AOK-Facharztprogramm Neurologie: Inhalte, Vorteile und aktuelle Entwicklungen

Das AOK-Facharztprogramm (FAP) ist eine Initiative der AOK Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit der BKK, MEDI und Berufsverbänden der teilnehmenden Fachärzte. Ziel des Programms ist es, die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen zu verbessern, indem die Zusammenarbeit zwischen Haus- und Fachärzten optimiert wird. Dies soll unnötige Doppeluntersuchungen, Krankenhausaufenthalte und nicht abgestimmte Arzneimitteltherapien reduzieren.

Lösungsansatz: Hausarztzentrierte Versorgung mit Facharztintegration

Das AOK-Facharztprogramm bindet verschiedene Facharztgruppen in die hausarztzentrierte Versorgung der AOK Baden-Württemberg ein. Der Hausarzt koordiniert die Betreuung und Behandlung des Patienten und stimmt diese mit den beteiligten Fachärzten ab. Aktuell umfasst das FAP neun Facharztgruppen:

  • Kardiologie
  • Gastroenterologie
  • Psychiatrie/Neurologie/Psychotherapie
  • Orthopädie/Rheumatologie
  • Urologie
  • Diabetologie
  • Nephrologie
  • Pneumologie
  • Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde (HNO)

Inhalte des Facharztprogramms Neurologie/Psychiatrie/Psychotherapie (PNP)

Das Modul Psychotherapie des Facharztvertrags von Medi, AOK, Bosch-BKK und Berufsverbänden läuft seit Juli vergangenen Jahres. Jetzt werden auch Psychiater und Neurologen miteinbezogen. Die noch fehlenden Module Neurologie und Psychiatrie des sogenannten PNP-Vertrags in Baden-Württemberg (BW) sind zu Jahresbeginn gestartet - wenngleich die angestrebte Flächendeckung noch nicht in allen Regionen erreicht wurde. PNP steht für Psychotherapie, Neurologie und Psychiatrie - das Modul Psychotherapie des Selektivvertrags nach § 73 c SGB V, den die AOK Baden-Württemberg, die Bosch-BKK und Medi mit einigen Berufsverbänden abgeschlossen haben, läuft in Teilen bereits seit Juli 2012. Nun sollen sich auch Neurologen und Psychiater finden, die im Kollektivvertragssystem unzufrieden sind.

Beworben wird der PNP-Vertrag bei den Patienten mit deutlich schnelleren Terminen für psychisch Kranke und einer strukturierteren Behandlung durch besseren Austausch zwischen Hausärzten, Fachärzten und Psychotherapeuten. Denn die Patienten müssen in dem Hausarztvertrag zwischen den Krankenkassen und Medi eingeschrieben sein. Die Leistungserbringer profitieren unter anderem von mehr Honorar, die Leistungsanreize liegen auf den ersten Sitzungen, was die Annahme neuer Patienten fördern soll. Auch das von vielen Psychotherapeuten kritisierte Gutachterverfahren entfällt. Psychiatrische und neurologische Versorgerpraxen mit vielen Patienten sollen künftig vom Wegfall von Fallzahl- und Budgetgrenzen profitieren. „Jede erbrachte Leistung wird auch bezahlt“, betont Medi-Vorsitzender Dr. Werner Baumgärtner.

Vorteile für Patienten im PNP-Vertrag

  • Schnellere Termine: Patienten erhalten schneller einen Termin beim Facharzt, in dringenden Fällen sogar noch am selben Tag, bei Psychotherapeuten innerhalb von drei Tagen.
  • Strukturiertere Behandlung: Durch den besseren Austausch zwischen Hausärzten, Fachärzten und Psychotherapeuten wird eine strukturiertere Behandlung gewährleistet.
  • Mehr Beratungszeit: Insbesondere für chronisch Kranke und vor Therapieentscheidungen, die für die Lebensqualität entscheidend sein können, wird mehr Beratungszeit eingeräumt.
  • Engmaschige Vernetzung: Alle an der Behandlung beteiligten Ärzte sind eng miteinander vernetzt.
  • Unterstützung durch Sozialen Dienst: Falls gewünscht, unterstützt der Soziale Dienst der AOK Baden-Württemberg bei komplexen Versorgungssituationen.

Vorteile für Leistungserbringer im PNP-Vertrag

  • Höheres Honorar: Die Leistungserbringer profitieren von einem höheren Honorar.
  • Wegfall des Gutachterverfahrens: Für Psychotherapeuten entfällt das von vielen kritisierte Gutachterverfahren.
  • Wegfall von Fallzahl- und Budgetgrenzen: Psychiatrische und neurologische Versorgerpraxen mit vielen Patienten profitieren vom Wegfall von Fallzahl- und Budgetgrenzen.

Kritik am PNP-Vertrag

Trotz der Vorteile gibt es auch Kritik am PNP-Vertrag. Einige Psychotherapeuten kritisieren, dass auch Psychiater und Hausärzte in den Vertrag einbezogen wurden, die bisher Psychotherapie nur geringfügig ausgeübt hätten, um das im Vertrag festgelegte Quorum von 400 Therapeuten zu erfüllen. Zudem wird befürchtet, dass der Vertrag suggeriert, dass mit kürzeren Behandlungszeiten ausreichende Erfolge zu erzielen seien und der Gewinn an Zeit einer größeren Anzahl von bisher unversorgten Patienten zur Verfügung gestellt werden könne.

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Vorteile des AOK-Facharztprogramms im Allgemeinen

Die Versicherten profitieren von einer besser auf sie abgestimmten, ganzheitlichen Behandlung auf aktuellem medizinischen Stand. Weitere Vorteile sind:

  • Schnelle Termine: Innerhalb von zwei Wochen einen Termin beim Facharzt, in dringenden Fällen sogar am selben Tag, bei Psychotherapeuten innerhalb von drei Tagen.
  • Kurze Wartezeiten: Maximale Wartezeit von 30 Minuten in der Praxis.
  • Abendsprechstunde: Einmal pro Woche Abendsprechstunde bis 20 Uhr für Berufstätige.
  • Koordination durch den Hausarzt: Der Hausarzt koordiniert die Zusammenarbeit aller beteiligten Ärzte, um eine effektive und strukturierte Behandlung zu gewährleisten.
  • Vermeidung von Doppeluntersuchungen: Gemeinsam klären die Ärzte alle wichtigen Fragen der Behandlung und vermeiden so unnötige Doppeluntersuchungen, Krankenhausaufenthalte oder Komplikationen mit Medikamenten.
  • Unterstützung bei der Facharztwahl: Unterstützung bei der Auswahl eines passenden Facharztes.
  • Zuzahlungsbefreiung: Zuzahlungsbefreiung bei einer Vielzahl von rabattierten Arzneimitteln und bestimmten Hilfsmitteln innerhalb des Facharztvertrages.

Für wen ist das AOK-Facharztprogramm geeignet?

Vom FacharztProgramm profitieren Patienten mit akuten oder chronischen Beschwerden. Die Patienten profitieren von einer vorausschauenden, regelmäßigen Kontrolle und Behandlung, die zwischen Haus- und Facharzt eng abgestimmt wird. Gefördert wird vor allem die Darmkrebsvorsorge ab 50 Jahren. Die Abstimmung zwischen Ärzten und Therapeuten im Behandlungsverlauf ist wichtig, um die Wirkung der Behandlungsmaßnahmen bestmöglich auf die individuellen Beschwerden und nach aktuellem Wissensstand abzustimmen. Vor allem Patienten mit Rückenschmerzen und beispielsweise mit Kniearthrose bedürfen einer umfangreichen Beratung, die über Schmerzmittel, Spritzen und Eingriffe hinausgeht.

Weitere Facharztbereiche im AOK-Facharztprogramm

Neben der Neurologie/Psychiatrie/Psychotherapie umfasst das AOK-Facharztprogramm auch weitere Facharztbereiche mit spezifischen Vorteilen:

Diabetologie

Das AOK-FacharztProgramm im Bereich Diabetologie bietet über die Regelversorgung hinausgehende Schulungen, Überwachungs- und Unterstützungsleistungen in Verbindung mit "real time Continuous Glucose Monitoring"-Geräten (rtCGM), "Flash Glucose Monitoring"-Geräten (FGM "FreeStyle-Libre") und Insulinpumpen (CSII). Es umfasst auch die Betreuung von Schwangeren mit Gestationsdiabetes (Schwangerschaftsdiabetes) und Versicherten mit Diabetischem Fußsyndrom. Es gibt auch eine Zuzahlungsbefreiung bei bestimmten Hilfsmitteln innerhalb des Facharztvertrages. Eine Hilfsmittelliste mit von der Zuzahlung befreiten Hilfsmitteln ist verfügbar.

Nephrologie

Der Facharztvertrag Nephrologie der AOK Baden-Württemberg trägt dazu bei, Patienten mit chronischer Nierenerkrankung optimal zu versorgen. Das Programm bietet besondere Vorteile für die Teilnehmer.

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Pneumologie

Der Facharztvertrag Pneumologie (Lungenheilkunde) der AOK Baden-Württemberg trägt dazu bei, Patienten mit Lungenerkrankungen zeitnah, zielgerichtet und bedarfsgerecht auf dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens zu versorgen. Mit der Anwendung „TeleScan“ können Patientendaten und Befunde auf einem sicheren, elektronischen Weg vom HZV-Hausarzt zum teilnehmenden Facharzt übermittelt und zeitnah fachlich beurteilt werden (Telekonsil). TeleScan ist Teil des Haus- und FacharztProgramms der AOK Baden-Württemberg und kann bereits von vielen HZV-Hausärzten genutzt werden.

Teilnahme am AOK-Facharztprogramm

Die Teilnahme am FacharztProgramm ist freiwillig und kostenlos. Teilnehmen können alle Versicherten der AOK Baden-Württemberg, die bereits im AOK-HausarztProgramm eingeschrieben sind. Entscheiden Sie sich für das FacharztProgramm, sind Sie mindestens 12 Monate daran gebunden. In dieser Zeit nehmen Sie grundsätzlich nur Fachärzte und Therapeuten, die am FacharztProgramm teilnehmen, mit einer Überweisung Ihres Hausarztes in Anspruch. Die Verpflichtung zur vorrangigen Inanspruchnahme von Ärztinnen und Ärzten des FacharztProgramms gilt nicht für Dermatologen und auch nicht in medizinischen Notfällen oder für den ärztlichen Notdienst (Bereitschaftsdienst). Darüber hinaus können Ärzte/innen konsultiert werden, deren Fachrichtung nicht Bestandteil des AOK-FacharztProgramms ist.

Die Teilnahme kann mit einer Frist von einem Monat zum Ablauf der 12 Monate ohne Angaben von Gründen gekündigt werden. Ohne Kündigung verlängert sich die Teilnahme automatisch um weitere 12 Monate.

Aktuelle Umsetzung und Beteiligung

Aktuell nehmen 715.000 Versicherte der AOK Baden-Württemberg am FacharztProgramm teil. Die Einschreibung setzt die Teilnahme am HausarztProgramm der AOK Baden-Württemberg voraus. Nach Angaben der AOK nehmen derzeit 420 Ärzte und Psychotherapeuten aus allen Regionen des Landes an dem Modul Psychotherapie teil, darunter auch Hausärzte und Psychiater, die psychotherapeutisch arbeiten. In den Städten seien es erwartungsgemäß mehr als auf dem Land. Die AOK bezeichnet dies als „nahezu flächendeckend“. Insgesamt gibt es in BW 2 331 Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie 856 ärztliche Psychotherapeuten.

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