Die Erstellung eines Therapieberichts in der neurologischen Physiotherapie ist ein vielschichtiger Prozess, der sowohl formale Anforderungen als auch inhaltliche Genauigkeit erfordert. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Aspekte, die bei der Erstellung eines solchen Berichts zu beachten sind.
Einführung
Ein Therapiebericht dient als wichtiges Kommunikationsmittel zwischen Therapeuten, Ärzten, Krankenkassen und Patienten. Er dokumentiert den Therapieverlauf, die erzielten Fortschritte und die angewandten Behandlungsmethoden. Im Bereich der neurologischen Physiotherapie ist der Therapiebericht von besonderer Bedeutung, da er die komplexen Behandlungsansätze und die individuellen Bedürfnisse der Patienten widerspiegeln muss.
Formale Anforderungen an Therapieberichte
Die formalen Anforderungen an Therapieberichte sind in Deutschland durch das Sozialgesetzbuch V (SGB V), die Heilmittelrichtlinie, Verträge mit den Krankenkassen und Berufsordnungen geregelt. Diese Regelungen gelten für Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Podologen. Die Einhaltung dieser Vorgaben ist entscheidend, um die Anerkennung und Vergütung durch die Krankenkassen sicherzustellen.
Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit
Ein Therapiebericht muss nachweisen, dass die eingesetzten Heilmittel ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind (§ 12 SGB V) und dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 70 SGB V).
Detaillierte Dokumentation
Die Heilmittelrichtlinie fordert eine detaillierte Darstellung von Diagnosen, Therapieplänen und Behandlungsverläufen. Dies umfasst Beschreibungen der durchgeführten Maßnahmen, verwendeten Techniken und Methoden sowie die Reaktionen des Patienten.
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Fortschritt und Veränderungen
Der Bericht muss Fortschritte im Vergleich zu den vorab gesteckten Therapiezielen sowie eine Beschreibung der körperlichen oder psychischen Veränderungen im Zustand des Patienten enthalten.
Struktur und Gliederung
Eine klare Struktur und Gliederung sind essenziell für die Verständlichkeit eines Therapieberichts. Eine Aneinanderreihung von kurzen Notizen ohne erkennbaren Zusammenhang erschwert die Orientierung für Dritte, die nicht an den Behandlungseinheiten teilgenommen haben.
Verständliche Formulierungen
Fachbegriffe sollten vermieden oder erklärt werden, um den Bericht für alle Leser verständlich zu machen. Es ist wichtig, sowohl Beobachtungen des Therapeuten als auch subjektive Eindrücke des Patienten zu dokumentieren.
Objektive und subjektive Beschreibungen
Ein Beispiel für eine objektive Formulierung wäre: „Der Patient kann das Knie jetzt um 20 Grad mehr beugen als zu Beginn der Therapie“.
Inhaltliche Aspekte eines Therapieberichts in der Neurologie
In der neurologischen Physiotherapie zielt die Behandlung darauf ab, Menschen mit neurologischen Erkrankungen oder Verletzungen zu helfen, ihre funktionellen Fähigkeiten zu verbessern und ihre Lebensqualität zu steigern. Der Therapiebericht sollte die spezifischen Herausforderungen und Fortschritte dieser Patienten widerspiegeln.
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Anamnese und Befunderhebung
Zu Beginn der Therapie steht eine ausführliche Anamnese, in der die Krankengeschichte des Patienten erfasst wird. Die Befunderhebung umfasst eine detaillierte Untersuchung der motorischen, sensorischen und kognitiven Fähigkeiten des Patienten.
Behandlungsplan und Therapieziele
Auf Grundlage der Befunderhebung wird ein individueller Behandlungsplan erstellt, der die Therapieziele festlegt. Diese Ziele sollten SMART (spezifisch, messbar, akzeptabel, realistisch, terminiert) formuliert sein.
Verlaufsdokumentation
Die Verlaufsdokumentation erfasst die einzelnen Behandlungseinheiten und die Reaktionen des Patienten auf die Therapie. Sie umfasst die im Einzelnen erbrachte Leistung, die Reaktion des Patienten und gegebenenfalls Besonderheiten bei der Durchführung.
Angewandte Behandlungsmethoden in der Neurologischen Physiotherapie
Die neurologische Physiotherapie bedient sich verschiedener Behandlungsansätze, die im Therapiebericht detailliert beschrieben werden sollten. Zu den gängigen Methoden gehören:
Bewegungsübungen und Mobilisation
Gezielte Übungen und Techniken zur Verbesserung von Kraft, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit. Der Einsatz von physikalischen Hilfsmitteln wie Therapiebällen, Balancegeräten oder Gehhilfen kann dabei eine Rolle spielen.
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Ganganalyse und Gangschulung
Besonderes Augenmerk wird auf das Gehen gelegt, insbesondere bei neurologischen Erkrankungen, welche die Bewegungskontrolle und das Gleichgewicht beeinflussen. Durch Gangschulungen und gezielte Übungen werden Gangmuster verbessert und eine möglichst normale und sichere Gangfunktion angestrebt.
Neuromuskuläre Stimulation
Elektrische Impulse werden genutzt, um gezielt Muskeln zu stimulieren und deren Funktion zu verbessern. Dieser Ansatz kann beispielsweise bei Lähmungserscheinungen oder Muskelverkürzungen eingesetzt werden.
Sensibilitätstraining
Bei neurologischen Erkrankungen können auch die Sensibilität und Wahrnehmung beeinträchtigt sein. Durch gezieltes Sensibilitätstraining werden diese Fähigkeiten verbessert.
Ergotherapie in der Neurologie
Ergotherapie konzentriert sich auf die Behandlung und das Üben individuell eingeschränkter Bereiche im Alltag des Patienten. Körperliche, psychische und kognitive Veränderungen können dazu führen, dass ehemals leicht durchzuführende Tätigkeiten erst wieder trainiert werden müssen. Darunter fällt z. B. der Erhalt und die Wiedererlangung der Selbstständigkeit im Alltag (Activity of Daily Life).
Sensomotorische Behandlung
Die Sensomotorik umfasst das Zusammenspiel von sensorischen (sinnesbezogen) und motorischen (bewegungsbezogenen) Leistungen. Damit ist die unmittelbare Steuerung und Kontrolle der Bewegung aufgrund von Sinnesrückmeldungen gemeint. Perzeption ist die Gesamtheit der Vorgänge des Wahrnehmens.
Motorisch-funktionelle Behandlung
Diese Behandlung beinhaltet die Minderung und den Abbau pathologischer Haltungs- und Bewegungsmuster einerseits, sowie den Aufbau, die Entwicklung und den Erhalt physiologischer Funktionen und Bewegungsabläufe andererseits. Dies wird durch eine stufenweise Entwicklung und Verbesserung der Grobmotorik (großräumige Bewegungen) und der Feinmotorik (Handgeschicklichkeit) angebahnt. Ziele sind unter anderem:
- Abbau pathologischer Haltungs- und Bewegungsmuster
- Aufbau und Erhalt physiologischer Funktionen
- Entwicklung oder Verbesserung der Grob- und Feinmotorik
- Entwicklung oder Verbesserung der Koordination von Bewegungsabläufen und der funktionellen Ausdauer
- Verbesserung von Gelenkfunktionen, einschließlich Gelenkschutz
- Vermeidung der Entstehung von Kontrakturen
- Desensibilisierung bzw.
Hirnleistungstraining
Dieses Training dient der gezielten Therapie von kognitiven und neuropsychologischen Störungen und den daraus resultierenden Fähigkeitsstörungen. Instrumente wie der DemTect und der Mini-Mental Status Test können eingesetzt werden, um geistige Beeinträchtigungen zu erkennen und den Verlauf des Abbaus zu beschreiben.
Basale Stimulation
Basale Stimulation wird im Rahmen einer Einzeltherapie angewendet. Das Ziel dieses Konzeptes ist es, Zugangsmöglichkeiten zu den Menschen aufzuzeigen, die durch Alter, entwicklungs- oder krankheitsbedingte Störungen in der Sinneswahrnehmung und Orientierung erleiden. Der Therapeut bietet dem Menschen ganz gezielt fördernde und aktivierende Wahrnehmungsmöglichkeiten an.
Evaluation und Reflexion
Therapieberichte dienen auch der Evaluation und Reflexion der angewendeten Methoden. Therapeut:innen verwenden die Berichte, um die Wirksamkeit der angewendeten Methoden zu bewerten und um den Behandlungsverlauf zu reflektieren.
Bedeutung von Therapieberichten
Therapieberichte sind ein wesentliches Instrument im Praxisalltag, das Transparenz, Kontinuität und Qualität in der therapeutischen Behandlung gewährleistet. Sie dienen internen Zwecken, wie der Dokumentation des Therapieprozesses, der Evaluation und Reflexion. Ebenso richten sie sich aber auch an eine externe Leserschaft:
- Patienten: In manchen Fällen haben Patient:innen ein Recht auf Einsicht in ihre Berichte, um ihren eigenen Therapieprozess besser zu verstehen.
- Überweisende Fachkräfte: Wenn Patient:innen an andere Fachkräfte überwiesen werden, sind detaillierte Berichte wichtig, um eine kontinuierliche und konsistente Behandlung sicherzustellen.
- Kostenträger: Für die Abrechnung und Bewilligung von Therapieleistungen benötigen die Kostenträger oft ausführliche Therapieberichte.
- Schulen oder Arbeitgeber: Bei Bedarf und mit Zustimmung der Patient:innen können Therapieberichte auch an Schulen oder Arbeitgeber:innen weitergeleitet werden, um Unterstützung auf den Weg zu bringen.
Damit ermöglichen Therapieberichte auch eine strukturierte und detaillierte Kommunikation zwischen Therapeut:innen, anderen Fachkräften und den Patient:innen selbst.
Softwarelösungen zur Unterstützung
Das Schreiben eines ausführlichen Therapieberichts erfordert Zeit. Damit die Schreibtischarbeit nicht die Oberhand gewinnt und die Patientenversorgung weiterhin an erster Stelle in der Heilmittelpraxis steht, bieten Softwarelösungen unterstützende Funktionen und Vorlagen für Therapieberichte.
Vordefinierte Berichtsvorlagen
Vorlagen für Therapieberichte geben alle notwendigen Felder vor und legen eine klare Struktur und Gliederung fest.
Elektronische Patientenakte
In Softwarelösungen können alle Patientendaten zentral gespeichert werden. Das ermöglicht eine schnelle Übernahme in den Therapiebericht.
Textbausteine
Vorgefertigte Formulierungen entsprechend der rechtlichen Anforderungen an Therapieberichte und angepasst ans jeweilige Heilmittel reduzieren aufwändige Schreibarbeiten.
Automatische Eingabekontrollen
Softwarelösungen stellen sicher, dass alle wichtigen Informationen im Therapiebericht enthalten sind und weisen mit Fehlermeldungen auf Unstimmigkeiten hin.
Rechtliche Grundlagen
Die Dokumentation einer Therapie war früher gar nicht selbstverständlich. Eine Grundlage schuf das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten, kurz Patientenrechtegesetz, von 2013. Dieses Gesetz hat dafür gesorgt, dass die Dokumentation einer Behandlung von nun an im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt wird.
Behandlungsvertrag
Neu hinzugekommen ist der sogenannte Behandlungsvertrag, der unter § 630f BGB beispielsweise folgendes vorschreibt: „Der Behandelnde ist verpflichtet, zum Zweck der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen.“ Auch gibt das Gesetz vor, dass die Patientenakte zehn Jahre nach Abschluss der Behandlung aufbewahrt werden muss.
Rahmenverträge der Krankenkassen
Wie genau die Dokumentation ausschauen soll, wird im Gesetz nicht klar genannt. Umfassendere Regelungen bieten aber immerhin die Rahmenverträge der Krankenkassen und sonstigen Kostenträger. Achten Sie darauf, was genau die jeweilige Krankenkasse fordert.
Beispielsweise in den Physiotherapie-Leistungsbeschreibungen (Anlagen 1) des Rahmenvertrags der Spitzenverbände der Krankenkassen (u. a. AOK) sowie des Rahmenvertrags der vdek steht jeweils identisch: „Sie [die Verlaufsdokumentation] erfolgt je Behandlungseinheit und umfasst die im einzelnen erbrachte Leistung, die Reaktion des Patienten und ggf. Besonderheiten bei der Durchführung.“ In den Leistungsbeschreibungen für andere Heilmittelberufe sind die Vorgaben ähnlich.
Weitere rechtliche Grundlagen
Folgende rechtlichen Grundlagen gibt es zur Therapiedokumentation:
- Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), § 630f - Dokumentation der Behandlung, heißt es dazu:„…insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen. Arztbriefe sind in die Patientenakte aufzunehmen.“
- In der Leistungsbeschreibung zum Rahmenvertrag des Verbands der Ersatzkassen (vdek) heißt es:„Entsprechend § 5 des Vertrages wird im Interesse einer effektiven und effizienten physiotherapeutischen Behandlung eine Verlaufsdokumentation geführt. Sie erfolgt je Behandlungseinheit und umfasst die im einzelnen erbrachte Leistung, die Reaktion des Patienten und ggf. Besonderheiten bei der Durchführung.
- Im Rahmenvertrag von AOK Bayern, BKK Landesverband Bayern, KNAPPSCHAFT, IKK classic heißt es:„Der Zugelassene sorgt dafür, dass für jeden behandelten Versicherten eine Verlaufsdokumentation gemäß Ziffer 8 der Leistungsbeschreibung (Anlage 1a der Rahmenempfehlungen) geführt und kontinuierlich je Behandlungseinheit fortgeschrieben wird. Sie umfasst die im einzelnen erbrachte Leistung, die Reaktion des Patienten, ggf.
Aufbewahrungsfristen
Das BGB schreibt eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren vor. So lange sollten Sie die Patientenakten daher mindestens aufbewahren.
Vorteile der Dokumentation
Abgesehen davon, dass sie aus rechtlichen Gründen unabdingbar ist, sprechen eine Reihe guter Gründe für die Anfertigung einer Dokumentation:
- Die Dokumentation macht den Problem- und Behandlungsverlauf nachvollziehbar, für den Therapeuten selbst, sowie für Kollegen.
- Sie dient also als Erinnerungsstütze und erleichtert es Kollegen, die Behandlung fortzuführen.
- Dem Patienten bleibt es durch eine seriös geführte Dokumentation auch erspart, seine gesundheitliche Historie wiederholt erläutern zu müssen.
- Zudem ist der Therapeut mit einer adäquaten Dokumentation in der Lage, seine Arbeit schriftlich belegen zu können.
Vergütung
Das Führen einer Patientenakte mit den oben genannten Inhalten wird nicht extra vergütet. Einzelne Krankenkassen vergüten den Verwaltungsaufwand; jedoch lediglich in Höhe des anfallenden Briefportos. Bei Privatpatienten können Sie ein Berichtshonorar vereinbaren.
Dokumentation in Papierform vs. digital
Bei der Dokumentation in Papierform handelt es sich um die traditionelle Dokumentationsmethode. Sie hat Vor-und Nachteile:
Vorteile
- Günstig in der Anschaffung
Nachteile
- Aufwendiges Verarbeiten der Dokumente
- Grundsätzlich immer nur an einem Ort verfügbar
- Macht Materialmanagement notwendig (Beschaffung)
- Stetig steigendes Platzbedarf für archivierte Dokumente
Digitale Dokumentation
Die Zukunft der Dokumentation ist digital. Bei einem digitalen Dokumentationssystem müssen Dokumente nicht:
- vervielfältigt
- eingescannt
- postalisch verschickt
- sortiert
- abgelegt
- physisch archiviert werden.
Für Sie bedeutet das eine erhebliche Zeitersparnis. Zudem bieten digitale Praxismanagement- und Befundungssysteme weitere praktische und zeitsparende Funktionalitäten, die mit einer Dokumentation in Papierform kaum oder gar nicht realisiert werden können. Digitale Dokumentationssysteme helfen Ihnen, die Qualität Ihrer Leistungen, Ihre Reputation und Ihre Effizienz weiter zu steigern.
Umgang mit schwierigen Situationen
Es kann vorkommen, dass Patienten mit der Therapie oder dem Therapiebericht unzufrieden sind. In solchen Fällen ist es wichtig, professionell und diplomatisch zu agieren.
Ehrlichkeit und Objektivität
Der Bericht sollte ehrlich und objektiv sein und die tatsächlichen Fortschritte und Herausforderungen des Patienten widerspiegeln.
Kommunikation mit dem Patienten
Es ist ratsam, den Bericht mit dem Patienten zu besprechen und seine Sichtweise zu berücksichtigen.
Abstimmung mit dem Arzt
Bei Unstimmigkeiten sollte der Therapeut Rücksprache mit dem verordnenden Arzt halten.
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