Ein Bandscheibenvorfall kann eine schmerzhafte Erkrankung sein, die das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen kann. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Bandscheibenvorfälle, einschließlich ihrer Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.
Was ist ein Bandscheibenvorfall?
Ein Bandscheibenvorfall, auch Diskusprolaps genannt, tritt auf, wenn eine der Bandscheiben, die als Puffer zwischen den Wirbeln der Wirbelsäule dienen, aus ihrer Position rutscht. Bandscheiben bestehen aus einer harten, äußeren Knorpelschicht und einer weichen, inneren Gelschicht. Diese Gelschicht verleiht der Bandscheibe ihre stoßdämpfenden Eigenschaften. Wenn die innere Gelschicht durch einen Riss in der äußeren Schicht austritt, spricht man von einem Bandscheibenvorfall.
Insgesamt 23 Bandscheiben dienen in der Wirbelsäule als Puffer und federn die Bewegungen der Wirbelkörper ab. Erst die Bandscheiben ermöglichen die enorme Beweglichkeit der Wirbelsäule und verteilen den Druck, der auf der Wirbelsäule lastet, gleichmäßig.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen eines Bandscheibenvorfalls (Diskusprolaps) liegen meist in verschleißbedingten (degenerativen) Prozessen. Nur selten ist ein Unfall (Trauma) für einen Bandscheibenvorfall verantwortlich.
Bereits ab etwa dem 20. Lebensjahr werden unsere Bandscheiben zusehends schlechter mit Nährstoffen versorgt und der äußere Faserring (Anulus fibrosus) bildet immer mehr kleine Risse. Damit wird die Hülle anfälliger für Verletzungen. Der Gallertkern der Bandscheibe (Nucleus pulposus) dringt bei Belastung in die feinen Risse des Faserrings ein. Hierdurch kann es zu einer Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) bis hin zu einem kompletten Riss (Ruptur) des Faserrings kommen.
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Weitere Risikofaktoren für einen Bandscheibenvorfall sind:
- Alterungsprozesse: Mit zunehmendem Alter verlieren die Bandscheiben an Elastizität und Wassergehalt, was sie anfälliger für Risse macht.
- Übergewicht: Übergewicht belastet die Wirbelsäule zusätzlich und erhöht das Risiko eines Bandscheibenvorfalls.
- Bewegungsmangel: Mangelnde Bewegung führt zu einer schlechteren Nährstoffversorgung der Bandscheiben.
- Fehlbelastungen: Falsches Heben von Lasten oder eine schlechte Körperhaltung können die Bandscheiben überlasten.
- Sitzende Tätigkeiten: Langes Sitzen übt Druck auf die Bandscheiben aus.
- Rauchen: Rauchen beeinträchtigt die Durchblutung und Nährstoffversorgung der Bandscheiben.
Symptome
Nicht jeder Bandscheibenvorfall verursacht Beschwerden. Symptome treten erst auf, wenn die Bandscheibe auf eine Nervenwurzel (Radikulopathie), das Rückenmark oder eine benachbarte Nervenfaser drückt. Die Symptome können je nach Lage des Vorfalls variieren.
Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS):
- Stechende Schmerzen, die auf den Rücken begrenzt sein können oder bis in die Beine und Füße ausstrahlen (Ischialgie).
- Taubheitsgefühle im Rücken, die bis ins Gesäß, das Bein oder in den Fuß ausstrahlen.
- Kribbeln und Muskelschwächen bis hin zu Lähmungserscheinungen in den Beinen.
- In seltenen Fällen Störungen der Blasen- oder Darmfunktion (Cauda-equina-Syndrom).
Ein Bandscheibenvorfall in der Höhe LWK 3/4 und LWK 4/5 verursacht unterschiedliche Symptome und Beschwerden. Bei einem Bandscheibenvorfall in der Höhe L3/L4 (also zwischen LWK 3 und LWK 4) sagen wir mal auf der rechten Seite gelegen, drückt meist auf die Nervenwurzel L4 rechtsseitig. Diese Nervenwurzel versorgt hauptsächlich den Musculus quadriceps (quadriceps=vier Köpfe also bestehend aus vier Muskeln). Der Musculus quadriceps ist enorm wichtig, so daß wir das Bein durchstrecken können, also die Kniestreckung. Dieser Muskel ist der größte und stärkste Muskeln im menschlichen Körper - d.h. auch ein nur sehr geringe Schwäche in diesem Muskel kann die Mobilität erheblich einschränken, da das Bein nicht richtig durchgestreckt werden kann und somit das Gehen beeinträchtigt sein kann bzw.
Bei einem Bandscheibenvorfall in der Höhe L4/L5 (also zwischen LWK 4 und LWK 5) sagen wir mal ebenfalls auf der rechten Seite gelegen, drückt meist auf die Nervenwurzel L5 rechtsseitig. Dieser Bandscheibenvorfall verursacht meist (siehe unten) ganz andere Beschwerden als ein Bandscheibenvorfall in der Höhe L3/L4.
Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule (HWS):
- Nacken- und Rückenschmerzen, die in die Arme oder Schultern ausstrahlen.
- Gefühlsstörungen in Armen und Händen mit Kribbeln, Taubheitsgefühl bis hin zu Muskelschwächen oder Lähmungserscheinungen.
- Auch Durchblutungsstörungen der Arme und Hände, Schwindel, Ohrgeräusche oder ein Druckgefühl in den Ohren können auftreten.
Bandscheibenvorfall im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS):
- Lokale Schmerzen auf die Brustwirbelsäule beschränkt oder im Rippenverlauf gürtelförmig ausstrahlend.
- Häufig mit einer Blockade der kleinen Wirbelgelenke einhergehend.
Diagnose
Die Diagnose eines Bandscheibenvorfalls umfasst in der Regel folgende Schritte:
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- Anamnese: Der Arzt befragt den Patienten ausführlich nach seinen Beschwerden.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt führt Sensibilitäts- und Motoriktests durch, um die Nervenfunktion zu prüfen.
- Bildgebende Verfahren: Zur Bestätigung der Diagnose und zur Beurteilung der Lage und Größe des Bandscheibenvorfalls werden bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) eingesetzt.
Behandlung
Die Behandlung eines Bandscheibenvorfalls zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern, die Nervenfunktion wiederherzustellen und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern. In den meisten Fällen ist eine konservative Behandlung ausreichend.
Konservative Behandlung
- Schmerzmittel: Zur Schmerzlinderung können rezeptfreie oder verschreibungspflichtige Schmerzmittel eingesetzt werden.
- Physiotherapie: Gezielte Übungen zur Stärkung der Rückenmuskulatur, Verbesserung der Beweglichkeit und Entlastung der Wirbelsäule.
- Wärme- und Kälteanwendungen: Wärme kann Muskelverspannungen lösen, während Kälte bei akuten Schmerzen lindernd wirken kann.
- Injektionen: In einigen Fällen können Kortikosteroid-Injektionen zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
- Bettruhe: Bei starken Schmerzen kann kurzzeitige Bettruhe helfen, die Wirbelsäule zu entlasten. Allerdings sollte eine zu lange Bettruhe vermieden werden, da sie zu Muskelverspannungen führen kann.
Operative Behandlung
Eine Operation wird in der Regel nur dann in Erwägung gezogen, wenn die konservative Behandlung nicht erfolgreich ist oder wenn neurologische Ausfälle wie Lähmungen oder Störungen der Blasen- oder Darmfunktion auftreten.
Es gibt verschiedene operative Verfahren zur Behandlung von Bandscheibenvorfällen:
- Mikrochirurgische Bandscheibenoperation: Entfernung des vorgefallenen Bandscheibengewebes durch einen kleinen Hautschnitt.
- Endoskopische Bandscheibenoperation: Minimalinvasives Verfahren zur Entfernung des Bandscheibengewebes.
- Bandscheibenersatz: In seltenen Fällen kann die beschädigte Bandscheibe durch eine künstliche Bandscheibe ersetzt werden.
Übungen zur Linderung von Schmerzen zu Hause
Es gibt einige Übungen, die Sie zu Hause durchführen können, um die Schmerzen eines akuten Bandscheibenvorfalls zu lindern:
- Die McKenzie-Methode: Legen Sie sich auf den Rücken und ziehen Sie die Knie zur Brust. Strecken Sie dann jeweils ein Bein aus und halten Sie es fünf Sekunden lang, bevor Sie es wieder absenken.
- Die Dekompression der Wirbelsäule: Legen Sie sich auf den Rücken und legen Sie Ihre Hände hinter den Kopf. Heben Sie dann Ihre Beine an, so dass sie senkrecht zum Boden stehen, und halten Sie sie 30 Sekunden lang in dieser Position.
- Die Superman-Übung: Legen Sie sich auf den Bauch und heben Sie Arme und Beine vom Boden ab. Halten Sie diese Position fünf Sekunden lang und kehren Sie dann in die Ausgangsposition zurück.
- Die Kobra-Pose: Legen Sie sich auf den Bauch und legen Sie die Hände neben den Schultern auf den Boden. Heben Sie dann den Kopf und die Brust vom Boden ab und halten Sie diese Position 30 Sekunden lang.
- Die Kinderstellung: Setzen Sie sich auf die Fersen und lehnen Sie sich dann nach vorne, so dass Ihre Stirn den Boden berührt. Strecken Sie dann die Arme vor sich aus und halten Sie diese Position 30 Sekunden lang.
Es ist wichtig, dass Sie Ihren Arzt konsultieren, bevor Sie mit einem Trainingsprogramm beginnen, insbesondere, wenn Sie einen Bandscheibenvorfall haben.
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Vorbeugung
Einem Bandscheibenvorfall können Sie mit verschiedenen Maßnahmen effektiv vorbeugen:
- Übergewicht abbauen: Übergewicht ist ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor.
- Aktivitätslevel erhöhen: Ein aktiver Lebensstil ist für gesunde Bandscheiben essenziell.
- Muskulatur aufbauen: Eine gut ausgebaute Rückenmuskulatur ist erwiesenermaßen eine der besten Maßnahmen, um einer Diskushernie vorzubeugen.
- Körperhaltung verbessern: Achten Sie auf Ihre Körperhaltung und stellen Sie, wenn nötig, den Sitz im Vergleich zum Lenker oder Lenkrad etwas niedriger ein.
- Ergonomischer Arbeitsplatz: Achten Sie auf eine ergonomische Einrichtung Ihres Arbeitsplatzes.
- Gesunder Schlaf: Vermeiden Sie bei einem Diskusprolaps im Bereich der Halswirbelsäule vor allem langes Arbeiten am Laptop, Autofahren sowie Fernsehen.
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