Neurologische Reha: Definition und Bedeutung der Phase B

Die neurologische Rehabilitation ist ein wesentlicher Bestandteil der Versorgung von Patienten mit Erkrankungen des Nervensystems. Sie zielt darauf ab, Funktionen und Fähigkeiten, die durch schwere neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma oder entzündliche Erkrankungen verloren gegangen sind, wiederherzustellen oder zu verbessern. Die neurologische Rehabilitation umfasst verschiedene Phasen, die jeweils auf die spezifischen Bedürfnisse und den Zustand des Patienten zugeschnitten sind. Eine dieser Phasen ist die neurologische Frührehabilitation, auch bekannt als Phase B.

Das BAR-Phasenmodell

Die neurologische Rehabilitation in Deutschland ist in das Phasenmodell der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) eingebettet. Dieses Modell unterteilt den Rehabilitationsprozess in verschiedene Phasen, von A bis F, die sich hinsichtlich ihrer Zielsetzung, Intensität und der benötigten Ressourcen unterscheiden. Die Differenzierung dieser Phasen ist nicht nur klinisch relevant, sondern hat auch leistungsrechtliche Konsequenzen.

  • Phase A: Akutbehandlung im Krankenhaus
  • Phase B: Neurologische Frührehabilitation
  • Phase C: Weiterführende Rehabilitation
  • Phase D: Medizinische Rehabilitation und Anschlussheilbehandlung
  • Phase E: Nachgehende Rehabilitation und berufliche Wiedereingliederung
  • Phase F: Langzeitpflege und Langzeitbehandlung

Definition der neurologischen Frührehabilitation (Phase B)

Die neurologische Frührehabilitation (Phase B) ist ein integraler Bestandteil der Versorgung von Patienten mit schweren und schwersten Hirnschädigungen. Sie schließt sich unmittelbar an die Akutbehandlung im Krankenhaus an und ist durch einen hohen Bedarf an intensivmedizinischer Betreuung und Überwachung gekennzeichnet. In dieser Phase sind die Patienten oft bewusstlos oder haben schwere Bewusstseinsstörungen. Sie sind vollständig auf pflegerische Hilfe angewiesen und können ihre Ausscheidungsfunktionen nicht kontrollieren. Häufig werden sie künstlich ernährt und benötigen eine Atemhilfe.

Ziele der Phase B

Die Hauptziele der neurologischen Frührehabilitation in Phase B sind:

  • Stabilisierung des Zustandes des Patienten
  • Förderung der Frühmobilisierung
  • Vermeidung oder Minimierung von Folgeschäden
  • Wiederaufbau und Erhalt von Alltagsfähigkeiten
  • Kontaktaufnahme mit der Umwelt
  • Förderung basaler sensorischer und motorischer Funktionen

Leistungen in der Phase B

Die neurologische Frührehabilitation in Phase B umfasst ein breites Spektrum an therapeutischen Leistungen, die individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt werden. Dazu gehören:

Lesen Sie auch: Reha-Kliniken in St. Wendel im Vergleich

  • Ärztliche Behandlung: Engmaschige fachärztliche Versorgung, einschließlich internistischer und orthopädischer Betreuung.
  • Pflegerische Versorgung: Aktivierende Pflege, basale Stimulation und ein engmaschiges Trachealkanülen-Management.
  • Therapeutische Leistungen:
    • Physiotherapie zur Förderung der Motorik und zur Vermeidung von Kontrakturen.
    • Ergotherapie zur Verbesserung der Selbstversorgung und der Alltagsfähigkeiten.
    • Logopädie zur Behandlung von Sprach- und Schluckstörungen.
    • Neuropsychologie zur Förderung der kognitiven Funktionen.
  • Weitere Maßnahmen:
    • Hilfsmittelversorgung
    • Angehörigenberatung und -schulung

Voraussetzungen für die Phase B

Nicht alle Patienten mit neurologischen Erkrankungen sind für die neurologische Frührehabilitation in Phase B geeignet. Zu den Ausschlusskriterien gehören:

  • Fehlende Rehafähigkeit aufgrund einer nicht abgeschlossenen akutmedizinischen Behandlung
  • Eigen- und Fremdgefährdung
  • Akute intensiv behandlungsbedürftige Begleiterkrankungen
  • Hochgradige Pflegebedürftigkeit ohne Reha-Fähigkeit
  • Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen mit deutlich instabilem Verlauf
  • Kaum beeinflussbare Erkrankungen wie Demenz oder fortschreitende Hirntumoren
  • Fehlende Motivation und Kooperation

Verweildauer in der Phase B

Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) empfiehlt eine Mindestbehandlungsdauer von acht Wochen in der Phase B, um das Rehabilitationspotenzial von schwer betroffenen Patienten beurteilen zu können. Eine Studie der BDH-Klinik Hessisch Oldendorf aus den Jahren 2005 bis 2008 ergab eine mittlere Verweildauer von 44,6 Tagen in der Phase B. Allerdings konnte die von der BAR empfohlene Mindestverweildauer von acht Wochen nur in 76,4 Prozent der untersuchten Fälle eingehalten werden. Die Studie zeigte auch, dass die Verweildauer im Laufe der Jahre von 46,8 Tagen im Jahr 2005 auf 37,5 Tage im Jahr 2008 gesunken ist.

Faktoren, die die Verweildauer beeinflussen

Mehrere Faktoren können die Verweildauer in der Phase B beeinflussen, darunter:

  • Diagnose: Patienten mit bestimmten Diagnosen, wie z.B. hypoxischem Hirnschaden, haben tendenziell längere Verweildauern.
  • Schweregrad der Erkrankung: Je schwerer die Erkrankung, desto länger ist in der Regel die Verweildauer.
  • Komorbidität: Das Vorliegen von Begleiterkrankungen kann die Verweildauer verlängern.
  • Geschlecht: Weibliche Patienten haben tendenziell etwas kürzere Verweildauern als männliche Patienten.
  • Alter: Das Alter des Patienten scheint keinen direkten Einfluss auf die Verweildauer zu haben.

Verweildauerreduzierung

Die beobachtete Verweildauerreduzierung in der Phase B kann in erster Linie durch eine Abnahme der Morbidität der Frührehabilitationsfälle erklärt werden. Dies bedeutet, dass die Patienten, die in die Frührehabilitation aufgenommen werden, im Durchschnitt weniger schwer erkrankt sind als früher. Ein möglicher Grund dafür ist ein Selektionseffekt durch die Frührehabilitationsprozedur OPS 8-552. Diese Prozedur erfordert eine ausreichende Belastbarkeit des Patienten für mindestens 300 Minuten Therapie pro Tag. Daher können besonders schwer betroffene Patienten, die diese Anforderungen nicht erfüllen, nicht über den OPS 8-552 kodiert werden.

Übergang von Phase B zu Phase C

Nach erfolgreicher Behandlung in der Phase B können die Patienten in die weiterführende Rehabilitation (Phase C) übergeleitet werden. Die Kriterien für den Übergang von Phase B zu Phase C sind:

Lesen Sie auch: Bewertung der neurologischen Reha in der Mediclin Klinik Reichshof

  • Kommunikations- und Interaktionsfähigkeit des Patienten
  • Teilmobilisierung (z.B. kontinuierliches Verbringen von zwei bis vier Stunden im Rollstuhl)
  • Weitgehende Abhängigkeit von pflegerischer Hilfe bei den alltäglichen Verrichtungen
  • Kein Bedarf mehr an intensivmedizinischer Überwachung/Therapie (vital-vegetative Stabilität)

In der Phase C liegt der Fokus auf dem Wiedererlangen von Mobilität und Selbstständigkeit im Alltag. Wesentlich ist hierfür die unterstützte Wiedererlangung von grundlegenden Funktionen des Gehirns wie Antrieb, Orientierung, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen. Eine verbesserte Kommunikationsfähigkeit wird angestrebt.

Bedeutung der neurologischen Frührehabilitation

Die neurologische Frührehabilitation in Phase B spielt eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der Prognose von Patienten mit schweren neurologischen Erkrankungen. Durch die frühzeitige und intensive Behandlung können Folgeschäden vermieden oder minimiert und die Chancen auf eine erfolgreiche Rehabilitation deutlich erhöht werden. Die Phase B ermöglicht es den Patienten, ihre verloren gegangenen Fähigkeiten wiederzuerlangen und ein möglichst selbstständiges Leben zu führen.

Lesen Sie auch: Neurologische Rehabilitation in Germersheim

tags: #bar #neurologische #reha #definition