Ein Schlaganfall kann das Leben eines Betroffenen und seiner Familie drastisch verändern. Halbseitige Lähmungen (Hemiplegie oder Hemiparese) sind häufige Folgen, die die motorischen Fähigkeiten und die Selbstständigkeit im Alltag stark beeinträchtigen können. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Übungen und Therapieansätze zur Rehabilitation nach einem Schlaganfall, mit besonderem Fokus auf die Wiederherstellung von Beweglichkeit und Lebensqualität.
Was ist ein Schlaganfall und wie führt er zu Halbseitenlähmung?
Ein Schlaganfall, auch Apoplex oder Hirninfarkt genannt, ist eine plötzlich auftretende Durchblutungsstörung im Gehirn. In etwa 85 % der Fälle wird er durch eine verminderte Blutversorgung (Ischämie) verursacht, die zum Untergang von Hirngewebe (Hirninfarkt) führt. In den übrigen 15 % der Fälle entsteht der Schlaganfall durch das Platzen einer Hirnarterie mit nachfolgender Blutung in das Gehirn. Häufig ist jahrelanger Bluthochdruck die Ursache für eine Hirnblutung. Weitere Ursachen können Gefäßfehlbildungen (Aneurysmen) oder Kopfverletzungen sein.
Die Ausfallerscheinungen nach einem Schlaganfall hängen davon ab, welche Hirnarterien und -bereiche betroffen sind und wie viel Hirngewebe untergegangen ist. Ist beispielsweise die mittlere Hirnarterie verschlossen (Cerebri-media-Infarkt, die häufigste Schlaganfall-Form), kann dies zu einer unvollständigen (Hemiparese) oder vollständigen (Hemiplegie) Halbseitenlähmung führen. Weitere mögliche Auswirkungen sind Seh- und Sprachstörungen, Kau- und Schluckbeschwerden, Inkontinenz sowie neuropsychologische Störungen wie der Verlust der emotionalen Kontrolle.
Die von der Lähmung betroffene Körperhälfte liegt immer der Seite des geschädigten Hirnbereichs gegenüber. Befindet sich der Defekt also in der linken Gehirnhälfte, ist die rechte Körperseite gelähmt und umgekehrt.
Typische Körperhaltung bei Halbseitenlähmung
Die gelähmten Gliedmaßen weisen meist eine typische Haltung auf: Der Arm ist mit angewinkeltem Ellbogen an den Körper gezogen und einwärts gedreht. Die Finger sind zur lockeren Faust geschlossen. Das Bein ist abgestreckt, und der Fuß zeigt eine Spitzfußstellung. Zusätzlich zur Körperlähmung kann auch eine halbseitige Gesichtslähmung auftreten, bei der der betroffene Mundwinkel herabhängt und die Mundseite nicht geschlossen werden kann. Unter Umständen ist auch das Augenlid gelähmt und das Auge halb geschlossen. Darüber hinaus können Sprachstörungen (Aphasien), Stuhl- und Urininkontinenz, erschwerte Atmung, Schluckstörungen sowie psychische Veränderungen auftreten.
Lesen Sie auch: Eingeklemmter Nerv: Ein umfassender Leitfaden
Das Bobath-Konzept: Ein zentraler Baustein der Rehabilitation
Das Bobath-Konzept ist ein umfassendes Bewegungskonzept zur Rehabilitation von Patienten mit Erkrankungen des zentralen Nervensystems und ein zentraler Baustein in der Schlaganfallrehabilitation. Es basiert auf der Annahme, dass das Gehirn ein Leben lang lernfähig ist und neue Verbindungen knüpfen kann. Durch immer wiederkehrende Bewegungsmuster sollen intakte Hirnareale die Funktionen der geschädigten Bereiche übernehmen. Auf diese Weise gewinnt die betroffene Person motorische Fähigkeiten zurück und wird wieder selbstständiger in ihrem Alltag.
Wie funktioniert die Bobath-Therapie?
Die Grundannahme des Bobath-Konzepts ist, dass das Gehirn des Menschen lebenslang lernfähig ist. Das A und O aller Bewegungen nach Bobath sind die vielen Wiederholungen, die im Tagesablauf eingebaut werden. Bobath sieht keine starren Übungsabläufe vor. Die Therapie wird immer individuell auf jeden Patienten zugeschnitten, je nach dem Ausmaß seiner Bewegungseinschränkung und der betroffenen Körperteile. Das Bobath-Konzept richtet sich an Menschen mit neurologischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems, also mit Schädigungen am Gehirn und Rückenmark. Übergeordnetes Ziel des Bobath-Konzepts ist, dass die betroffenen Personen ihre Selbstständigkeit und damit Lebensqualität zurückgewinnen.
Das Bobath-Konzept sieht keine strikten Therapievorgaben und starren Übungsabläufe vor. Alle Übungen werden in den Tagesablauf integriert. So lernen die Patienten, die versehrten Körperteile wieder in alltäglichen Situationen wie Körperpflege, Essen sowie das An- und Ausziehen mit einzubeziehen.
Lagerung nach Bobath
Ist die pflegebedürftige Person halbseitig gelähmt, empfiehlt sich die sogenannte Lagerung nach Bobath. Das Bobath-Konzept sieht verschiedene Lagerungen vor. Bei der Lagerung auf der betroffenen Seite stimuliert der Auflagedruck die beeinträchtigten Körperpartien. Die nicht betroffene Seite kann aktiv benutzt werden. Bei der Lagerung auf der nicht betroffenen Seite kann sich der Muskeltonus entspannen. Die betroffenen Personen fühlen sich meist wohler, weil sie ihre Lage aktiv mitgestalten können. Das stabile Sitzen im Bett hilft Menschen mit geringer Rumpfstabilität, wieder ein Gefühl für den eigenen Körper zu bekommen und den Kreislauf zu trainieren. Das Sitzen im Stuhl am Tisch stabilisiert Muskeltonus und Kreislauf. Außerdem ist es ein wichtiger Schritt zurück in ein soziales Leben. Bei jeder Lagerung sollte die Unterlage relativ hart sein, weil dann der Auflagedruck stärker stimuliert. Für Ihre Angehörigen ist es außerdem wichtig, dass sie möglichst stabil liegen oder sitzen. Mobilisation nach Bobath wird auch Transfer nach Bobath genannt. Danach sollen Sie Ihre Angehörigen aktiv in sämtliche Positionswechsel mit einbeziehen. Es beginnt mit einfachen unterstützenden Bewegungsabläufen, zum Beispiel dem Aufsetzen im Bett. Eine gute Möglichkeit, die Körperwahrnehmung von Patienten mit starken körperlichen Einschränkungen zu fördern, ist das Waschen nach Bobath. Beim Waschen nach Bobath arbeiten Sie stets von der gesunden zur kranken Seite hin. Beim Bobath-Konzept kommt es auf die richtigen Handgriffe an - egal ob Sie Ihren Angehörigen sicher aus dem Bett in den Rollstuhl bewegen oder seinen Körper waschen wollen. Ziel eines jeden Bobath-Trainings ist, dass die Patienten trotz ihrer Erkrankung so viel Selbstständigkeit wie möglich zurückerlangen. Geeignet für die Gestaltung des ADL-Trainings sind neben der Körperpflege, das An- und Ausziehen, die Nahrungsaufnahme, aber je nach Mobilität auch der eigenständige Toilettengang.
Lagerungstechniken im Detail
- Liegen auf der geschädigten Seite: Verbessert das Gefühl des Patienten für diese Seite und sollte möglichst oft durchgeführt werden. Bett flach stellen. Der Kopf liegt gerade auf einem Kissen. Geschädigte Schulter nach vorne ziehen, damit sie nicht schmerzt. Der Ellbogen ist gestreckt, die Handfläche schaut mit geöffneten Fingern nach oben. Rücken mit einem dicken Kissen abstützen. Geschädigte Bein im Hüftgelenk strecken, im Kniegelenk leicht beugen.
- Liegen auf der gesunden Seite: Erfolgt im Wechsel mit der Lagerung auf der geschädigten Seite und der Rückenlagerung, anfangs möglichst alle zwei Stunden, bis der Patient seine Stellung wieder selbstständig verändern kann. Der Kopf liegt gerade auf einem Kissen. Geschädigt Schulter nach vorne ziehen, Arm mit gestreckten Ellbogen auf einem Kissen lagern, Rücken abstützen. Gesundes Bein normal gestreckt lagern, geschädigtes Bein mit leicht gebeugtem Knie nach vorne auf ein weiches Kissen legen.
- Rückenlage: Schulter und Arm der geschädigten Seite mit gestrecktem Ellbogen auf einem Kissen lagern, Hand und Finger sind geöffnet (eventuell durch eine Greifkugel offen halten). Zugleich mit diesem Kissen Gesäß und Oberschenkel der geschädigten Seite so unterstützen, dass eine Außenrotation des geschädigten Beines verhindert wird. Fersen frei lagern, um Druckstellen (Dekubitus) zu verhindern. Der Rücken wird mit so vielen Kissen abgestützt, dass der Ober körper des Kranken geradegehalten wird. Das Bett bleibt dazu flachgestellt, damit sich keine halb liegende Stellung ergibt.
Wichtige Hinweise zur Lagerung
Bei älteren, multimorbiden Schlaganfall-Patienten ist allerdings eine korrekte Bobath-Lagerung vor allem in der 90°-Seitenlage nicht immer möglich. Keineswegs sollte aber dann nur eine Rückenlage durchgeführt, sondern auch eine modifizierte, z. B. 30°-Seitenlage vorgenommen werden. Sehr zu empfehlen ist, Sie erarbeiten sich mit einer dafür speziell ausgebildeten Fachkraft ein individuelles Lagerungskonzept, das den Bedürfnissen und therapeutischen Erfordernissen Ihres kranken Angehörigen am besten entspricht. Die Durchführung der Lagerung wird durch spezielle Lagerungskissen, die über bessere Stütz- und Polstereigenschaften verfügen als Federkissen, sehr erleichtert.
Lesen Sie auch: Periode und Sport: Übungen zur Schmerzlinderung
Bobath in der Pflege
Damit das Bobath-Konzept funktioniert, müssen alle an der Pflege beteiligten Personen an einem Strang ziehen. Zusammen müssen Sie Ihren pflegebedürftigen Angehörigen während des gesamten Tagesablaufs an die Übungen heranführen. Beraten Sie sich am besten mit einem Physiotherapeuten, der auf Bobath spezialisiert ist.
Weitere Therapieansätze und Übungen
Neben dem Bobath-Konzept gibt es eine Vielzahl weiterer Therapieansätze und Übungen, die bei der Rehabilitation nach einem Schlaganfall eingesetzt werden können.
Physiotherapie und Ergotherapie
Nach einem Schlaganfall ist die Physiotherapie ein essenzieller Bestandteil der Rehabilitation. Sie zielt darauf ab, die Neuroplastizität des Gehirns zu fördern - die Fähigkeit des Gehirns, neue Verbindungen zu bilden und verloren gegangene Funktionen zu kompensieren. Es gibt verschiedene physiotherapeutische Konzepte und Methoden, die individuell auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt werden können.
- KG ZNS nach Bobath: Ein ganzheitlicher, alltagsorientierter Ansatz, der speziell für Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie Schlaganfall entwickelt wurde. Es basiert auf der Annahme, dass das Gehirn auch nach einem Schlaganfall in der Lage ist, neue Bewegungsmuster zu erlernen. Im Rahmen des Bobath-Konzepts werden Bewegungen durch gezielte Stimulation und Unterstützung trainiert.
- PNF-Methode: Konzentriert sich auf die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Nerven und Muskeln. Durch gezielte Bewegungsmuster wird die Koordination verbessert und die Bewegungsfähigkeit gesteigert.
- Vojta-Therapie: Aktiviert im Gehirn vorhandene Bewegungsmuster durch gezielte Druckstimulation bestimmter Körperpunkte. In der Altenpflege kann die Krankengymnastik nach Vojta eine gute Ergänzung zum Bobath-Konzept sein. Hierbei aktivieren Physiotherapeuten die natürlichen menschlichen Bewegungsmuster über verschiedene Druckpunkte. Dadurch lassen sich Symptome wie beispielsweise Spastizität lindern und Bewegungsniveaus verbessern. Der Unterschied zu Bobath: Vojta soll angeborene Bewegungsmuster aktivieren, Bobath schafft neue Verknüpfungen im Gehirn.
- Manuelle Therapie und manuelle Lymphdrainage: Spielen eine wichtige Rolle in der Behandlung von Patienten nach einem Schlaganfall.
Aufgabenorientiertes Training (AOT)
Aufgabenorientiertes Training kommt unter anderem für Menschen mit grob- und feinmotorischen Störungen infrage, wie sie zum Beispiel bei einer halbseitigen Lähmung auftreten. Ziel ist es, die einzelne Bewegungsabläufe zu verbessern. Dies kann sich auf den Gang beziehen, aber auch auf Arm- und Handbewegungen. Beim AOT orientiert sich das Training an einem konkreten Alltagsbezug der Übungen. Das kann dabei unterstützen, dass das Gelernte direkt im Alltag eingesetzt werden kann. Durch dieses Training lernen die Betroffenen, möglichst viele Alltagshandlungen auszuführen. Die Therapeuten stimmen die Ziele individuell mit den Betroffenen ab. Es kann zum Beispiel trainiert werden, eine Tasse zum Mund zu führen, sich selbstständig an- und auszuziehen oder eine Treppe zu laufen. Wichtig ist: Die jeweilige Handlung wird sehr oft wiederholt. Die Patienten üben an der Leistungsgrenze. So kann das Gehirn den neuen Bewegungsablauf lernen und abspeichern. Da es sich bei Übungen in der Regel um Alltagstätigkeiten handelt, können Betroffene auch zu Hause intensiv üben. (Bitte Rücksprache mit dem Therapeuten halten, zum Beispiel aufgrund der Sturzgefahr bei Gangübungen.) Spezielle technische Geräte beziehungsweise Computerprogramme können die Therapie begleiten beziehungsweise intensivieren.
Constraint-Induced Movement Therapy (CIMT)
Ist ein Arm nicht in vollem Umsatz einsatzfähig, vernachlässigen die Betroffenen diese Seite oft bei ihren Alltagstätigkeiten. Manchmal geht es schneller, Handgriffe ausschließlich mit der gesunden Seite zu erledigen. So sinnvoll das zur Alltagsbewältigung ist, kann aber im Verlauf auch ein „erlernter Nicht-Gebrauch“ des gelähmten Armes resultieren. Denn es kann sein, dass sich der gelähmte Arm zumindest teilweise erholt und dann im Alltag wieder entsprechend eingesetzt werden könnte. Manche Schlaganfall-Betroffenen benutzen jedoch weiter fast nur den gesunden Arm, obwohl der gelähmten inzwischen schon wieder mehr machen könnte. In diesem Fall ist der Einsatz der „Constraint-Induced Movement Therapy“ (CIMT) sinnvoll - also eine Therapie, bei der ganz intensiv Alles mit dem betroffenen Arm gemacht wird. Dadurch kann die spontane Nutzung des gelähmten Armes wieder gefördert werden. Wichtig ist zu beachten, dass die Therapie nur dann infrage kommt, wenn keine vollständige Lähmung vorliegt und die Handfunktion teilweise noch erhalten ist. Außerdem sollten keine schwere Spastik oder Schmerzen im betroffenen Arm vorhanden sein und keine erhöhten Risiken (z.B. Sturzrisiko) bei der Durchführung bestehen. Ziel ist es, den verstärkten Einsatz des betroffenen Armes im Alltag zu fördern. Der nicht-betroffene Arm wird über mehrere Stunden täglich immobilisiert (bis zu 90% des Tages), das heißt künstlich stillgelegt, zum Beispiel durch eine Schiene. Dadurch sind die Betroffenen „gezwungen“, die schwächere Seite zumindest während der Therapiestunden, oftmals auch zu Hause im Alltag intensiv einzusetzen. Da die Therapie sehr intensiv und anstrengend ist, ist eine große Therapiemotivation und Belastbarkeit Voraussetzung für die Anwendung.
Lesen Sie auch: Lebensqualität durch Parkinson-Übungen steigern
Elektrostimulation
Durch einen Schlaganfall funktioniert die Signalweiterleitung vom Gehirn über das Rückenmark und die Nervenbahnen an den Muskel teilweise nicht mehr, da die dafür zuständigen Hirn-/Nervenzellen oder Bahnen geschädigt sind. Infolgedessen werden die betroffenen Muskeln gar nicht oder nicht mehr so häufig angeregt und kann nicht mehr (richtig) bewegt werden. Die Elektrotherapie kann dabei helfen, Bewegungsabläufe mit Unterstützung von Elektrostimulation wieder zu erlernen. Für den Therapieerfolg sollten gezielte Funktionen bei häufiger Wiederholung (Repetition) geübt werden. Neben der Verbesserung der aktiven Bewegungsfähigkeit, soll die Elektrostimulation helfen, einer Spastikentwicklung vorzubeugen.
Es gibt verschiedene Formen der Elektrostimulation:
- Neuromuskuläre Elektrostimulation (NMES): Elektroden werden auf dem betroffenen Muskel platziert. Die Stimulation der darunter liegenden Nerven und Muskeln erzeugt eine Bewegung, auch in komplett gelähmten Muskeln.
- EMG (Elektromyographie)-getriggerte Elektrostimulation (EMG-ES): Misst die Muskelaktivität und stimuliert den Muskel, sobald eine gewisse Aktivität erreicht wird. Fördert kontrollierte Bewegungen des Patienten.
- Funktionelle Elektrostimulation (FES): Mehrere Elektroden stimulieren verschiedene Muskeln gleichzeitig, um komplexe Bewegungen wie das Greifen und Loslassen von Gegenständen zu ermöglichen.
Arm-Robot-Therapie
Die Therapie mit Unterstützung eines Roboters kann für Menschen mit lähmungsbedingten Bewegungsstörungen im Arm beziehungsweise der Hand sinnvoll sein. Die Therapie wird in der Regel zusätzlich zu anderen Therapiemaßnahmen ohne Apparate eingesetzt. Die Therapie kommt überwiegend in den ersten Wochen und Monaten nach dem Schlaganfall zum Einsatz, kann aber auch im chronischen Stadium noch Erfolge erzielen. Viele Rehakliniken und größere ambulante Reha-Einrichtungen sind bereits mit entsprechender Technik ausgestattet. Mit Hilfe des Arm-Roboters soll die Ansteuerung des Armes und der Hand bei Schweren Lähmungen wiedererreicht werden. Meist trainieren die Arm-Roboter die Fähigkeit, ganz bestimmte Bewegungen des Armes, entweder in der Schulter und im Ellenbogen, oder im Unterarm, dem Handgelenk oder der Finger zu machen. Der betroffene Arm wird oft in eine Art Roboterschiene gelegt, die die Bewegungen unterstützt. Er übernimmt damit die Funktion des Therapeuten, der den Arm sonst führen würde. Die Roboter erkennen, welche Bewegungen der Betroffene selbst ausführen kann und an welchen Stellen sie unterstützen müssen. Insbesondere ein paar Wochen nach dem Schlaganfall können spezifische Bewegungen, die noch nicht selbständig ausgeführt werden können, in einer hohen Wiederholungszahl geübt werden.
Gangtraining
Gehen will gelernt sein. Intensives Üben eine wesentliche Voraussetzung, um wieder laufen zu lernen. Deswegen ist die Therapie auf dem Laufband besonders erfolgsversprechend. Das gilt sowohl für Betroffene, die noch auf technische Unterstützung angewiesen sind als auch für Betroffene, die bereits aus eigener Kraft wieder ein paar Schritte gehen können. Insbesondere das Laufband kann beim Gangtraining unterstützen. Bei Bedarf besteht außerdem die Möglichkeit, ein Gurtsystem anzulegen. So wird das Körpergewicht während des Übens auf dem Laufband verringert. Das Laufbandtraining hilft vor allem bei der Verbesserung der Gehgeschwindigkeit. Zusätzlich wird die Ausdauer verbessert. Ein Laufband ist in jeder Rehaklinik zu finden. Auch viele größere Physiotherapiepraxen bieten mittlerweile Laufbandtraining an. Während des Gehtrainings besteht die Möglichkeit, bestimmte Muskeln, die beim Gehen gebraucht werden, über elektrische Nervenimpulse gezielt anzusteuern. Bei gehfähigen Patienten wird das Ganze über die sogenannte transkutane elektrische Nervenstimulation (abgekürzt TENS) unterstützt. Das TENS-Gerät sorgt unter anderem dafür, dass die Spastik im betroffenen Bein reduziert und dadurch das Gehen erleichtert wird. Sprunggelenksorthesen helfen Betroffenen mit einer Fußheberschwäche, die als Folge des Schlaganfalls entstehen kann. Die Orthese korrigiert die Fehlstellung des Fußes und ermöglicht dadurch ein besseres Abrollen. Diese Orthesen gibt es ebenfalls mit Elektrostimulation.
Bevor das Laufband ins Spiel kommt, wird in der Physiotherapie-Behandlung meistens erstmal „trocken“ und ohne Geräte geübt. Dazu übt der Therapeut mit dem Patienten zunächst die unterschiedlichen Phasen des Gehens, gibt Hilfestellungen und korrigiert das Becken oder den Fuß, wenn die mal wieder nicht so richtig mitgehen wollen. Roboter bzw. elektromechanische Geräte helfen Betroffenen, wieder gehen zu lernen. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Geräte-Arten:
- Endeffektor-Modelle: Zu diesem Gerätetyp zählt zum Beispiel der Gangtrainer. Dabei wird der Betroffene in ein Gurtsystem eingespannt, sodass das Gewicht auf den Beinen reduziert ist. Mit Hilfe von beweglichen Fußplatten kann der Gang langsam wieder eingeübt werden.
- Exoskelett-Modelle: Diese Geräte werden vorwiegend verwendet, wenn der Betroffene noch mehr Unterstützung beim Gehen benötigt. Dabei sind eine elektromechanische Führung der Hüftgelenke und Beine möglich. Ein Beispiel ist der robotergestützte Lokomat, bei dem die Steuerung der Knie- und Hüftgelenke über Elektromotoren unterstützt wird.
Beide Geräte ermöglichen viele Wiederholungszahlen, was für die Wiederherstellung der Gehfähigkeit entscheidend ist. Wichtig ist, dass eine intensive Gang-Rehabilitation möglichst früh nach dem Schlaganfall beginnt.
Hilfsmittel zur Unterstützung der Mobilität
- Fußheberorthesen: Bei einer Fußheberschwäche infolge eines Schlaganfalls kann eine Fußheberorthese (auch Sprunggelenk-Fuß-Orthese oder AFO-Orthese von „ankle foot orthosis“) helfen, Betroffene beim Anheben und Abrollen des Fußes zu unterstützen. Fußheberorthesen verbessern die Fußhebefunktion und unterstützen den Bewegungsablauf.
- Gehwagen: Für die Gehübungen empfiehlt sich aus Sicherheitsgründen anfänglich ein Gehwagen, bis der Gleichgewichtssinn wieder besser ausgebildet ist. Außerdem ist gutes Schuhwerk unerläßlich.
Anpassung des Wohnumfelds
- Raumaufteilung: Ein Hauptproblem von Hemiplegie-Patienten besteht darin, dass ihr Körpergefühl für die geschädigte Seite mehr oder weniger stark beeinträchtigt ist. Dadurch besteht die Neigung, alle Gegenstände, Personen oder Ereignisse, die auf dieser Seite stattfinden, zu ignorieren. Dies ist bereits bei der Raumaufteilung und Anordnung der Einrichtungsgegenstände zu beachten. Das Bett ist so zu stellen, dass alle Aktivitäten bzw. die für den Kranken wichtigen Gegenstände (z.B. Nachttischkästchen, Fernseher usw.) auf der Seite der geschädigten Körperseite stehen und sich die Personen von dieser Seite nähern. Um mit den Dingen oder Personen in Blickkontakt treten zu können, muss der Kranke seinen Kopf zur geschädigten Seite drehen. Dadurch lernt er, seinen Kopf wieder frei zu bewegen und auszubalancieren, was eine wichtige Voraussetzung für die späteren Gehübungen ist.
- Pflegebett: Ist der Patient sehr immobil und behindert und größtenteils bettlägerig, sollte ein höhenverstellbares Pflegebett ausgeliehen werden.
- Sitzgelegenheiten: Als Sitzgelegenheit sind Polstermöbel ungeeignet. Stabile Stühle mit Rückenlehne geben mehr Sicherheit. Wichtig ist vor allem ein Tisch vor der Sitzgelegenheit, der groß genug ist, damit der Patient den von der Lähmung betroffenen Arm darauf lagern bzw. abstützen kann.
- Bad und Toilette: Auch für die Anpassung des Bades und der Toilette steht eine Reihe praktischer Hilfsmittel bereit, die dem Kranken gegebenenfalls eine selbstständige sichere Körperhygiene ermöglicht bzw.
Sprachtherapie
Sprachstörungen, sog. Aphasien, bei denen sowohl die Fähigkeit, sich sprachlich auszudrücken, als auch das Sprachverständnis selbst in Mitleidenschaft gezogen sein kann, sind wohl die schwerste Belastung für den Kranken und seine Mitmenschen. Im Idealfall stehen Sprachpädagogen zur Verfügung, vielfach bleibt es jedoch Familienangehörigen überlassen, nach Anweisungen des Therapeuten mit dem Betroffenen zu üben. Ein paar wichtige Grundsätze sind dabei: in kurzen, einfachen Sätzen langsam mit dem Aphasiker zu sprechen und ihn zum Sprechen anzuregen. Vor allem hat man sich bewusst zu sein, dass der Betroffene durch seine Sprachstörung nicht automatisch geistig beeinträchtigt ist.
Alltagstipps und Unterstützung für Angehörige
- Körperpflege: Es gelten die allgemeinen Leitlinien der Grundpflege - immer unter der Berücksichtigung, dass der Patient soviel wie möglich selbst ausführen soll, auch wenn alles länger dauert und einiges danebengeht. Bei Gesichtslähmung ist besonders auf die Mundhygiene zu achten, weil die geschädigte Seite oft vernachlässigt wird. Zudem kann durch die Bewegungseinschränkungen der Zunge diese Seite weniger gut von Speiseresten gesäubert werden. Deshalb sollte nach jeder Mahlzeit eine sorgfältige Reinigung der Mundhöhle erfolgen. Häufig sitzt durch die Lähmung auch die Zahnprothese nicht mehr gut genug und stört beim Essen und Sprechen.
- Ernährung: Bestehen am Anfang durch die Lähmung Schluckbehinderungen, werden pürierte Speisen verabreicht.
- Inkontinenz: Bei Halbseitenlähmung besteht anfangs häufig Inkontinenz, die jedoch durch ein gezieltes Toilettentraining im Laufe der Zeit meist beherrscht werden kann. Der Kranke wird dazu in regelmäßigen Zeitintervallen zur Blasen- und Darmentleerung angehalten. Der Patient soll so früh wie möglich den Toilettenstuhl oder die Toilette benutzen, weil durch die sitzende Haltung die Funktionen wieder leichter in Gang kommen. Verstopfung ist unbedingt zu vermeiden, da starkes Pressen den Kranken erneut gefährden kann.
- Medikamente und Überwachung: Vielfach werden die Pflegenden gefordert sein, den Patienten dahingehend zu unterstützen und zu überwachen, dass die Anweisungen des Arztes auch befolgt werden. Dazu zählen vor allem die Sicherstellung der vorschriftsmäßigen Einnahme von Medikamenten, die Blutdruckkontrolle, bei Diabetikern die Blutzuckerkontrolle oder die Einhaltung einer Diät.
- Alltagsleben: Für den Aufenthalt außerhalb des Bettes sollte der Kranke trotz aller Mühen beim Anziehen seine normale Kleidung tragen. Auch ist anzustreben, den Kranken weitgehend am normalen Familienleben teilnehmen zu lassen und ihm wenn möglich, sogar kleinere Aufgaben im Haushalt zu übertragen.
Bewegung als Prävention für erneuten Schlaganfall
Bewegung gilt als gute Prävention gegen erneute Gefäßverschlüsse. Regelmäßige Bewegung sollte nicht nur nach einem Schlaganfall selbstverständlich in den Alltag integriert werden: Treppen steigen statt Fahrstuhl fahren, so oft wie möglich spazieren gehen, beim Telefonieren auf und ab gehen, Rad statt Auto fahren, Früh- oder Abendgymnastik zuhause … jeder Schritt zählt! Für das Training zuhause eignen sich kleine Fitnessgeräte wie Knautschball, Balanceboard, Gymnastikband, Fahrradergometer und Hanteln.
Generell werden Ausdauersportarten wie Wandern, Walking, Nordic Walking, Radfahren, zügiges Spazierengehen, Wassergymnastik und Schwimmen nach einem Schlaganfall empfohlen. Förderlich sind moderate Aktivitäten, die das Herz-Kreislauf-System in Schwung bringen, aber nicht zu stark belasten. Um die Belastbarkeit nach einem leichtem oder nach einem schweren Schlaganfall richtig einzuschätzen, solltest man erst individuell durch die Ärztin / den Arzt Rat einholen.
Rehasport
Rehabilitationssport ist eine Fortführung der medizinischen Rehabilitation. Es handelt sich um ein Gruppentraining zur Förderung von Ausdauer, Kraft und Koordination zum Beispiel durch Gymnastik, Schwimmen oder Bewegungsspiele. Die Übungseinheiten werden von qualifizierten Übungsleiterinnen und Übungsleiterinnen angeleitet. Rehabilitationssport wird ärztlich verordnet, die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen. Den Rehasport-Kurs suchst Du Dir selbst vor Ort aus.
tags: #übungen #für #halbseitige #lähmung #nach #schlaganfall