Ärztliche Praxis: Unterschiede zwischen Neurologie und Psychiatrie

Bei psychischen Beschwerden oder Erkrankungen suchen viele Menschen Hilfe bei Experten. Oftmals stehen sie vor der Frage, ob sie einen Psychiater, Psychologen oder Psychotherapeuten aufsuchen sollen. Diese Begriffe sind nicht immer leicht zu unterscheiden.

Wer macht was?

Psychiater und Psychologen sind Experten für psychische Gesundheit. Beide können mit entsprechender Weiterbildung als Psychotherapeuten arbeiten und Menschen mit psychischen Problemen behandeln. Es gibt jedoch wesentliche Unterschiede in ihrer Ausbildung und ihren Kompetenzen.

Der Psychiater

Psychiater haben ein Medizinstudium absolviert, in dem sie sich hauptsächlich mit der Funktionsweise und den Erkrankungen des menschlichen Körpers beschäftigt haben. Sie haben gelernt, diese Erkrankungen unter anderem mit Medikamenten zu behandeln. Nach dem Medizinstudium folgt eine mehrjährige Facharztausbildung in der Psychiatrie und Psychotherapie. Nach bestandener Facharztprüfung gelten sie als Psychiater und können auch als ärztliche Psychotherapeuten arbeiten.

Psychiater beschäftigen sich mit der Prävention, Diagnose und Behandlung von psychischen und emotionalen Störungen. Sie widmen ihre Karriere der psychischen Gesundheit und den damit verbundenen psychischen und physischen Auswirkungen. Einjährige Ausbildungen werden in den Bereichen Suchtpsychiatrie, Schmerzmedizin, Forensische Psychiatrie und Geriatrische Psychiatrie angeboten. Eine Weiterbildung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist ebenfalls möglich.

Ein Psychiater kann einen Patienten medikamentös oder psychotherapeutisch behandeln oder meist beides kombinieren. Man spricht dann von der integrativen psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung. Im Unterschied zum (nichtärztlichen) „psychologischen Psychotherapeuten“ kann der Psychiater als Arzt auch mögliche körperliche Ursachen von scheinbar psychischen Störungen oder Erkrankungen sowie die Wechselwirkungen von psychischen und körperlichen Faktoren erfassen. Zudem kann er bei Notwendigkeit und entsprechender Indikation auch Medikamente verordnen.

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Der Psychologe

Psychologen haben einen anderen Hintergrund. Sie haben mindestens fünf Jahre Psychologie studiert - die Wissenschaft vom Verhalten, Denken und Fühlen. Sie beschäftigen sich also mit dem Lernen und Verhalten der Menschen, mit ihren Gefühlen und Gedanken. Dieses versuchen sie zu beschreiben, zu erklären, vorherzusagen oder ggf. zu ändern. Nach dem Abschluss können Psychologen z. B. in Personalabteilungen, Schulen, als Coaches oder in der Forschung arbeiten.

Im Herbst 2019 haben Bundestag und Bundesrat ein neues Gesetz beschlossen, das die Ausbildung von Psychotherapeuten grundlegend ändert. Ab sofort müssen angehende Psychotherapeuten sich schon im Studium auf die Fachrichtung Psychotherapie festlegen und entsprechende Fächer belegen. Nach dem Studium dürfen sie die psychotherapeutische Prüfung ablegen, um eine Berufserlaubnis zu erhalten. Mit der Berufserlaubnis erhalten frisch gebackene Psychotherapeuten aber noch keine Kassenzulassung. Das bedeutet, dass sie ihre Behandlung noch nicht über die Krankenkasse abrechnen dürfen.

Der Neurologe

Der Neurologe befasst sich mit der Diagnose und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems. Dieses besteht aus dem Gehirn, dem Rückenmark und den peripheren Nerven. Ein Neurologe erkennt bestimmte Muskelerkrankungen und Schmerzprobleme, insbesondere Kopfschmerzen. Viele neurologische Erkrankungen erfordern eine Langzeitpflege und einige sind nicht behandelbar. Zwischen den Fachrichtungen Neurologie und Psychiatrie bestehen enge Verbindungen. Viele Facharztprüfung werden von einer kombinierten Fachkommission für Psychiatrie und Neurologie durchgeführt. In den Bereichen Schmerzmedizin, klinische Neurophysiologie, neuromuskuläre Medizin und endovaskuläre chirurgische Neuroradiologie werden von manchen Universitäten Aufbaustudiengänge angeboten. Auch eine Kombination der Facharztausbildung Innere Medizin und Neurologie ist möglich, ebenso wie eine kombinierte Ausbildung in Neurologie mit diagnostischer Radiologie und Neuroradiologie.

Die Rolle der Psychotherapie

Psychotherapie bedeutet übersetzt „Behandlung der Seele“ oder Behandlung von seelischen Problemen. Es leitet sich aus dem Altgriechischen „Psyche“ ab, was so viel bedeutet wie Seele, Hauch, Atem. Nicht jeder darf eine Psychotherapie durchführen. In Deutschland ist die Berufsbezeichnung Psychotherapeut rechtlich geschützt.

Wer darf Psychotherapie anbieten?

In Deutschland gibt es verschiedene Berufsgruppen, die Psychotherapie anbieten dürfen:

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  • Ärztliche Psychotherapeuten: Dies sind Ärzte mit einer abgeschlossenen Facharztausbildung in Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatischer Medizin und Psychotherapie oder Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Sie haben im Rahmen ihrer Facharztausbildung umfassende Kenntnisse und Erfahrungen in Psychotherapie erworben.
  • Psychologische Psychotherapeuten: Dies sind Psychologen mit einemMasterabschluss in Psychologie und einer anschließenden staatlich anerkannten Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten.
  • Weitere Ärzte mit Zusatzweiterbildung: Auch Ärzte anderer Fachrichtungen können eine Zusatzweiterbildung in Psychotherapie absolvieren und dann Psychotherapie anbieten. Allerdings ist der Umfang dieser Weiterbildung meist geringer als bei den Fachärzten für Psychotherapie.

Der Behandlungsprozess

Haben Menschen das Gefühl, ein psychisches Problem zu haben, wenden sie sich anfangs am besten an ihren Hausarzt oder einen Facharzt für Psychiatrie. Denn Symptome einer psychischen Störung können körperliche Ursachen haben - etwa bei einer Schilddrüsenerkrankung. Schließen Ärzte Umstände wie diese aus, kommt eine Psychotherapie infrage. Welcher Spezialist dann geeigneter ist - ob Psychiater oder Psychologe - hängt vom Einzelfall und der individuellen Situation der Betroffenen ab.

Zusammenarbeit verschiedener Fachleute

Zum Teil kommt es vor, dass Patientinnen oder Patienten von zwei Fachleuten betreut werden, sowohl von einem Psychiater als auch von einem Psychologen. Der eine übernimmt die medikamentöse und der andere die psychotherapeutische Seite der Behandlung. Wichtig ist in solchen Fällen, dass alle Parteien Kenntnis voneinander haben und zusammenwirken.

Die Bedeutung der Diagnose

Psychische Erkrankungen werden immer mehr diagnostiziert und gehören zu den häufigsten Erkrankungen überhaupt. Fast jeder zweite Mensch entwickelt mindestens ein Mal in seinem Leben eine relevante psychische Störung. Psychischen Erkrankungen liegen meist mehrere Ursachen (multifaktoriell) zu Grunde. Neben genetischen Faktoren und körperlichen Erkrankungen können aktuelle Lebensereignisse und Lebenssituationen, zurückliegende belastende Ereignisse, seelische Konflikte und zwischenmenschliche Spannungen die Entwicklung einer psychischen Störung fördern.

Psychiatrische Diagnosen werden heute aufgrund internationaler Übereinkünfte gestellt - zunächst ohne dass damit etwas über die Ursachen der Erkrankungen ausgesagt wird. Die Diagnosesysteme ordnen psychische Krankheiten nach ihren Symptomen, d.h. sie beschreiben lediglich ihr Erscheinungsbild und machen keine Aussage über die Ursache einer Erkrankung. Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD, engl.: International Statistical Classification of Diseases, Injuries and Causes of Death) ist das wichtigste, weltweit anerkannte Diagnoseklassifikations- und Verschlüsselungssystem. In Deutschland sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen dazu verpflichtet, Diagnosen nach ICD-10 zu verschlüsseln. Das Diagnostische und Statistische Handbuch Psychischer Störungen (DSM, engl.: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) ist ein Klassifikationssystem der American Psychiatric Association (APA). Das DSM-IV ist ein Ersatz und/oder eine Ergänzung für die jeweiligen Passagen im ICD-10.

Behandlungsmethoden

Entsprechend der komplexen Entstehung (Genese) von psychischen Erkrankungen und Störungen sind Therapie und Rehabilitation mehrdimensional ausgerichtet - in Form eines vernetzten Systems ambulanter, stationärer, teilstationärer und weiterer übergreifender Versorgungseinrichtungen. Eine optimale Versorgung von Patienten mit psychischen Störungen erfordert die Koordination und Kooperation mit Gebieten wie der der Neurologie und ähnlichen Disziplinen, der psychosomatischen Medizin, der Allgemeinmedizin, der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sowie der klinischen Psychologie.

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Psychische Erkrankungen werden mit Psychotherapie oder Arzneimitteln (Pharmakotherapie) bzw. häufig durch die Kombination beider Therapieverfahren behandelt. Welche Verfahren im Einzelfall zum Einsatz kommen, hängt von der jeweiligen Erkrankung bzw. Störung und auch von den Präferenzen des Betroffenen ab. Bei mittelschweren und schweren Erkrankungen kombiniert man meist Medikamente und Psychotherapie, bei leichteren Erkrankungen wird dagegen eher eine rein psychotherapeutische Beratung bzw.

Psychopharmaka

Psychopharmaka sind Medikamente, die auf die Psyche wirken und zur Behandlung psychischer Erkrankungen eingesetzt werden. Es gibt verschiedene Arten von Psychopharmaka, wie z.B. Antidepressiva, Neuroleptika, Stimmungsstabilisierer, Schlafmittel und Beruhigungsmittel.

Psychotherapie

Psychotherapie ist ein Sammelbegriff für verschiedene Behandlungsverfahren, die darauf abzielen, psychische Leiden zu lindern oder zu heilen. Es gibt verschiedene Therapieformen, wie z.B. Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Psychoanalyse und systemische Therapie.

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