Alzheimer-Forschung in Bonn: Aktuelle Entwicklungen und Perspektiven

Die Alzheimer-Forschung in Bonn ist ein wichtiger Pfeiler im Kampf gegen diese neurodegenerative Erkrankung. Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Bonn spielt dabei eine zentrale Rolle, indem es die Mechanismen neurodegenerativer Erkrankungen erforscht und in klinischen Studien neue Ansätze der Diagnose und Therapie erprobt. Im Mittelpunkt stehen Demenzerkrankungen wie Alzheimer und Bewegungsstörungen wie Parkinson und ALS. Mit rund 600 Beschäftigten ist Bonn größter Standort des DZNE sowie Sitz des Vorstands und der zentralen Verwaltung.

Die Rheinland Studie: Eine Langzeituntersuchung in Bonn

Ein besonderes Projekt in Bonn ist die "Rheinland Studie". Diese auf Jahrzehnten angelegte, bevölkerungsbasierte Studie untersucht, welche Faktoren die menschliche Gesundheit bis ins hohe Alter beeinflussen. Ziel ist es, die Schlüsselfaktoren für gesundes Altern zu finden und die Entwicklung von Präventionsstrategien für altersbedingte Krankheiten wie Demenz oder Alzheimer zu unterstützen.

Die Rheinland Studie sucht zum Beispiel Antworten auf die Fragen: Wovon ist es abhängig wie gesund wir sind? Was heißt überhaupt „gesund“? Handelt es sich um ein Freisein von Beschwerden oder ist es nicht vielmehr die stetige Anpassungsfähigkeit an neue soziale, körperliche und geistige Herausforderungen? Werden die Grundlagen für ein gesundes Altern schon viele Jahre vorher gelegt? Welche Faktoren beeinflussen die Gesundheit der Menschen über ihre gesamte Lebensspanne hinweg?

Die Studie führt Langzeituntersuchungen mit bis zu 20.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch. Mit Hilfe der MRT (Magnetresonanztomographie) erstellen wir neuartige Aufnahmen Ihres Gehirns. Es gibt zwei Untersuchungszentren in Bonn: eines im Stadtbezirk Hardtberg und eines in Beuel. Beide Zentren sind täglich von Montag bis Samstag geöffnet. Das ca. fünf bis sechsstündige Untersuchungsprogramm kann an einem Stück oder an zwei separaten Terminen durchlaufen werden.

Teilnehmer der Rheinland Studie äußern sich positiv über ihre Erfahrungen:

Lesen Sie auch: Informationen für Alzheimer-Patienten und Angehörige

  • "Ich finde die Fähigkeiten des Gehirns absolut beeindruckend. Mich hat das Konzept der Studie überzeugt. Als die Anfrage von der Rheinland Studie kam, musste ich nicht lange überlegen. Ich habe mit Stolz und Freude für die Forschung teilgenommen und zudem noch einen aktuellen Status über meine eigene Gesundheit bekommen."
  • "Die Untersuchungen bei der Rheinland Studie habe ich als ausgesprochen gut erlebt. Alles war minutiös organisiert und es gab keine Wartezeiten. Mich hat auch das technische Wissen und das Verständnis der Studienassistenzen beeindruckt."
  • "Ich nehme gerne an der Rheinland Studie teil, da ich denke, dass es für eine gute Sache ist und man dies unterstützen sollte. Wir werden älter und möchten alle unsere Lebensqualität möglichst lange beibehalten. Damit dies gelingt muss das Älterwerden noch mehr und besser erforscht werden."
  • "Es war perfekt. Alles war sehr gut organisiert - auch zeitlich. Man wird sehr gut aufgeklärt, und die Untersuchungen werden wirklich verständlich erläutert. Also, es geht nicht besser. Das hat meine Frau genauso gesagt. Wir waren begeistert!"
  • "Mich hat besonders der Gedanke motiviert, dass ich einen Beitrag leisten kann. Eine Studie ist ja auch nicht für mich, sondern für die Forschung und für die Gemeinschaft. Schon seit einigen Jahren nehme ich regelmäßig an Studien des DZNE auf dem Venusberg teil."

Aktuelle Forschungsprojekte in Bonn

In Bonn werden zahlreiche Forschungsprojekte durchgeführt, die sich mit verschiedenen Aspekten der Alzheimer-Krankheit beschäftigen. Einige Beispiele sind:

  • Kann ein einziger Bluttest das Risiko auf eine Alzheimer-Erkrankung vorhersagen?
  • Eine Gentherapie zur Prävention sporadischer Alzheimer-Erkrankungen: Prof. Dr. Martin Fuhrmann vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Bonn möchte eine Gentherapie entwickeln, die APOE4 in APOE3 umwandelt. Dafür wird das Gen, aus dem APOE4 entsteht, so verändert, dass stattdessen das Protein APOE3 gebildet wird. Prof. Dr. Fuhrmann möchte die Gentherapie mithilfe viraler Vektoren durchführen. Diese Vektoren sind ähnlich wie die, die bei der Covid-19-Impfung benutzt wurden. Ob die Methode mit den Vektoren effektiv genug ist, wird zunächst in Zellkulturen und im Mausmodell getestet. Anschließend wird die Wirksamkeit der Gentherapie, im Alzheimer-Mausmodell untersucht. Das Ziel ist es, das Alzheimer-Risikogen APOE4 durch APOE3 zu ersetzen und so eine neue präventive Therapie für die Alzheimer-Krankheit zu entwickeln.
  • Welche Risikofaktoren im Erbgut begünstigen die Frontotemproale Demenz?
  • Ist chronischer Stress ein Risikofaktor für die Alzheimer-Krankheit? Eine Untersuchung mit Bezug zur Covid-19 Pandemie
  • Die Hemmung von Beta-Amyloid durch das Gen TREM2
  • Die Wirkung von Braunalgenextrakten auf Entzündungsprozesse und Kognition
  • Die Rolle von Entzündungen nach Schädel-Hirn-Trauma bei der Alzheimer-Krankheit
  • Die Programmierung von Mikrogliazellen für eine verbesserte Aktivität im Gehirn
  • Kann Alzheimer mit Glucocorticosteroiden behandelt werden?
  • Mit Algen gegen Alzheimer
  • Untersuchung von giftigem Protein: Phosphoryliertes Beta-Amyloid im Fokus
  • Ein neues Risiko-Gen wird unter die Lupe genommen
  • Symptome der Alzheimer-Krankheit bekämpfen durch Regulierung des Cholesterin-Transports im Gehirn
  • Hyperaktivität der Sternzellen bei Alzheimer
  • A2A-Rezeptor-Antagonist gegen Alzheimer-Plaques
  • Phosphorylierte Amyloid-Beta-Proteine als mögliche Biomarker
  • Untersuchung von Adenosin-A2A-Rezeptorantagonisten in einem transgenen Alzheimer-Tau-Mausmodell
  • FDG-PET bei Patienten mit subjektiven Gedächtnisstörungen
  • Cholesterinmetabolismus im Gehirn: Relevanz für die Alzheimer-Krankheit
  • Beteiligung von alpha-Synuclein bei der Entstehung von Amyloid-Ablagerungen

Diese Projekte verdeutlichen die Vielfalt der Forschungsansätze in Bonn. Wissenschaftler untersuchen genetische Risikofaktoren, die Rolle von Entzündungen, die Wirkung von Medikamenten und die Möglichkeiten der Früherkennung.

Leqembi (Lecanemab): Ein neuer Therapieansatz

Ein wichtiger Fortschritt in der Alzheimer-Therapie ist die Entwicklung von Leqembi (Lecanemab). Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat am 14.11.24 bekannt gegeben, dass sie eine Zulassung des Wirkstoffes Lecanemab zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit empfiehlt. Es handelt sich dabei um eine aufwändige Therapie mit Infusionen in 14-tägigem Abstand. Der Wirkstoff trägt zum Abbau der Amyloid-Ablagerungen im Gehirn bei, die bei der Alzheimer-Krankheit eine Rolle spielen.

Allerdings wird die Behandlung nur für bestimmte Patientengruppen nach strengen Auswahlkriterien in Frage kommen:

  • Eine Alzheimer-Krankheit muss durch den Nachweis von Amyloid-Ablagerungen entweder im Liquor cerebrospinalis („Nervenwasser“) oder in einer Amyloid-PET-Untersuchung (Positronen-Emmissions-Tomographie) nachgewiesen sein. Patienten mit anderen Demenzformen (vaskuläre Demenz, Parkinson-Demenz, frontotemporale Demenz) können von der Behandlung nicht profitieren.
  • Die Krankheit muss sich im sehr frühen Stadium (leichte kognitive Störung oder leichtgradige Demenz) befinden. Bei bereits fortgeschrittener oder sogar schwerer Demenz ist eine Behandlung ausgeschlossen.
  • Patienten, die eine Gerinnungshemmung mit Marcumar oder einem der neuen oralen Gerinnungshemmer (wie Eliquis, Lixiana, Xarelto) benötigen, können nicht behandelt werden.
  • Patienten, die keine Kernspintomographien bekommen können (z.B. bei Herzschrittmacher oder anderen Implantaten) können nicht behandelt werden. Im Laufe der Behandlung werden wiederholt kernspintomographische Untersuchungen durchgeführt.

Es gibt weitere Kriterien, die dazu führen, dass Sie möglicherweise für eine Therapie mit Lecanemab nicht in Frage kommen. Außerdem ist die Frage der Kostenerstattung für die sehr teure Behandlung noch keineswegs geklärt. Daher wird es voraussichtlich noch mehrere Monate dauern, bis die Behandlung zur Verfügung steht.

Lesen Sie auch: Kinder-Alzheimer: Ein umfassender Überblick

Die Bedeutung der Alterspsychiatrie und Kognitiven Störungen

Die Klinik für Alterspsychiatrie und Kognitive Störungen am Universitätsklinikum Bonn spielt eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Menschen mit Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen. Neurologische und vor allem neurodegenerative Erkrankungen führen häufig zu psychiatrischen Symptomen wie Depressionen oder Psychosen. Umgekehrt müssen bei psychiatrischen Erkrankungen im Alter immer neurologische Faktoren berücksichtigt werden.

Diesem Umstand trägt die Klinik seit 2017 mit einem innovativen Klinik-Konzept Rechnung, welches die Expertise für Alterspsychiatrie und Kognitive Störungen unter einem Dach bündelt. Die enge Zusammenarbeit zwischen der Klinik und dem unmittelbar benachbarten Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) gewährleistet außerdem einen deutschlandweit einmaligen Transfer neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse in die klinische Praxis. Umgekehrt hoffen wir, mit klinischer Forschung einen wesentlichen Beitrag zu Fortschritten in der Therapie kognitiver Störungen und alterspsychiatrischer Erkrankungen liefern zu können. Es besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an klinischen Studien zur Erprobung neuer, vielversprechender Therapieansätze.

Weitere Forschungsaktivitäten in Deutschland

Neben Bonn gibt es auch in anderen deutschen Städten bedeutende Alzheimer-Forschung. Einige Beispiele sind:

  • Köln: Hier werden Projekte wie "CogStim24: Kognitive Stimulation im Pflegealltag - für mehr Lebensqualität bei Demenz" und "Wie trägt eine erhöhte Plastizität des Hippocampus zu einem milderen Verlauf der Alzheimer-Krankheit bei?" durchgeführt. Weitere Projekte beschäftigen sich mit der Rolle von Immunzellen, dem Protein Tau, Schlafstörungen, Bluttests, geschlechtsspezifischen Unterschieden und dem Bewegungsverhalten bei Alzheimer.
  • Leipzig: In Leipzig werden Projekte wie "Sind subjektiv wahrgenommene Gedächtnisprobleme ein frühes Anzeichen für Demenz?" und "Können die Blutgefäße des Gehirns durch die Beeinflussung des Vitamin-A-Stoffwechselweges geschützt werden?" durchgeführt. Weitere Forschungsschwerpunkte sind die Korrektur gestörter GABA-Rezeptoren, die Wirkstoffsuche gegen Tau-Ablagerungen, der Schutz durch perineuronale Netze, der Vergleich von chromosomalen Abweichungen, neue Mechanismen zur Beeinflussung von Immunzellen, die Früherkennung durch Bluttests, geschlechtsspezifische Einflüsse auf den Stoffwechsel, Neuroprotektion durch perineuronale Netze, Gentherapie, GSK3- und Cdk5-Hemmung, VEGF bei der β-Amyloidogenese, die Rolle der Glyoxalase und glialer Wachstumsfaktoren, COX-2 und die Zellzyklusaktivierung, die Spezifizität der Hippokampusatrophie, die Wirkung von aktivierten Gliazellen und die Aktivierung und intrazelluläre Signaltransduktion in Lymphozyten.
  • München: In München werden Projekte wie "Kann ein Einwirken auf TREM2 die Alzheimerkrankheit stoppen?" und "Umprogrammierte Mikrogliazellen als Therapieansatz gegen die Alzheimer-Krankheit" durchgeführt. Weitere Projekte beschäftigen sich mit Herpes-Viren, der Ausbreitung von Tau, Entzündungsprozessen bei Menschen mit Down-Syndrom, ungewöhnlichen Alzheimer-Fällen mittels Tau-PET, Mechanismen die den Abbau des giftigen Tau-Proteins verhindern, nervösen Astrozyten, dem Zusammenhang zwischen der Alzheimer-Krankheit und dem kortikobasalen Syndrom, der Verbesserung der Diagnostik bei Alzheimer Demenz und gefäßbedingter Demenz, gestörten Schlafwellen, Diagnoseverfahren zur Früherkennung, dem Verteilungsmuster der Amyloid-Plaques im Gehirn, der Veränderung von mikroRNAs die DNA-Hydroxymethylierung bei Alzheimer, der Reduktion von Amyloid-Beta durch Veränderung der Zellmembran und Gehirnprozessen der kognitiven Reserve.

Die Arbeitsgruppe „Demenz und Forschung"

Menschen mit Demenz wollen mitreden und wollen gehört werden. Insbesondere dann, wenn es um ihre eigenen Belange geht. Dies gilt auch für die Forschung. Wenn in Forschungsprojekten Menschen mit Demenz im Fokus stehen, dann sollte die Forschung auch die Gedanken, Erfahrungen und das Wissen von Menschen mit Demenz einbeziehen.

Im Rahmen des Projektes PraWiDem, wurde 2022 eine Arbeitsgruppe Demenz und Forschung aufgebaut. Sie hat das Projekt kontinuierlich begleitet und einmal im Monat aktuelle Forschungsfragen diskutiert. Am 31.12.2024 endete das Projekt PraWidem.

Lesen Sie auch: Alzheimer und Demenz im Vergleich

Doch die gemeinsame Arbeit in der AG Demenz und Forschung sollte weitergehen, damit die wertvollen Erfahrungen nicht verloren gehen. Daher entschied sich die AG - gemeinsam mit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft - die Arbeit fortzuführen.

tags: #alzheimer #forschung #bonn #aktuell