Ein Bandscheibenvorfall kann zu starken Nervenschmerzen führen, die das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen. Glücklicherweise gibt es verschiedene medikamentöse Behandlungsansätze, um diese Schmerzen zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
Ursachen und Symptome von Nervenschmerzen bei Bandscheibenvorfällen
Nervenschmerzen, auch neuropathische Schmerzen genannt, entstehen durch eine Schädigung oder Erkrankung von Nervenfasern. Bei einem Bandscheibenvorfall kommt es häufig zu Nervenschmerzen, da die verrutschte Bandscheibe auf einen Nerv drückt. Dies kann zu Schmerzen führen, die bis ins Bein oder sogar in die Füße ausstrahlen, sowie zu Empfindungsstörungen wie Taubheitsgefühlen oder Schwäche der Muskulatur. Ischiasschmerzen werden besonders häufig durch einen Bandscheibenvorfall hervorgerufen, bei dem die Bandscheibe im Bereich des unteren Rückens auf die Nervenwurzel des Ischiasnervs drückt.
Medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten
Die medikamentöse Behandlung von Nervenschmerzen infolge eines Bandscheibenvorfalls zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern und dieFunktion des Nervensystems zu unterstützen. In der Regel werden mehrere Therapiebausteine kombiniert, um die bestmögliche Wirkung zu erzielen.
Klassische Schmerzmittel
In der Regel kommen zunächst klassische Schmerzmittel wie Paracetamol, Ibuprofen oder Diclofenac zum Einsatz. Diese Medikamente wirken schmerzlindernd und entzündungshemmend. Bei sehr starken Schmerzen, die sich mithilfe der üblichen Schmerzmittel nicht lindern lassen, kann der Arzt sogenannte Opioide verordnen.
Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR)
Bei Kreuzschmerzen, also im unteren Bereich der Wirbelsäule, wird oft ein Medikament aus der Gruppe der nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) empfohlen. Beispiele für NSAR sind Ibuprofen, Diclofenac (enthalten etwa im Voltaren-Schmerzgel oder der Tablette Voltaren Dolo) oder Naproxen. Sie wirken schmerzlindernd, entzündungshemmend und fiebersenkend und eignen sich sehr gut, wenn entzündliche Vorgänge den Schmerz auslösen. Für diese Wirkstoffe gelten Tages-Maximaldosierungen:
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- Ibuprofen: 1200 Milligramm (bis 400 Milligramm-Tabletten ohne Rezept erhältlich)
- Diclofenac: 100 Milligramm (verschreibungspflichtig ab 25 Milligramm)
- Naproxen: je nach Erkrankungsschwere 750 Milligramm (verschreibungspflichtig)
Die möglichen Nebenwirkungen der Nicht-steroidalen Antirheumatika betreffen vor allem Magen und Darm: Magenschmerzen, Übelkeit, Schleimhautreizungen bis hin zu Magen-Darm-Blutungen. Auch die Nierenfunktion können sie beeinträchtigen. Zur Vorbeugung vor Magen-Schleimhautschäden kann der Arzt zusätzlich ein Medikament verordnen, das die Magensäureproduktion hemmt.
Paracetamol
Studien haben jedoch ergeben, dass Paracetamol bei chronischem Schmerz im Rücken keinen Effekt hat.
Opioide
Opioide kommen bei besonders starken Schmerzen zum Einsatz. Sie helfen auch gegen starke Rückenschmerzen, die sich dumpf, drückend und ziehend anfühlen. Opioide sind immer verschreibungspflichtig. Bekanntester Vertreter dieser Wirkstoffgruppe ist das Morphin. Auch Tramadol, Oxycodon und Hydromorphon gehören hierzu. Opioide wirken nicht entzündungs-, sondern vor allem schmerzhemmend. Bei Rückenschmerz, der sowohl spitz, als auch ziehend ist, können sie in Kombination mit NSAR verschrieben werden. Schwindel, Übelkeit und auch Müdigkeit sind Nebenwirkungen der Opioide. Sie treten meist zu Therapiebeginn auf. In der Einstellungsphase ist die Fahrtüchtigkeit eingeschränkt. Bei stabiler Tablettendosis kann wieder ein Fahrzeug geführt werden. Höhere Dosierungen können zur Verstopfung führen, die während der gesamten Einnahmedauer anhalten kann. Dagegen helfen ballaststoffreiche Kost, viel Trinken und bei hartnäckigen Beschwerden auch medikamentöse Unterstützung.
Die Opioid-Behandlung sollte regelmäßig überprüft werden: bei akutem Kreuzschmerz spätestens nach vier Wochen, bei dauerhaften Schmerzen spätestens nach drei Monaten. Um eine Überdosierung zu vermeiden, ist es besonders wichtig, die Anwendungshinweise des behandelnden Arztes oder der Ärztin einzuhalten. Opioide gibt es auch als Pflaster. Sie kommen nur in einer stabilen Schmerzsituation zum Einsatz oder wenn Patienten zudem an Schluckstörungen leiden.
Muskelrelaxanzien
Bei schmerzhaften Muskelverspannungen können verschreibungspflichtige Medikamente infrage kommen, die die Skelettmuskulatur entspannen (sog. Muskelrelaxanzien). Verkürzte oder verspannte Muskeln im Nacken- oder Schulterbereich sind oft Ursache für Rückenschmerz. Hier können Muskel-Entspanner helfen, auch Muskelrelaxanzien genannt. Sie wirken an der Muskulatur und im zentralen Nervensystem. Die Relaxanzien sind verschreibungspflichtig. Sie sollen nur kurzfristig bei starken akuten Schmerzen eingesetzt werden, wenn andere Medikamente oder Methoden nicht ausreichend wirken. Bei chronischem Kreuzschmerz kommen sie nicht zum Einsatz. Präparate zur Muskelentspannung können Müdigkeit oder Benommenheit zur Folge haben und die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen.
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Antidepressiva
Sind auch die Nerven im Bereich der Wirbelsäule betroffen, können dumpfe, drückende und ziehende Beschwerden die Patienten quälen und ihnen den Schlaf rauben. In diesen Fällen können Antidepressiva in sehr niedriger Dosis zusätzlich zu anderen Schmerzmitteln eingesetzt werden. Einige dieser Mittel sind auch zur Behandlung chronischer Schmerzen zugelassen und können daher Teil des Behandlungskonzeptes sein. Zu den wichtigsten Nebenwirkungen gehören, besonders in der Einstellungszeit, Übelkeit, Mundtrockenheit und manchmal auch Schwindel. Wegen potentieller Wechselwirkungen auf den Herzrhythmus sind regelmäßige EKG- und Laborkontrolle wichtig. Die einschlaffördernde Wirkung ist zu Therapiebeginn angenehm, lässt aber im Verlauf der Behandlung etwas nach.
Antiepileptika
Ursprünglich als Mittel gegen Krampfanfällen entwickelt, helfen Antiepileptika inzwischen auch gegen Nervenschmerzen. Speziell, wenn diese einschießend und elektrisierend sind oder Kribbelgefühle „wie Ameisenlaufen“ hervorrufen. Bei unspezifischen Kreuzschmerzen kommen sie nur im Einzelfall zum Einsatz.
Kortikoide
Kortikoide (Cortison) wirken entzündungshemmend. Bei chronischen Formen von Bandscheibenproblemen werden manchmal auch bestimmte Antidepressiva verschrieben.
Lokale Behandlungen
Unterstützend können bei einem Prolaps auch entzündungshemmende Schmerzcremes, -salben und -gele wie das kühlende Schmerzgel von ThermaCare (Pflichttext) lokal zum Einsatz kommen. Bitte beachten Sie, dass auch topische, also über die Haut wirkende Schmerzmittel Nebenwirkungen in Form von z. B. allergischen Reaktionen der Haut hervorrufen können, ist eine Langzeitanwendung nicht gut.
Weitere Medikamente
Bei einer fortgeschrittenen Erkrankung kann die Schmerzgrenze durch die Gabe von Antidepressiva angehoben werden. Bei starken chronischen Schmerzen können dem Patienten Opiate in Form von Schmerzpflastern verabreicht werden. Wenn die Schmerzen nicht durch die üblichen Medikamente in den Griff zu bekommen sind, bieten die peridurale Infiltration (PDI) oder periradikuläre Therapie (PRT) eine Alternative zur Operation.
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Wichtige Hinweise zur medikamentösen Behandlung
- Individuelle Therapie: Die Therapie eines Bandscheibenvorfalls ist immer abhängig von den Symptomen. Es sollte eine individuelle Therapie in Absprache mit dem Arzt erfolgen.
- Ursachenbekämpfung: Wichtig zu wissen: Arzneimittel können mögliche Ursachen Ihrer Beschwerden im Rücken nicht beseitigen. Sie lindern nur vorübergehend die Symptome.
- Ziele festlegen: Wichtig ist es, mit Ihrem Arzt gerade am Anfang der Behandlung Ziele festzulegen. Mögliche Ziele können neben der Schmerzlinderung auch eine Verbesserung der Gehstrecke oder der Belastbarkeit sein.
- Wechselwirkungen vermeiden: Vor jeder medikamentösen Therapie erfolgt ein Abgleich mit anderen Medikamenten, die Sie regelmäßig einnehmen müssen. So lassen sich Wechselwirkungen vermeiden.
- Regelmäßige Kontrolle: Im Verlauf der Therapie kontrolliert ein Arzt, ob das verschriebene Medikament wirkt, verträglich und nach längerer Einnahme noch notwendig ist.
- Niedrige Dosierung: Schmerzmittel sollten immer so niedrig dosiert und so kurz wie möglich eingenommen werden. Eine Dauereinnahme von Schmerzmitteln kann problematisch werden.
- Ärztlicher Rat: Auch dann sollten Sie sich nicht scheuen, Arzt oder Apotheker um Rat zu fragen. Hilfreich für die Auswahl kann sein, ob Ihnen ein bestimmtes Mittel früher schon einmal geholfen hat, das Sie auch gut vertragen haben.
- Vorsicht bei Selbstmedikation: Wenn Sie leichte bis mittelschwere Rückenbeschwerden haben, die Sie bereits kennen, können Sie sich in bestimmten Fällen auch selbst mit freiverkäuflichen Schmerzmitteln behandeln.
Konservative Therapie
Die konservative Therapie behandelt nicht die Ursache der Beschwerden, ist jedoch in vielen Fällen anfangs sinnvoll um die Beschwerden zu lindern und somit einen Zeitgewinn zu erzielen. In dieser Zeit kann sich der Bandscheibenvorfall in vielen Fällen von alleine zurückbilden. Es sollte eine individuelle Therapie in Absprache mit dem Arzt erfolgen. Bei anderen Schmerzursachen als dem Bandscheibenvorfall bleibt die konservative Therapie immer eine Form der Schmerzbehandlung.
Bewegung statt Schonung
Bewegen, statt sich schonen. Denn Ruhe und eine, oft unbewusste, Schon-Haltung können das Phänomen noch verstärken. Verspüren Sie jedoch so starken Rückenschmerz, dass Sie jede körperliche Aktivität scheuen, ist es sinnvoll, gezielt etwas einzunehmen, etwa eine Tablette gegen Schmerz. Das kann helfen, dem Teufelskreis aus Schmerz und Bewegungslosigkeit, zu entkommen; etwa, indem es Verkrampfungen des Bewegungsapparates löst.
Physiotherapie
Regelmäßige, angepasste Bewegung ist ein wesentlicher und zentraler Behandlungsbaustein bei bandscheibenbedingten Beschwerden. Eine geeignete Bewegungstherapie mit speziellen Übungen kann die Nervenschmerzen lindern, Verspannungen lösen und Schonhaltungen korrigieren. In der akuten Phase dient die Physiotherapie in erster Linie der Schmerzlinderung. So wird vielen Patienten Bettruhe verordnet, zum Teil mit Stufenlagerung der Beine auf einem Würfel, um die Lendenwirbelsäule zu entlasten. Nach dem Abklingen der ersten Beschwerden verordnet der Arzt eine Physiotherapie, in der der Patient seine Rücken- und Bauchmuskulatur aktiv stärkt. Dadurch werden die Bandscheiben entlastet.
Stufenlagerung
Drückt die Bandscheibe auf den Ischiasnerv, wird die sogenannte Stufenlagerung empfohlen. Dazu in Rückenlage die Beine auf eine Erhöhung (z. B. Kissenstapel) legen.
Wärme- und Kälteanwendungen
Bei akuten Nervenschmerzen infolge eines Bandscheibenvorfalls können Kälteanwendungen lindernd wirken. Wenn die akute Phase vorbei ist, werden meist Wärmeanwendungen (z. B. Wärmepflaster oder -packungen, ein heißes Bad, ein Saunagang oder eine Infrarot-Bestrahlung) eingesetzt. Wärme kann bei verspannten Muskeln guttun. Bei Nervenreizungen werden auch Kältepackungen eingesetzt, wie kalte Umschläge oder Gelkissen.
Alternative Behandlungsmethoden
Über die klassischen Therapieansätze hinaus können in der Schmerztherapie von Bandscheibenvorfällen auch alternative Maßnahmen der Schmerzmedizin, wie z.B. Akupunktur, Reiki oder Moxibustion eingesetzt werden.
Operative Behandlung
Selten ist eine Operation zur Entlastung des Nervs erforderlich. Wenn der Schmerz unbeherrschbar wird, deutliche Lähmungserscheinungen auftreten oder der Betroffene seine Blase nicht mehr kontrollieren kann, ist eine Einweisung ins Krankenhaus unumgänglich. Diese muss ganz vordringlich als Notfall erfolgen. In diesen Fällen muss der Bandscheibenvorfall operativ beseitigt werden. Letztlich auch um irreparable Schäden wie das Absterben von Nervenwurzeln zu vermeiden.
Minimal-invasive Verfahren
Minimal-invasive Verfahren werden nur bei einfachen, relativ frischen Bandscheibenvorfällen durchgeführt und nur bei Patienten, die noch nicht an der Bandscheibe operiert wurden. Sie erfolgen in der Regel ambulant und unter örtlicher Betäubung. Über einen zwei Zentimeter langen Schnitt am Rücken wird ein dünnes Röhrchen (Tubus) mit einem Endoskop an die Wirbelsäule herangeführt, welches das Operationsgebiet über einen Monitor sichtbar macht. Durch den freien Raum im Tubus können weitere Instrumente eingeführt werden, mit denen der Chirurg die Bandscheibe ganz oder teilweise abtragen kann. Ähnlich wie die minimal-invasive Therapie eignet sich die Laserabtragung der Bandscheibe nur für einfache, frische Vorfälle.
Offene Operationen
In schweren Fällen, wenn zum Beispiel mehrere Bandscheiben betroffen sind oder die Erkrankung bereits längere Zeit besteht, ist ein größerer Eingriff unter Vollnarkose erforderlich. Um den Bandscheibenvorfall für eine Behandlung zugänglich zu machen, muss der Chirurg Teile von Muskeln und unter Umständen auch von Wirbelkörpern entfernen. Wie bei allen herkömmlichen operativen Eingriffen können hierbei Nerven und Gefäße beschädigt werden, sich das Operationsfeld entzünden oder wuchernde Narben entstehen, die eine erneute Operation notwendig machen. Außerdem birgt die Vollnarkose Risiken für den Patienten in sich. Deshalb wird solch eine Behandlung trotz hoher Erfolgsquote (ca. 90 %) erst dann in Erwägung gezogen, wenn alle anderen konservativen Maßnahmen ausgeschöpft sind.
Versteifung der Wirbelsäule
Eine operative Versteifung der Wirbelsäule ist häufig bei schweren Bandscheibenvorfällen oder bei Instabilität eines Wirbelsäulenabschnittes nach einer früher operierten Bandscheibe notwendig. Dabei werden mehrere Wirbelkörper knöchern miteinander verbunden. Die Versteifung wird nur durchgeführt, wenn es sonst keine anderen Möglichkeiten gibt, chronische Beschwerden zu lindern.
Künstliche Bandscheibe
Die künstliche Bandscheibe ist eine neue Möglichkeit für Patienten, die unter chronischen Beschwerden leiden oder bei denen besonders schwere Bandscheibenvorfälle diagnostiziert worden. Das Implantat aus Titan ersetzt dabei die faserig und spröde gewordene Bandscheibe. Die künstliche Bandscheibe ermöglicht eine Drehbewegung, welche die natürlichen Bewegungen der Wirbel nachahmt. Im Durchschnitt dauert die Operation 90 Minuten.
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