Die Frage, ob gesunde Ernährung tatsächlich intelligenter macht, ist unter Wissenschaftlern ein viel diskutiertes Thema. Während einzelne Nahrungsmittel oder sogenannte "Superfoods" wie Chiasamen, Ginseng oder Heidelbeeren wahrscheinlich nicht direkt zu einem Nobelpreis führen, ist es unbestreitbar, dass unser Gehirn in besonderem Maße auf Wasser, Nährstoffe, Vitamine und Mineralstoffe angewiesen ist, um optimal zu funktionieren.
Flüssigkeitszufuhr: Das A und O für die Gehirnfunktion
An erster Stelle steht eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr über den Tag verteilt. Etwa eineinhalb bis zwei Liter Wasser, Tee, Kaffee und Schorle sollten es sein. Flüssigkeitsmangel kann sich durch Kopfschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche bemerkbar machen. Dies zeigt sich besonders deutlich bei älteren Menschen, bei denen das Durstgefühl weniger ausgeprägt ist als bei jüngeren. Das Gehirn besteht zu etwa drei Viertel aus Wasser. Aufgrund dessen ist es nicht verwunderlich, dass eben dieses in ausreichenden Mengen konsumiert werden soll, da es einen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit des Gehirns hat. Der Wasserbedarf variiert je nach Körpergröße und Umgebungstemperatur. Die Empfehlungen für die tägliche Wasseraufnahme beträgt circa 30 ml pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag für Erwachsene. Bei einer 70kg schweren Person entspricht dies ca. 2,1 Liter. Den Verlust durch sportliche Aktivität oder heiße Umgebungstemperatur gilt es zusätzlich zu ersetzen. Es ist wichtig, regelmäßig über den Tag verteilt zu trinken und auf Signale des Körpers wie Durst zu achten, um Dehydration zu vermeiden. Ideal sind kalorienfreie Getränke.
Fette: Wichtige Bausteine für das Gehirn
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren, wie sie in fetten Fischarten wie Lachs und Makrele vorkommen, sind wichtig für die Gehirnfunktion. Etwa 50 Prozent der Lipide sind mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Sie sind unter anderem für die Gesundheit der Synapsen und für die Gehirnleistung verantwortlich. Forschende gehen davon aus, dass viele dieser Lipide hauptsächlich durch die Nahrung aufgenommen werden. In Mandeln und Nüssen, aber auch in hochwertigen Ölen wie Raps- und Leinöl, sind unter anderem die wichtige Omega-3-Fettsäuren vorhanden, die der Körper nicht selbst bilden kann. Nüsse und Samen enthalten zudem viele B-Vitamine und Mineralstoffe. Die Bedeutung von Omega-3-Fettsäuren, speziell Docosahexaensäure (DHA), für die Integrität der neuronalen Membranen ist gut dokumentiert. DHA ist für die Erhaltung der Membranfluidität von Bedeutung und wichtig für die Integrität der Blut Hirn-Schranke. Ferne ist DHA an der Signalübertragung beteiligt ist und beeinflusst direkt die kognitive Leistung.
Kohlenhydrate: Energielieferanten für das Gehirn
Das Gehirn braucht aber eine stetige Zufuhr seines wichtigsten Energielieferanten Traubenzucker (Glucose). Das Gehirn ist ein echtes Energiebündel: Obwohl es nur rund 2 Prozent unseres Körpergewichts ausmacht, verbraucht es etwa 20 Prozent der täglichen Energie. Kein Wunder also, dass die richtige Ernährung entscheidend dafür ist, ob wir uns konzentrieren, Neues aufnehmen und Informationen behalten können. Unser Gehirn ist auf eine stetige Versorgung mit Energie angewiesen. Glukose, also Traubenzucker, dient dabei als primärer Treibstoff. Da der Körper keine großen Glukosevorräte speichern kann, ist eine kontinuierliche Zufuhr durch die Nahrung wichtig. Das Gehirn benötigt eine ausgewogene Ernährung mit Nährstoffen wie Omega-3-Fettsäuren, Vitaminen (insbesondere B-Vitamine), Mineralien (z.B. Magnesium und Eisen), Antioxidantien (wie Vitamin C und E) und ausreichend Wasser. Vollkornbrot, Hülsenfrüchte und Kartoffeln sind gute Quellen für komplexe Kohlenhydrate. Schokolade und Süßigkeiten sorgen zwar für einen kurzfristigen Zuckerschub, lassen aber den Blutzuckerspiegel schnell wieder in den Keller sinken. Das führt nach einer kurzen "Powerphase" zu Müdigkeit und Konzentrationsschwäche. Um dem Gehirn jederzeit genügend Glukose zur Verfügung zu stellen, ist es wichtig, dem Körper genügend Kohlenhydrate zuzuführen. Auch “langsame Kohlenhydrate” genannt, sind sie eine nachhaltige Energiequelle für Körper und Gehirn. Sie steigern langsam und stetig den Glukosespiegel und können so das Gehirn über längere Zeit mit den benötigten Nährstoffen versorgen. Auch als “schnelle Kohlenhydrate” bezeichnet, lassen sie den Glukosewert im Körper kurzzeitig in die Höhe schießen. Dieser fällt aber schnell wieder ab. Sie sollten nur in Maßen konsumiert werden.
Unser Gehirn braucht 120 bis 140 Gramm Glukose pro Tag, um ausreichend mit Energie versorgt zu werden. Bekommt es zu wenig, schaltet es auf Sparflamme und verliert an Leistungsfähigkeit. Um schnell wieder besser denken zu können, greifen viele Menschen in solchen Momenten zu Traubenzucker. Gute Energielieferanten für das Gehirn sind Haferflocken, denn sie lassen den Blutzuckerspiegel langsam steigen. Hafer gilt zudem als Muntermacher, beugt Nervosität, Stress und Konzentrationsproblemen vor.
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Eiweiß: Bausteine für die Botenstoffe im Gehirn
Es müssen nicht immer Fleisch und Wurst sein, die den Körper mit Eiweiss versorgen. Mehr als zwei- bis maximal dreimal pro Woche ohnehin nicht. Empfehlenswert sind da eher fettarme Milchprodukte wie Joghurt, Frischmilch oder Quark. Sie sorgen dafür, dass dem Körper ausreichend viele Aminosäuren zur Verfügung stehen, die als Bausteine der körpereigenen Eiweisse überall im Körper wichtige Aufgaben übernehmen. Veganer, die ganz auf Nahrungsmittel tierischen Ursprungs verzichten, haben unter Umständen Probleme mit der Eiweissversorgung. Sie müssen ihre Nahrung besonders sorgfältig auswählen und bestimmte Lebensmittel miteinander kombinieren. Trotz aller Sorgfalt in der Lebensmittelauswahl empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ihnen aber dringend, das Vitamin B12 als Nahrungsergänzungsmittel zusätzlich zu sich zu nehmen.
Eiweiß besteht aus Aminosäuren, die den Botenstoffen als Bausubstanz dienen. Von den insgesamt 20 Aminosäuren kann der Körper acht nicht selbst herstellen, sie müssen mit der Nahrung zugeführt werden. Aminosäuren befinden sich in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln. Gute Eiweißquellen sind Fisch, mageres Fleisch, Eier, Milch und Milchprodukte, Hülsenfrüchte, Sojaprodukte, Vollkorngetreide, Nüsse und Gemüse. Die Botenstoffe Adrenalin, Noradrenalin, Serotonin, Acetylcholin, Melatonin und Dopamin benötigt das Gehirn, um die Nervenzellen zu aktivieren. Ohne sie ist die Funktion der grauen Zellen unmöglich, denn sie erfüllen im Körper vielfältige Aufgaben. Manche Botenstoffe kann der Körper selbst aufbauen, einige stehen aus dem Stoffwechsel zur Verfügung. Unentbehrlich für die Bildung der meisten Botenstoffe sind auch bestimmte Vitamine, ungesättigte Fettsäuren, Mineralstoffe, Sauerstoff und Kohlenhydrate.
Für den internen Informationsaustausch, also beim Lernen und Erinnern, benötigt unser Gehirn auch reichlich Aminosäuren. Die bekommt es aus Eiweiß, zum Beispiel aus Eiern oder Quark, aber auch aus pflanzlichen Quellen: Kichererbsen liefern neben Eiweiß reichlich B-Vitamine und auch Sojabohnen (zum Beispiel Sojamilch, Tofu) sind nicht nur gute Eiweißquellen, sondern enthalten auch die Vitamine B1, B2 und B6, dazu Eisen, Magnesium und Zink.
Obst und Gemüse: Vitamin- und Mineralstofflieferanten
Auch Obst- und Gemüsearten können sich günstig auf die Denkleistung auswirken. So sind Bananen besonders in Prüfungssituationen oder in stressigen Momenten beliebt. Sie enthalten neben Kohlenhydraten unter anderem viel Magnesium und die Aminosäure Tryptophan, die für "Glückshormone" benötigt wird. Vitamin C, Vitamin E sowie einige sekundäre Pflanzenstoffe gehören zu den Antioxidantien. Sie schützen die Nervenzellen vor oxidativem Stress. Besonders empfehlenswert sind Beeren, Zitrusfrüchte, Brokkoli, Spinat und Paprika.
Flavonoide stecken in vielen Obst- und Gemüsesorten und sorgen für deren Färbung, etwa in Beeren, Äpfeln, Paprika und Zwiebeln. Auch in Kakao, grünem und schwarzem Tee sind diese sekundären Pflanzenstoffe enthalten. Flavonoidreiche Lebensmittel schützen die Gehirnfunktion. Insbesondere, wenn sie lebenslang gegessen werden.
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Brainfood: Welche Lebensmittel haben's in sich?
Ein Tag mit optimaler Brainfood-Kost enthält alles, was Körper und Gehirn für eine reibungslose Funktion brauchen:
- Kohlenhydrate aus Vollkorngetreide
- Mehrfach ungesättigte Fettsäuren, wie sie etwa in Nüssen, Leinöl, Rapsöl, Avocados oder Lachs enthalten sind
- Eiweiß aus mageren Milchprodukten, Eiern, Fisch und Meeresfrüchte (mit einem hohen Gehalt an wertvollen Omega-3-Fettsäuren), Hülsenfrüchten, Nüssen, hin und wieder auch Fleisch
- Buntes Gemüse und Obst dank Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen: mindestens fünf Portionen täglich (drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst), so abwechslungsreich wie möglich
- Mindestens 1,5 Liter Wasser oder ungesüßten Tee am Tag trinken, sonst wird das Blut dickflüssiger und das Gehirn wird schlechter mit Sauerstoff versorgt
Die Darm-Hirn-Achse: Eine wichtige Verbindung
Die Wirkung von Nahrungsmitteln auf die Gehirngesundheit wird nach wissenschaftlichen Erkenntnissen maßgeblich über das Darm-Mikrobiom vermittelt. Die Darmbakterien verarbeiten, was an Nahrungsresten bei ihnen ankommt. Dabei entstehen Stoffwechselprodukte, die über die Darmwand und die Blutbahn direkt ins Gehirn gelangen oder indirekt den Vagusnerv die Kommunikationsautobahn ins Gehirn beeinflussen.
Kann eine pflanzliche Ernährung die Darmbakterien so verändern, dass diese einen Einfluss auf die Gehirnfunktion haben? Dieser Frage sind Wissenschaftler:innen der Universitätsmedizin Leipzig, des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften Leipzig und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in einer Studie mit Erwachsenen mit Übergewicht nachgegangen. Die im renommierten Journal „Gut“ publizierten Ergebnisse deuten darauf hin, dass Ballaststoffe sowohl die Zusammensetzung der Darmbakterien als auch die Belohnungssignale im Gehirn und die damit verbundene Essentscheidung positiv verändern können.
Weitere Faktoren für eine optimale Gehirnfunktion
Neben einer ausgewogenen Ernährung gibt es noch weitere Faktoren, die eine wichtige Rolle für eine optimale Gehirnfunktion spielen:
- Regelmäßige Bewegung: Sie trägt zu einer gesunden Hirnleistung bei und ist besonders wichtig, wenn Sie beruflich viel sitzen.
- Ausreichend Schlaf: Er ist wichtig für die Regeneration des Gehirns und die Festigung von Gelerntem.
- Geistige Stimulation: Aktivitäten wie Rätsel lösen, Lesen und das Erlernen neuer Fähigkeiten können die geistige Gesundheit und das Gedächtnis fördern.
- Stressbewältigung: Chronischer Stress kann die Gehirnfunktion beeinträchtigen. Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation können helfen, Stress abzubauen.
Die Rolle der Ernährung in verschiedenen Lebensphasen
- Schwangerschaft: Die Gehirnentwicklung eines Babys beginnt bereits in der dritten Schwangerschaftswoche im Bauch der Mutter. Eine mangelhafte mütterliche Ernährung kann die Gehirnentwicklung stören. Vor allem die mehrfach ungesättigten Fettsäuren sowie die Spurenelemente Jod und Eisen spielen eine wichtige Rolle.
- Kindheit und Jugend: Gerade bei Schulkindern, die täglich viele Eindrücke verarbeiten und Lernstoff behalten müssen, lohnt sich ein Blick über den Tellerrand hinaus.
- Alter: Im Alter ist es wichtig, eine gesunde Ernährung beizubehalten und die Aufnahme von Brainfood-Nährstoffen wie Omega-3-Fettsäuren und Antioxidantien zu erhöhen.
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