Alzheimer-Heilung Forschung Aktuell: Ein Überblick über Fortschritte und Herausforderungen

Die Alzheimer-Forschung hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht, insbesondere im Bereich der medikamentösen Behandlung und der Früherkennung. Trotzdem bleibt die Suche nach einer Heilung eine große Herausforderung. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der Forschung, die neuesten Therapieansätze und die vielversprechendsten Entwicklungen.

Neue Medikamente und Therapieansätze

Zulassung von Antikörper-basierten Medikamenten

Ein Meilenstein in der Alzheimer-Therapie war die Zulassung von Medikamenten mit den Antikörpern Lecanemab und Donanemab in der EU. Lecanemab wurde am 15. April 2025 von der EU-Kommission für eine spezifische Patientengruppe mit Alzheimer im Frühstadium zugelassen. Studien haben gezeigt, dass Lecanemab bei frühzeitiger Anwendung das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen kann. Dies war das erste zugelassene neue Alzheimer-Medikament seit 2002, als Memantine eine EU-Zulassung erhielt.

Das Zulassungsverfahren für Lecanemab war ungewöhnlich kompliziert, da das CHMP (Ausschuss für Humanarzneimittel) zunächst keine Zulassungsempfehlung ausgesprochen hatte. Nach einer erneuten Bewertung wurde die Zulassung jedoch für eine enger gefasste Patientengruppe erteilt. Das CHMP musste sogar ein drittes Mal über das Medikament entscheiden, da die EU-Kommission zusätzliche Daten zur Sicherheit anforderte.

Seit dem 25. September 2025 ist auch Donanemab in der EU zugelassen. Auch dieses Medikament kann laut Studien das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen, wenn es im Frühstadium angewendet wird. Im Dezember 2024 wurde das Zulassungsverfahren für ein drittes Alzheimer-Medikament eröffnet.

Passive Immunisierung gegen Alzheimer

Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass die im Gehirn auftretenden Plaques zwischen den Nervenzellen wesentlich zum Absterben von Nervenzellen beitragen. Daher setzen viele Arzneimittelkandidaten an der Substanz an, aus der sie bestehen: dem Beta-Amyloid-Protein. Ein Typ dieser Medikamente enthält gentechnisch hergestellte Antikörper, die sich an das Beta-Amyloid-Protein oder Vorstufen davon heften. Das Immunsystem baut dann das so markierte Protein ab, wodurch der Raum zwischen den Nervenzellen gereinigt wird. Dieser Ansatz wird auch „passive Immunisierung gegen Alzheimer“ genannt.

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Die Studienergebnisse mit mehreren gegen Beta-Amyloid gerichteten Medikamenten belegen, dass Beta-Amyloid-Plaques tatsächlich eine relevante Rolle im Krankheitsgeschehen spielen. Wie zentral diese ist, ist damit aber noch immer nicht geklärt. Einige Wissenschaftler weisen seit Jahren darauf hin, dass sich solche Plaques mitunter auch im Gehirn von Menschen finden, die in geistiger Klarheit gestorben sind. Der Alzheimer-Forscher Prof. Christian Haass äußerte 2018 die Vermutung, dass die Amyloid-Bildung in einem frühen Stadium den Krankheitsprozess vorantreibt, der dann aber auch unabhängig von Amyloid voranschreitet.

Weitere Therapieansätze

Neben den Antikörper-basierten Therapien werden derzeit etliche andere Ansatzpunkte für eine Alzheimer-Therapie in klinischen Studien oder bei Tieren erprobt. Viele davon sind Neuentwicklungen, andere sind bereits zur Behandlung anderer Krankheiten zugelassen (z. B. bei Schlafstörungen oder Bauchspeicheldrüsenkrebs).

Bedeutung der Früherkennung

Vieles deutet darauf hin, dass die Behandlung sehr frühzeitig begonnen werden muss, wenn sie noch wirksam ins Krankheitsgeschehen eingreifen soll, und nicht erst, wenn die Alzheimer-Symptome schon ausgeprägt sind. Das ist möglich geworden, weil sich Zeichen der Krankheit (d.h. Beta-Amyloid und Tau-Fibrillen im Gehirn) mittlerweile mit nicht-invasiven bildgebenden Verfahren nachweisen lassen.

Das National Institute on Aging and Alzheimer's Association Research Framework empfiehlt deshalb, bei klinischen Studien nur noch mit Patient:innen zu arbeiten, die die für Alzheimer charakteristischen Gehirnveränderungen aufweisen; die dafür anzuwendende biologische (statt Symptom-bezogene) Alzheimer-Definition hat das Research Framework 2018 in der Zeitschrift Alzheimer's & Dementia veröffentlicht.

Bluttests zur Früherkennung

Im Jahr 2021 kam in den USA ein Bluttest zur Diagnosestellung von Alzheimer auf den Markt. Der Precivity AD-Bloodtest erfasst unter Berücksichtigung des Alters und einer genetischen Komponente das Verhältnis zweier Proteinvarianten von Amyloid-Beta. Der Bluttest gilt als sehr zuverlässig und übertrifft in seiner Genauigkeit Diagnosetechniken wie bildgebende Verfahren, die die Krankheit oft erst spät erkennen.

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Ein deutsch-niederländisches Forscherteam hat einen Bluttest entwickelt, der die Fehlfaltung des Amyloid-Beta Proteins erkennt. Diese Fehlfaltung des Proteins ist für die Alzheimer-Krankheit charakteristisch. Der Früh-Test des Forscherteams sei mit einer Sensitivität von mindestens 90 Prozent sehr aussagekräftig.

Psychometrische Demenz-Tests

Es gibt neben der Diagnose durch Bilder vom Gehirn oder Untersuchungen des Blutes auch sogenannte psychometrische Demenz-Tests, die Hinweis auf eine demenzielle Erkrankung liefern können. Sie dienen vor allem der Früherkennung bei einem Anfangsverdacht.

Forschung zu Biomarkern

Im Bereich der Diagnoseforschung geht es laut dem wissenschaftlichen Beirat der Alzheimer Forschungsinitiative, Prof. Dr. Thomas Arendt, hauptsächlich darum, körperliche Merkmale zu finden, anhand derer die Krankheit Alzheimer nachgewiesen werden kann. Ein Biomarker kann zum Beispiel ein bestimmter Bestandteil im Blut sein.

Prävention und Risikofaktoren

Lebensstil und Prävention

Wir kennen 14 Risikofaktoren für die Alzheimer-Erkrankung. Wenn wir auf die achten, können wir das Risiko mindern und den Verlauf der Krankheit verzögern. Neben körperlicher Aktivität spielen weitere Lebensstilfaktoren eine Rolle für die Gehirngesundheit: geistige und soziale Aktivität, gesunde Ernährung und wenig Alkoholkonsum.

Andere Risikofaktoren für eine Demenz sind beeinflussbar: Diabetes und Übergewicht lassen sich ebenso behandeln wie Bluthochdruck und ein erhöhter Cholesterinspiegel. Hörgeräte sorgen für soziale Teilhabe - auch das ein wichtiger Faktor, um die grauen Zellen fit zu halten. Darüber hinaus gibt es eine weitere Möglichkeit, das Risiko für eine Demenz zu reduzieren: Die Impfung gegen Gürtelrose-Viren.

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Genetische Faktoren

Grundsätzlich ist das größte Risiko an einer Demenz zu erkranken das Alter. Genetische Faktoren können die Entwicklung von Demenz jedoch begünstigen. Sind Verwandte ersten Grades (Eltern, Geschwister, Kinder) betroffen, erhöht sich das Risiko.

Eine Form der Alzheimer-Krankheit ist die Familiäre Alzheimer-Krankheit (FAD), die allerdings nur etwa 5 Prozent aller Fälle umfasst. Inzwischen sind zumindest drei Gene identifiziert worden, die dazu führen können, dass Menschen bereits im jüngeren Alter (unter 60 Jahren) an Alzheimer erkranken.

Forschung zu genetischen Risikofaktoren

Ein Forschungsteam um Prof. Martin Fuhrmann (Bonn) möchte mit Hilfe eines gentherapeutischen Verfahrens dieses Risiko-Gen verändern und damit das Risiko für Alzheimer senken. Dafür sind Untersuchungen an Zellkulturen und Mäusen vorgesehen. Die Forschenden wollen damit Grundlagen für eine neuartige, präventive Therapie für die Alzheimer-Erkrankung legen.

Ziel dieses Projekts um Prof. Anja Schneider (Bonn) ist es, mittels einer Technik der Erbgutanalyse namens GWAS genetische Risikofaktoren für die Frontotemporale Demenz (FTD) aufzuklären. Die Identifizierung solcher Risikofaktoren könnte helfen, neue Ansätze für die Therapie von FTD zu finden.

Herausforderungen und Fehlschläge in der Forschung

Vor der Zulassung für Lecanemab gab es über lange Zeit nur Fehlschläge. Eine 2014 publizierte Untersuchung ergab eine Misserfolgsquote von 99,6 % bei den von 2002 bis 2012 in klinischen Studien erprobten Medikamenten. Trotz dieser Bilanz wurden und werden weiterhin Alzheimer-Medikamente entwickelt.

Die vielen Fehlschläge in der Vergangenheit haben möglicherweise zum Teil damit zu tun, dass in die Studien auch Patient:innen einbezogen wurden, die an anderen Demenzformen litten und nur Alzheimer-hafte Symptome aufwiesen - was aber nicht bemerkt wurde.

Aktuelle Schwerpunkte in der Demenzforschung

Die Demenzforschung betrachtet heute viele verschiedene Mechanismen und verfolgt unterschiedliche Ansätze - von der Diagnostik bis zur Therapie.

  1. Früherkennung: Neue Bluttests, bildgebende Verfahren und digitale Methoden sollen es ermöglichen, die Krankheiten deutlich früher und zuverlässiger zu erkennen.
  2. Antikörper-Medikamente: Forschungsteams arbeiten außerdem daran, ob sich die Antikörper künftig mit anderen Wirkstoffen kombinieren lassen.
  3. Krankheitsmechanismen verstehen: Forschende untersuchen zentrale Prozesse wie die Ablagerung der Proteine Amyloid-beta und Tau, entzündliche Vorgänge, die Bedeutung von Umwelteinflüssen und genetische Aspekte.
  4. Vorbeugung von Demenzerkrankungen: Die Forschung versucht, Zusammenhänge zwischen Risikofaktoren und Demenz besser zu verstehen und Menschen dabei zu unterstützen, ihr persönliches Risiko zu senken.
  5. Pflege und Lebensqualität: Studien befassen sich damit, wie die Versorgung individueller, die Belastung für Angehörige geringer und die Selbstständigkeit der Erkrankten länger erhalten werden kann.

Lecanemab im Detail

Funktionsweise von Lecanemab

Lecanemab ist ein Antikörper-Wirkstoff, der gezielt eine Vorstufe der für Alzheimer typischen Amyloid-beta-Protein-Plaques im Gehirn erkennt und bindet. Dadurch wird das körpereigene Immunsystem aktiviert und baut die Plaques ab beziehungsweise verhindert die Bildung neuer Plaques.

Zielgruppe für Lecanemab

Der Wirkstoff kommt nur für Menschen infrage, die sich im frühen Stadium der Erkrankung befinden und bislang nur geringe Einbußen ihrer geistigen Leistungsfähigkeit haben. Dazu zählen vor allem Personen mit einer Alzheimer-Diagnose im Stadium eines Mild Cognitive Impairment (MCI) oder im frühen Stadium einer Alzheimer-Demenz.

Die krankhaften Amyloid-beta-Ablagerungen müssen im Gehirn nachgewiesen werden - entweder durch eine Lumbalpunktion oder mittels Amyloid-PET. Auch genetische Voraussetzungen spielen eine Rolle: Erkrankte dürfen höchstens eine Kopie des sogenannten ApoE4-Gens tragen. Personen mit zwei Kopien sind wegen der erhöhten Gefahr für Hirnblutungen von der Behandlung ausgeschlossen. Leqembi eignet sich außerdem nicht für Menschen, die Gerinnungshemmer einnehmen.

Ablauf der Behandlung mit Lecanemab

Leqembi wird als Infusion alle zwei Wochen direkt in die Vene verabreicht. Vor Beginn und während der Behandlung sind MRT-Untersuchungen notwendig, um mögliche Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen oder kleine Blutungen im Gehirn frühzeitig zu erkennen.

Mögliche Nebenwirkungen von Lecanemab

In Studien traten bei einem Teil der Teilnehmenden Nebenwirkungen auf - darunter Hirnschwellungen (ARIA-E) und Hirnblutungen (ARIA-H). Diese waren in den meisten Fällen symptomlos, wurden aber engmaschig kontrolliert. Das Risiko für solche Nebenwirkungen hängt stark vom ApoE4-Gen ab. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen und Infusionsreaktionen.

Wirksamkeit von Lecanemab

Ergebnis der CLARITY AD-Studie war, dass die Krankheit bei denjenigen, die Lecanemab erhielten, um 27 Prozent langsamer voranschritt als bei der Kontrollgruppe. Trotz der messbaren Wirksamkeit wird die Wirkung von Leqembi von vielen Expertinnen und Experten eher als moderat eingeschätzt.

Die Rolle der Forschung

Die Alzheimer-Krankheit ist nach ihrem Erstbeschreiber, dem deutschen Psychiater Alois Alzheimer, benannt. Die Alzheimer-Demenz ist eine Krankheit des Gehirns, bei der langsam fortschreitend und zunächst unbemerkt Nervenzellen absterben und Kontakte zwischen Nervenzellen gestört werden. Weltweit leiden mehr als 26 Millionen Menschen an Alzheimer, betroffen sind in der Regel Menschen ab dem 50. Lebensjahr.

Internationale Zusammenarbeit

Das ERA-Netz NEURON ist ein von der EU gefördertes Projekt, das die europäischen Förderprogramme und -aktivitäten auf dem Gebiet der krankheitsorientierten neurowissenschaftlichen Forschung verbinden soll. Die internationale Zusammenarbeit soll Synergien schaffen und so das Verständnis neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen beschleunigen sowie zur Entwicklung therapeutischer Strategien und Rehabilitationsmaßnahmen beitragen.

Finanzierung der Forschung

Bei Lilly reinvestieren wir mehr als 25 Prozent des gesamten Umsatzes in die Forschung und rund ein Viertel aller Kolleginnen und Kollegen weltweit arbeiten in F&E. Das sind zwei wichtige Voraussetzungen für unser Ziel, morgen Menschen mit schweren Erkrankungen wie der Alzheimer-Krankheit besser behandeln zu können als heute.

Hoffnung und Ausblick

Trotz der Herausforderungen und Fehlschläge in der Vergangenheit gibt es in der Alzheimer-Forschung weiterhin Hoffnung. Die Zulassung neuer Medikamente und die Fortschritte in der Früherkennung sind wichtige Schritte nach vorne. Die Forschung wird sich weiterhin auf die Entwicklung neuer Therapien, die Identifizierung von Risikofaktoren und die Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit Demenz konzentrieren.

Zukünftige Forschungsrichtungen

Lilly verfolgt unterschiedliche Ansätze. Das schließt den Einsatz von medikamentösen Therapien bereits in noch früheren Stadien der Alzheimer-Krankheit ein, aber auch andere therapeutische Targets als das Beta-Amyloid. Das Ziel lautet: Den Verlauf zu verlangsamen oder sogar zu stoppen. Die Forschung zu Alzheimer und anderen Demenzen entwickelt sich rasant.

Die Bedeutung von Bewegung

"Während neue Antikörpertherapien wie Lecanemab und Donanemab erstmals den Krankheitsverlauf der Alzheimer-Erkrankung beeinflussen können, zeigt sich zugleich, dass körperliche Aktivität ein potenziell vergleichbar wirkungsvolles, aber sicheres und breitenwirksames Instrument bleiben wird." Künftige Forschung müsse klären, ob Bewegung die Wirksamkeit dieser Therapien sogar verstärken kann.

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