Wenn wir etwas berühren, sehen oder riechen, werden Reize erzeugt, die unser Körper erfahrbar macht. Diese Reize, auch Erregungen genannt, werden zum Gehirn geleitet, entschlüsselt und interpretiert. Nervenzellen, auch Neuronen genannt, sind für die Aufnahme, Weiterleitung und Verarbeitung dieser Reize und Informationen verantwortlich. Sie ermöglichen es uns zu riechen, zu sehen, zu schmecken, zu hören und zu fühlen.
Aufbau einer Nervenzelle (Neuron)
Ein Neuron besteht aus verästelten Dendriten, dem Zellkörper (Soma) mit Zellkern, dem Axonhügel, dem Axon und den Synapsen (Endknöpfchen). Das Soma bündelt die Dendriten im Axonhügel, welcher den Übergang zum Axon bildet. Einige Axone sind in regelmäßigen Abständen von Schwannschen Zellen ummantelt, die aus lipidreichem Myelin bestehen. Diese Ummantelungen werden Myelinscheiden genannt und weisen Unterbrechungen auf, die Ranviersche Schnürringe genannt werden. Am Ende des Axons befinden sich die Endknöpfchen bzw. Synapsen.
Dendriten: Die Antennen der Nervenzelle
Dendriten sind die verästelten Ausläufer des Somas und die Kontaktstellen zu anderen Zellen oder Neuronen. Hier kommt ein Reiz zuerst an. Ihre Aufgabe ist es, diese Erregungen an das Soma weiterzuleiten. Jedes Neuron besitzt üblicherweise ein bis zwölf Dendriten, die vom Soma der Nervenzellen als Fortsätze abgehen, meist auf der gegenüberliegenden Seite vom Abgang des Axons. Dendriten sind kürzer als Axone und ähneln in ihrer zytoplasmatischen Zusammensetzung eher dem Soma. Manche Dendriten verfügen über Dornen, Membranausstülpungen, an denen Synapsen lokalisiert sind.
Soma: Das Zentrum der Nervenzelle
Der Zellkörper einer Nervenzelle wird Soma genannt. Er enthält den Zellkern und alle wichtigen Zellorganellen, die für die Zellfunktionen notwendig sind, darunter Ribosomen, endoplasmatisches Retikulum und Mitochondrien. Dendriten und Soma bilden zusammen das somatodendritische Kompartiment.
Axonhügel: Das Tor zum Axon
Dendriten und Soma werden an einer Stelle gebündelt, wo der Übergang zum Axon gebildet wird. An diesem Axonhügel werden die Erregungen, die die Dendriten aufgenommen haben, gesammelt und an das Axon weitergeleitet. Dies geschieht jedoch nur, wenn die Reize gemeinsam ein bestimmtes elektrisches Potenzial überschreiten, das Schwellenpotenzial. Dies verhindert, dass unser Körper jedes kleinste Signal weiterleitet.
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Axon: Die Datenautobahn der Nervenzelle
Das Axon ist der Bereich der Nervenzelle, der die Erregungen weitergibt. Es kann unterschiedliche Längen haben, im menschlichen Körper bis zu einem Meter. Die Erregungen werden an den unisolierten Stellen, den Ranvierschen Schnürringen, sprunghaft weitergegeben (saltatorische Erregungsleitung) bis zum Endknöpfchen (der Synapse). Da die Reizweitergabe nur an den unisolierten Stellen erfolgen muss, ergibt sich eine hohe Geschwindigkeit. Um eine schnelle und verlustfreie Weiterleitung der elektrischen Signale zu gewährleisten, ist das Axon wie ein elektrisches Kabel isoliert. Dazu wird der Fortsatz durch Stütz- oder Hüllzellen umhüllt. Im peripheren Nervensystem werden diese Zellen Schwann'sche Zellen genannt. Die Umhüllung ist immer wieder durch freiliegende Axonbereiche unterbrochen, die Ranvierschen Schnürringe.
Endknöpfchen und Synapse: Die Kommunikationszentrale
Am Ende der Nervenzelle befinden sich die Übergangsstellen zu weiteren Neuronen oder zu bestimmten Zielzellen, die Endknöpfchen oder Synapsen genannt werden. An den Synapsen werden die Erregungen in chemische Reaktionen übertragen, die es ermöglichen, diese Erregungen weiterzugeben. Das elektrische Signal wird hier auf die nächste Nervenzelle oder zum Beispiel auf eine Sinnes- oder Muskelzelle übertragen. Dazu wird das elektrische Signal meist in ein chemisches Signal umgewandelt. Die Verbindung am Ende einer Nervenzelle mit einer anderen Zelle wird Synapse genannt. In den meisten Fällen sind das chemische Synapsen. Das Endknöpfchen setzt chemische Moleküle in den synaptischen Spalt - die Lücke zwischen den zwei Zellen - frei. Dort binden sie an Rezeptoren und geben die Erregung weiter.
Funktion der Nervenzellen
Nervenzellen sind für die Reizweiterleitung im Körper verantwortlich. Wenn beispielsweise jemand von hinten auf die Schulter tippt, leiten die Dendriten der Nervenzelle den Reiz zum Zellkörper weiter. Die Erregung durch das Antippen ist stark genug, dass am Axonhügel ein Aktionspotential entsteht. An der chemischen Synapse wird das elektrische Signal in ein chemisches Signal umgewandelt. Dazu setzen die synaptischen Endknöpfchen chemische Moleküle (Neurotransmitter) in den synaptischen Spalt frei. Die Moleküle binden an Rezeptoren auf der anderen Seite des Spalts. Das führt zur Entstehung eines elektrischen Signals in der nächsten Zelle. Das Signal wird so über Nervenzellen bis in das Gehirn geleitet, wo es verarbeitet wird und das Gehirn das Signal „Du wurdest berührt“ erhält.
Vielfalt der Nervenzellen
Nervenzellen können anhand verschiedener Kriterien in Gruppen eingeteilt werden. Alle Nervenzellen zusammen bilden das Nervensystem. Man unterscheidet unipolare, bipolare, pseudounipolare und multipolare Nervenzellen. Multipolare Nervenzellen sind die am häufigsten vorkommenden Nervenzellen.
Synaptische Übertragung: Die Sprache der Nervenzellen
Die Überleitung und Hemmung von Erregungsausbreitungen an den Synapsen erfolgen beim Menschen jeweils durch chemische Substanzen (Neurotransmitter). Aufbau, Abbau und Speicherung der Neurotransmitter können durch Medikamente und auch durch bestimmte Tumoren beeinflusst werden, so dass entweder ein Überschuss oder ein Mangel von Transmittern erzeugt wird.
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Dendriten im Detail
Dendriten sind baumartig verzweigte Bereiche der Nervenzellen, deren Fortsätze eine Art Antennenfunktion für die Aufnahme elektrischer Impulse von anderen Zellen haben. Sie nehmen Reize auf und leiten sie zum Soma der Nervenzelle weiter. Dendriten haben einen breitbasigen Ursprung am Nervenzellkörperchen. Die Reizweiterleitung erfolgt normalerweise vom Zellkörper weg, über das Axon bis zu dessen Ende, wo es dann eine Verbindung zu einer anderen Zelle eingehen muss. Tut es das mit einer anderen Nervenzelle, bildet das Axon eine Verbindung mit dem Dendriten des anderen Neurons aus. Manche Dendriten haben kleine dichte Ausstülpungen ihrer Zellmembran, die als dendritic spines (Dornen) bezeichnet werden. Sie bilden Synapsen aus, also Verbindungen zwischen Nervenzellen. Die Anzahl dieser Dornen variiert innerhalb von Sekunden sehr stark, was mit neuronaler Plastizität in Verbindung gebracht wird.
Axodendritische Synapsen
Dendriten sind wichtig bei der Ausbildung axodendritischer Synapsen, also Verbindungen zwischen einem Axonende und einem Dendriten. Dabei handelt es sich um eine chemische Synapse, das heißt die Übertragung von der einen auf die andere Zelle findet über chemische Botenstoffe (Neurotransmitter) statt. Das Ende des Axons ist gefüllt mit Vesikeln dieser Neurotransmitter, die bei einem elektrischen Signal, in der Regel ein Aktionspotential, ausgeschüttet werden. Die Ausschüttung wird über Calcium-Ionen vermittelt, da sich bei einer Änderung des Membranpotentials Calcium-Kanäle öffnen und die Ionen in das Axonende einströmen können. Zwischen dem Axon und dem Dendriten befindet sich ein kleiner Spalt, in den die Neurotransmitter gegeben werden. In der postsynaptischen Membran sind Rezeptoren verbaut, die durch den Transmitter aktiviert werden und eine Wirkung in der Zelle des Dendriten haben.
Neuronale Plastizität und Dendriten
Neuronale Plastizität bezeichnet Änderungsvorgänge von Nervenzellen, wie sie zum Beispiel beim Lernen durch Wiederholung auftreten. Dabei werden Synapsen sehr oft über einen längeren Zeitraum Reizen ausgesetzt, was als Langzeitpotenzierung bekannt ist. Durch molekulare Prozesse in der Synapse wird die Calcium Konzentration in der Zelle erhöht, was nach längerer Zeit zu einer Änderungen der Genetik der Nervenzelle führt. Dadurch werden mehr Rezeptoren in die postsynaptische Membran des Dendrits eingebaut, was eine verstärkte Aktivierung der Zelle zufolge hat.
Synapsen im Detail
Eine Synapse ist eine Verbindung zwischen zwei Neuronen und dient deren Kommunikation. Sie besteht aus einem präsynaptischen Bereich - dem Endknöpfchen des Senderneurons - und einem postsynaptischen Bereich - dem Bereich des Empfängerneurons mit seinen Rezeptoren. An den Synapsen werden die aus dem Axon eintreffenden elektrischen Impulse in chemische Signale umgewandelt. Die Information fließt dabei nur in einer Richtung: Eine Zelle redet, die andere hört zu.
Neurotransmitter: Die Botenstoffe der Synapse
Die präsynaptischen Nervenenden enthalten die als Neurotransmitter bezeichneten Signalmoleküle, die in kleinen membranumschlossenen Vesikeln gespeichert sind. Jedes Nervenende im zentralen Nervensystem enthält durchschnittlich mehrere 100 synaptische Vesikel. Wenn ein elektrisches Signal im Nervenende eintrifft, werden Calcium-Kanäle in der Plasmamembran aktiviert, durch die Calcium-Ionen vom Außenraum in das Innere der Synapse strömen. Sie treffen auf eine molekulare Maschine, die sich zwischen der Membran der Vesikel und der Plasmamembran befindet und die durch die hereinströmenden Calcium-Ionen aktiviert wird. Diese Maschine bewirkt, dass die Membran der Vesikel, die sich in der Startposition befinden, mit der Plasmamembran verschmilzt. Auf der anderen Seite des synaptischen Spaltes treffen die Botenstoffe auf Andockstellen in der Membran des Empfänger-Neurons, die die elektrischen Eigenschaften dieser Membran regulieren. Dadurch ändert sich der Membranwiderstand. Die Empfängerzelle kann die Spannungsänderung, die dadurch entsteht, in einem rasanten Tempo verarbeiten Zwischen dem Eintreffen des Impulses bis zur Spannungsänderung auf der anderen Seite des synaptischen Spalts vergeht nur etwa eine tausendstel Sekunde. Damit stellt die synaptische Übertragung einen der schnellsten biologischen Vorgänge dar.
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Synaptische Vesikel: Mehr als nur Speicher
Die synaptischen Vesikel sind keineswegs nur eine Art membranumhüllte „Konservendose“ zur Speicherung der Botenstoffe. In ihrer Membran befindet sich eine ganze Reihe von Proteinen, die sich seit Millionen von Jahren durch die Evolution kaum verändert haben. Eine Gruppe dieser Proteine, die Neurotransmitter-Transporter, ist dafür verantwortlich, die Botenstoffe aus dem Zellplasma in die Vesikel hineinzupumpen und dort anzureichern. Dazu ist viel Energie erforderlich. Diese wird von einem weiteren Proteinmolekül bereitgestellt, einer Protonen-ATPase (V-ATPase), die unter Verbrauch von Adenosintriphosphat (ATP) Protonen in die Vesikel hineinpumpt. Neben diesen für das „Auftanken“ erforderlichen Proteinen enthalten die Membranen synaptischer Vesikel weitere Komponenten, die dafür sorgen, dass die Vesikel mit der Plasmamembran verschmelzen können (darunter das SNARE-Protein Synaptobrevin und den Calcium-Sensor Synaptotagmin) und nach der Membranfusion wieder in das Nervenende zurücktransportiert werden. Die synaptische Vesikel werden anschließend im Nervenende über einige Zwischenschritte wieder recycelt und neu mit Botenstoffen befüllt.