Beruhigende Waschung bei Demenz: Eine Anleitung zur Förderung des Wohlbefindens

Jeder Mensch hat das Recht auf ein gutes und sauberes Körpergefühl. Eine beruhigende Waschung kann hierbei eine wertvolle Unterstützung bieten, besonders für Menschen mit Demenz. Oftmals verändern sich die Bedürfnisse im Hinblick auf die Körperhygiene, und Waschungen sind eine wunderbare Möglichkeit, Patientinnen oder Bewohnerinnen in genau dieser verletzlichen Situation besonders einfühlsam „abzuholen“. Sie bieten Raum für Nähe und Gespräche und geben Pflegenden die Chance, nicht nur die Haut, sondern auch den Allgemeinzustand ihres Gegenübers genau zu untersuchen, denn bei keiner anderen Tätigkeit verbringen Pflegekräfte so viel Zeit am Pflegebett oder gemeinsam mit den zu Pflegenden im Badezimmer. Gerade weil sie so intim sind, erfordern Waschungen viel Einfühlungsvermögen von Seiten der Pflegekraft.

Einführung in die beruhigende Waschung

Die beruhigende Waschung ist eine Form der basalen Stimulation, die darauf abzielt, Entspannung und Wohlbefinden zu fördern. Sie kann als Ganzkörperwaschung oder Teilwaschung durchgeführt werden und ist eine gute Ergänzung zur Grundpflege. Sie beeinflusst das mentale Wohlbefinden von pflegebedürftigen Menschen positiv. Die Waschung wird vor allem für die Entspannung genutzt und kann dazu beitragen, Unruhezustände und Ängste abzubauen sowie das Körpergefühl zu stärken, insbesondere bei Patient*innen mit Wahrnehmungsstörungen.

Ziele der beruhigenden Waschung

Die beruhigende Waschung verfolgt mehrere Ziele:

  • Förderung der Entspannung: Durch die Wärme des Wassers und die sanften Berührungen können sich Körper und Geist entspannen.
  • Abbau von Unruhezuständen oder Ängsten: Die beruhigende Waschung kann helfen, innere Unruhe und Ängste zu reduzieren.
  • Stärkung des Körpergefühls: Insbesondere bei Patient*innen mit Wahrnehmungsstörungen kann die Waschung dazu beitragen, das Körpergefühl zu verbessern.

Für wen ist die beruhigende Waschung geeignet?

Grundsätzlich eignet sich die beruhigende Waschung für alle Pflegebedürftigen, die sich nach Erholung sehnen. Durch die Wärme und die sanften Bewegungen trägt die Pflegemaßnahme wesentlich dazu bei, Körper und Geist zu entspannen. Allerdings kann die beruhigende Waschung auch bei konkreten Beschwerden Abhilfe schaffen.

Die beruhigende Waschung eignet sich insbesondere bei:

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  • Innerer Unruhe
  • Beeinträchtigung des Körpergefühls, zum Beispiel nach einem Schlaganfall
  • Einschlafproblemen
  • Schmerzen
  • Asthma bronchiale
  • Hyperaktivität
  • Desorientiertheit, beispielsweise bei Demenz
  • Angstzuständen
  • Bluthochdruck

Die beruhigende Waschung kommt auch bei Menschen in der Sterbephase zum Einsatz. Betroffene können in dieser Zeit Unruhe oder Ängste verspüren.

Vorbereitung der beruhigenden Waschung

Eine gute Vorbereitung ist entscheidend für den Erfolg der beruhigenden Waschung. Vor der Waschung sollte der Raum gelüftet werden, währenddessen sollten Fenster und Türen dagegen geschlossen bleiben, um Zugluft oder Störungen zu vermeiden. Körperteile, die gerade nicht gewaschen werden, sollten bedeckt sein, um die Intimsphäre zu wahren. Gut ist es auch, wenn die Patient*in die Blase vorab entleert hat, damit sie die Waschung ungestört genießen kann. Natürlich, auch das sei an dieser Stelle gesagt, hat jede/r auch das Recht, nicht täglich gewaschen zu werden, sollte dies nicht gewünscht sein. Schließlich fühlt man sich nicht jeden Tag gleich, hat vielleicht schlecht geschlafen oder der Kreislauf spielt nicht mit.

Um die Waschung durchzuführen, benötigen Sie einige Materialien:

  • Eine ausreichend große Waschschüssel
  • Warmes Wasser (38 bis 40° C)
  • Weiche Waschlappen oder Waschhandschuhe
  • Weiche Handtücher
  • Eventuell entspannende Zusätze wie Lavendelöl oder Melisse (mit Emulgator wie Milch)

Füllen Sie die Waschschüssel mit warmem Wasser. Die optimale Wassertemperatur beträgt 37-47 Grad, hier kommt es auf die Vorlieben Ihres Familienmitglieds an. Für die Waschung nehmen Sie optimalerweise einen Waschhandschuh, denn ein gewöhnlicher Waschlappen rutscht schnell aus der Hand. Auch ein weicher Schwamm eignet sich gut, um die Hautrezeptoren mit mechanischen Reizen zu versorgen. Im letzten Vorbereitungsschritt legen Sie ein weiches und angewärmtes Handtuch bereit.

Wenn Sie möchten, können Sie entspannende Zusätze ins Wasser geben. Besonders gut eignen sich Lavendel, Melisse, Vanille oder Mandarine.Achtung: Verwenden Sie Öle, müssen Sie unbedingt einen Emulgator wie Milch einsetzen. Vermischen Sie zunächst das Öl mit der Milch und geben die Mischung dann ins Wasser. So sorgen Sie dafür, dass sich das Öl mit dem Wasser verbindet und über die Haut aufgenommen werden kann.

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Durchführung der beruhigenden Waschung

Nachdem Sie alle Materialien bereitgelegt haben, können Sie nun die beruhigende Waschung durchführen. Hierbei ist es ganz wichtig, dass die Waschbewegungen stets mit der Haarwuchsrichtung, also „mit dem Strich“, erfolgen. Indem Sie die Bewegungen in einem gleichbleibenden Rhythmus durchführen, gestalten Sie die Waschung besonders angenehm. Achten Sie darauf, den Waschhandschuh regelmäßig in das warme Wasser zu tauchen und gut auszuwringen - so verhindern Sie das Auskühlen des Körpers.

Bei einer beruhigenden Waschung wird ein weicher, gut ausgewrungener Waschlappen entlang der Haarwuchsrichtung geführt. Auf diese Weise können beispielsweise die Extremitäten ausgestrichen werden.

Möchten Sie eine Ganzkörperwaschung durchführen, beginnen Sie in der Körpermitte und tasten sich dann zu den Extremitäten vor - das Gesicht und der Intimbereich werden nicht in die beruhigende Waschung miteinbezogen.

Gerade bei der beruhigenden Waschung sollte auf eine entspannte Atmosphäre geachtet werden, Gespräche sind auf ein Minimum zu reduzieren.

Nachbereitung der beruhigenden Waschung

Damit der entspannende Effekt möglichst lange anhält, ist die Nachbereitung wichtig. Vielleicht schläft Ihr Familienmitglied sogar während der Waschung ein - jetzt ist eine besonders ruhige Nachbereitung sinnvoll. In jedem Fall sollten Sie den Pflegebedürftigen vorsichtig abtrocknen und bekleiden. Decken Sie Ihr Familienmitglied nun zu - so bleibt das Wohlgefühl noch länger erhalten.

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Ist die pflegebedürftige Person wach, erkundigen Sie sich nach dem Befinden und ob die beruhigende Waschung, als angenehm empfunden wurde. Vielleicht bekommen Sie bereits jetzt wichtige Hinweise von Ihrem Familienmitglied, die Sie beim nächsten Mal beachten können. Reinigen Sie nun die Waschschüssel und räumen Sie alle Utensilien weg.

Tipps für die beruhigende Waschung

Mit unseren Tipps steigern Sie das Wohlbefinden noch ein Stück mehr und holen das Beste aus der beruhigenden Waschung heraus.

  • Sorgen Sie für eine angenehme Atmosphäre: Der Raum, in dem Sie die Waschung durchführen, sollte gut gelüftet und warm sein. Damit sich Ihr Angehöriger voll und ganz auf die Berührungen konzentrieren kann, sprechen Sie am besten nur wenig mit ihm.
  • Entscheiden Sie sich für die richtige Tageszeit: Grundsätzlich kann eine beruhigende Waschung zu jeder Tageszeit durchgeführt werden. Bemerken Sie, dass Ihr Familienmitglied sehr unruhig ist, bietet sich eine spontane Waschung an. Bei Schlafproblemen erfolgt die Pflegemaßnahme am besten am Abend.
  • Verwenden Sie zu Beginn keine Zusätze: Führen Sie die erste Waschung durch, verwenden Sie am besten keine Zusätze wie Lavendelöl. Geben Sie Ihrem Familienmitglied die Gelegenheit, sich zunächst ausschließlich auf die Berührungen einzulassen.
  • Planen Sie genügend Zeit ein: Eine Ganzkörperwaschung ist aufwendiger und benötigt entsprechend mehr Zeit. Wenn der Pflegealltag keine Ganzkörperwaschung zulässt, oder Sie sich zunächst mit dem Thema vertraut machen möchten, können Sie auch eine Teilwaschung durchführen. Dafür eignet sich ein Fußbad oder Handbad.
  • Schließen Sie eine weiterführende Pflege an: Insbesondere ältere Menschen haben eine trockene Haut, da ihre Talg- und Schweißdrüsen nicht mehr so aktiv sind. Sie können nach der Waschung deshalb das sanfte Eincremen der Haut anschließen.

Aromapflegewaschungen mit ätherischen Ölen

Mit dem Alter wird die Haut dünner und trockener, weniger widerstandsfähig und elastisch. Aromapflegewaschungen mit ätherischen Ölen schafft einen optimalen Rahmen, die unterschiedlichen Bedürfnisse der Patientinnen bei der täglichen Körperpflege zu berücksichtigen und den Start in den Tag ganz individuell zu gestalten. Die zu Pflegenden profitieren davon doppelt, denn naturreine Öle wirken bekanntermaßen auf Körper UND Seele. Sie können - je nachdem, welche Öle eingesetzt werden - beispielsweise aktivieren oder beruhigen. Das können sich Pflegende zur basalen Stimulation ihrer Patientinnen zunutze machen.

Weitere Aspekte der Pflege bei Demenz

Neben der beruhigenden Waschung gibt es noch weitere Aspekte, die bei der Pflege von Menschen mit Demenz berücksichtigt werden sollten:

Basale Stimulation

Die basale Stimulation ist ein pflegerisches Konzept, das darauf abzielt, die Wahrnehmung von Menschen mit schweren körperlichen oder geistigen Einschränkungen zu fördern. Je nach Bedarf können das unterschiedliche Wahrnehmungen sein, wie beispielsweise die Wahrnehmung von Berührung oder Gerüchen. Das Konzept basaler Stimulation wurde in den 1970er Jahren von Andreas Fröhlich für die Sonderpädagogik entwickelt und später durch ihn und Christel Bienstein weiterentwickelt: Seit den 1980er Jahren wird das Konzept auch in der Pflege erwachsener Menschen angewendet.

Raumgestaltung bei Demenz

Damit sich betroffene Menschen sicher fühlen und besser im Alltag zurechtfinden, spielt die Raumgestaltung bei Demenz eine entscheidende Rolle.

  • Stolperfallen und Gefahrenquellen beseitigen: Im Verlauf der Demenzerkrankung verschlechtert sich oft das Orientierungs- und Urteilsvermögen. Stolperfallen und ungesicherte Gefahrenquellen in der Wohnung stellen eine echte Gefahr dar und können daher schnell zum Risiko werden. Typische Beispiele sind lose Teppiche, rutschige Böden, herumliegende Kabel oder schlecht erkennbare Höhenunterschiede.
  • Klare Strukturen und Wiedererkennbarkeit: Halten Sie die Wohnräume insgesamt einfach und übersichtlich. Reduzieren Sie Dekoration und Möbel auf das Wesentliche - weniger ist mehr, um eine Reizüberflutung zu vermeiden. Jeder Raum sollte eine eindeutige Funktion haben (z. B. Schlafen, Essen, Bad).
  • Farben und Kontraste gezielt einsetzen: Farben können die Wahrnehmung enorm unterstützen - aber nur, wenn sie richtig gewählt werden. Wichtig ist es, Kontraste zu schaffen. Menschen mit Demenz erkennen manche Farben schlechter, zum Beispiel Blautöne, sehen aber kräftige, warme Farben oft noch gut.
  • Licht und Orientierung: Gutes Licht ist für die Orientierungsfähigkeit unerlässlich. Nutzen Sie deshalb so viel Tageslicht wie möglich: Ziehen Sie tagsüber die Vorhänge auf und entfernen Sie Gegenstände, die das Fenster blockieren.
  • Zeitliche Orientierung unterstützen: Neben der räumlichen Orientierung ist auch die zeitliche Orientierung wichtig für das Wohlbefinden. Viele Menschen mit Demenz verlieren das Gefühl für Tageszeiten oder Daten. Hier kann die Umgebung nachhelfen: Bringen Sie gut sichtbare Uhren mit großem Zifferblatt an (möglichst in jedem Hauptraum eine), idealerweise Funkuhren oder solche, die auch Wochentag und Datum anzeigen.

Wohnliche Gestaltung

Neben Sicherheit und Orientierung spielt die wohnliche Gestaltung eine große Rolle für die Lebensqualität von Menschen mit Demenz. Die eigene Wohnung sollte trotz aller Anpassungen weiterhin ein Zuhause bleiben, kein steriles Pflegeobjekt. Lassen Sie der an Demenz erkrankten Person so viel Vertrautes wie möglich. Geliebte Möbelstücke, sei es der alte Ohrensessel, der Esstisch oder die gewohnte Stehlampe, sollten nach Möglichkeit in der Wohnung bleiben. Solche vertrauten Dinge dienen als Ankerpunkte im Gedächtnis.

Schulungen und Kurse

Im besten Fall lassen Sie sich schulen, um die Methoden der basalen Stimulation richtig anzuwenden. Es gibt für Basale Stimulation Kurse, in denen neben Grundlagen auch Ideen vermittelt werden, wie Sie basale Stimulation in der Praxis anwenden können. Solche Kurse kosten etwa zwischen 50 und 400 Euro. Wenn Sie an einem Kurs für professionelle Pflegekräfte teilnehmen wollten, beispielsweise in einem Kurs zur Basalen Stimulation nach Andreas Fröhlich, dem Begründer der basalen Stimulation, müssen Sie im Vorfeld fragen, ob der jeweilige Kurs auch für Angehörige geöffnet ist. Unter Umständen können Sie auch im Rahmen eines Pflegekurses nach § 45 SGB XI in basaler Stimulation geschult werden, beispielsweise in einem speziellen Pflegekurs zum Thema Demenz. Eine ausgebildete Pflegekraft schaut sich dann Ihre Pflegesituation an und berät Sie vor Ort.

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