Ein Schlaganfall ist ein medizinischer Notfall, der sofortige Aufmerksamkeit erfordert. In Deutschland erleiden jährlich etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall, was ihn zu einer der häufigsten Ursachen für Tod und bleibende Behinderungen macht. Dieser Artikel bietet einen detaillierten Überblick über die verschiedenen Aspekte der Schlaganfallbehandlung, von der Erkennung der Symptome bis hin zu den neuesten Therapieansätzen und Rehabilitationsmaßnahmen.
Was ist ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall, auch Apoplex oder Insult genannt, tritt auf, wenn die Blutversorgung des Gehirns unterbrochen wird. Dies kann entweder durch ein verstopftes Blutgefäß (ischämischer Schlaganfall oder Hirninfarkt) oder durch ein geplatztes Blutgefäß (hämorrhagischer Schlaganfall oder Hirnblutung) verursacht werden. In beiden Fällen führt die mangelnde Sauerstoffversorgung zu einer Schädigung der Gehirnzellen.
Ischämischer Schlaganfall
Etwa vier von fünf Schlaganfällen sind ischämischer Natur. Hierbei wird ein Hirnareal aufgrund des Verschlusses oder der Verengung eines hirnversorgenden Blutgefäßes durch ein Blutgerinnsel (Thrombus) nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. In der Folge entstehen neurologische Ausfälle wie Sprachstörungen, Schwindel oder Lähmungserscheinungen.
Hämorrhagischer Schlaganfall
Seltener kommt es zu einem hämorrhagischen Schlaganfall, bei dem ein Blutgefäß im Gehirn platzt. Das austretende Blut schädigt das umliegende Hirngewebe und führt ebenfalls zu neurologischen Ausfällen. Hirnblutungen können lebensbedrohlich sein und erfordern eine sofortige Behandlung, um die Blutung zu stoppen und den Druck auf das Gehirn zu reduzieren.
Symptome eines Schlaganfalls erkennen
Die Symptome eines Schlaganfalls treten plötzlich auf und können je nach betroffenem Hirnareal variieren. Zu den häufigsten Anzeichen gehören:
Lesen Sie auch: Mini-Schlaganfall: Was Sie wissen müssen
- Plötzliche Schwäche oder Taubheit im Gesicht, Arm oder Bein, oft nur auf einer Körperhälfte.
- Sprachschwierigkeiten, wie verwaschene Sprache, Schwierigkeiten, Wörter zu finden oder Sätze zu verstehen.
- Sehstörungen, wie plötzliches Verschwommensehen oder Verlust des Sehvermögens auf einem oder beiden Augen.
- Schwindel und Gleichgewichtsstörungen.
- Starke Kopfschmerzen unbekannter Ursache, insbesondere in Verbindung mit anderen Symptomen.
- Koordinationsstörungen.
- Bewusstlosigkeit.
Der FAST-Test
Der FAST-Test ist eine einfache Methode, um einen Schlaganfallverdacht zu überprüfen:
- Face (Gesicht): Bitten Sie die Person zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab?
- Arms (Arme): Kann die Person beide Arme mit den Handflächen nach oben nach vorne strecken?
- Speech (Sprache): Kann die Person einen einfachen Satz nachsprechen?
- Time (Zeit): Keine Zeit verlieren und sofort den Notruf 112 wählen!
Sofortmaßnahmen bei Verdacht auf Schlaganfall
Wenn Sie oder jemand in Ihrer Umgebung Anzeichen eines Schlaganfalls zeigt, ist schnelles Handeln entscheidend. Wählen Sie sofort den Notruf 112 und schildern Sie die Symptome. Die Rettungsleitstelle wird dann ein Krankenhaus mit einer spezialisierten Schlaganfallstation (Stroke Unit) anfahren.
"Time is Brain"
Das Motto "Time is Brain" unterstreicht die Bedeutung einer schnellen Behandlung. Je länger die Durchblutung des Gehirns unterbrochen ist, desto größer ist der Schaden. Pro Minute sterben etwa 1,9 Millionen Gehirnzellen ab. Eine frühzeitige Behandlung kann die Schäden begrenzen und die Chancen auf eine vollständige Genesung erhöhen.
Akutbehandlung im Krankenhaus
In der Notaufnahme wird der Patient umgehend untersucht, um die Art des Schlaganfalls festzustellen und die geeignete Behandlung einzuleiten.
Diagnostik
Zur Diagnose werden bildgebende Verfahren wie die Computertomographie (CT) oder die Magnetresonanztomographie (MRT) des Kopfes eingesetzt. Diese Untersuchungen ermöglichen es, zwischen einem ischämischen und einem hämorrhagischen Schlaganfall zu unterscheiden und die genaue Lokalisation und Ausdehnung der Schädigung zu bestimmen. Zusätzlich wird ein EKG durchgeführt, um Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern zu erkennen, die ein Risikofaktor für Schlaganfälle darstellen können.
Lesen Sie auch: Umgang mit Epilepsie nach einem Schlaganfall
Thrombolyse (Lyse-Therapie)
Bei einem ischämischen Schlaganfall kann eine Thrombolyse (Lyse-Therapie) durchgeführt werden, um das Blutgerinnsel aufzulösen und die Durchblutung des Gehirns wiederherzustellen. Dabei wird ein Medikament (z.B. Alteplase) über die Vene verabreicht. Die Lyse-Therapie ist am wirksamsten, wenn sie innerhalb von 4,5 Stunden nach Symptombeginn begonnen wird.
Thrombektomie
Wenn die Lyse-Therapie nicht ausreicht oder bei größeren Blutgerinnseln, kann eine Thrombektomie durchgeführt werden. Dabei wird das Blutgerinnsel mechanisch mit einem Katheter aus dem Hirngefäß entfernt. Die Thrombektomie kann bis zu 24 Stunden nach Symptombeginn durchgeführt werden, abhängig von der Lokalisation des Gerinnsels und dem Zustand des Patienten.
Behandlung der Hirnblutung
Bei einer Hirnblutung zielt die Behandlung darauf ab, die Blutung zu stoppen und den Druck auf das Gehirn zu reduzieren. Dies kann durch Medikamente zur Blutdrucksenkung und zur Hemmung der Blutgerinnung erfolgen. In einigen Fällen ist eine Operation erforderlich, um das Blut zu entfernen und den Druck zu entlasten.
Die Stroke Unit: Spezialisierte Versorgung
Die Stroke Unit ist eine spezialisierte Station im Krankenhaus, die auf die Behandlung von Schlaganfallpatienten ausgerichtet ist. Hier arbeiten Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten verschiedener Fachrichtungen eng zusammen, um eine optimale Versorgung zu gewährleisten. Auf der Stroke Unit werden die Patienten kontinuierlich überwacht und erhalten eine individuell angepasste Therapie.
Telemedizinische Anbindung
Einige Krankenhäuser sind telemedizinisch an größere Stroke Units angebunden. Dies ermöglicht es, auch in ländlichen Regionen eine schnelle und kompetente Schlaganfalldiagnostik und -behandlung sicherzustellen. Über Bildtelefonie können die Ärzte vor Ort mit den Spezialisten der Stroke Unit kommunizieren und gemeinsam das weitere Vorgehen festlegen.
Lesen Sie auch: Hämorrhagischer Schlaganfall: Was Sie über die Behandlung wissen müssen
Rehabilitation nach dem Schlaganfall
Nach der Akutbehandlung beginnt die Rehabilitation, um die verloren gegangenen Fähigkeiten wiederzuerlangen und die Lebensqualität zu verbessern. Die Rehabilitation umfasst verschiedene Therapiebereiche:
- Physiotherapie: Verbesserung der Beweglichkeit, Kraft und Koordination.
- Ergotherapie: Training vonAlltagsaktivitäten und Feinmotorik.
- Logopädie: Behandlung von Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen.
- Neuropsychologie: Behandlung von kognitiven Störungen wie Gedächtnisproblemen oder Aufmerksamkeitsdefiziten.
Frührehabilitation
Die Frührehabilitation beginnt bereits auf der Stroke Unit und zielt darauf ab, die Patienten so früh wie möglich zu aktivieren und zu mobilisieren. Durch gezielte Übungen und Therapien sollen die Selbstheilungskräfte des Gehirns angeregt und dieFunktionsfähigkeit verbessert werden.
Anschlussheilbehandlung (AHB)
Nach der Akutbehandlung erfolgt in der Regel eine Anschlussheilbehandlung (AHB) in einer Rehabilitationsklinik. Dort werden die Patienten intensiviert therapiert und auf die Rückkehr in den Alltag vorbereitet.
Langzeitrehabilitation
Auch nach der AHB kann eine Langzeitrehabilitation erforderlich sein, um die erreichten Fortschritte zu stabilisieren und weitere Verbesserungen zu erzielen. Die Langzeitrehabilitation kann ambulant oder stationär erfolgen.
Leben nach dem Schlaganfall
Ein Schlaganfall kann das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen grundlegend verändern. Viele Patienten leiden unter bleibenden körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen. Es ist wichtig, sich mit den Folgen des Schlaganfalls auseinanderzusetzen und Unterstützung zu suchen.
Umgang mit Behinderungen
Viele Schlaganfallpatienten sind auf Hilfsmittel wie Gehhilfen, Rollstühle oder Sprachcomputer angewiesen. Ergotherapeuten beraten bei der Auswahl der geeigneten Hilfsmittel und helfen, den Alltag trotz der Einschränkungen so selbstständig wie möglich zu gestalten.
Psychische Belastung
Ein Schlaganfall kann zu Depressionen, Angststörungen oder anderen psychischen Problemen führen. Eine psychotherapeutische Behandlung kann helfen, dieErkrankung zu verarbeiten und neue Perspektiven zu entwickeln.
Soziale Unterstützung
Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann sehr hilfreich sein. Dort können Erfahrungen ausgetauscht und gegenseitige Unterstützung gefunden werden. Auch die Angehörigen von Schlaganfallpatienten benötigen Unterstützung, um mit der neuen Situation umzugehen.
Risikofaktoren und Prävention
Es gibt eine Reihe von Risikofaktoren, die das Risiko für einen Schlaganfall erhöhen. Viele dieser Risikofaktoren können durch einen gesunden Lebensstil beeinflusst werden:
- Bluthochdruck: Regelmäßige Blutdruckkontrolle und gegebenenfalls medikamentöse Behandlung.
- Vorhofflimmern: Behandlung mit blutverdünnenden Medikamenten.
- Diabetes mellitus: Gute Blutzuckereinstellung.
- Erhöhte Cholesterinwerte: Ernährungsumstellung und gegebenenfalls medikamentöse Behandlung.
- Rauchen: Verzicht auf Nikotin.
- Übergewicht: Gewichtsreduktion durch gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung.
- Bewegungsmangel: Regelmäßige körperliche Aktivität.
- Übermäßiger Alkoholkonsum: Reduktion des Alkoholkonsums.
- Stress: Stressbewältigung durch Entspannungstechniken oder Sport.
Sekundärprävention
Patienten, die bereits einen Schlaganfall erlitten haben, haben ein erhöhtes Risiko für einen erneuten Schlaganfall. Daher ist eine konsequente Sekundärprävention wichtig, um das Risiko zu minimieren. Dazu gehören die medikamentöse Behandlung von Risikofaktoren, eine gesunde Lebensweise und regelmäßige Kontrolluntersuchungen.
tags: #Schlaganfall #behandlung