Ein Hirnaneurysma ist eine Ausbuchtung einer Schlagader im Gehirn, die zwischen einem Millimeter und zehn Zentimetern groß sein kann. Es entsteht, wenn die Wand eines Blutgefäßes im Gehirn schwach wird und sich eine Ausbuchtung bildet. Diese Ausbuchtung kann platzen und zu einer Subarachnoidalblutung führen, die zu schweren neurologischen Schäden oder sogar zum Tod führen kann. Etwa drei von 100 erwachsenen Menschen haben ein Aneurysma im Kopf.
Was ist ein Aneurysma?
Ein Aneurysma ist eine sack- oder beerenförmige Ausbuchtung einer Schlagader (Arterie). Normalerweise sind Arterien fest und elastisch, ähnlich wie Schläuche. Wenn die Wand einer Arterie aber an einer Stelle nachgibt, sich nach außen wölbt und eine Ausbuchtung bildet, spricht man von einem Aneurysma. Aneurysmen können an verschiedenen Stellen im Körper entstehen, etwa an der großen Schlagader im Bauch (Bauchaortenaneurysma) oder einer Schlagader im Kopf (Hirnaneurysma). Häufig bilden sich Hirnaneurysmen an Verzweigungsstellen der Arterien, die das Gehirn mit Blut versorgen.
Ursachen von Hirnaneurysmen
Die genaue Ursache von Hirnaneurysmen ist oft unbekannt, aber es gibt mehrere Risikofaktoren, die zur Entwicklung beitragen können. Aneurysmen können angeboren oder im Laufe des Lebens erworben sein.
Genetische Veranlagung
Aneurysmen können gehäuft innerhalb einer Familie auftreten, beispielsweise aufgrund einer erblich bedingten Bindegewebsschwäche. So steigt das Risiko eines Aneurysmas von ein auf zwei Prozent, wenn bei einem Verwandten ersten Grades bereits ein Aneurysma entdeckt wurde, und auf vier Prozent, wenn zwei nahe Verwandte betroffen sind. Auch genetische Erkrankungen wie das Marfan-Syndrom oder das Ehlers-Danlos-Syndrom kommen als Ursache eines Aneurysmas infrage. Viele Aneurysmen treten aufgrund einer angeborenen Fehlbildung der Blutgefäße auf, ohne dass es eine familiäre Häufung gibt. Etwa 1,5 bis 2 Millionen der Deutschen haben ein Aneurysma im Kopf, möglicherweise aufgrund angeborener Schwachstellen in der Arterienwand.
Erkrankungen
Bestimmte Erkrankungen erhöhen das Risiko für ein Aneurysma. Beispiele dafür sind:
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- Bluthochdruck (Hypertonie): Mit jedem Herzschlag rollt eine Druckwelle über die Arterien des Körpers hinweg. Übt das Blut dabei von innen besonders hohen Druck aus, schädigt es die Gefäßwände. Ein schlecht eingestellter Bluthochdruck kann die Aneurysmaentstehung begünstigen.
- Arteriosklerose (Gefäßverkalkung): In mehr als 50 Prozent der Fälle ist eine Gefäßverkalkung die Ursache für ein Aneurysma. Kalk- und Fettablagerungen (Plaques) an den Gefäßwänden sorgen dafür, dass sie an Elastizität verlieren. Die Gefäße federn den Druck mit zunehmendem Alter immer schlechter ab.
- Bakterielle Infektionen: Selten sind bakterielle Infektionen an der Entstehung eines Aneurysmas beteiligt - beispielsweise bei Syphilis oder Tuberkulose. Im Verlauf der Infektion entzündet sich die Gefäßwand. Schließlich entsteht eine Gefäßaussackung. Diese wird als mykotisches Aneurysma bezeichnet.
Höheres Lebensalter
Das Risiko für ein Aortenaneurysma steigt mit dem Lebensalter. Der Grund ist, dass sich der Aufbau der Gefäßwand mit den Jahren verändert. Sie wird weniger elastisch und fängt den hohen Druck in der Hauptschlagader weniger gut ab. Es entwickeln sich Schwachstellen in der Gefäßwand, die schließlich nachgeben - ein Aneurysma entsteht.
Mechanische Verletzungen der Gefäßwände
Die häufigste Ursache für ein Aneurysma spurium - das sogenannte „falsche Aneurysma“ - sind Verletzungen der Gefäßwand. So besteht das Risiko, dass im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung die Gefäßwand beschädigt wird.
Weitere Risikofaktoren
Weitere Faktoren, die die Entstehung eines Hirnaneurysmas begünstigen können, sind:
- Rauchen
- Drogenmissbrauch
- Bestimmte vererbbare Krankheiten wie das Marfan-Syndrom
Symptome eines Hirnaneurysmas
Viele Menschen bemerken ihr gesamtes Leben lang nicht, dass sie ein Hirnaneurysma haben. Bei anderen verursacht es jedoch Beschwerden - oder sie haben ein erhöhtes Risiko, dass ihr Aneurysma irgendwann reißt und eine lebensbedrohliche Hirnblutung auslöst. Ein Aneurysma verursacht häufig keine Beschwerden. In diesem Fall wird es als „asymptomatisches“ Aneurysma bezeichnet.
Zu Beschwerden kann es kommen, wenn ein Aneurysma besonders groß ist oder ungünstig liegt. Es kann dann auf das Gehirn oder auf Nerven drücken, die vom Gehirn wegziehen - zum Beispiel auf den Sehnerv.
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Symptome eines unrupturierten Aneurysmas
Solange das Aneurysma nicht direkt auf eine empfindliche Struktur, wie einen Hirnnerv, drückt, verursacht es meist keine Beschwerden. Wenn ein Hirnaneurysma besonders groß ist oder an einer ungünstigen Stelle liegt, kann es auf das Gehirn oder auf Nerven drücken, beispielsweise auf den Sehnerv. Dies kann zu folgenden Symptomen führen:
- Kopfschmerzen
- Sehstörungen
- Taubheitsgefühl oder Schwäche auf einer Körperseite
- Sprachstörungen
- Schwindel
Symptome einer Aneurysmaruptur
Reißt das Aneurysma (Aneurysmaruptur) jedoch, was etwa bei einem Blutdruckanstieg, aber auch „aus heiterem Himmel“ passieren kann, kommt es zu einer Gehirnblutung. Diese löst typischerweise noch nie erlebte Kopfschmerzen aus - mit Übelkeit, Erbrechen, Nackensteife bis hin zu einer Ohnmacht. Im akuten Notfall einer Aneurysmablutung kommt es meist zu schlagartigen Kopfschmerzen, die von den Patient:innen als „so stark wie noch nie in ihrem Leben“ empfunden werden.
Weitere Symptome einer Hirnblutung sind:
- Nackensteifigkeit
- Übelkeit, Erbrechen
- Bewusstseinsstörungen, Bewusstlosigkeit
Eine Hirnblutung ist ein lebensbedrohlicher Notfall, der so schnell wie möglich notärztlich behandelt werden muss. Etwa 20 Prozent der Patienten versterben in den ersten Stunden infolge einer Blutung.
Diagnose eines Hirnaneurysmas
Viele Menschen erfahren zufällig, dass sie ein Hirnaneurysma haben, weil ihr Kopf wegen einer anderen Erkrankung untersucht wurde. Bei Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Sehstörungen kann die Ärztin oder der Arzt zu einer Magnetresonanztomografie (MRT) oder Computertomografie (CT) raten. Besonders gut sichtbar werden Aneurysmen bei der sogenannten digitalen Substraktionsangiografie (DSA). Dabei wird eine Röntgenaufnahme mit und eine ohne Kontrastmittel gemacht. Ein Computer errechnet daraus ein Bild, das nur noch die Blutgefäße zeigt - andere Strukturen wie Knochen sind nicht mehr zu sehen.
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Bei der MRT-Diagnose von Hirnaneurysmen kommt die Technik der Magnetresonanzangiographie (MRA) zum Einsatz, bei der die Blutgefäße im Gehirn dargestellt werden können. Eine aktuelle Studie untersuchte den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) zur Verbesserung der MRA-Diagnose von Hirnaneurysmen. Die Ergebnisse zeigten, dass KI-Modelle dazu beitragen können, die Genauigkeit und Effizienz der MRA-Diagnostik zu erhöhen und Fehldiagnosen zu reduzieren.
Zur Behandlungsentscheidung und Behandlungsplanung benötigt man jedoch eine intra-arterielle Gefäßdarstellung (Angiographie, häufig auch 3D Angio), mittels der genaue Größe und Lokalisation festgestellt werden. Anhand dessen kann entschieden werden, welche Behandlung für das Aneurysma am erfolgversprechendsten ist.
Behandlung von Hirnaneurysmen
Die Behandlung eines Aneurysmas hängt von der Größe, Form und Lage des Aneurysmas sowie dem Gesundheitszustand des Patienten ab. Nicht-symptomatische Aneurysmen von einer Größe bis zu 7 mm werden nicht behandelt, hier ist das Risiko der OP größer als das Risiko einer Blutung. Ab einem Durchmesser von 7 mm wird eine Behandlung empfohlen. Sind Aneurysmen symptomatisch werden sie unabhängig von ihrer Größe behandelt.
Auf jeden Fall ist es sinnvoll, Risikofaktoren für Komplikationen zu vermeiden - also zum Beispiel einen Bluthochdruck zu behandeln und nicht zu rauchen. Bei einem unbehandelten Aneurysma wird in 1- bis 3-jährigen Abständen ein MRT oder CT gemacht.
Es gibt zwei Standardtherapievarianten:
- Operation (Clipping): Das Aneurysma wird dabei mit einem kleinen Metall-Clip abgeklemmt. Beim Clipping wird der Schädel chirurgisch geöffnet, und das Aneurysma wird mithilfe eines kleinen Clips aus Titan von der Blutversorgung abgetrennt. Dadurch wird das Aneurysma dauerhaft verschlossen, und eine Blutung wird verhindert.
- Katheter-Verfahren (Coiling): Dabei werden meist feine Spiralen aus Platin durch das Blutgefäß bis in das Hirnaneurysma geschoben. Dadurch gerinnt das Blut im Aneurysma und es soll sich verschließen. Beim Coiling-Verfahren führen die Ärzt:innen einen Katheter über einen kleinen Schnitt in der Leistenarterie durch die Bauchschlagader bis ins Gehirn. Über den Katheter werden weiche Platin-Spiralen (Coils) in das Hirnaneurysma geschoben. Dort rollt sich die Spirale zu einem festen Knäuel auf und füllt die Ausbuchtung voll aus, sodass diese vom Blutstrom abgegrenzt ist.
Beide Verfahren können dauerhaft verhindern, dass das Aneurysma weiter durchblutet wird. Das beugt einem Reißen vor, ist jedoch selbst mit Risiken verbunden. Die Wahl des Verfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, die im Einzelfall abgewogen werden müssen.
Viele Aneurysmen können minimalinvasiv durch die sogenannte Coil-Embolisation (Coiling) behandelt werden. Dieses Verfahren gilt zunehmend als Methode der Wahl und zeichnet sich durch seine geringere Belastung für den Patienten aus. Es gibt jedoch Aneurysmen, bei denen eine neurochirurgische Behandlung sicherer ist.
Remodelling
Bei dieser Methode wird während des Einbringens der Coils ein kleiner Ballon vor die Öffnung des Aneurysmas gelegt, um ein Herausrutschen der Spiralen zu verhindern. Diese Technik wird insbesondere bei Aneurysmen mit einer breiten Öffnung angewendet.
Prävention von Hirnaneurysmen
Da die genauen Ursachen von Hirnaneurysmen oft unbekannt sind, ist die Prävention schwierig. Es gibt jedoch einige Maßnahmen, die dazu beitragen können, das Risiko zu verringern:
- Kontrolle von Risikofaktoren: Bluthochdruck, Rauchen und Alkoholkonsum sollten vermieden oder kontrolliert werden.
- Gesunde Lebensweise: Eine gesunde Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität können dazu beitragen, die Blutgefäße gesund zu halten.
- Früherkennung: Menschen mit einer familiären Vorbelastung für Aneurysmen sollten sich regelmäßig untersuchen lassen.