Anti-Freezing-Strategien für Parkinson-Patienten

Parkinson-Patienten leiden häufig unter dem sogenannten „Freezing“, einer plötzlichen Blockade, die das Weitergehen unmöglich macht. Die Füße scheinen am Boden zu kleben, der Körper ist wie versteinert. Dieses Phänomen kann ohne Vorwarnung auftreten und wird von Betroffenen als sehr bedrohlich erlebt. Glücklicherweise gibt es verschiedene Anti-Freezing-Strategien, die Parkinson-Patienten helfen können, mit diesen Gangblockaden umzugehen und ihre Mobilität und Unabhängigkeit zu erhalten.

Was ist Freezing?

Freezing, auch bekannt als Gangblockade, betrifft schätzungsweise 60 bis 80 Prozent der Parkinson-Patienten. Es äußert sich als plötzliche Unfähigkeit, eine Bewegung auszuführen, meist beim Gehen. Auslöser können Richtungswechsel, Engstellen wie Türrahmen oder der Wechsel von Rot auf Grün an einer Ampel sein. Die Angst vor solchen Blockaden kann dazu führen, dass sich Betroffene immer weiter aus dem öffentlichen Leben zurückziehen.

Ursachen und Zusammenhang mit Parkinson

Die genauen Ursachen für Freezing sind noch nicht vollständig geklärt, ebenso wenig wie die Ursachen der Parkinson-Krankheit selbst. Parkinson führt zum Absterben von Nervenzellen im Gehirn, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Dopamin ist entscheidend für die Feinabstimmung von Bewegungen. Ein Mangel an Dopamin stört die Kommunikation zwischen Gehirn und Muskulatur, was zu den typischen Parkinson-Symptomen wie Muskelsteifheit, Zittern und Bewegungsverlangsamung führt.

Freezing und Medikamente

Freezing tritt häufig in Verbindung mit Wirkungsschwankungen der Dopamin-Ersatztherapie auf. Viele Patienten erleben Freezing zum ersten Mal, wenn die Medikamente nicht mehr so zuverlässig wirken. In diesen sogenannten "Off-Phasen" können die Symptome der Parkinson-Erkrankung schlechter kontrolliert werden, was Freezing begünstigt.

Anti-Freezing-Strategien

Es gibt verschiedene Strategien, die Parkinson-Patienten helfen können, Freezing zu überwinden und ihre Lebensqualität zu verbessern. Diese Strategien lassen sich in folgende Kategorien einteilen:

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  • Hinweisreize (Cues): Externe Reize, die das Gehirn stimulieren und die Bewegungsausführung erleichtern.
  • Mentale Strategien: Kognitive Techniken, die helfen, die Blockade zu überwinden.
  • Physiotherapie und Training: Gezielte Übungen, die die Beweglichkeit und das Gleichgewicht verbessern.
  • Hilfsmittel: Spezielle Geräte und Hilfsmittel, die die Bewegung unterstützen.
  • Medikamentöse Anpassung: Optimierung der Parkinson-Medikation zur Reduzierung von Wirkungsschwankungen.

Hinweisreize (Cues)

Hinweisreize sind äußere Reize, die als Auslöser für eine Bewegung dienen und den Dopaminmangel im Gehirn kompensieren können. Beispiele für Hinweisreize sind:

  • Visuelle Cues: Ein Lichtpunkt eines Laserpointers auf dem Boden, Striche oder Markierungen auf dem Boden, die überstiegen werden können.
  • Auditive Cues: Das Ticken einer Uhr, Musik im 2/4- oder 4/4-Takt (z.B. Marschmusik), ein Metronom.
  • Taktile Cues: Ein leichter Klaps auf den Oberschenkel, das Wippen auf der Stelle.

Es ist wichtig zu beachten, dass sich die Wirksamkeit von Hinweisreizen im Laufe der Zeit abnutzen kann. Daher ist es ratsam, verschiedene Cues auszuprobieren und regelmäßig zu wechseln.

Mentale Strategien

Mentale Strategien können helfen, die Angst vor dem Freezing zu reduzieren und die Kontrolle über die Bewegung wiederzuerlangen. Beispiele für mentale Strategien sind:

  • Innerliches Zählen: Sich innerlich einen Takt vorzählen, um den Rhythmus der Bewegung zu unterstützen.
  • Visualisierung: Sich vorstellen, wie man die Bewegung erfolgreich ausführt.
  • Ablenkung: Sich auf etwas anderes konzentrieren, um die Angst vor dem Freezing zu reduzieren. Zum Beispiel, indem man sich innerlich einen Takt vorzählt oder es vermeidet, auf den Türrahmen zu schauen.

Physiotherapie und Training

Physiotherapie und gezieltes Training sind wichtige Bestandteile der Anti-Freezing-Strategien. Sie helfen, die Beweglichkeit, das Gleichgewicht und die Koordination zu verbessern. Spezielle Trainingsprogramme wie das "Münchner Anti-Freezing-Training" (MAFT) wurden entwickelt, um Patienten Strategien zu vermitteln, wie sie mit Freezing-Situationen umgehen können.

Das MAFT beinhaltet:

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  • Analyse der Freezing-Auslöser: Identifizierung der spezifischen Situationen, die bei dem jeweiligen Patienten Freezing auslösen.
  • Üben kritischer Situationen: Gezieltes Üben der identifizierten Situationen, zunächst in der Klinik und später zu Hause.
  • Entwicklung von Strategien: Erarbeitung individueller Strategien, um aus einer Freezing-Situation wieder herauszukommen.

Die ständige Wiederholung und Übung ist wichtig, um den Effekt aufrechtzuerhalten.

Hilfsmittel

Es gibt verschiedene Hilfsmittel, die Parkinson-Patienten bei Freezing unterstützen können:

  • Laserpointer: Ein Laserpointer, der einen Lichtpunkt auf den Boden projiziert, über den der Patient steigen kann.
  • Anti-Freezing-Gehstock: Ein Gehstock mit einer ausklappbaren Querstrebe, die überstiegen werden muss. Es gibt auch Stöcke mit einem integrierten Laser, der eine Linie auf den Boden projiziert.
  • Rollatoren mit Laserlinie: Rollatoren, die auf Knopfdruck eine Laserlinie auf den Boden werfen.
  • Metronome: Kleine, tragbare Metronome, die einen akustischen Takt vorgeben.

Medikamentöse Anpassung

Eine Anpassung der Parkinson-Medikation kann helfen, Wirkungsschwankungen zu reduzieren und somit auch Freezing-Episoden zu verringern. Dies kann durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

  • Umstellung auf andere Medikamente: In manchen Fällen kann eine Umstellung auf andere Medikamente helfen, die Symptome besser zu kontrollieren.
  • Kombinationstherapie: Die Kombination von Levodopa mit anderen Medikamenten, wie z.B. Dopamin-Agonisten oder COMT-Hemmern, kann die Wirkungsdauer von Levodopa verlängern.
  • Häufigere Einzelgaben von Levodopa: Die Verteilung der Levodopa-Gesamtdosis auf häufigere Einzelgaben kann helfen, einen konstanteren Dopaminspiegel im Blut aufrechtzuerhalten.
  • Levodopa-Retardpräparate: Retardpräparate geben Levodopa langsam und kontinuierlich frei, was zu weniger Wirkungsschwankungen führen kann.
  • Kontinuierliche intestinale Gabe von Levodopa (Duodopa®): Bei Patienten mit weit fortgeschrittener Erkrankung kann die kontinuierliche Gabe von Levodopa mithilfe einer duodenalen Infusionspumpe in Betracht gezogen werden.

Tiefe Hirnstimulation (THS)

Die tiefe Hirnstimulation des Nucleus subthalamicus ist eine weitere Option für Patienten mit fortgeschrittener Parkinson-Krankheit. Allerdings ist das Verfahren nicht für alle Patienten geeignet.

Was können Angehörige tun?

Angehörige können eine wichtige Rolle bei der Unterstützung von Parkinson-Patienten mit Freezing spielen. Wichtig ist, Verständnis für die Situation des Betroffenen zu entwickeln und zu zeigen. Da es für Außenstehende oft schwer nachvollziehbar ist, dass jemand problemlos Treppen steigen kann, aber dann plötzlich vor einer Tür stehen bleibt. Angehörige können den Patienten an seine erlernten Strategien erinnern oder selbst als Taktgeber einspringen. Es kann auch hilfreich sein, einen Fuß vor den Fuß des Betroffenen zu setzen und ihn oder sie dann bitten, hinüberzusteigen.

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