Familie Herber und die Alzheimer-Forschung: Ein persönlicher Einblick und wissenschaftliche Perspektiven

Morbus Alzheimer, eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die durch den Verlust von Nervenzellen und -verbindungen im Gehirn gekennzeichnet ist, betrifft Millionen von Menschen weltweit. Gedächtnis-, Sprach- und Orientierungsstörungen sind die Folge. Die meisten Menschen erkranken in fortgeschrittenem Alter an ihr. Die Geschichte von Familie Herber, insbesondere der Fall von Yvonne Herber, die in ihren frühen Vierzigern an Alzheimer erkrankte, wirft jedoch ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, mit denen junge Menschen und ihre Familien konfrontiert sind. Dieser Artikel beleuchtet die persönliche Erfahrung der Familie Herber im Umgang mit der Alzheimer-Krankheit, die wissenschaftlichen Bemühungen zur Bekämpfung dieser Krankheit und die verfügbaren Ressourcen für Betroffene und ihre Familien.

Eine persönliche Geschichte: Der lange Abschied von Yvonne Herber

Hans Jürgen Herber, der Mann von Yvonne Herber, beschreibt die Zeit mit seiner an Alzheimer erkrankten Frau als „zeitweise die Hölle, ein Albtraum“. Im Jahr 2010 war Yvonne Herber 42 Jahre alt, eine attraktive Frau, die in einer Frankfurter Firma im Einkauf arbeitete. Sie hatte einen kleinen Sohn, und ein Haus, das sie gemeinsam mit ihrem Mann, einem gelernten Automechaniker und Schweißer, in Eigenregie gebaut hatte. Ein zupackendes Leben, aber auch ein anstrengendes, nicht zuletzt deshalb, weil Yvonne Herber an einem angeborenen Herzfehler litt und zwei größere Operationen vornehmen lassen musste. Nach der OP traten die neuen, alten Vergesslichkeiten mit voller Wucht auf. Im Nachhinein, so sagt ihr Mann heute, gab es die ersten Symptome schon zehn Jahre vor der Diagnose im Jahr 2010. Zunächst waren es Kleinigkeiten. Ein paar liegen gelassene Traveller Checks kurz vor einer Reise in die USA, der Kita-Beitrag für Sohn Marc, den sie zu überweisen vergessen hatte. „Aber wer denkt denn schon an so was?“, sagt er.

Es folgten Jahre der Hoffnungen, vor allem aber der Enttäuschungen. Medikamente gegen Alzheimer gibt es wenige, sie alle können den Verlauf der Krankheit bestenfalls aufhalten, und die Symptome, wie Aggressivität, Angst und Depression, etwas lindern. Die Diagnose im Jahr 2010 war ein Schock für die Familie, aber Hans Jürgen Herber versprach seiner Frau, sie nicht allein zu lassen.

Die Familie Herber ging offen mit der Krankheit um und erlaubte sogar einem Kamerateam des WDR, Yvonnes Leidensweg zu dokumentieren. Der TV-Film „Leben, lieben, vergessen“ lief im Jahr 2014 im WDR. In den kommenden Wochen wird Regisseur Thomas Liesen noch einmal im Haus der Herbers filmen, um zu Ende zu erzählen, wie es mit Yvonne weiterging. Treffen wird er dabei auf ein Netzwerk von Menschen, das sie in ihren letzten Lebensjahren begleitet hat. Hans Jürgen Herber, seine Schwester, sein Schwager, Sohn Marc, der gerade erst 17 geworden ist. Und Sandra. Sandra ist Hans Herbers neue Lebensgefährtin, die schon länger zur Familie dazugehört. Das Paar hatte sich im Fußballverein kennengelernt, da waren beide noch anderweitig liiert. Irgendwann dann war Sandra getrennt, und Hans Jürgen Herber, der hatte eine pflegebedürftige Frau zu Hause. Herber beschreibt dieses Dilemma in seinem Buch ganz offen. Wie schwer es für ihn war, sein Leben ganz auf die Frau auszurichten, die schon lange keine Gefährtin, keine Partnerin mehr war.

Die Besuche in der geschlossenen Psychiatrie, in die er seine Frau zuletzt, als sie immer aggressiver wurde, öfter bringen musste, sind ihm unvergesslich. Der durchdringende Geruch nach Urin, die schreienden Menschen, aber auch die Aufopferung der Pfleger, die sich dort rund um die Uhr um ihre schwierigen Patienten kümmern. Für Herber sind diese Aufenthalte mit Schuld belastet, aber wie waren auch enorm entlastend. Das ist auch das Fazit, das er heute zieht: „Das Wichtigste, was Angehörige von Demenz-Patienten brauchen, ist Zeit für sich. Einige Stunden, vielleicht auch Tage, in denen sie nicht mit dem Erkrankten zusammen sind.“ Die Pflege sei anstrengend, noch anstrengender aber sei es, dem Verfall des geliebten Menschen zuzusehen.

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Als die Krankheit weiter fortschritt und Yvonne Herber nicht mehr wusste, wofür eine Gabel gut ist, wofür eine Toilette, da engagierte Hans Jürgen Herber Alina aus Rumänien. Eine Pflegekraft, die schon bald Teil der Familie wurde und es bis heute ist. Der Gedanke an den Tod war da längst allgegenwärtig. Vor allem auch die Sorge, Yvonne Herber könne, wie so viele Alzheimer-Patienten im fortgeschrittenen Stadium, an einer Lungenentzündung erkranken und qualvoll dahinsiechen.

Am 20. Januar 2015 starb Yvonne Herber. Sie wachte am Morgen einfach nicht mehr auf. Ihr Tod war ein Schock für die Familie - weil er so plötzlich, so friedlich kam. Heute, rund acht Monate nach ihrem Tod, will Hans Jürgen Herber nach vorne schauen. Auch für seinen Sohn Marc, für den die letzten Jahre eine Tortur gewesen sind. Der einst so hoffnungsvolle Gymnasiast hat die Schule bereits mit 16 Jahren abgeschlossen, mit Ach und Krach. Psychologische Hilfe wollte er nie, ebenso wenig wie sein Vater. Die Nähe der Familie, viele Gespräche, und die Zeit, die verstrichen sei, hätten am meisten geholfen. Die Krankheit wollen sie nun mit ihren eigenen Waffen schlagen: indem sie sie einfach vergessen. Doch Yvonne Herbers Gendefekt, er schwebt weiter über der Familie. Hat der Sohn ihn geerbt?

Yvonne Herbers Fall verdeutlicht die Notwendigkeit weiterer Forschung, um die Ursachen von Alzheimer zu verstehen und wirksame Behandlungen zu entwickeln.

Hans Jürgen Herber hat im vergangenen Jahr ein Buch über seine Erlebnisse mit Yvonne geschrieben: "Der lange Abschied. Als meine Frau mit 40 an Alzheimer erkrankte."

Die Alzheimer-Forschung: Auf der Suche nach Heilung und Früherkennung

Die Alzheimer-Forschung hat in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte gemacht, aber es gibt noch viele offene Fragen. Wissenschaftler arbeiten daran, die Ursachen der Krankheit zu verstehen, Risikofaktoren zu identifizieren und neue Behandlungs- und Präventionsstrategien zu entwickeln.

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Aktuelle Herausforderungen und Fehlschläge

Trotz intensiver Bemühungen hat die Suche nach einem Heilmittel gegen Alzheimer bisher keine durchschlagenden Erfolge gebracht. Pharmakonzerne haben Hunderte von Millionen Euro abgeschrieben, weil ihre Medikamente die Symptome nicht lindern, sondern im Gegenteil den Zustand der Patienten noch verschlechtern.

Ein Antikörper, der die gefürchtete Alzheimer-Demenz früh stoppen sollte, ist gefloppt. Der Gedächtnisverlust war nicht aufzuhalten. Die meisten Forscher hielten das Beta-Amyloid für das eigentliche Gift. Tatsächlich haben einige der neuen Medikamente es geschafft, diese Plaques aus Beta-Amyloid im Hirn wieder aufzulösen. Doch der vermeintliche Durchbruch erwies sich dennoch als Flop: Die Wirkung auf das Gedächtnis der Patienten war nämlich gleich Null. Und auch ihr geistiger Verfall ging ungebremst weiter.

Früherkennung als Schlüssel zur Therapie

Ein vielversprechender Ansatz ist die Früherkennung von Alzheimer, bevor der Nervenzelltod im Gehirn beginnt. Das heißt: Fünf, vielleicht aber auch zehn oder 20 Jahre, bevor sich erste, leise Gedächtnisprobleme zeigen. Und dann therapieren, vielleicht sogar mit den Mitteln, die bisher versagt haben. Ausgerechnet jene Betroffene, die die Erkrankung am schlimmsten trifft, werden dabei zu Hoffnungsträgern für die Alzheimerforschung, Yvonne Herber zum Beispiel, die mit nur 42 Jahren erkrankt ist.

Biomarker und neuronale Netzwerke

Alzheimer liegt vor, wenn im Nervengewebe typische Ablagerungen zu finden sind. Zum einen die so genannten Plaques, bestehend aus einem Eiweiß namens Beta-Amyloid. Beta-Amyloid verklumpt aus noch unbekannten Gründen bei Alzheimer zu den rundlichen Plaques. Zum anderen finden sich längliche Ablagerungen, die Tangles. Es sind ebenfalls Eiweiße, die sich im Gegensatz zu den Plaques aber innerhalb der Nerven bilden und diese regelrecht verstopfen. Ob Yvonne Herber diese Ablagerungen im Gehirn hat, lässt sich nur durch eine Obduktion feststellen - also erst nach dem Tod. Doch Bruchstücke genau jener Plaques und Tangles fanden sich in ihrem Nervenwasser.

Wissenschaftler suchen nach Biomarkern, also biologischen Spuren der beginnenden Erkrankung. Diese könnten sich im Blut finden. Oder es könnten ungewöhnliche, messbare Aktivitäten im Gehirn sein.

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Die Diffusions-Tensor-Bildgebung, eine spezielle Form der Magnetresonanz-Tomographie, macht Hirnstrukturen über einen Umweg sichtbar: Es erfasst die Diffusion, winzige Bewegungen von Wassermolekülen. Die erste Ergebnisse zeigen jetzt: Dieses Netzwerk reagiert offenbar besonders empfindlich auf einen drohenden Alzheimer. Was man auf jeden Fall zeigen kann und auch nachweisen kann, ist, dass bei der Alzheimer'schen Erkrankung diese Faserbahnen tatsächlich verändert sind, und zwar auch nicht wahllos, sondern in bestimmten Hirnarealen, in bestimmten Netzwerken ganz besonders früh es zu solchen Schäden kommt und deswegen ist es auch eines unserer Ziele, inwieweit mit Hilfe dieser Diffusionsbildgebung es möglich ist, schon vor dem Ausbruch von Demenzsymptomen die Erkrankung nachzuweisen.

Internationale Zusammenarbeit und Forschungsprojekte

Die Alzheimer-Forschung ist ein globales Unterfangen, das die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern, Klinikern, Pharmaunternehmen und Regierungsbehörden erfordert. Zahlreiche Forschungsprojekte werden weltweit durchgeführt, um das Verständnis von Alzheimer zu verbessern und neue Therapien zu entwickeln.

Unterstützung für Betroffene und ihre Familien

Alzheimer ist nicht nur eine medizinische Herausforderung, sondern auch eine soziale und emotionale Belastung für die Betroffenen und ihre Familien. Es ist wichtig, dass Betroffene und ihre Familien Zugang zu umfassender Unterstützung und Ressourcen haben.

Beratung und Information

Es gibt zahlreiche Organisationen und Beratungsstellen, die Informationen und Unterstützung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen anbieten. Dazu gehören Alzheimer-Gesellschaften, Selbsthilfegruppen und spezialisierte Beratungsstellen.

Finanzielle Unterstützung

Die Pflege von Menschen mit Demenz kann erhebliche finanzielle Belastungen mit sich bringen. Es gibt verschiedene Formen der finanziellen Unterstützung, wie z.B. Pflegegeld, Leistungen der Pflegeversicherung und steuerliche Entlastungen.

Entlastung für pflegende Angehörige

Die Pflege von Menschen mit Demenz ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die oft mit erheblichen Belastungen für die pflegenden Angehörigen verbunden ist. Es ist wichtig, dass pflegende Angehörige Entlastung und Unterstützung erhalten, um ihre eigene Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu erhalten. Dazu gehören z.B. Kurzzeitpflege, Tagespflege und ehrenamtliche Helfer.

Für Herber sind diese Aufenthalte mit Schuld belastet, aber wie waren auch enorm entlastend. Das ist auch das Fazit, das er heute zieht: „Das Wichtigste, was Angehörige von Demenz-Patienten brauchen, ist Zeit für sich. Einige Stunden, vielleicht auch Tage, in denen sie nicht mit dem Erkrankten zusammen sind.“ Die Pflege sei anstrengend, noch anstrengender aber sei es, dem Verfall des geliebten Menschen zuzusehen.

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