Alzheimer-Forschung: Neue Erkenntnisse und vielversprechende Therapieansätze

Die Alzheimer-Forschung erlebt derzeit einen rasanten Fortschritt. Weltweit arbeiten Wissenschaftler daran, die Ursachen dieser komplexen Krankheit besser zu verstehen, neue Diagnoseverfahren zu entwickeln und Therapien zu finden, die den Verlauf der Krankheit beeinflussen können. Obwohl es noch keine Heilung gibt, existieren bereits zuverlässige Diagnoseverfahren, Präventionsmaßnahmen und erste Therapien, die den Krankheitsverlauf bei einigen Demenzformen verlangsamen können.

Die Komplexität der Alzheimer-Krankheit

Alzheimer ist eine äußerst komplexe Krankheit, bei der viele Prozesse im Gehirn noch nicht vollständig verstanden sind. Ein wesentlicher Faktor ist, dass Alzheimer lange vor dem Auftreten erster Symptome beginnt. Wenn das Gedächtnis nachlässt, sind die Schäden im Gehirn meist schon weit fortgeschritten und der Krankheitsprozess nicht mehr umkehrbar.

Hoffnung durch neue Medikamente und Therapien

Trotz der Herausforderungen gibt es Hoffnung. Erste Medikamente greifen gezielt in den Krankheitsverlauf ein, und Therapien können das Leben von Menschen mit Demenz bereits heute spürbar verbessern, indem sie den Alltag erleichtern, Fähigkeiten länger erhalten und die Lebensqualität steigern. Forschende weltweit arbeiten daran, Alzheimer eines Tages zu stoppen oder zu heilen und dadurch das Leben künftiger Generationen entscheidend zu verändern. Mehr als 1,8 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Demenz, die meisten von ihnen an Alzheimer.

Schwerpunkte der Demenzforschung im Jahr 2025

Die Demenzforschung verfolgt heute viele verschiedene Mechanismen und Ansätze - von der Diagnostik bis zur Therapie. Zu den wichtigsten Schwerpunkten gehören:

1. Früherkennung

Alzheimer und andere Demenzerkrankungen beginnen oft viele Jahre, bevor erste Symptome auftreten. Neue Bluttests, bildgebende Verfahren und digitale Methoden sollen es ermöglichen, die Krankheiten deutlich früher und zuverlässiger zu erkennen. Gerade weil Medikamente im frühen Stadium am besten wirken, wird die Früherkennung zu einem entscheidenden Schlüssel in der Versorgung.

Lesen Sie auch: Erfahrungen mit Kokosöl bei Alzheimer (Fife)

2. Antikörper-Medikamente

Mit den Antikörpern Leqembi und Kisunla gibt es erstmals Medikamente, die den Verlauf von Alzheimer verlangsamen können. Sie richten sich an Menschen in einem frühen Krankheitsstadium und greifen gezielt in die Prozesse im Gehirn ein. Noch ist offen, wie groß ihr Nutzen langfristig ist und wie Nebenwirkungen am besten kontrolliert werden können. Forschungsteams arbeiten außerdem daran, ob sich die Antikörper künftig mit anderen Wirkstoffen kombinieren lassen. Lecanemab ist ein Antikörper-Wirkstoff, der gezielt eine Vorstufe der für Alzheimer typischen Amyloid-beta-Protein-Plaques im Gehirn erkennt und bindet. Dadurch wird das körpereigene Immunsystem aktiviert und baut die Plaques ab beziehungsweise verhindert die Bildung neuer Plaques.

Lecanemab: Ein Meilenstein in der Alzheimer-Therapie

Für den Neurologen Thorsten Bartsch ist das neue Medikament Lecanemab nichts weniger als ein "Meilenstein“. Erstmals, sagt der Leiter der Gedächtnisambulanz am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel, könne bei Alzheimer direkt in den Krankheitsprozess eingegriffen werden. Am Anfang einer Alzheimer-Erkrankung beobachten Forschende unter anderem eine falsche Zerlegung bestimmter Proteine. Im Gehirn entstehen instabile Eiweißstücke, Beta-Amyloid. Auch bei Gesunden passiert das - der Körper kann die Eiweißbruchstücke allerdings noch abbauen. Bei Alzheimer aber entsteht zu viel Beta-Amyloid, das sich zu sogenannten Protofibrillen zusammenlagert. Sie gelten als besonders schädlich für die Nervenzellen. Bislang konnten Neurologen wie Thorsten Bartsch nichts gegen den geistigen Verfall ihrer Patientinnen und Patienten tun, nur versuchen, die Symptome zu lindern. 2023 wurde dann in den USA der neue Wirkstoff Lecanemab zugelassen. Seit Anfang September ist das Medikament in Deutschland verfügbar. Dabei handelt es sich um einen Antikörper, der an die entscheidenden Formen von Beta-Amyloid bindet. Die dadurch entstehenden Komplexe können von den Immunzellen aufgenommen und abgebaut werden. Tatsächlich kommt das neue Medikament aber wohl nur für rund zehn Prozent der von Alzheimer Betroffenen infrage - in einem sehr frühen Stadium der Erkrankung. Denn Lecanemab kann den Krankheitsprozess nicht stoppen, sondern nur bremsen. "Je früher die Therapie anfängt, desto besser ist der Erfolg", sagt der Göttinger Neurowissenschaftler André Fischer vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen. Die europäische Zulassungsbehörde war zunächst auch deshalb zögerlich, weil die Therapie Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen und Mikroblutungen haben kann. Alzheimer-Patienten mit einer bestimmten genetischen Anlage - zwei Kopien des sogenannten ApoE4-Gens - sind wegen ihres erhöhten Risikos für diese Komplikationen grundsätzlich von einer Behandlung ausgeschlossen. Insgesamt ist die Therapie mit Lecanemab aufwändig, denn sie erfordert alle zwei Wochen eine Infusion. Weil die Früherkennung so entscheidend ist, um den Untergang von Nervenzellen zu bremsen, suchen Forschende weltweit nach aussagekräftigen Biomarkern im Blut, die schnell und einfach Hinweise auf eine sich entwickelnde Alzheimer-Erkrankung geben können. Auch am DZNE in Göttingen wird daran geforscht. Neurowissenschaftler André Fischer hofft, dass man solche Tests künftig zum Screening einsetzen kann, für alle ab 60, alle zwei Jahre. Zwei Bluttests auf fehlerhafte Eiweiße werden in Europa bereits im Rahmen klinischer Studien eingesetzt. Der Kieler Neurologe Thorsten Bartsch hofft, dass sie schon bald die Routinediagnostik der Alzheimer-Erkrankung unterstützen können.

Verfügbarkeit und Anwendung von Leqembi

Leqembi (Wirkstoff: Lecanemab) ist ein neues Medikament zur Behandlung der frühen Alzheimer-Krankheit. Es richtet sich an Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen (MCI) bei Alzheimer oder im Frühstadium der Alzheimer-Krankheit. Seit dem 25. August 2025 ist Leqembi in Österreich erhältlich, in Deutschland ab dem 1. September. Die Zulassung durch die Europäische Kommission erfolgte im April 2025. Leqembi reduziert schädliche Amyloid-beta-Ablagerungen im Gehirn.

Einschränkungen und Voraussetzungen für die Behandlung mit Leqembi

Nein, Leqembi kann Alzheimer weder heilen noch den Krankheitsverlauf aufhalten. Ziel der Behandlung ist es, den geistigen Abbau bei Menschen im frühen Krankheitsstadium zu verlangsamen. In der großen Phase-3-Studie CLARITY AD zeigte sich, dass die Erkrankung bei den Teilnehmenden, die Leqembi erhielten, langsamer fortschritt als in der Placebo-Gruppe. Wer mit Leqembi behandelt werden kann, muss in jedem Einzelfall genau geprüft werden. Der Wirkstoff kommt nur für Menschen infrage, die sich im frühen Stadium der Erkrankung befinden und bislang nur geringe Einbußen ihrer geistigen Leistungsfähigkeit haben. Dazu zählen vor allem Personen mit einer Alzheimer-Diagnose im Stadium eines Mild Cognitive Impairment (MCI, zu Deutsch „leichte kognitive Störung“) oder im frühen Stadium einer Alzheimer-Demenz. Die krankhaften Amyloid-beta-Ablagerungen müssen im Gehirn nachgewiesen werden - entweder durch eine Lumbalpunktion oder mittels Amyloid-PET. Auch genetische Voraussetzungen spielen eine Rolle: Erkrankte dürfen höchstens eine Kopie des sogenannten ApoE4-Gens tragen. Personen mit zwei Kopien sind wegen der erhöhten Gefahr für Hirnblutungen von der Behandlung ausgeschlossen. Leqembi eignet sich außerdem nicht für Menschen, die Gerinnungshemmer einnehmen. In Kombination mit dem Medikament steigt das Risiko für eine Hirnblutung deutlich.

Anzahl der potenziellen Patienten für Leqembi

Wieviele Menschen für die Behandlung infrage kommen, ist noch unklar: Nach einer Einschätzung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) von Mai 2025 erfüllt etwa 1 von 100 Menschen mit einer Alzheimer-Demenz alle Voraussetzungen für eine Behandlung mit Leqembi, also in etwa 12.000 Erkrankte. Neuere Berechnungen von August 2025 - etwa des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) - sprechen von bis zu 73.000 Patientinnen und Patienten in Deutschland, was bei 1,2 Millionen Erkrankten etwa 6 Prozent entspricht. Diese Zahl gilt jedoch als optimistische Obergrenze. In der Praxis wird die Zahl deutlich niedriger sein, da die aufwendige Diagnostik, mögliche Ausschlusskriterien und begrenzte ärztliche Kapazitäten berücksichtigt werden müssen.

Lesen Sie auch: Informationen für Alzheimer-Patienten und Angehörige

Gentest und Teilnahme an einem Register

Neben den medizinischen Voraussetzungen ist zusätzlich die Teilnahme an einem EU-weiten Register verpflichtend. Ja, ein Gentest ist erforderlich. Vor dem Beginn der Behandlung mit Leqembi wird geprüft, ob die Patientin oder der Patient das so genannte ApoE4-Gen besitzt. Menschen mit einer doppelten Kopie dieses Gens (ApoE4-Homozygote) haben ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen und können deshalb nicht mit Leqembi behandelt werden. Der Gentest macht die Therapie sicherer.

Anforderungen an die ärztliche Versorgung

Die Behandlung mit Leqembi stellt neue Anforderungen an die ärztliche Versorgung. Es braucht eine frühzeitige Diagnose sowie spezialisierte Einrichtungen mit ausreichender personeller und technischer Ausstattung.

Verabreichung und Kontrolle auf Nebenwirkungen

Leqembi wird als Infusion (Tropf) alle zwei Wochen direkt in die Vene verabreicht. Die Behandlung dauert jeweils etwa eine Stunde. Vor Beginn und während der Behandlung sind MRT-Untersuchungen notwendig, um mögliche Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen oder kleine Blutungen im Gehirn frühzeitig zu erkennen. Diese Untersuchungen müssen vor der 5., 7. und 14. Dosis erfolgen. Werden die vorgeschriebenen MRTs nicht durchgeführt, muss die Behandlung beendet werden. Treten Kopfschmerzen, Verwirrtheit oder Übelkeit auf, entscheiden die behandelnden Ärztinnen und Ärzte über weitere Untersuchungen.

Sicherheitsvorkehrungen und Kontrollprogramm

Nur Patientinnen und Patienten, die alle Voraussetzungen erfüllen, dürfen mit Leqembi behandelt werden. Vor Beginn der Therapie erhalten sie ebenso wie ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte ausführliche Informationen, um mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und richtig einzuordnen. Zusätzlich ist die Teilnahme an einem EU-weiten Kontrollprogramm verpflichtend (Controlled Access Program, CAP) Patientinnen und Patienten sowie ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte müssen in ein zentrales Register eingeschrieben werden. Zu Beginn der Therapie erhalten die Erkrankten eine Patientenkarte und ausführliche Aufklärungsunterlagen. Die Behandlung mit Leqembi wird beendet, wenn sich die Alzheimer-Erkrankung deutlich verschlechtert und in ein mittelschweres Stadium übergeht.

Nebenwirkungen von Leqembi

Ja. In Studien traten bei einem Teil der Teilnehmenden Nebenwirkungen auf - darunter Hirnschwellungen (ARIA-E) und Hirnblutungen (ARIA-H). Diese waren in den meisten Fällen symptomlos, wurden aber engmaschig kontrolliert. Das Risiko für solche Nebenwirkungen hängt stark vom ApoE4-Gen ab: Menschen mit zwei Kopien dieses Gens sind besonders gefährdet und daher von der Behandlung ausgeschlossen. Bei den für die EU-Zulassung relevanten Patientengruppen - also Menschen mit höchstens einer Kopie des ApoE4-Gens - kam es in rund 13 % der Fälle zu Hirnblutungen und in 9 % zu Hirnschwellungen. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen (11 %) und Infusionsreaktionen (26 %). In der Studie wurden drei Todesfälle gemeldet, von denen zwei mit der gleichzeitigen Einnahme von Gerinnungshemmern in Verbindung gebracht wurden.

Lesen Sie auch: Kinder-Alzheimer: Ein umfassender Überblick

Studienergebnisse und Wirksamkeit von Lecanemab

In der medikamentösen Therapie der Alzheimer-Krankheit standen bisher keine Medikamente zur Verfügung, die auf die grundlegenden Mechanismen der Erkrankung einwirken konnten. Der Wirkstoff Lecanemab wurde in den vergangenen zehn Jahren mit mehreren hunderten Teilnehmerinnen und Teilnehmern in verschiedenen klinischen Studien untersucht. Ausschlaggebend für die Zulassung waren die Ergebnisse der Phase-3-Studie CLARITY AD, die im November 2022 auf der Alzheimer-Konferenz Clinical Trial on Alzheimer´s Disease (CTAD) vorgestellt wurden. An der CLARITY AD-Studie hatten insgesamt 1.795 Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder leichter Alzheimer-Demenz teilgenommen. Während des 18-monatigen Untersuchungszeitraums wurde in regelmäßigen Abständen kognitive Fähigkeiten, wie das Gedächtnis, die Orientierung oder die Fähigkeit, Probleme zu lösen, von Fachleuten überprüft. Ergebnis der Studie war, dass die Krankheit bei denjenigen, die Lecanemab erhielten, um 27 Prozent langsamer voranschritt als bei der Kontrollgruppe. Trotz der messbaren Wirksamkeit wird die Wirkung von Leqembi von vielen Expertinnen und Experten eher als moderat eingeschätzt. Es ist fraglich, inwieweit die Wirkung für an Alzheimer erkrankte Menschen spürbar ist und im Alltag einen Unterschied macht. Die Studie hat jedoch gezeigt, dass sich der verzögernde Effekt mit der Dauer der Einnahme zunimmt. Das könnte bedeuten, dass eine Einnahme über den Zeitraum der bisher untersuchten 18 Monate hinaus die Wirksamkeit von Lecanemab noch erhöht.

3. Krankheitsmechanismen verstehen

Was genau passiert im Gehirn von Menschen mit Alzheimer? Forschende untersuchen zentrale Prozesse wie die Ablagerung der Proteine Amyloid-beta und Tau, entzündliche Vorgänge, die Bedeutung von Umwelteinflüssen und genetische Aspekte. Ziel ist es, die Entstehung der Erkrankungen besser zu verstehen und neue Ansatzpunkte für Therapien zu finden.

Neue Erkenntnisse zum Fettstoffwechsel

Eine Studie der Alzheimerforscher Marcus Grimm und Tobias Hartmann hat eine Wechselwirkung im Fettstoffwechsel des Körpers aufgezeigt, die eine wichtige Rolle bei der Erkrankung spielen könnte. Die Forscher fanden heraus, dass die Produktion des Eiweißes Beta-Amyloid die Menge von bestimmten Fetten, vor allem der sogenannten Sulfatide, beeinflusst und auch umgekehrt: dass die Menge an Sulfatiden wiederum die Menge dieses Eiweißes beeinflusst - eine folgenreiche Wechselwirkung: Der Sulfatid-Spiegel ist im Gehirn von Alzheimer-Patientinnen und -Patienten verringert und das Beta-Amyloid erhöht. „Unsere Studie zeigt eine bisher unbekannte physiologische Funktion der Verarbeitung des Amyloid-Vorläuferproteins, des sogenannten APP, die eine wesentliche Rolle bei der Regulation des Fettstoffwechsels, insbesondere der Sulfatide im Gehirn, spielt. Sulfatide sind spezielle Fette, welche sowohl über die Nahrung aufgenommen als auch vom Körper selbst hergestellt werden können“, erläutert Marcus Grimm.

Einfluss von Ernährung und Lebensstil

Besonders interessant ist der Einfluss, den vor diesem Hintergrund die Ernährung und auch der Lebensstil bei der Erkrankung hat. „Faktoren wie Rauchen können die Sulfatidspiegel negativ beeinflussen, während eine ausreichende Versorgung mit Vitamin K oder der Verzehr mancher Meeresfrüchte sich positiv auswirken können. Diese Erkenntnisse eröffnen potenzielle Ansatzpunkte für präventive und therapeutische Strategien im Kampf gegen die Alzheimer-Krankheit“, sagt der Professor für Demenzprävention Tobias Hartmann.

Störung im Lipidstoffwechsel als Auslöser

Wissenschaftler haben möglicherweise einen neuen Auslöser für die charakteristischen Veränderungen im Gehirn gefunden: eine Störung im Lipidstoffwechsel. Denn zu viele Lipide in der Zellmembran von Neuronen können die Bildung von Alzheimer-Peptiden begünstigen. Wenn bestimmte Bestandteile der Zellmembran, die sogenannten Sphingolipide, übermäßig vorhanden sind, blockieren sie den natürlichen Prozess der Autophagozytose. Die Folge: Eiweiße, darunter auch das C-terminale Peptid, können nicht mehr effektiv per Autophagozytose abgebaut werden und das gefährliche Beta-Amyloid sammelt sich an. Zugleich aktivieren zu viele Sphingolipide ein bestimmtes Enzym, die y-Sekretase, deren Funktion darin besteht, das gefährliche Beta-Amyloid vom C-terminalen Peptid abzuspalten. Sphingolipide begünstigen somit die Entstehung von Alzheimer-Proteinen auf zwei Wegen. "Wir schließen daraus, dass den charakteristischen Veränderungen im Gehirn von Alzheimer-Patienten möglicherweise eine Störung im Lipidstoffwechsel zugrunde liegt", sagt Professor Walter.

4. Vorbeugung von Demenzerkrankungen

Rund 45 Prozent aller Demenzerkrankungen ließen sich nach aktuellem Stand der Wissenschaft durch die Reduktion bestimmter Risikofaktoren verzögern oder sogar verhindern. Dazu gehören Bluthochdruck, Diabetes, Hörverlust, Depressionen oder soziale Isolation. Die Forschung versucht, diese Zusammenhänge besser zu verstehen und Menschen dabei zu unterstützen, ihr persönliches Risiko zu senken. Unabhängig von neuen Antikörper-Medikamenten setzt Thorsten Bartsch auf Prävention durch eine Veränderung des Lebensstils. Auch andere Risikofaktoren für eine Demenz sind beeinflussbar: Diabetes und Übergewicht lassen sich ebenso behandeln wie Bluthochdruck und ein erhöhter Cholesterinspiegel. Hörgeräte sorgen für soziale Teilhabe - auch das ein wichtiger Faktor, um die grauen Zellen fit zu halten. Darüber hinaus gibt es eine weitere Möglichkeit, das Risiko für eine Demenz zu reduzieren: Die Impfung gegen Gürtelrose-Viren. Das belegt eine jüngst im Fachmagazin Nature publizierte Studie aus Wales. Dort bekamen Seniorinnen und Senioren, die am Stichtag jünger als 80 Jahre alt waren, eine kostenlose Gürtelrose-Impfung. Sie erkrankten in den folgenden sieben Jahren seltener an Gürtelrose als die nur wenige Tage älteren, nicht Geimpften. Ähnliche Effekte sind auch bei anderen Viren denkbar, sagt Konstantin Sparrer vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Ulm. Unklar ist aber noch, wie genau Virusinfektionen Demenzerkrankungen befördern. Entweder die Viren dringen direkt ins Gehirn ein und schädigen dort die Nervenzellen. Oder das Immunsystem wird durch die Infektion so stark stimuliert, dass es überreagiert. In der Forschung zeichne sich ab, so Konstantin Sparrer, "dass jegliche Virusinfektion nicht gut ist für eine Demenz“.

5. Pflege und Lebensqualität

Neben der medizinischen Forschung rückt auch der Alltag von Menschen mit Demenz in den Mittelpunkt. Studien befassen sich damit, wie die Versorgung individueller, die Belastung für Angehörige geringer und die Selbstständigkeit der Erkrankten länger erhalten werden kann.

Weitere vielversprechende Forschungsansätze

Lithium und Alzheimer

Erste Hinweise darauf, dass Lithium möglicherweise auch vor einer Demenzerkrankung schützen kann, gab es bereits in zwei Studien aus Dänemark und Großbritannien: 2017 wurde in einer Studie der Universität Kopenhagen beobachtet, dass in Regionen, in denen mehr Lithium im Trinkwasser ist, weniger Menschen an Demenz erkranken. 2022 zeigte eine Beobachtungsstudie der Universität Cambridge, dass Menschen, die aufgrund psychischer Störungen über eine längere Zeit Lithium einnahmen, seltener an Alzheimer und anderen Demenzen erkrankten - obwohl sie aufgrund ihrer psychischen Grunderkrankung eigentlich ein höheres Risiko hatten als Menschen ohne solche Erkrankungen. Die 2025 in Nature veröffentliche Studie lieferte einen möglichen Grund für diese Zusammenhänge: Lithium kommt natürlicherweise im Gehirn vor, schützt es vor Alterung und erhält die Funktion aller wichtigen Zelltypen. Noch bevor erste Symptome wie Gedächtnisstörungen auftreten, kann bei Menschen mit einer Alzheimer-Erkrankung ein sinkender Lithiumspiegel gemessen werden. Der Grund dafür ist, dass das im Gehirn vorhandene Lithium an die Amyloid-beta-Ablagerungen bindet und dadurch nicht mehr frei verfügbar ist. Fehlt das Lithium, altern Nervenzellen schneller und werden anfälliger für Schädigungen. Die Studienergebnisse mit einem Mausmodell legen nahe, dass Lithium - in einer speziellen Form namens Lithiumorotat, einem Lithiumsalz aus Lithium und Orotsäure - das Fortschreiten von Alzheimer nicht nur verlangsamen, sondern in einigen Fällen umkehren kann. Diese Verbindung vermeidet die Bindung an Amyloid-Plaques und bleibt so im Gehirn verfügbar. In den Tierversuchen wirkte sie bereits in sehr niedriger Dosis, rund tausendfach geringer als bei den in der Psychiatrie eingesetzten Lithiumsalzen, und zeigte in so geringer Konzentration keine Anzeichen von Toxizität. An Mausmodellen konnten die Forschenden beobachten, dass sich Gedächtnisleistungen selbst bei älteren Tieren mit fortgeschrittener Erkrankung deutlich verbesserten.

Warnhinweis zur Einnahme von Lithium

Ob Lithiumorotat auch beim Menschen Alzheimer vorbeugen oder rückgängig machen kann, ist noch nicht bewiesen. Dafür sind kontrollierte klinische Studien nötig. Bis dahin sollte Lithium nicht eigenständig zur Vorbeugung oder Behandlung eingenommen werden, da Lithium in zu hohen Dosen giftig sein kann. Bisher gibt es keine klinischen Studien, die belegen, dass Lithium - in welcher Form auch immer - Alzheimer beim Menschen wirksam vorbeugen oder behandeln kann. Die bisherigen Ergebnisse stammen aus Beobachtungsstudien, Tierversuchen und Analysen menschlichen Gewebes. Es wurden bisher keine klinischen Studien durchgeführt. Eine falsche Dosierung kann außerdem gesundheitsschädlich sein, insbesondere für ältere Menschen. Unter anderem deswegen ist die Verwendung von Lithium als Nahrungsergänzungsmittel auch in der Europäischen Union verboten. Eine Einnahme von Lithium oder Lithiumorotat sollte deshalb ausschließlich im Rahmen ärztlich begleiteter Therapien erfolgen. Wer Lithium auf natürlicher Weise zu sich nehmen möchte, kann auf Lebensmittel mit hohem Lithiumgehalt achten.

Neue Methode zur Reduktion schädlicher Plaques

Eine neue Methode von Dr. Benedikt Zott und seinem Team an der Technischen Universität München (TUM) und am TUM Klinikum rechts der Isar setzt genau dort an: "Wir haben uns gefragt, ob man, wenn man das Amyloid entfernt, eine bestimmte Funktionsstörung der Nervenzellen rückgängig machen kann. Dazu gibt es schon verschiedene Ansätze. Wir haben uns entschieden, das mit einem Protein zu machen - mit dem sogenannten 'Anticalin': ein Protein, das Amyloid Beta bindet." Durch die Bindung werde das Amyloid Beta gewissermaßen aus dem Verkehr gezogen.

Normalisierung der Nervenzellaktivität durch Anticalin

Eines der frühesten Symptome einer beginnenden Alzheimer-Erkrankung ist eine zu hohe Aktivität der Nervenzellen im Gehirn. Das Team um Zott konnte jetzt im Laborversuch mit Mäusen nachweisen, dass sich durch die Gabe von Anticalin die erhöhte Aktivität der Nervenzellen wieder normalisiert. Durch die Gabe des Proteins Anticalin normalisierte sich die Aktivität der Nervenzellen im Gehirn der Mäuse.

Ausblick auf zukünftige Therapien

"Noch sind wir von einer bei Menschen anwendbaren Therapie ein großes Stück entfernt, aber die Ergebnisse im Tierversuch sind sehr ermutigend. Besonders bemerkenswert ist der Effekt, dass die neuronale Hyperaktivität in frühen Krankheitsstadien vollständig unterdrückt werden konnte", so Benedikt Zott. Ein Problem ist aber zum Beispiel, dass das Anticalin-Protein, das die schädlichen Plaques bindet, an der Blut-Hirn-Schranke scheitert. Es müsste also direkt ins Gehirn gespritzt werden, was bei Menschen bisher nicht möglich ist. Zudem wirkt es bislang nur in der Anfangsphase der Alzheimer-Erkrankung.

Unterstützung der Forschung durch Organisationen

Die Alzheimer Forschung Initiative (AFI) fördert Forschungsprojekte und beobachtet wissenschaftliche Debatten und neue Studienergebnisse. Auch die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) unterstützt regelmäßig Forschungsvorhaben im Bereich Demenz.

tags: #alzheimer #forschung #neue #erkenntnisse