassender Überblick

Die Aktivierungstherapie ist ein wichtiger Bestandteil in der Betreuung von Menschen mit Demenz. Sie zielt darauf ab, vorhandene Fähigkeiten zu fördern, den Alltag zu erleichtern und die Lebensqualität zu verbessern. Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über die Aktivierungstherapie bei Demenz, beleuchtet verschiedene Beispiele und geht auf die MAKS-Therapie (motorisch, alltagspraktisch, kognitiv und spirituell) ein.

Einführung

Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung, die das Gedächtnis, das Denkvermögen und die Alltagskompetenzen beeinträchtigt. Obwohl es keine Heilung gibt, können verschiedene therapeutische Ansätze dazu beitragen, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Neben medikamentösen Behandlungen spielen nicht-medikamentöse Therapien eine wichtige Rolle. Die Aktivierungstherapie ist eine solche nicht-medikamentöse Methode, die darauf abzielt, die kognitiven, motorischen, alltagspraktischen und spirituellen Fähigkeiten von Menschen mit Demenz zu fördern.

Grundlagen der Aktivierungstherapie

Die Aktivierungstherapie basiert auf der Idee, dass Menschen mit Demenz trotz ihrer Erkrankung noch über zahlreiche Ressourcen und Fähigkeiten verfügen. Ziel ist es, diese Ressourcen zu aktivieren und zu erhalten, um den Betroffenen ein Gefühl von Selbstwirksamkeit und Lebensfreude zu vermitteln. Die Therapie umfasst verschiedene Aktivitäten, die individuell auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Betroffenen abgestimmt sind.

Ziele der Aktivierungstherapie

Die Aktivierungstherapie verfolgt eine Reihe von Zielen, darunter:

  • Förderung der kognitiven Fähigkeiten: Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Konzentration, Sprache
  • Erhaltung der motorischen Fähigkeiten: Koordination, Beweglichkeit, Kraft
  • Stärkung der alltagspraktischen Fähigkeiten: Selbstversorgung, Haushaltstätigkeiten
  • Förderung der sozialen Interaktion: Kommunikation, Beziehungen
  • Verbesserung der emotionalen Befindlichkeit: Lebensfreude, Selbstwertgefühl
  • Anregung der Sinne: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten
  • Spirituelle Angebote: Halt und Trost geben

Prinzipien der Aktivierungstherapie

Bei der Durchführung der Aktivierungstherapie sollten folgende Prinzipien beachtet werden:

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  • Individualität: Die Aktivitäten müssen an die individuellen Bedürfnisse, Fähigkeiten und Interessen der Betroffenen angepasst werden.
  • Ressourcenorientierung: Der Fokus liegt auf den vorhandenen Fähigkeiten und Ressourcen der Betroffenen, nicht auf ihren Defiziten.
  • Ganzheitlichkeit: Die Therapie berücksichtigt alle Bereiche des Lebens: Körper, Geist und Seele.
  • Wertschätzung: Ein wertschätzender und respektvoller Umgang ist die Grundlage für eine erfolgreiche Therapie.
  • Validation: Die Gefühle und Erfahrungen der Betroffenen werden ernst genommen und anerkannt.
  • Partizipation: Die Betroffenen werden aktiv in die Planung und Durchführung der Aktivitäten einbezogen.
  • Freude und Spaß: Die Aktivitäten sollen Freude bereiten und die Lebensqualität verbessern.
  • Regelmäßigkeit: Regelmäßige Aktivierungseinheiten sind wichtig, um die positiven Effekte der Therapie zu erhalten.

Beispiele für Aktivierungsangebote

Die Aktivierungstherapie umfasst eine Vielzahl von Aktivitäten, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Fähigkeiten von Menschen mit Demenz zugeschnitten sind. Im Folgenden werden einige Beispiele für Aktivierungsangebote vorgestellt:

Motorische Aktivierung

  • Bewegungsübungen: Gymnastik, Tanzen, Spaziergänge, Gleichgewichtsübungen, Ballspiele
  • Feinmotorische Übungen: Malen, Basteln, Handwerken, Kneten, Puzzles
  • Alltagspraktische Übungen: Kochen, Backen, Gartenarbeit, Wäsche falten, Tisch decken

Beispiele:

  • Bewegungsspiele, bei denen Gummibänder oder Gymnastikstäbe eingesetzt werden.
  • Vorschläge für kleinere Wettkämpfe, um die Motivation zu steigern.

Alltagspraktische Aktivierung

  • Hauswirtschaftliche Tätigkeiten: Kochen, Backen, Abwaschen, Aufräumen, Wäschepflege
  • Gartenarbeit: Pflanzen, Säen, Ernten, Blumen gießen
  • Handwerkliche Tätigkeiten: Holzarbeiten, Töpfern, Stricken, Häkeln

Beispiele:

  • Gemeinsames Zubereiten von Mahlzeiten oder das Anrichten des Essens.
  • Herstellen von Adventskalendern in einzelnen Schritten.

Kognitive Aktivierung

  • Gedächtnistraining: Erinnerungsarbeit, Biografiearbeit, Quizspiele, Wortspiele, Bilderordnen
  • Orientierungstraining: Kalenderarbeit, Uhrzeit lernen, Wegbeschreibungen, Erkennen von Orten
  • Konzentrationstraining: Mandalas ausmalen, Puzzles legen, Suchbilder lösen

Beispiele:

  • PC-Übungen mit steigendem Schwierigkeitsgrad.
  • Übungen zur Fingergymnastik oder Gedächtnisübungen mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen (leicht, mittel, schwer).

Spirituelle Aktivierung

  • Religiöse Rituale: Gottesdienste, Gebete, Singen von Kirchenliedern, Vorlesen aus der Bibel
  • Meditation und Entspannung: Atemübungen, Fantasiereisen, Progressive Muskelentspannung
  • Naturerlebnisse: Spaziergänge in der Natur, Besuch von Gärten, Betrachten von Blumen
  • Gespräche über Sinnfragen: Leben, Tod, Leid, Hoffnung

Beispiele:

  • Vorlesen von Gedichten, Liedtexten oder Gebeten.
  • Singen von Marienliedern oder Durchführung von Andachtsformen.

Sensorische Aktivierung

  • Visuelle Reize: Betrachten von Bildern, Fotos, Filmen, Natur
  • Auditive Reize: Hören von Musik, Geräuschen, Geschichten, Gedichten
  • Olfaktorische Reize: Riechen von Düften, Gewürzen, Blumen, Lebensmitteln
  • Gustatorische Reize: Schmecken von Speisen, Getränken, Gewürzen
  • Taktile Reize: Berühren von Stoffen, Gegenständen, Naturmaterialien

Beispiele:

  • 10-Minuten-Aktivierung mit Themenkästen, die Gegenstände zu verschiedenen Themenfeldern enthalten (z.B. Küche, Badezimmer, Wald).

Soziale Aktivierung

  • Gesprächsrunden: Austausch über Erinnerungen, Erfahrungen, Meinungen
  • Gesellschaftsspiele: Brettspiele, Kartenspiele, Bingo
  • Gruppenaktivitäten: Singen, Tanzen, Basteln, Kochen
  • Ausflüge: Besuch von Museen, Theatern, Konzerten, Parks

Beispiele:

  • Entwicklung und Durchführung von Gesellschaftsspielen, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zugeschnitten sind.

Die MAKS-Therapie

Die MAKS-Therapie (motorisch, alltagspraktisch, kognitiv und spirituell) ist ein multimodales Aktivierungsprogramm für Menschen mit Demenz, das an der Psychiatrischen Universitätsklinik Erlangen entwickelt wurde. Die Therapie kombiniert Elemente aus verschiedenen Bereichen der Aktivierungstherapie und zielt darauf ab, die kognitiven und alltagspraktischen Fähigkeiten der Betroffenen zu erhalten und zu verbessern.

Bestandteile der MAKS-Therapie

Die MAKS-Therapie umfasst vier Hauptbestandteile:

  • Motorische Aktivierung: Bewegungsübungen, Gleichgewichtstraining, Koordinationstraining
  • Alltagspraktische Aktivierung: Übungen zur Selbstversorgung, Haushaltstätigkeiten, Gartenarbeit
  • Kognitive Aktivierung: Gedächtnistraining, Orientierungstraining, Konzentrationstraining
  • Spirituelle Aktivierung: Religiöse Rituale, Meditation, Gespräche über Sinnfragen

Durchführung der MAKS-Therapie

Die MAKS-Therapie wird in der Regel in Kleingruppen durchgeführt. Die Therapieeinheiten finden mehrmals pro Woche statt und dauern jeweils mehrere Stunden. Die Aktivitäten werden von geschulten Fachkräften angeleitet und individuell an die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Teilnehmer angepasst.

Wirksamkeit der MAKS-Therapie

Studien haben gezeigt, dass die MAKS-Therapie positive Auswirkungen auf Menschen mit Demenz haben kann. So können beispielsweise die kognitiven und alltagspraktischen Fähigkeiten stabilisiert oder sogar verbessert werden. Zudem kann die Therapie depressive Symptome reduzieren und das soziale Verhalten verbessern.

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Umsetzung der MAKS-Therapie

Für die Umsetzung der MAKS-Therapie sind entsprechende Schulungen der Pflegekräfte notwendig. Die Therapie kann sowohl in stationären als auch in ambulanten Einrichtungen der Altenhilfe durchgeführt werden.

Gesellschaftsspiele für Menschen mit Demenz

Ein Beispiel für ein Aktivierungsangebot im Rahmen der MAKS-Therapie ist die Entwicklung von Gesellschaftsspielen für Menschen mit Demenz. Krankenpflegeschüler des Universitätsklinikums Erlangen haben ein solches Spiel entwickelt, um Betroffenen wieder mehr Freude am Leben zu schenken und ihren Krankheitszustand zu stabilisieren.

Konzeption des Spiels

Bei der Konzeption des Spiels wurden folgende Aspekte berücksichtigt:

  • Prinzipien für kognitiv eingeschränkte Patienten: Einfache Regeln, übersichtliche Gestaltung, kurze Spieldauer
  • Berücksichtigung alterstypischer Einschränkungen: Nachlassende Sehfähigkeit, Motorik, Kurzzeitgedächtnis, Konzentrationsfähigkeit
  • Anpassung der Kategorien an die Zielgruppe: Fragen aus Allgemeinwissen, Geschichte, persönlicher Biografie, Erkennen von bekannten Persönlichkeiten
  • Gestaltung der Drehscheibe: Leichte Drehbarkeit, große, farbige Felder

Durchführung des Spiels

Das Spiel wird von einem Spielleiter begleitet, der die Karten vorliest, auf die richtige Reihenfolge achtet und das Versetzen der Spielfiguren unterstützt. Die Spieler müssen entweder eine Frage beantworten oder eine Aktivität ausführen. Bei Erfolg dürfen sie ihre Spielfigur vorrücken.

Anpassung an den Demenzgrad

Um den unterschiedlichen Demenzgraden der Spieler gerecht zu werden, wurden verschiedene Schwierigkeitsstufen für Fragen und Aktivitäten entwickelt. Zudem wird empfohlen, die Spielgruppe am Krankheitsstadium der Teilnehmer auszurichten.

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Weitere nicht-medikamentöse Therapieansätze

Neben der MAKS-Therapie gibt es noch weitere nicht-medikamentöse Behandlungswege gegen Demenz:

  • Musiktherapie: Gemeinsames Musizieren, Singen, Tanzen
  • Basale Stimulation: Förderung der Wahrnehmung durch Berührung, Bewegung und Sinnesreize
  • Ergotherapie:Training von alltagspraktischen Fähigkeiten und kognitiven Fertigkeiten
  • Tiergestützte Therapie: Einsatz von Tieren zur Förderung der sozialen Interaktion und emotionalen Befindlichkeit

Bedeutung der Aktivierungstherapie

Die Aktivierungstherapie ist ein wichtiger Baustein in der Betreuung von Menschen mit Demenz. Sie kann dazu beitragen, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern, ihre Selbstständigkeit zu erhalten und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Zudem kann die Therapie Angehörige und Pflegekräfte entlasten, indem sie den Umgang mit Menschen mit Demenz erleichtert und neue Zugangswege für einen positiven Kontakt eröffnet.

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